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Schitour Grünbergspitze, 2.790 m vom Voldertal

Bekannt ist die Schitour auf die Grünbergspitze vom Navis- und vom Arztal aus, man kann sie aber auch vom Voldertal aus unternehmen und erlebt bei dieser Variante phantastische Schihänge hinab nach Steinkasern. Im Frühjahr ist sie besonders reizvoll und eine weitgehend einsame Landschaft ab der Vorbergalm wartet ihrem Besucher meist mit unberührten Hängen auf, die nach dem Hochwinter kaum mehr begangen werden. Das Tragen der Ausrüstung bis knapp nach die Vorbergalm dient dem geistigen Handschlag mit der Natur und garantiert ganz nebenbei eine gegen null gehende Besuchsfrequenz. Nach dem Räumen des Weges kann der lange Anmarsch durch die Fahrt bis zum Parkplatz Nösslach verkürzt werden.

unsere gemütliche Felsmulde in farbenfroh bewachsenen Quarz- und Chloritphyllit

So wie mit vielen Taleinfahrten ist es dieser Tage auch mit der Einfahrt ins Voldertal ein Kreuz. An und für sich wären die Regeln klar und können auch auf Hermanns interessantem Blog Das Voldertal studiert werden, die Realität ist in der Zeit in der noch nicht der Andrang des Sommers herrscht aber meist eine andere. Was macht man um 6:30 Uhr, wenn der Mautautomat noch immer mit einer Winterhaube gegen Erkältung geschützt und funktionsunfähig ist und man alle Tourenplanung und -vorbereitung auf den Erwerb der Einfahrtsberechtigung bei diesem stummen Gemeindebeamten gesetzt hat?

Grünbergspitze, 2.790 m

Die Antwort ist einfach: der Tiroler fährt in das Tal ein, weil er nichts falsch gemacht hat und die Berechtigung ja erwerben wollte. Rein rechtlich sähe das anders aus erhielte man Kenntnis über die Ungehörigkeit; man hat die Berechtigung zur Einfahrt nicht erworben. Aber auch für diesen Lapsus ist dem Tiroler ein Kraut gewachsen: ein Gentleman genießt, schweigt und vertraut auf Gott. So der Autor, zumindest die nächsten Wochen über.

Abmarsch vom Parkplatz Nösslach

Die Fahrt auf dem durch Forstarbeiten stark beanspruchten Weg gelingt mit bayerischem Vierradantrieb plangemäß und der Unterbodenschutz erfährt mit biologischen Materialien eine gewisse Renaissance bis zum Parkplatz Nösslach.

Martin und Evi gut gelaunt

Mit der Freude die erhebliche Distanz von Volderwildbad bis zum Tourenziel entscheidend verkürzt zu haben traten wir den Fußmarsch zur Vorbergalm an, bei der die Tour unter Schi vorausgesagt worden wäre.

nach dem Einbinden des Steigs in den Weg zur Steinkasernalm

Gefrorener Boden schon auf 1.450 m in Nösslach verhieß optimale Bedingungen für das Vorhaben und so marschierten wir nach einer großen Gesellschaft ins Tal, die jedoch die einzige an diesem Tag bleiben sollte.

Während die Vorderen das Rosenjoch ansteuerten, wie nach dem Klausboden an den angeregten Unterhaltungen ober uns im schönen Zirbenwald zur Gwannschafalm zu hören war, führte unser Weg über das flache Stück der Klause weiter taleinwärts bis zum Anstieg nach Steinkasern.

Klausboden – rechts über die Brücke zweigt der Anstieg zum Rosenjoch ab

Der prächtige Talkessel nach dem Klausboden ist jedes Mal erneut ein Erlebnis und so auch dieses Mal. Durch Blockgestein von der westlichen Talseite herab und dem rauschenden jungen Voldertalbächlein, das sich aus einzelnen Quellen erst bei Steinkasern gebildet hat, führt der Anstieg in mäßiger Steigung gegen die Almgebäude, deren unübersehbares Hoheitszeichen das auf weite Distanz sichtbare kleine Holzkreuz auf dem großen Rutschblock darstellt. Dahinter bauen übergreifende Hangrippen den steil werdenden Talkessel auf, der bereits unter energiereichem Frühjahreslicht erstrahlt.

in Gelände der Steinkasernalm

Im Anstieg zu den Almgebäuden kann man im Hochwinter bei Föhn über das Naviser Jöchl sibirische Kälte und einen unwirtlichen Aufstieg ohne jeglichen Schutz erleben, wie wir bei der Schitour auf die Seekarspitze erfahren haben.

sonnige Blicke auf die Steinkasernalm

Diesmal war Westwind vorausgesagt, und, auf 2.000 m in Steinkasern noch weit unter seiner Angriffsfläche, erfreuten wir uns der Windstille sowie angenehmer Temperatur im Aufstieg.

sonniger Aufstieg durch die Steinkasernalm

Der Hang rechter Hand kurz nach Steinkasern wurde bei einer Trinkpause als Aufstieg ausgewählt. Der Hang führt – wie wir später feststellten – in ein Kar zwischen der Grünbergspitze und dem Rosenjoch, von dem unterhalb des Gipfels zu einem kleinen Sattel vor dem Gipfelaufbau gequert werden kann.

Steinkasernalm gegen Seekarspitze

In der Flurnamenerhebung von TIRIS wird er als „Rauchseite“ bezeichnet. Ob dadurch ein Zusammenhang mit den Köhlereien besteht, die Hermann in seinem Bericht Die Köhlereien im Voldertal bespricht, konnte der Autor nicht recherchieren, die Möglichkeit, daß es sich bei der Namensgebung auch um die „raue“ Seite des Tales handeln könnte – sie ist steiler und schroffiger als die in Blickrichtung zum Joch linke Talseite – wäre durchaus möglich.

Grünbergspitze nach Steinkasern – den Hang rechst, die Rauchseite haben wir als Anstieg ausgewählt

Von Steinkasern bis zum Gipfel trennen den Tourenfreund noch erhebliche 790 Hm und von unserem Standplatz der Trinkpause aus noch gut 700 Hm, die wir nun über die Rauchseite angingen. Im unteren Teil bleibt die Hangneigung unter 35°, im oberen Teil wird diese über eine kurze Strecke leicht überschritten.

dann steiler über die Rauchseite

Oberhalb der Rauchseite flacht der Hang zu einem mäßig steilen und fast 800 m langen Kar ab, in dem ein schöner Aufstieg mit tollen Blicken auf die Gegenseite im Tal das Auge erfreut. Eine Geländestufe zur nächsten Karebene wird im letzten Dritten überwunden.

nach oben hin flacht die Rauchseite ab

Durch eine engere Stelle zwischen einer Gratausläuferrippe und den Schuttreisen vom Rosenjoch herab erreichten wir eine Biegung, an der die Route von Südwest auf über Süd wechselt. Im Verlauf dieser folgt die nächste Geländestufe, nach der unterhalb des Gipfelaufbaus auf dessen Südseite gequert wird.

im flacheren Teil des Aufstiegs zur Grünbergspitze

Mittlerweile frischte der Westwind auf, der ohne Winterkleidung nicht zu ertragen war.
Im Tal gegenüber befindet sich die Naviser Sonnenspitze, auf die sich vom Lager Walchen im Wattental eine interessante Schitour unternehmen lässt, wenn genügend Schnee liegt.

Rückblick auf die Rauchseite

Die Einflüsse der Wetterfront, die an den Tagen zuvor das Land überquerte waren auch im Triebschnee zu beobachten. In den steileren Partien der Geländestufe hatten wir gegen die unangenehmen Abrutschungen der Schi  zu kämpfen, die meist die Nachfolgenden nach dem Zweiten einer frisch angelegten Spur betreffen.

nächste Geländestufe in der rechten Bildhälfte

Martin und Evi waren bereits weit voraus und teilweise deckte der Wind die Spur mit Triebschnee fast wieder völlig ein.

Martin und Evi in der nächsten Geländestufe

Nach der Querung unterhalb des Gipfels folgen etwa 60 Hm Anstieg auf das Sattelchen vor dem Gipfel (es handelt sich dabei nicht um den großen Sattel zwischen Grafmartspitze und Grünbergspitze, gegen den beim Aufstieg von Navis aufgestiegen wird).

Manuel vor dem tollen Grat auf der Gegenseite mit Seekarspitze, Naviser Sonnenspitze und Naviser Jöchl

Der Restaufstieg beträgt vom Sattelchen aus nur mehr 40 Hm, die im großen Bogen über meist freigeblasene Wiesen- oder Felsflächen erfolgen.

Martin hat die Geländestufe schon fertig gespurt und quert unterhalb dem Gipfel nach Süden

Ab dem Sattelchen ist man dem Wind frei ausgesetzt. Bei unserer Begehung erwies sich dieser dermaßen kalt und stark, daß der Gipfelaufenthalt lediglich ein zu ein paar Fotoszenen taugte und wir uns in die einzige Deckung gegen Westwind, einer Felsmulde unterhalb des Gipfelplateaus der Grünbergspitze, zurückzogen.

Rückblick auf die Aufstiegsroute mit Rosenjoch im Hintergrund

In dieser ließ es sich mit Sonne wunderbar aushalten, wenn auch die Finger nicht vollends auftauten. Eine Temperaturmessung mit der Bergsteigeruhr zeigte gegen elf Uhr minus zehn Grad – wir schrieben den achten Mai.

Restaufstieg vom Sattelchen aus gesehen

Zwei weitere Besucher erhielt die Grünbergspitze an diesem Tag vom Arztal aus, deren Rast sehr kurz ausfiel, womit wir für das Gipfelfoto völlig allein auf der sonst gut besuchten Grünbergspitze standen. Die große Gruppe, die am Parkplatz Nösslach vor uns aufbrach erreichte das Rosenjoch etwa zur selben Zeit wie wir gut 700 m entfernt feststellen konnten.

Manuel erreicht den Sattel

Zur Abfahrt wählten wir den steilen Hang am Verbindungsgrat zum Rosenjoch. Die geeignetste Stelle befand sich fast im Grattiefsten nach einem Felskopf. Im Gratverlauf vorher war der Hang aufgrund der Steilheit nicht einsehbar und aufgrund der Einwehungen war auch noch unsere Wahl mit Vorsicht zu genießen und einzeln abzufahren.

die heute überaus kalte Grünbergspitze

Lockerer Triebschnee mit leichtem Schmelzdeckel, in dem es sich wunderbar drehen lies,  beherrschte den ersten Teil bis zur Biegung, wo wir die Aufstiegsspuren erreichten. Im zweiten Hang merkten wir den allmählichen Übergang zu feuchtem Schnee.

Lockerschneeverhältnisse nach Neuschnee im Mai

Vor einer steilen Rinne, etwa auf 2.450 m stellten wir weitgehend tief durchnässten Firnschnee fest, der im steilsten Stück bei jedem Schwung viel Höhenverlust auslöste.

zeitlose Augenblicke im Voldertal

In dieser Art blieben die Schneeverhältnisse über die restliche Abfahrt bis sich die Hangneigung deutlich unter 30° verflachte.

bärige Flanken mit steilen Rinnen hinab nach Steinkasern

Die gesamte Abfahrt gereichte jedenfalls zu großer Freude, denn abgesehen von genussvollen Schwüngen bietet die stufenförmige Topographie des Hangs Abwechslung und in der Gesamtumgebung eine bärige Kulisse.

Das Highlight eines vermeintlichen Gletschers in den Schrofen, vor dem der letzte Hang abgefahren wird, kann von Talboden aus bestaunt werden. Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um eine breit gefächerte Quelle.

der unterste Hang mit dem imposanten Eisfall

Im flacheren Teil, vor und nach der Vorbergalm, konnte der spitzere Strahlungswinkel den Schnee nicht so stark erweichen, was uns eine griffigere und doch schön schmierige Oberfläche bescherte.

letzter Stopp in Steinkasern – eher zum Genuss als zur Rast

Ein kleines Päuschen in Steinkasern gönnten wir uns nach dem tollen Erlebnis auf die Grünbergspitze, bis der stärker aufkommende Föhn uns zur Talausfahrt vertrieb.
Unter Schi mit mehrmaligem Abschnallen konnten wir bis kurz vor die Vorbergalm fahren.

das Abenteuer hat einen grandiosen Tag geformt

Die tolle Frühjahrstour mit Wintertemperaturen in Kammnähe und am Gipfel haben wir in  5:50 Stunden bewältigt, mit einem Gipfelaufenthalt von 40 min und 10 min in Steinkasern.
Der Aufstieg ab dem Parkplatz Nösslach beträgt 1.360 m und die Streckenlänge 7,3km.

Mils, 08.05.2021

Schitour Seekarspitze, 2.646m Voldertal

Im Verein mehrerer berühmter Seekarspitzen – von Karwendel bis Achensee und sonst wo in den Alpen – stellt die Seekarspitze im Voldertal eine phantastische, eine lange und zum Abschluß eine pfiffige Schitour dar und reiht sich somit in einen erlauchten Kreis von begehenswerten Seekarspitzen in Tirol ein.

Autor auf der Seekarspitze, 19.01.2019

Einem an sich unspektakulärem Gipfel geht ein traumhafter Aufstieg durch die in den südlichen Tuxern so verbreiteten und wunderschönen Zirbenwäldern voraus und der Aufstieg zum Abschluß der langen Tour – sie ist streckenbezogen signifikant länger als die Schitour von der Karlskirche auf den Glungezer – ist keine gemähte Wiese. Der Aufstieg erfordert sichere Verhältnisse und testet die verbliebene Leistungsfähigkeit nach gut 1.000Hm Aufstieg durch das wunderschöne Tal auf den letzten 500Hm noch einmal spürbar. Die Gipfelflanke weist einige Stellen mit einer Hangneigung im Bereich von und über 35° auf und wohlüberlegt sollten die letzten 150Hm angegangen werden.

hier rechts weg Richtung Voldertalhütte

Zumeist ist der Tourenfreund im Gelände des hinteren Voldertales alleine, oder nur mit wenigen Gleichgesinnten im zufälligen Verein unterwegs. Die meisten Erholungssuchenden Tourenfreunde sind bereits spätestens bei der Vorbergalm auf den Hauptgipfel dieser Kette, den um hundert Meter höheren Malgrübler, abgebogen. Die weite und großteils wenig steile Anreise bis Steinkasern schreckt den sensationssuchenden Schitourengeher zu sehr ab, er mag beispielsweise seine Lampsenspitze oder sonstige Modeziele des Sellrains lieber wiederholt begehen, die Seekarspitze im hinteren Voldertal ist ein stiller Klassiker ohne Rummel, geschätzt von naturbegeisterten Bergsteigern.

der Tag beginnt sonnig

Ausgangspunkt der Schmankerl-Schitour auf die Seekarspitze ist der kostenlose Parkplatz in Volderwildbad. Und schon wieder muß vor der Gemeinde der Hut gezogen werden, der Parkplatz ist erstklassig geräumt und eben kostenlos (wie auch jener bei der Karlskirche).

Rückblick an Vereinigung Fußweg und Fahrweg

Nach der Anfahrt mit dem PKW über den Großvolderberg startet das phantastische Abenteuer auf etwa 1.100m Seehöhe. Wer die Anfahrt entlang der Bauernschaften und Anrainern schaumgebremst absolviert, der sichert sich des frühen Morgens am Wochenende nicht nur die Sympathie der schlafenden Bewohner; auf der geräumten, aber teilweise noch beschneiten Straße werden zusätzlich auch vermeidbare Malusstufen bei der Begegnung mit Pendlern vom Berg gespart – eine „WinWin-Situation“ also.

rechts unten die Voldertalhütte

Die klirrende Kälte dieser so schönen Wintertage Mitte Jänner 2019 sorgt zwar – vor allem bei dem mittlerweile sehr alten Autor – für klamme Finger auf den ersten Höhenmetern, aber auch für eine kristallklare Sicht in das morgendliche Kälteblau des Voldertales, das die meisten (Handy)Kameras so schön übertrieben widergeben.

Spuren ab Abzweigung „Vorberg“

Das Wettergeschenk für den kleinen Mensch in der Natur zu Beginn dieses Jahres bescherte einen völlig verschneiten Voldertalweg, der auch noch dazu richtig geräumt wurde, sodaß nicht nur der Aufstieg am Parkplatz beginnen kann sondern auch die Abfahrt, nach welcher Schitour auch immer im Voldertale, zum selben zurück. Dies soll hier anerkennend erwähnt werden.

unterhalb der Vorbergalm

Der Aufstieg nach Steinkasern vollzieht sich mehr oder weniger meist auf dem Talweg, der durch die Spuren eines Motorschlittens bis zur Abzweigung Malgrübler/Vorberg (etwa 1.460m). Von dort hatten wir an diesem wunderschönen Tag die Ehre die Spur bis auf die Seekarspitze zu ziehen. Und es sollte, an diesem Tag, auch nach der Vorbergalm keine zusätzlichen Aufstiegsspuren zu unserem Ziel mehr geben.

Vorbergalm – links über der Alm in den Wald ginge es hinauf zum Malgrübler

Die Vorbergalm (1.668m) stellt noch nicht ganz die Hälfte der Tourenlänge dar und weit nicht den halben geodätischen Aufstieg. Trotzdem fühlt man sich dort schon weit gereist angesichts der malerischen Almgebäude, die momentan in idyllischer Schneeumhüllung zu bewundern sind und in absolute Stille eingebettet ruhen. Abgerutschte Dachbeladung der Schneemassen der letzten drei Wochen beeindruckt zum Verewigen auf Bild.

die Klausböden erreicht

Der weitere Wegverlauf von der Vorbergalm zu den Klausböden weckt die unberechtigte Sorge einer beschwerlichen Abfahrt. Die Steigung dorthin erscheint im Aufstieg als zu gering für das heutzutage völlig entrückte Zeitgefühl wie schnell es auf einer Talausfahrt hinab gehen soll. Unberechtigt ist das fälschliche Gefühl deshalb, weil die geringe Steigung genügt, um mit halbwegs vernünftigem Schibelag eine durchgehend energiezufuhrlose Abfahrt zu erleben. Wer jedoch der Geißel der Zeit unterliegt mag mit so manchem „Anschupfer“ mittels Schistöcken die eine oder andere Minute eher wieder an der Vorbergalm eintreffen und zeigt sich vielleicht sogar zufrieden damit dort für sich persönlich eine unglaubliche Ersparnis wertvoller Zeit verbuchen zu dürfen.

Blick Richtung Steinkasern nach den Klausböden

Die Klausböden oder – der Autor ist sich seit jeher in der Schreibweise nicht sicher – der Klausboden, stellt eine Flachstelle im Talaufstieg dar. Die „Klause“ leuchtet dem Geschichtsinteressierten als eine Talsperre, eine Engstelle ein, die möglicherweise schon früh energetisch genutzt worden sein könnte und deshalb den treffenden Namen erhalten hat. Sie kann aber auch einfach eine geologisch, topografische Besonderheit sein, in jedem Fall aber eröffnet sie einen herrlichen Blick in den dahinter liegenden Talkessel, der mit seinem imposanten Aufsteilen zum Naviser Jöchl hin die Wende zur echten Anstrengung im Aufstieg einleitet.

Steinkasern

Der Talkessel nach den Klausböden beherbergt die Almsiedlung der Steinkasern Alm. Eine schöne Ansammlung wirklich alter und auch junger Almgebäude in schützendem ehemals felssturzträchtigem Gelände, die bei unserer Durchschreitung in einer bemerkenswerten Weise von Schnee und Eis eingeweht wurden. Von so manchem Gebäude sind lediglich nur mehr Dachausprägungen zu sehen, der Rest befindet sich fest im Griff eines beeindruckenden meterhohen hartgepressten Schneepanzers.

unser Ziel die Seekarspitze recht rechts der Bildmitte

Über das wesentlich steilere als das bisherige Gelände zur Steinkasernalm kam mehr und mehr Wind auf. Nicht daß dieser nennenswerte Stärke erreichte, aber – wie so oft bei Schitouren – reichte seine Intensität aus, daß zur Verstärkung der Oberkleidung innegehalten werden mußte. Dies obwohl der Nordanstieg im Talkessel nach Steinkasern endlich in Sonne getaucht wurde.

Seekarspitze mit Anstieg über die Südwestflanke

Eine kurze Beruhigung der Steilheit des Anstieges erfolgte in einer weit angelegten Linkskurve zu den Melkböden. Dort befindet sich der ebenso völlig durch die Schneestürme verpackte Hochleger der Steinkasernalm und die Fotos sprechen Bände über die Herrschaft, die die Stürme dort hinterlassen haben. Diese Kurve führt direkt zum Gipfelaufbau der Seekarspitze.

einmal musste einer der Hügel im Kar rechts umgangen werden

Über ein paar ernste Hügel im Zentrum des Talkessels hinweg peilten wir eine unkonventionelle Aufstiegsroute in der Südflanke der Seekarspitze an, die sich weiter oben zur Westflanke ausbildet. Spätestens am Fuß des Gipfelaufbaues mußte sich der Autor eingestehen, daß bis zum Flankenfuß ein direkter Ostanstieg auf Höhe der Steinkasernalm in kürzerer Strecke zur Gipfelflanke geführt hätte. Dies allerdings unter wesentlich schärferer Steigung über derzeit unbesonnte Steilhänge in nordwestlicher Ausrichtung, die nach den Schneefällen seit Jahresbeginn bewußt zu vermeiden waren, wie uns schien auch bei LWS2.

am unteren Teil der Gipfelflanke

Letztlich, am Fuße der Seekarspitze angelangt und noch gut 150Hm vor sich, entschieden wir uns für die Begehung der Südwestflanke, selbst wenn die Hangneigung dort stellenweise an 35° grenzt, bzw. diese über wenige Aufstiegsmeter noch überschreitet.

blick zur Naviser Sonnenspitze

Der Hang präsentierte sich großteils hartgepresst mit Windgangln großen Ausmaßes, deren Bewältigung beträchtliche Schrittweiten erforderte und aber auch die positive Seite eines sicheren Aufstieges vermittelte.
Evi übernahm bis zum Grat bravourös die Spurarbeit über den mittlerweile windfreien Hang, der angenehm bestrahlt wurde und das Ablegen von Windjacke und Stirnband erforderte.

Evi spurt in der Gipfelflanke

Dieser Schlußhang hat es nach gut 1.400m Aufstieg wirklich in sich und fordert ein letztes Mal die Kondition heraus. Eine sinnvolle Querung zum westlich ausgerichteten Gratrücken bei großer Hangneigung erschien uns als logischer Schritt, um den Aufstieg dort flacher fortzusetzen.

Anstiegsgelände aus den Melkböden (im letzten Bilddrittel der komplett eingeschneite Hochleger)

Diese Ahnung erwies sich auch als richtig. Allerdings wird am Grat zunächst das Schultern der Schi erforderlich, da er durch großblockiges und erstaunlich bodennah abgeblasenes Felsgelände führt.

ein kurzes Stück Schitragen am Gratrücken

Ein paar Dutzend Höhenmeter ließen sich aber auch noch mit angeschnalltem Schi im Tourenmodus absolvieren und in dieser Weise endete die Strecke beim kleinen Gipfelkreuz der Seekarspitze auf 2.646m.

die letzten Meter konnten im Tourenmodus begangen werden

Der immerhin dritthöchste Gipfel der östlich das Voldertal begrenzenden Kette gestattet eine wunderbare Aussicht auf die umliegenden Spitzen und Grate, deren viele der Autor in den letzten Jahren als Schitouren bestiegen und auf diesem Blog beschrieben hat.

Seekarspitze, 2.646m mit Malgrübler

Das im Osten gelegene Wattental wartet mit einer Vielzahl an malerischen Schitouren auf, ja schier der gesamte Bergkamm seiner östlichen Begrenzung ist als Schitour begehbar, vom Poferer Jöchl über den mächtigen Hirzer bis zur rassigen Torwand.

Evi auf der Seekarspitze, 2.646m

Im Süden kann das Panorama der epischen Zillertaler Alpen mit seinen hohen Dreitausendern bestaunt werden – die schönste Erscheinung bildet der Olperer.

phantastische Einsicht ins Wattental

Ein Berg, den der Tiroler Bergsteiger bestiegen haben muß, und zwar von der historisch bestimmenden Variante für die Talschaft Tux, über das Kleinod des Valsertales. Tux gehörte bis vor knapp hundert Jahren zur Gemeinde Schmirn und die Verstorbenen der Tuxer mußten über das Tuxer Joch nach Schmirn zum Friedhof gebracht werden (nach dem Winter natürlich, versteht sich). Die Begehung vom Valsertal über die Geraer Hütte entbehrt überdies dem Schirummel des Gletscherschigebietes und erfolgt klassisch vom Tal aus.

Eisenkarspitze gleich neben der Seekarspitze. dahinter die Zillertaler – sie trägt nur eine Schneestange

Im Westen begeistert die Rosenjochgruppe mit dem gleichnamigen höchsten Gipfel, dem Rosenjoch, mit beachtlichen 2.796m. Die großartige 34km lange Reise der Voldertalumrundung des Sommers führt von der ostseitigen Begrenzung des Voldertales, die die Seekarspitze beinhaltet, über den unübersehbaren Gipfels der Naviser Sonnenspitze über das Naviser Joch auf die westseitige Begrenzung des Voldertales und findet sich hier in diesem Blog beschrieben.

Grafmartpitze, Grünbergspitze, Rosenjoch von links – die westliche Umrahmung des Voldertales

Nordwärts geblickt fanden wir eine Abfolge von befahrbaren Teilhängen, die sich, hintereinander gereiht, als Experiment einer Gesamtabfahrt bis zum orografischen Ende der Klausböden handhaben lassen sollte – so unsere Einschätzung.

die Abfahrtsroute wird ausgespäht

Nach einer knappen Dreiviertelstunde starteten wir unsere Abfahrt, die zunächst mit dem felsig anmutenden Gelände bis hinab zum nördlich laufenden Kamm zum Sunntiger begann und die vom Gipfel nicht befriedigend genug einsichtig war.

eine Route ohne abschnallen oder Schi tragen tut sich auf

Den Sattel am Kamm konnten wir mit bedachter Wahl der kurzen Abfahrt auf der Ostseite erreichen (für einen genaueren Eindruck der Passagen siehe hierzu die Bildergalerie). Ein Durchschlupf zwischen den Felsblöcken führte uns dann zu einem schönen Westhang auf dem wir die ersten Schwünge im Pulvergelände ziehen konnten.

ab dem Sattel eröffnen sich tolle Hänge – allerdings muß die Route genau ausgespäht werden

Der Hang, zunächst rein Richtung Westen ausgerichtet, drehte weiter unten in nordnordwestliche Richtung, zu den Klausböden hin – perfekt für unsere Absicht.

Rückblick auf den ersten Hang unter dem Sattel

Bei häufigem Stopp und Einschätzung des Abfahrtsgeländes findet sich eine Schneise mit schönen breiten Hängen (siehe hierzu Detailfotos in der Bildergalerie).

die Hänge werden weiter und erlauben eine fast wahllose Abfahrt

Und mit gebotener Bedachtname auf Vermeidung der steilen Hänge am Ende der baumfreien Höhenzone oberhalb der traumhaften Zirbenwälder erlebt man damit eine sichere und schöne Abfahrt (siehe heirzu mehr Bilder in der Galerie).

Zum Abschluß der Abfahrt wird in die lichten Zirbenbestände eingefahren. Im Inneren des Waldes befinden sich immer wieder kleine Schneisen und Lichtungen, die ein abschließendes Vergnügen über teils steile Hänge bis zum Weg von der Vorbergalm zu den Klausböden bieten.

traumhafte Hänge im Zirbenwald stehen bevor

Mit kleiner Geschwindigkeit gepflegter Schi führt der Weg dann hinab zur Vorbergalm. Von ihr empfiehlt es sich den Hang stark nach rechts zu befahren, um unten auf den Weg zu kommen, der bei den Schneeverhältnissen dieser Tage ohne wesentliche Anschiebehilfe die nahezu 5km weit bis zum Parkplatz führt.

Vorbergalm am frühen Nachmittag

Das unvergessliche Abenteuer der Seekarspitze im Voldertal beanspruchte uns über 6:20 Stunden, wovon wir viel zu kurze 45min am besonnten und windfreien Gipfel verbracht haben.

zurück am Parkplatz Volderwildbad

Insgesamt sind bei der Schitour auf die Seekarspitze gut 12km Tourenstrecke und rd. 1.550Hm Aufstieg zu bewältigen (siehe Routenübersicht und Hangneigungskarte in der Bildergalerie).

Mils, 19.01.2019