Archiv der Kategorie: Touren 2022

Touren 2022 überall

Schitour Fleckner, 2.233 m

Eine kurze, nette und sonnige Schitour auf den Fleckner wollten wir jenseits des Brenners unternehmen, da mangels Schnee und einer etwas angespannten Lawinensituation hierzulande kaum Tourenmöglichkeiten bestanden. Wir wählten dafür einen Tag in der letzten Dezemberwoche, der zumindest heiteres Wetter in der Gegend Sterzing versprach.

Fleckner, 2.233 m

Auf der Autobahn staunten wir dann nicht schlecht, als gegen den Brenner hin durchgehende Bewölkung und nebelverhangene Gipfel auftauchten. Leider änderte sich dies über den Tagesverlauf nicht wesentlich.

Start am Almweg zu den Wumblsalmen

Der Fleckner eignet sich als leichte Schitour mit dem Ausgangspunkt im Inntal, wenn im Süden Tirols mehr Schnee liegt als im Norden. Er stellt mit 830 Hm Aufstieg nur eine kurze Tour dar und für diese würde man sonst die lange Anreise nicht unternehmen.

dem Weg ca. 1,5 km über drei Kehren folgen

Kurz nach den Bergbahnen in Bichl im Ratschingstal gelangt man auf die südliche Talseite nach Flading. Der Parkplatz auf der Straße nach Flading stellt den Ausgangspunkt auf den Fleckner dar. Rechts gibt es mehrere Parkflächen, links die Infotafel über die drei Schitouren vom Parkplatz aus (Fleckner, Saxner und Glaitner Hochjoch oder Schlotterjoch, alle etwa die selbe Anstiegslänge und -höhe).

eine Abkürzung der zweiten Kehre ist möglich

Recht lang entlang des Almwegs und zwar bis nach der dritten Kehre (knapp 1,5 km) führt die Route aufwärts, bevor ein Wegweiser (kurz nach der dritten Kehre) in den Wald leitet. Im Wald führt die Spur aber auch nur kurz nach oben und zwar bis zu einer Wegkreuzung auf einer ebenen Fläche mit hölzernen Hinweisschildern zu den Wumblsalmen und zum Fleckner.

nach der dritten Kehre verläßt man den Almweg in den Wald

Flach führt der Almweg weiter gegen Süden.  Nach kurzer Strecke zweigt die Spur über eine kleine Steilstufe vom, Weg ab und man erkennt bereits vom Weg aus lichteres Gelände oberhalb. Dort erreicht man schöne freie Almflächen, die Klinglermähder.

nach wenigen Minuten im Wald wird der Almweg wieder erreicht

Eigentlich sollte vom unteren Rand der Alm bereits das Ziel der Fleckner eingesehen werden können, was bei unserer Begehung jedoch leider nicht der Fall war. Am rechten Rand der Mähder steigt man weiter auf, dem steiler werdenden Hang, der sich von rechts herunterzieht, entgegen.

auf der freien Almfläche angekommen

Links türmt sich die Saxendlespitze auf und begrenzt somit die Äußere Wumblsalm.

rechts hinauf, vorbei an einem entfernt gelegenen Wetterkreuz

Rechts trennt die Rippe zum Saxner, mittig der Fleckner, der nun an der rechten Flanke der Rippe erstiegen wird. Zunächst erfolgt der Anstieg auf einen vermeintlichen Sattel zu, der sich oben nur als Talstufe herausstellt und der über eine leicht steile Hangpartie erstiegen wird. Dabei läßt man ein schönes Wetterkreuz am Ratschinger Almenweg weit rechts liegen.

Geländestufe oberhalb

Hinter dieser Stufe führt der Anstieg so weiter wie vor der ersten Talstufe, durch ein seichtes Tal. Am Ende dieses Tales öffnet es sich und die Route führt wieder rechts über einen steileren Hang – jedoch merklich weiter als bei der ersten Stufe – auf die letzte Stufe, die zugleich den Grat darstellt.

ein weiteres Tal wird durchwandert

Der Anstieg vom unteren Hangteil ist weniger weit wie der aussieht. Dort trennen vom Gipfel kaum 120 Hm.

Schlußhang

Oben am Gratkamm fällt der Blick auf St. Leonhard in Passeier ins Auge. Der Tiefblick erstreckt sich auf 1.500 Hm und war bei unserer Begehung nur schemenhaft zu erkennen.
Auf den Gipfel führt ein kleiner Aufschwung von etwa 30 Hm, die vom Grat aus in ziemlich direkter Linie, oder tiefer im  Nordwesthang.

am Gratkamm; entweder links über die Flanke oder direkt am Kamm zwischen den Schrofen

Hat man diese letzte kleine Stufe überwunden, befindet man sich auf dem weiten Gipfelplateau mit dem Holzgipfelkreuz am östlichen Ende vor den Schrofen hinab in das Passeiertal. Zu unserem Unmut verschlechterte sich die Nebelsituation innerhalb der knappen halben Stunde zusehends und die Gipfel, die man von dort aus sehen kann müssen alle geschuldet bleiben.

langgezogenes Gipfelplateau am Fleckner

Einzig die Hohe Kreuzspitze soll hier erwähnt werden, da es ein Bild von ihr direkt auf den Fleckner gibt.

der Fleckner im Jaufenkamm von der Hohen Kreuzspitze aus gesehen

Die Abfahrt über die weiten Bergwiesen kann sehr individuell erfolgen. Anhand der Hangneigungskarte gibt es kaum Bereich mit Neigungen über 35°, meist bleibt das Gelände zwischen 30 und 35° und im unteren Teil darunter.

Leider konnten wir aufgrund fehlenden Kontrastes die Hänge nicht weit abseits der Aufstiegsspur befahren, auch die noch nicht sehr gute Schneelage verhinderte das.

in Bildmitte wäre der Gipfel des Fleckners zu suchen – leider unter Nebel

Für den Fleckner rechne man einen Gesamtzeitbedarf von 3:30 Stunden. Die Aufstiegshöhe beträgt 830 Hm, die Streckenlänge 4,6 km.

Mils, 30.12.2022

 

Guffert, 2.195 m – Runde über den Guffertstein

Imposant sieht er aus der völlig freistehende, massiv bankig erbaute Guffert, oder die Guffertspitze, wie der Berg auch genannt wird. Von Karwendel und Rofan aus wird der Guffert trotz seiner unspektakulären Höhe, als freistehendes Massiv jedoch herausragend, als unübersehbares und magisch anziehendes Ziel mit wohlgestaltetem Bau wahrgenommen. Ob seiner Höhe für den Bergsteiger allemal ein Ziel für den Spätherbst, auch noch nach launischen Feldzügen von schattseitig dauerhaft das Gelände beherrschenden Schneefällen gegen den besiegten Sommer.

Guffert vom Guffertstein aus; die Jahreszeit zaubert universe Blicke hervor, anregende Blicke

Der Guffert bildet ein eigenes Massiv, wobei man eher von einem Kamm als von einer Gebirgskette sprechen kann. Er geizt auch nicht mit landschaftlichen Reizen, und wer darüber hinaus ein wenig geologisch interessiert, der wird spannende Literatur vorfinden, die dem alpinistisch leichten Ziel Würze und für den Anspruchsvollen Würde verleihen.

Guffert und sein Westgrat am Herbstvormittag

Der Kamm klingt nach Osten ab und die einzigen Gipfel sind die beiden Guffertgipfel, der Westliche (nicht benannt, jedoch nach der Schartenhöhendefinition klar ein Gipfel) und der Hauptgipfel. Tektonisch gesehen gehört er der sogenannten Achentaler Schubmasse an, geologisch gesehen wird er im Süden vollständig aus Wettersteinkalk gebaut, der Sockel aus dickbankigem Riffkalk, der Gipfel aus  lagunärem Wettersteinkalk, den man bereits vom Tal aus eindrucksvoll studieren kann und auf dessen Bänken sich der stufenartige Aufstieg am Grat vollzieht.

der Runde erster Teil von Vordersteinberg auf den Sattel links des rechten Kopfes

Seine Bezeichnung reicht weit zurück, ein von Finsterwalder1 zitiertes schriftliches Vorkommen findet sich bereits bei Peter Anich » bei Anich steht dort „Gufelberg“; demnach ist Guffert der „guflet Berg“, „Berg mit Gufeln, Höhlen“ was beim Guffert wohl zutrifft « so Finsterwalders Ausführungen.

Abzweig auf den Steig in Vordersteinberg im Rückblick

Die Runde gegen den Uhrzeigersinn über den Guffertstein besitzt den Charme, daß man beim Aufstieg bis hinter die Senke zwischen Guffert und Guffertstein völlig allein unterwegs ist, weil der gebräuchlichere Anstieg über das steilere Südkar führt, die meisten Tourenberichte diesen beschreiben, und die Variante über den Guffertstein erst als Abstieg erwähnen. Der Abstieg über den Guffertstein ist auch länger, da er zunächst weit nach Südosten auf den Rücken des Guffertstein führt und dann in großem Bogen über die Luxeggalm, hinab nach Vordersteinberg, zurück zum Parkplatz.

frühvormittäglicher Blick auf Steinberg mit der Nordmauer des Rofans im Hintergrund

Die Asphaltstraße gleich nach den Häusern in Vordersteinberg hinter sich gelassen, befindet man sich auf einer Forststraße, die nach zwei Minuten in den Wald verlassen wird. Am Herbstvormittag zunächst etwa eine gute Viertelstunde im Schatten, dann durch die Bäume schleifend hindurch unter Sonne erreicht man ein Plateau mit einem Schotterweg, auf dem östlich zu Almen abgebogen werden kann.

am Sattel ist dem Andi bereits wieder viel zu warm; von rechts erreicht man den Sattel

Der spitze Stein mit der Markierung links neben dem Weg ist ein erratischer Block, kristallines Gestein, das die Eiszeiten von den südlich vom Inn situierten Tuxer oder Zillertaler Alpen herübergetragen haben.

großartiges Rofangebirge im Süden – vom Sagzahn bis zur Hochiss

Es folgt ab dieser Stelle ein Aufstieg nur noch in Sonne mit schönen Waldpassagen. Auf einem Flachstück befindet sich rechts am Steig eine Art Aussichtsfelsplateau, das sofort ins Auge sticht und mit einem Ausblick auf die östlichen, zahmen Brandenberger Gipfel aufwartet. Ein noch grandioser Ausblick besteht auf die beiden Kaisergebirge links davon, mit ihren höchsten Erhebungen in 36 und 38 km Entfernung.

Zahmer und Wilder Kaiser im Osten – von der Kesselschneid bis zur Elmauer Halt und dem markanten Großen Hundstod bei Saalfelden

Zur Luxeggalm beschreibt der Steig ab dieser Stelle einen großen Linksbogen. Die AV und Outdooractive Karten zeigen eine Abkürzung, die bereits vor dem Flachstück links abgezweigt wäre, die uns aber nicht ins Auge gestochen wäre. Oben, auf dem flachen Stück zur Luxeggalm konnten wir keine Einmündung der Abkürzung erkennen, möglicherweise sind die Abzweigungen zugewuchert. Nebenbei ist es die etwas längere Variante landschaftlich auch wert einige Minuten mehr dafür zu benötigen.

das Ziel, der Guffert von der Luxeggalm aus wieder sichtbar

Kurz vor der freien Almfläche, die man unter etwas Höheneinbuße nach dem Linksbogen erreicht, wird die Guffertspitze wieder gesichtet, nachdem sie seit Vordersteinberg hinter den Rücken verschwand.

Luxeggalm gen Süden

Die Alm scheint nur eine reine Viehweide zu sein, vielleicht wurde sie auch schon aufgelassen, jedenfalls existieren im November keinerlei Zeichen von Bewirtschaftung mehr. Eine einzige Hütte befindet sich auf dem kleinen Gelände und diese wird links liegen gelassen, während der Steig am Nordostrand der Freifläche auf den Guffertstein hinaufzieht.

Aufstieg auf den Guffertstein

Der Steig wird im Almbereich wieder steiler und erreicht mit etwa 100 Hm Aufstieg das Südeck des Plateaubereiches des Guffertsteins. Der Hochpunkt selber befindet sich gut 300 m weiter nordwestlich in Richtung Guffertspitze. Dorthin bildet sich eine leichte Senke von knapp 20 m Höhenunterschied bis zum Sattel rechts neben dem Hochpunkt beim Wegweiser.

auf der Hochplatte vor dem Guffertstein

Weiters folgt ein Abstieg über 115 m in den Graben, der den Guffertstein vom Guffertmassiv trennt. Entlang des Grabens findet sich nicht nur die unergiebige Schmiedtquelle, sondern ebenso einige Schächte, von denen zwei ob ihrer Dimensionen Bekanntheit erfahren haben und denen durch Uran/Thorium-Untersuchungen ein Alter zwischen um und über eine halbe Million Jahre bescheinigt wird.

Abstieg in den Graben zur Schmiedtquelle

Wir haben am Abstieg eine Schachthöhle an ihrem Rand besichtigt und festgestellt, daß sie von tektonischen Prozessen geprägt ist und wenige Meter untertage von Schnee und Eis gefüllt ist. Es dürfte sich dabei um den tiefsten Eisschacht im Graben südwestlich der Schmiedtquelle handeln, der vom Steig aus sichtbar ist.

man möchte es nicht glauben aber die Sonne hatte noch Kraft genug

Gleich jenseits des Grabens leitet der Steig zum Vereinigungspunkt mit dem Steig aus dem Südhang des Guffert, dem Normalaufstieg von Steinberg, hinauf. Im anschließenden Abschnitt schlängelt er sich zwischen einem Karsttal links und Latschen rechts stufenartig auf einen flacheren Abschnitt. Die Oberflächen der Felsen dort zeigen ausgeprägte Rillen- und Rinnenkarren (Verwitterungserscheinungen durch Lösung des Gesteins), die ins Auge fallen. Über solche Oberflächen, auf denen auch eiszeitliche Gletscher ihre Spuren hinterlassen haben, erfolgt der Aufstieg bis zum sich ausbildenden Ostgrat der Guffertspitze.

an der Schmiedtquelle

Eine Viertelstunde später wird ein abflachender Rücken erreicht, der an den Ostgrat heranführt. Er ist mit einer vollständigen Bergwiese überzogen und fällt im Süden steil in das Kar ab, mit einer schön anzusehenden Abbruchkante von der zimmergroße abgetrennte Felsblöcke nur kleine Strecken zum Abgrund zurückgelegt haben. Möglicherweise durch Erosion des Untergrundes abgebrochene Plattenkalkbänke.

am Sattel hin zum Gipfelmassiv

Starker Föhn ließ uns am Gipfelaufbau zu Bekleidung in den Rucksack greifen und dieser wurde in der folgenden Ostflanke, die sich hinter der Gratwulst eines gewissen Schutzes erfreut, etwas abgeschwächt. Dort verläuft sich der Steig, bei nicht exakter Betrachtung in einigen Einzelrampen, vielmehr Rinnen, denen beliebig gefolgt wird, wie auch wir es handhabten. Steinschlag aufgrund der Hangneigung ist in dem etwa 50 Hm messenden Abschnitt bei hochfrequenter Begehung durchaus zu beachten.

Rückblick auf den Guffertstein

Am oberen Ende wird der direkte Gipfelgrat erreicht und dessen Aufbau formt sich allein zwischen Süd- und Nordflanke aus, die beide extrem steil auf jeweils breitere Bänke abbrechen, stufenartig, mit senkrechten Bankabschnitten.

der Steig zieht über die etwas geschützte Aufstiegsflanke empor

Der Gipfelgrat erweist sich stets breit, er ist ohne Schneeauflage leicht zu begehen und die einzelnen Stufen sind, gegebenenfalls mit dem Einsatz der Hände, ungefährlich für den sicheren, schwindelfreien Geher.

Guffert Ostgrat

An einigen Stellen kann im Süden ausgewichen werden, wobei der Gratfreund diese Passagen auf ihrer Höhe begehen wird. Kurz vor dem unmittelbaren Gipfelplateau leitet ein Bergwiesenabschnitt auf die letzten felsigen Bänke über, die diesen schönen Gipfel bilden.

der Gipfelgrat kann südlich umgangen werden, oder auf seiner Höhe

Aufgrund des starken Föhns zogen wir es vor etwa unterhalb des Gipfels zu lagern. Die Bank auf der wir saßen bot Schutz von dem Föhn, sodaß wir nahezu windgeschützt die Gipfelpause verbringen konnten und die gierig dreisten Dohlen ihre Flugkünste vollführten, sobald ein Brotstück in die Luft geworfen wurde.

eine letzte sanfte Stufe trennt den Gipfelbereich, das weiche Raiblergeschiebe im Norden hat den dauerhaften Wetterstein längst freigelegt, seine Reste befinden sich Hunderte Meter tiefer

Der kaum durch Luftfeuchtigkeit getrübte herbstliche Blick auf die Umgebung darf als großartig beschrieben werden. Zunächst bestechen die im unmittelbaren Westen gelegenen Unnutze mit ihren rassigen Schitourenanstiegen aus dem Nordosten und der schmalen Rinne auf den Grat. Dahinter das Karwendel mit dem auf den Achensee aussichtsreichen Gipfelpaar Seebergspitze und Seekarspitze sowie der interessanten, spitzen Montscheinspitze und den hohen Karwendelgipfeln leicht recht von ihr, unvergessliche Bergtouren, auf diesem Blog beschrieben.

Andi und seine Dohlen

Direkt hinter dem Köglalmsattel südlich des Vorderunnutzes in südwestlicher Richtung  blicken die Stubaier Alpen durch und zwar unverkennbar das Zuckerhütl und der Wilde Freiger in 80 km Entfernung,

einen magisch anziehenden Westgrat nennt der Guffert sein Eigen, beeindruckende Szenen, die im Kopf umher gehen; solcherart Stufenbänke finden sich speziell im Kirchl des Karwendels

Im Südosten befindet sich der Großglockner in 86 km Entfernung und südlich reihen sich Gipfel des Zillertaler Hauptkamms hinter den großen Erhebungen des Rofan, die mit dem Sagzahn, der Rofanspitze  und der Hochiss beste Kletterberge und auch touristisch leicht erreichbare Ziele darstellen.

Guffert gegen den Südosten, das alpinistische Highlight verdeckt durch das Symbol des Höheren der beiden

Der Abstieg am Normalaufstieg führte uns über latschenbewachsene Karstflächen und fast hätten wir durch Zufall den Kuntscher Eisschacht aufgefunden. Anstelle dessen entdeckten wir an der langen Passage, an der der Steig oberhalb des Trennungsgrabens zwischen Guffertstein und Guffertmassiv parallel entlang führt, den Eisschacht, den wir besuchten.

Rofan vor dem Tuxer Hauptkamm und der Gratverlauf über weite Strecken nahezu parallel – oh Augenblick verweile!

Sehr viel von seiner Tiefenausdehnung konnten wir nicht einsehen, da wir keine entsprechende Ausrüstung mit hatten. Schnee um den unbeleuchteten Schachtkopf herum behinderte tiefere Einblicke, die auch über einen Seitenschlot nicht eindeutig erkennbar wurde. Die Schneelage vermittelte jedoch gut, warum hierbei von einem Eisschacht gesprochen wird.
Der Eindruck, sich in einer tektonischen Verbruchszone zu befinden, stieg mit der Entdeckung von Karstmarken wie Trittkarren auf einfallenden Blöcken am Schlottrichterrand, eine höchst interessante Linie.

Blick in den oberen Eingangsbereich

Der Abstieg in das Südkar des Guffert führt zunächst durch Latschen über einen interessanten Felssporn aus bestem Wettersteinkalk auf dessen Unterkante – ein Klettergarten, wie anhand der Bohrhaken ersichtlich ist.

Steigführung unterhalb der Felsen

Weiter schlängelt sich der teilweise steile Steig in die Tiefe und erreicht nach einer guten halben Stunde, etwa knapp unterhalb von 1.400 m den dichten Wald. Von dort führt der Steig teilweise über einen Forstweg hinab zum Parkplatz.

und im Tiefblick auf Steinberg

Die landschaftlich großartige Rundtour über den Guffertstein auf den Guffert, mit allen Pausen und zurück zum Parkplatz in Steinberg, benötigt sechs bis sieben Stunden (ohne Umweg über den Eisschacht).

letzter Gruß vom Guffert nach Steinberg

Die Strecke beträgt 11,5 km, der Aufstieg 1.350 Hm und beim durchschnittlichen Aufstiegsobjekt von 80kg Masse wird reine Hubarbeit von 1060 kNm verrichtet, welche, physikalisch gesehen, in Steinberg angekommen, zur Kompensation ohne Energiespeicherung (=Gewichtszunahme, nicht -tsunami!) ein großes Bier als Belohnung bedeutet. Nicht mehr – kein Kuchen und schon gar kein Schnitzel, geschweige denn Pommes Frittes –  aber auch nicht weniger. Der Abstieg, der, im Gegensatz zur Physik, für uns zum Glück einen Energieaufwand bedeutet, wurde dabei vernachlässigt. Möglicherweise ist damit der Kuchen, oder ein Kinderwiener drin?

Mils, 13.11.2022

1 Finsterwalder: Tiroler Ortsnamenkunde Bd. 2, S. 754

Freihut, 2.625 m – Runde über das Jöchlegg

Bekannt ist die Freihut in den Südlichen Sellrainer Bergen durch die Anstiege von Praxmar sowie vom Gleirschtal bzw. der Möglichkeit der Besteigung vom Gleirschtal ins Lüsenstal oder umgekehrt. Der Name gibt Rätsel auf, während der Tour wird jedoch klar, daß es sich beim Gipfelplateau um eine große Weide gehandelt haben muß – auf der „gehütet“ wurde -, die einst sehr wahrscheinlich „frei“, also kostenlos zugänglich gewesen ist. Leicht zugängliche, ertragreiche und wirtschaftlich gut nutzbare Flächen vereinnahmten immer Fürst, Lehensherr oder Kirche für sich, steile, steinige, mühsam zu erschließende und wirtschaftlich kaum nutzbare Flächen überließen die Mächtigen den Bauern.

Freihut, 2.625 m

Auf die Freihut führen mindestens drei Anstiege, wobei der unbekannteste und wahrscheinlich schönste jener über das Jöchlegg ist. Der Anstieg ist leicht, jedoch verschwindet der Steig kurz nach dem Jöchlegg auf dem Gratrücken, wobei selbst mit nur schwach ausgeprägter Orientierungsgabe der Aufstieg leicht gefunden wird, bleibt man doch stets auf dem breiten grasigen Rücken und vollführt erst knapp unterhalb des Hauptrückens eine langgezogene Südwendung hin zum vermeintlichen Gipfel der Freihut, mit dem Gipfelkreuz.

Aufstieg zum Jöchlegg nach dem Regen

Von der Kehre beim Weiler Narötz1 führt die asphaltierte Straße etwa 150 m an eine Forstwegabzweigung heran, die rechts in den Wald führt. Man parke nicht am Holzstapel an dieser Abzweigung, wenn Forstarbeiten zu erwarten sind. Unten an der Kehre kann geparkt werden, wie wir von verärgerten Anrainern gelernt haben, die mit den langen Bäumen Mühe hatten mit dem Traktor aus dem Forstweg heraus an unserem Auto vorbei auf die Asphaltstraße zu kommen.

Kuppe auf 1.700 m

Dem Forstweg folge man von der Abzweigung wieder etwa 150 m, bevor links eine Abzweigung zum Steigansatz führt (Markierung auf Aluminiumstange oben), der über den bald steil werdenden Hang hinaufführt. Nach etwa 15 min Anstieg tritt der Steig aus dem Wald heraus und sogleich wird eine Holzhütte sichtbar.

Tiefblick auf Juifenau

Nun schlängelt sich der Steig auf der Freifläche bergan und führt schräg nordwestwärts auf eine Erosionsrinne zu, die überquert wird. Auf der Gegenseite führen zwei Serpentinen in eine lichte Baumgruppe und weiter nordwärts auf die nächste Freifläche.

bereits knapp unterhalb des Jöchleggs mit bärigem Ausblick auf das äußere Sellraintal

Wieder steuert man auf eine Erosionsrinne zu und wieder wird sie überquert. Von dort beträgt der Aufstieg bis zum Jöchlegg noch gut steile 400 Hm. Zunächst bleibt der Steig auf der Nordseite der Rinne bevor er abermals wieder in den Wald leitet, der zusehends dichter wird. Im Wald folgt er dann der südlichen Begrenzung der Steinlehnen, einer großflächigen Hangrutschung mit etwa 800 m Höhe, die die Siedlung darunter über lange Zeit gefährdet hat, bevor der Hang zu Ruhe gekommen ist und Schutzmaßnahmen ergriffen worden sind.

Blick auf die Steinlehnen, die durch ihre Massenbewegungen in der älteren und jüngeren Geschichte des Tales für Katastrophen gesorgt haben

Bereits im Wald werden großartige Aussichten auf das Lüsens- und vor allem auf das äußere Sellraintal erkennbar, die auf der vorgelagerten Kuppe noch grandioser wirken. Dort, am Jöchlegg, befindet sich eine komfortable Rastbank, die wir zur Trinkpause nutzen und den kurzen Abstieg zum Kreuz nehmen, um dieses zu betrachten.

Freihut knapp unterhalb des Jöchleggs

Die Aussicht an diesem Sternpunkt ist sagenhaft, das Inntal abwärts reicht der Blick zum Wilden Kaiser.

herrlicher Blick auf das Lüsenstal

Nach Süden überblickt man das gesamte Lüsenstal bis auf den Lüsener Ferner. In West-/Ostrichtung kann der gesamte Kamm der Nördlichen Sellrainer Berge betrachtet werden und diesem Blick huldigt auch die Widmung im Gipfelbuch der Schützenkompanie Gries im Sellrain.

schönes Kreuz der Schützenkompanie am Jöchlegg vor Peiderspitze und Weißstein

Das Kreuz selbst trägt ein hölzernes, flammendes Herz Jesu und eine ausgeklügelte, kupferne Gipfelbuchschachtel, die das Buch vor den Wettern schützt. Bei all der Gediegenheit des Ortes fällt es einem schwer das Kreuzjöchl – wie das Jöchlegg auch heißt – nicht als Gipfel wahrzunehmen.

Kreuzjöchl vor der Freihut

Ein kurzer Gratrücken führt den Sporn des Jöchleggs an das Bergmassiv der Freihut heran. Eine kurze, fast ebene Strecke, die links von ihr die auffällige Eigenschaft des Schiefergneis zur Bergzerreißung so richtig zur Geltung kommen läßt, so können dort ausgeprägte Nackentälchen festgestellt werden, über die auch die alte Steigführung des sogenannten Kirchsteigs gelegt wurde, der eine Verbindung von St. Sigmund nach Praxmar darstellt.

einzigartiger Talblick ins Sellraintal und bis zur 93 km entfernten Ellmauer Halt

Auf einer deutlich erkennbaren Linie zeichnen sich die kleinen Spitzen mit den bergseitig gebildeten Tälchen dahinter ab. Der Kirchsteig verläuft durch die Tälchen wie in einer Wanne.

Merkmale von Massenbewegung; Bergzerreißung, Hangkriechen, -gleiten

Die kurze intensive Sonnenbestrahlung nach dem Regen lies einige bärige Bilder zu, hatte aber auch den Nachteil der Verdunstung auf den Bergwiesen und im Verein mit der entstehenden Thermik bescherte uns der Wetterwechsel teilweise dichten Nebel im Aufstieg.

teilweise steil über Bergwiesen und vereinzelte Schrofen

Die Richtungsfindung war jedoch einfach, der grasige Rücken, teilweise mit vereinzelten Schrofen versehen, wird am Kamm bestiegen und bei jedem Abriss der rasch aufsteigenden Nebel wird das Gipfelkreuz sichtbar.

Gipfelkreuz der Freihut immer im Blick

Gegen den Nordkamm hin vollführt der Steig die oben erwähnte Linkswendung, in Richtung zum Sporn auf dem das Gipfelkreuz errichtet wurde. Die Reste eines ehemaligen Hirtenunterstandes werden dabei passiert, die nicht nur den Eindruck machen als wäre die Freihut schon weit vor ihrer touristischen Erstbesteigung erstiegen worden, sie sind Zeuge dessen.

phantastischer Aufstieg über herbstliche Bergwiesen

Über oberflächliche Hangrutschungen steigt man oberhalb der vor dem Nordkamm obersten sich bildenden Nackentäler auf flacheres Gelände, gebildet durch enorme Massenbewegungen des Gebirges. Im flachen Gelände findet man wieder Steigspuren vor, die zum Sporn mit dem Gipfelkreuz hinführen.

die Route ändert sich nach links zu den obersten Hanggleitungen hin

Die Steigspuren führen durch trogartig geformtes, felsiges Gelände, gebildet durch die Bergzerreißung, das nach oben hin  mit einer kleinen Überraschung aufwartet. Wer den Blick für die türkisgrünen Anlagerungen von Malachit auf Gesteinsstücken hat, kann solche dort noch wenige vorfinden.

durch Oberflächenrutschungen führen Steigspuren den Flachstellen zu

Der Sporn, den es zu besteigen gilt, ist nicht der geodätische Gipfel der Freihut, es ist dies übrig gebliebene Erhebung an der Ostseite am Plateau aus standfestem Granodiorit, der eigentliche Gipfel der Freihut befindet sich 300 m südöstlich davon, er ist um zehn Meter höher und trägt ebenfalls ein Gipfelkreuz. Wir haben ihn nicht bestiegen, da er nicht direkt am Weg lag und schneidiger Wind uns von dem unspektakulären Gupf abhielt.

am Plateau der Freihut angekommen

Rasch ersteigt man vom Plateau aus den Sporn, der sich als Ort für das Gipfelkreuz bestens eignet, nimmt man den Ausblick ins Tal in Betracht.

ein deutlicher Steig leitet bergwärts

Rasch wechselnde Bewölkung, Regenstriche in der Ferne und Nebel machten während der Gipfelrast das Warten auf geeignete Bildaufnahmen spannend und schließlich wurden die Bilder in den Süden wenig interessant.

Blick in den Südosten von der Freihut

Von Südost bis Südwest befanden sich die zentralen Stubaier Alpen unter durchgehender Bewölkung und auch der Kontrast fehlte weitgehend. Erwähnenswert ist die schöne Aussicht auf die Hohe Villerspitze und den Lüsener Fernerkogel, ersterer links im Lüsenstal, letzerer rechts davon, mittig der ehemals lange Lüsener Ferner, der bereits bis hinter die „Mauer“, seinem Nordabhang, zurückgebildet ist. Hinter dem Lüsener Ferner lag die Gipfel der Ruderhofspitze und der Seespitzen bereits unter Bewölkung.

Blick in den Süden von der Freihut

Bereits in südwestlicher Richtung bot sich uns ein schöner Blick auf die Hintere Grubenwand (3.173 m), den Ausgangspunkt des gesamten Nordgrates auf dem wir uns auf seiner nördlichsten Erhebung befanden. Rechts davon, zwischen dem Grieskogel und der Lampsenspitze (runde Kuppe) lugt der rassige Gleirscher Fernerkogel durch, weiter rechts noch die kühne Hintere Sommerwand.

Blick in den Südwesten von der Freihut

Links und rechts vom eigentlichen Gipfelkreuz der Freihut finden sich konzentriert schöne Schitourenziele mit dem Zwieselbacher Rosskogel und der Haidenspitze.

Blick in den Westsüdwesten von der Freihut

Im Westen reicht der Blick auf die Schitourenziele Weitkarspitze, Kraspesspitze und weiter in den Nordwesten gehend auf Steintalspitze, Pockkogel und Gaiskogel .

Hellmut mit den kurz zuvor angekommenen Damen auf der Freihut

Die Nördlichen Sellrainer Berge sind in ihrer gesamten Kette eindrucksvoll zu sehen.

Blick auf die Kühtainer Berge im Westen der Freihut

Von Pirchkogel und Hochalter über Mitterzaigerkopf und Rietzer Grieskogel windet sich der Kamm über das Seejoch zur Peiderspitze.

im Nordwesten ein ebenfalls schönes Herbstziel mit dem Seejoch (2.808 m) im Nordwesten

Schließlich folgt der rassige Weißstein und den Abschluß der Kette bildet der Roßkogel, bevor der 14 km lange Kamm nach Osten ins Inntal abfällt.

Peiderspitze mit dem schönen Grat zu den Koflerspitzen im Norden

Im Osten endet die Gipfelschau über dem Kamm oberhalb der Juifenau Alm der Gipfelsaum der Kalkkögel mit den drei höchsten Zielen, der Großen Ochsenwand, der Riepenwand und der Schlicker Seespitze.

Weißstein und Roßkogel als die letzten scharfen Zähne in den Nördlichen Sellrainer Bergen

Während des Aufstiegs am Plateau und am Kreuzgipfel kann man ein Symbol aus Stein beobachten, das wohl die Freude an der Heimat ausdrücken soll. Vollständig lesbar ist es nicht; um einen runden, durch ein Kreuz geviertelten Kreis herum befindet sich der Schriftzug TIROL und im Kreis der Schriftzug „ich lebe“, sowie ein Schriftzug darunter, der nicht mehr lesbar ist. Südlich davon befinden sich drei weitere unleserliche Schriftzüge und ein Dreieck. Hier haben sich wohl mehrere Künstler geübt.

Freihut vor Kalkkögeln

Den Abstieg, und so die Rundtour gebildet, unternahmen wir bei scharfen Brisen über den Steig nach Praxmar. Ohne Handschuhe kein Auskommen, der Wind legte zu und erst in der Grube konnten wir uns derer wieder entledigen.

Anstieg am Kamm vom Jöchlegg

Der Abstieg in die Grube erfolgt zunächst in Gratnähe, bevor sich der obere  Trichter zur Grube öffnet. Den geodätischen Gipfel der Freihut ließen wir dabei rechts liegen.
Bis zur Grube werden über 400 Hm abgestiegen, teilweise über grobblockige alte Steinreisen, bei denen Hellmut das Tempo zugunsten der Sicherheit zurücknehmen mußte.

Gratpassage am Abstieg in die „Grube“, voraus der Praxmerer Grieskogel

Dies bot die Gelegenheit eine verfallene Almunterkunft am tiefsten Punkt der Grube näher zu inspizieren. Die geschlichteten Mauerreste sprechen von einem Vorraum und einem Hauptraum, der Eingang entgegen der Wetterrichtung. Das Dachgebälk ist vollständig verschwunden. Mehr kann nicht entdeckt werden, jedoch ist die Umgebung interessant.

Blick auf die Grube mit Steig nach Praxmar

Unmittelbar neben der Alm befindet sich ein Felsblock mit einer senkrechten Fläche, die, dem Steig zugeneigt, einen Schriftzug zeigt, der mittlerweile sein 135. Jubiläum feiert.

Rückblick auf das mächtige, 400 m hohe Kar der Grube

Das untere Wort ist leicht erkennbar, es handelt sich um den Nachnamen des Innsbruckers August Endres, ein alter Bekannter der Alpingeschichte, der im ausgehenden 19. Jhdt. einige Erstbesteigungen vollführte.

Inschrift „Endres“ an der Alm

Der Schriftzug darüber ist nicht mehr lesbar und er sollte eigentlich den Namen Pock zeigen. Die beiden haben 1887 die Freihut touristisch erstbestiegen. Endres war Mitglied in der von Julius Pock gegründeten Bergsteigergesellschaft der Wilden Bande. Pock hat viele Gipfel im Sellrain erschlossen, ihm zu Ehren wurde der Pockkogel benannt.

verfallenes ehemaliges Almgebäude

Auf historischen Pfaden wanderten wir also Praxmar entgegen. Warum die beiden diesen langen Anmarsch auf den allseits vom vorderen Tal aus leicht zu erreichenden Gipfel nahmen bleibt unbeantwortet. Einen Steig bis zur Grube gab es wahrscheinlich schon aufgrund der Almwirtschaft, welcher die Zuwegung ins Kar erleichterte.

Steig nach Praxmar

Stetig abwärts führt der Steig aus der Grube inmitten von Almrosen und anderen alpinen Zwergsträuchern mit malerischem Blick auf den Talabschluß des Lüsenstales der Ansiedlung Praxmar entgegen und nach dem Eck zwischen „Die Grieser“ und „Leger“ erfolgte unser geplanter Abstieg in den Narötzer Wald.

am Eck zwischen „Die Grieser“ und „Leger“

Der Steig, bzw. die Abzweigung des in den Narötzer Wald hinab führenden Steigs ist leider nicht mehr sichtbar.

an diesen Almhüttenresten geht es direkt hinab auf den überwucherten Steig in den Narötzer Wald

Jedenfalls steigt man bei den Resten eines Almgebäudes einfach auf die weichen Bergwiesenböden direkt hinab und findet, unter Konzentration auf einen Steigverlauf, tatsächlich einen schräg talauswärts verlaufenden Steig, der völlig überwachsen ist und nur als Verflachung der Geländekante auszumachen ist. Hat man ihn erreicht, führt er bis zum Forstweg am Talgrund hinab.

erkennbarer Steigverlauf nach links unten

Dabei taucht der Steig nach einem talseitig am Waldrand erkennbaren Hochstand in den dichten Schlagwald ein und führt an fünf Ruinen von Almhütten vorbei, die man im dichten Wald nicht vermuten würde.

verfallene Almgebäude im Schlagwald

Am unteren Ende des Waldwegs wird eine Wildfütterung erreicht, von dort führt der Forstweg zurück nach Narötz. Am Forstweg talauswärts nehme man die untere (markierte) der beiden Möglichkeiten, das erspart das Überklettern eines Weidezauns kurz vor den Häusern.

Steig im Schlagwald

Da wir mit Schirmen im Regen die Abzweigung vom Forstweg fotografisch nicht aufgenommen hatten begingen wir abschließend nochmals die etwa 150 m des Weges ab der Asphaltstraße, um sie abzulichten.

Gehöft vor der Asphaltstraße

Auf der phantastischen Herbstrunde werden 1.250 Hm über eine Strecke von knapp 10 km gemeistert und Hellmuts Idee eine Runde ersparte uns den Weg nach Praxmar und auf der Landesstraße zurück zum Ausgangspunkt.

Abzweigung vom Forstweg auf den Steig zum Jöchlegg

Wir haben für die Tour incl. aller Pausen sieben Stunden benötigt und bei dieser Zeitangabe ist zu berücksichtigen, daß wir in Summe mehr als 140 Lebensjahre auf den Gipfel zu tragen hatten, der eine jedoch nur dreiviertel vom anderen.

Mils, 26.10.2022

1  Finsterwalder: Tiroler Ortsnamenkunde Bd. 2, S. 641: Narötz, von „orezza – bei der kühlen Luft“, einstiger Lagerplatz für die Mittagsruhe des Viehs mit Kühlung und Schutz vor Insekten

 

Seejoch, 2.808 m – Flaurlinger Roßkogel oder Haggerspitz

Gleich drei Namen besitzt der schöne Aussichtsberg in den Nördlichen Sellrainer Bergen. Und er ist, mit einem Meter mehr als die schön geformte Peiderspitze, nach Osten hin der höchste Gipfel in der Kette. Seine Besteigung von Haggen eignet sich für späte Herbsttage an denen die Sonneneinstrahlung den Südanstieg erwärmt.

oder direkt auf der leicht zu begehenden Gratschneide

Der Ausgangspunkt auf das Seejoch vom Sellraintal  kann von Haggen, oder von zwei Steigen, die etwas höher in Richtung Kühtai, an der Landesstraße beginnen. Am Rückweg kann somit ein geänderter Abstieg zu einer kleinen Runde ausgebaut, und die Forstfläche mit interessanten Informationen besichtigt werden.

Seejoch vom Parkplatz bei der Schärmeralm aus gesehen

Die vorliegende Tour beginnt am Parkplatz jenseits des Zirmbachs, in Haggen. Von dort ist das Ziel gut sichtbar. Vorbei an der kleinen Kapelle führt der Steig nordostwärts auf den grasigen Hang, der so eigentümlich kahl im hellbraunen, verdorrten Herbstkleid steil nach oben führt.

Andreaskapelle Haggen

Deutlich sichtbar von unten erscheinen die Markierungen auf den Blöcken im Hang. Der Steig führt im unteren Teil durch ein paar sumpfige Stellen, bevor der Hang steiler wird und in zunächst weiten Serpentinen aufwärts führt.

Beginn Steig auf den Haggener Sonnberg

Nach einer etwas weiteren Nordostpassage setzt der Steig auf dem Westrücken einer Wasserrinne fort und die Serpentinen werden enger. Auf diesem Rücken bleibt der Anstieg bis der Steilhang oben zum Haggener Sonnberg, der seinen Namen zurecht trägt, stetig abflacht.

Rückblick nach einigen Minuten Aufstiegs

Im Flachteil kreuzt der Steig mit dem Sellrainer Höhenweg, der östlich zur Sonnbergalm und weiter in Richtung Roßkogel führt. Vorbei an den Resten von Almwirtschaft, die aus Unwirtschaftlichkeit und Mühe aufgegeben wurde, leitet der Steig in mäßig steilem Gelände auf den Rücken hinter dem sich die Roßgrube mit dem kleinen See befindet. Am Hochpunkt des Rückens findet sich eine einsame Bank, die für eine Trinkpause genützt wurde.

am Sellrainer Höhenweg angelangt; zum Seejoch geradewegs nach Norden über eher flache Bergwiesen

Von dort kann die „Haggener Wand“ unterhalb des Gipfels des Seejochs und das davon rechts, nach Ost, sich erstreckende Peiderwandl aus der Nähe betrachtet werden, eine nach Ost ansteigende Wandstufe, die höchstwahrscheinlich durch das Abrutschen der Gneisglimmerschiefermassen gebildet wurde. Oberhalb zeichnet sich das Gipfelkreuz des Seejochs deutlich ab.

an der Inneren Roßgrube angelangt

Das Peiderwandl ist es auch das nun, nach der Umwanderung der innersten Rossgrube mit leichtem Höhenverlust, angepeilt wird, um auf die Peiderscharte im Osten zu gelangen.

alte und junge Steinmuren werden überschritten

Am Weg dorthin durchquert der Steig eine Murenrinne, die viele Eindrücke der in den Felsen darüberliegenden geologischen Einheiten in die Roßgrube gefördert hat und nicht nur Gneisglimmerschiefer sowie Schiefergneis sondern auch den dunkelbläulich feinkörnigen Biotitgranitgneis und den ebenfalls dunklen aber eher schwarzen Amphibolit zeigt.

über ein Blockfeld führt der Steig an die Felslinie heran

Der Steig entlang des Peiderwandls überquert einige Murenrinnen direkt am Felsfuß, sodaß die unterschiedlichen Farben, Muster und Bruchformen der Gesteine schön studiert werden können.

typischer Aufstieg durch Murenrinnen mit jung herabgefördertem Gestein

Kurz vor der Peiderscharte, auf dem letzten felslosen Anstieg zur Scharte, taucht der Steig für eine kurze Strecke in Granodioritgneis ein, der den Grat und die Südabhänge der Peiderspitze bildet. Die kurzen Felspassagen gleich westlich der Scharte bestehen dann bereist wieder aus dem dunklen Amphibolit, der sich bis zum Gipfel fortsetzt.

Rückblick auf die Innere Roßgrube

Auf der Peiderscharte fällt der Blick natürlich auf den schönen Grat zur Peiderspitze, ein eigenes Abenteuer, das man auch mit dem Seejoch verbinden kann, falls man ein zweites Fahrzeug in Gries platziert hat, oder den Anstieg am Rückweg über den Sellrainer Höhenweg nicht scheut.

Peiderscharte, Blickrichtung Ost zur Peiderspitze

Am Gratverlauf wird das Seejoch Gipfelkreuz zum Greifen nahe während im festen Amphibolit entweder am Steig, oder schöner, am direkten Grat zum Gipfelaufbau angestiegen wird. Unter mäßiger Steigung werden die harmlosen Gratspitzln hin zum Fuß überwunden.

Auf dem ersten Gratkopf (dunkler, blockiger Amphibolit)

Die letzten 100 Hm zum Gipfel erfolgen nahe der Kante zwischen Südabbrüchen und Nordosthang in kleinen Serpentinen, teilweise auf einem schuttigem Rutschhang.

entweder am Weg, südlich der Grathöhe

Einen besseren Tag für die Aussicht vom Seejoch als einen Herbsttag gibt es wohl nicht. Zwar steht die Sonne generell tief, treibt sie aber doch ein Licht und Schattenspiel im Süden, das  die Grate richtig zur Geltung kommen läßt. Die trockene Luft erlaubt weite Fernblicke in die restlichen Himmelsrichtungen.

Aufstieg auf der Kante des Osthangs zum Seejoch

Im Nordwesten erhebt sich die schön geformte Pyramide des Rietzer Grieskogels, die, um wenige Meter, nur knapp die 2.900 m Grenze verfehlt und somit den höchsten Berg bis Kufstein, der direkt im Inntal steht bildet.

Seejoch, 2.808 m

Nach Westen hin wird seine Höhe nur von Wildgratspitze und Parseierspitze übertroffen, wobei man ernsthaft darüber diskutieren mag ob erstere in  vorderster Reihe zum Inntal angesiedelt werden kann und letztere noch dem Inntal zuzurechnen ist, bevor der räterromanische Piz Alpetta, westlich von Hochfinstermünz, mit 2.980 m direkt am dort entspringenden Inntal den Rietzer überragt.

Blick vom Seejoch nach Nordwest mit dem Pirchkogel links, dem Rietzer Grieskogel und dem Hocheder in der rechten Bildhälfte

Weit reicht der Blick im Herbst in den Norden auf die Wettersteingipfel mit der schönen Leutascher Dreitorspitze, die den östlichen Teil der Wettersteinhauptkette dominiert, und ins Karwendel im Nordosten, das man an einem langen Sommertag von Absam bis nach Krün durchwandern, und die gesamte Strecke incl. aller Gipfel, bis hin zur Soiernspitze in Bayern, vom Seejoch aus nachvollziehen kann.

Flaurlinger Alm in der Tiefe, links hinten die Leutascher Dreitorspitze, die Ahrnspitzgruppe und die Karwendelvorberge in Bildmitte und rechts das Karwendel

Direkt im Osten, im Seetal gegenüber, reicht der lange und nach Norden hin milder werdende Grat, den die Peiderspitze entsendet, bis zum Rauhen Kopf, bevor er in das Inntal abfällt.

sanft steigender und zerklüftet endender Nordgrat von der Peiderspitze nach Norden mit Karwendel im Hintergrund

Dieser Grat trägt die Schlossköpfe, über die es sich in leichter Kletterei in festem Fels auf die Peiderspitze ansteigen läßt. Genau über der Palderscharte ragt der kühne Turm des Weißsteins auf und links davon der Roßkogel, die man in einer interessanten Runde über den Mitterkogel ab der Inzinger Alm begehen kann.

Schlossköpfe und Peiderspitze – eine bärige Überschreitung

Im Südosten reicht der Blick bis in die Zillertaler Alpen, sowie nach Süd geschwenkt über die famosen Kalkkögel und dem Habicht zu den zentralen Stubaier Gipfeln. Gegenüber, im Tiefsten des Gleirschtals thront der rassige Gleirscher Fernerkogel und östlich davon, im hinteren Lüsenstal, seien die Dreitausender der Hohen Villerspitze und des Lüsener Fernerkogels erwähnt.

Von links: Peiderspitze, Kalkkögel mit Zillertaler Alpen im Hintergrund, Habicht und Hoher Villerspitze rechts

Im gleißenden Licht der flach stehenden Sonne im Herbst finden sich gegenüber die Südlichen Kühtaier Berge, von denen die wohl bekanntesten Gaiskogel, Pockkogel und Neunerkogel eine schöne Überschreitung im Sommer bilden, sowie im Winter der Zwieselbacher Rosskogel und der Sulzkogel sehr beliebte Touren darstellen.

Hohe Villerspitze und Lüsenser Fernerkogel in der linken Hälfte, Schrankogel mittig weit hinten, Grubenwand, Gleirscher Fernerkogel, die spitze Vordere Sonnenwand, der Breite Grieskogel und der Zwieselbacher Roßkogel rechts

Als leichte Tour im Vordergrund kann die Runde über die Freihut empfohlen werden; mit Aufstieg ab und nach Narötz, in der Juifenau.

phänomenaler Blick vom Seejoch auf Gleirsch- und Kraspestal

Den Abschluß des Panoramas im Westen bildet der Blick auf Kühtai mit dem grünen Stausee und dem dahinter aufragenden Stock des Maning- und Acherkogels, die mit einer atemberaubenden Nordostkante aufwarten.

links der Sulzkogel, der Maning- und der Acherkogel, dann Kühtai und rechts der Pirchkogel

Ebenfalls gen West fällt der Grat vom Seejoch zum Metzten und dahinter, zur Flaurlinger Scharte hin ab – eine nächste Tour als Überschreitung von West nach Ost, über die Peiderspitze, bis zum Roßkogel hin und unter Nutzung des Linienbusses möglich.

Grat von Peiderscharte auf die -spitze

Der schöne Grat von der Peiderscharte auf die gleichnamige Spitze kann im Abstieg erforscht werden. Der Führer attestiert für diese mäßige Schwierigkeit, welche auch optisch stimmen sollte, bis auf eine schwierige Stelle, die Roman & Jürgen beschreiben.

Blick von der Peiderscharte auf den Abstieg

Am Haggener Sonnberg kann ein alternativer Abstieg nach Westen erfolgen, der durch die Aufforstungsfläche, die ab dem Jahr 1963 als Reaktion von verheerenden Lawinenabgängen angelegt wurde. Es empfiehlt sich die Informationstafel am unteren Ende des Steigs durch den Wald zu lesen.

südwestlich den Sonnberg querend hinab auf den Sellrainer Höhenweg

Der Abstieg dorthin ist bestens markiert und ein Bankl oberhalb der durch Lärchen bunt gefärbten Forstfläche lädt zum Baumeln der Seele ein, vor den herbstlich goldbraun gewordenen Bergwiesenflächen im Sellraintal.

Abzweig vom Höhenweg Richtung Haggen

Auf der sonnigen Herbstrunde werden 1.380 Hm über eine Strecke von 10,5 km gemeistert. Man rechne incl. Gipfel- und kurze Trinkpausen mit 5 1/2 bis 6 Stunden. Im Sommer empfiehlt sie sich aufgrund der Temperaturen nur bei sehr frühem Start.

am Steig neben der Kühtaistraße bis zurück zur Andreaskapelle, hoch oben das Seejoch

Zur Einkehr eignet sich der legendäre Forellenhof, in dem man immer gut isst, wenn man denn am Nachmittag nach dem Mittagsansturm als Einzelner auf einem Tisch im Garten beachtet wird.

Mils, 30.10.2022

Mitterkogel, 2.583 m – Überschreitung Nordgrat, Weißstein und Roßkogel

Der kurze und leichte Nordgrat, der sich zwischen Roßkogel und Peiderspitze in das Becken der Inzinger Alm vorschiebt, trägt den Mitterkogel, dessen Besteigung zu einer schönen Runde ausgebaut werden kann, mit dem Weißstein und dem Abstieg über den Roßkogel, zurück zur Inzinger Alm. Die ungerechte Beschreibung der Begehung von Norden im Alpenvereinsführer mag Grund für seinen wenig häufigen – und dem Gipfelbuch nach vorwiegend von ansässigen Kennern – ausgeführten Besuch sein.

Mitterkogel, 2.583 m

Weiters beinhaltet kaum ein klassisch alpines Kartenwerk den Anstieg zu seinem Kreuzgipfel, der auf dem 2.376 m hohen Spitzl extrem weit nördlich des geodätisch richtigen Gipfels entfernt errichtet wurde, das keinen eigenen Gipfel nach der allgemeinen Definition darstellt, und das augenscheinlich keinen offiziellen Zustieg zu besitzen scheint. Beim Vergleich des Kartenwerkes mit der Realität in natura fällt dies besonders auf und zieht die Aufmerksamkeit jedes alpinistisch Interessierten auf sich das Geheimnis zu ergründen.

Mitterkogelgrat von der Straße zur Inzinger Alm gesehen

Wer letzteres unternehmen möchte, findet zunächst keinerlei Literatur über das kleine Spitzl, das am Mitterkogelgrat von hoher Stelle aus gegen die Inzinger Alm blickt und, bei genauer Betrachtung mit dem Glas von unten, zwei Gipfelkreuze trägt. Der AV-Führer enthält darüber keine Aussage, zumindest nicht der alte. Selbst bei der Karten-Recherche auf den Apps des AV oder Outdooractive über Anstiegsmöglichkeiten bedarf es der sogenannten „Pro+ Version“ der App, um auf anderen als den Alpinkartenanbietern zumindest einen Steig zum Kreuzgipfel auszumachen – Kartenanbieter1, die ganz und gar nicht den alpinistischen zugerechnet werden, paradoxerweise aber den Anstieg beinhalten.

das „Spitzl“ als Kreuzgipfel am Mitterkogelgrat

Diese Tatsache beflügelt den Entdeckergeist noch weiter, sowie das Grübeln über diese beschämende Situation, für die der Autor seine Meinung hat, die der eifrige Leser dieses Blogs bereits kennt: „Die Dosis [Verf.: Haftung] macht das Gift“ – wie Paracelsus bereits vor Jahrhunderten erkannte – könnte hier als indirektes Zitat der Situation dienen, welche sich, nach Meinung des Verfassers, als solche heute immer noch in §1319a ABGB aufgearbeitet findet.

Harvey Maps Karte; eine Karte, nicht speziell für alpines Gelände

In der Folge gibt es den Steig somit in englischen und anderen internationalen Karten, nicht aber in heimischen, die heute streng der ursprünglich Theresianischen Ordnung im Gebirge folgen, welche damals nicht für diese Extremität vorgesehen war. Und es gibt ihn gottlob im Herz von Eingeweihten.

im Kessel des Hundstales gegen den Grünerlenhang und den Kreuzgipfel geschaut

Der Anstieg führt vorbei an der Inzinger Alm, hinauf in den aufsteilenden Talkessel des Hundstales. Der Parkplatz auf 1.627 m und darüber hinaus – bei großem Andrang – entlang der Straße ist kostenlos, im Sommer ist die Straße frei benutzbar, sonst herrscht Fahrverbot. Wie überall im Gebirge empfiehlt sich die Erkundung über die Situation vor der Tour, es könnten ja Wetterereignisse die Auffahrt temporär verunmöglicht haben, oder die Aktualität des vorliegenden Berichtes überholt sein.

gewaltiger Abbruch des Mitterkogelgrats mit Gletschermoräne

Nach den Almwiesen, zu Beginn des Grünerlengürtels, quert der Steig den Enterbach und führt über eine Kehre unterhalb des steil abfallenden Fußes des Nordgrates in Richtung der  mittleren Stufe des Hundstales, vorbei am Schafhüttl und unterhalb einer Gletschermoräne mit beachtlich großen Gesteinsblöcken.

Abzweigung des Anstieges zum Kreuzgipfel im Rückblick, rechts das Blockfeld

Die Abzweigung auf den Nordgrat nach dem Erreichen der nächsten Talstufe ist nicht sichtbar vom Steig zum Hundstalsee aus. Knapp neben dem Hundstalbach steigt man gegen die Flachstelle auf und übersieht dabei ein schmales, spitz nach links abzweigendes Steiglein, hinauf auf eine Ansammlung größerer Blöcke, das auch als Gamswechsel durchgehen könnte und nicht sofort als Steig erkannt wird.

Rampe nach rechts ansteigend in horizontaler Bildmitte

Das Blockfeld wird durchquert, oder im Norden umgangen, bevor der schwach sichtbare Steig auf eine Art Rampe nach Süden führt, über die bis zu einer Verschanzung der Jäger aufgestiegen wird. Nach der Verschanzung aus Schieferplatten verschwindet der Steig zunächst bis in den schuttüberzogenen Hang, der nordöstlich in die Ausmuldung zum Kreuzgipfel hin führt. Mitten im Hang findet sich der Steig dann wieder.

Rückblick von der Flachstelle mit der Jägerschanz links

Eine mittelbreite junge Murrinne erschwert den Aufstieg dadurch ein wenig, daß der Steig unterbrochen wird, neue Steigspuren sind spärlich vorhanden und jenseits der Rinne wurde zur Orientierung ein Steinmandl errichtet.

Rückblick nach der Murrinne

In der Folge führt der Steig in die Mulde hinein und – zunächst wieder ohne sichtbaren Steig – auf die Gegenflanke, auf der man weit oben einen Steinmann erkennt, zu dem aufgestiegen wird. Von dort ist der weitere Aufstieg recht logisch nachvollziehbar und bei Durchlässen von deutlichen Steigspuren belegt.

weglos zum nächsten Steinmandl hoch oben

Weiter oben muß auf die Nordseite gewechselt werden, um knapp jenseits aufzusteigen und rechts der Felswand zum Kreuzgipfel wieder auf die Südseite zurückzusteigen und entlang der Felswand die Wiesen des oberen Teils der Mulde zurückzukehren, über die der Aufstieg auf steilen Grasflächen zum Gipfelkreuz erfolgt.

Rückblick vom Steinmann zurück auf den Steig in die Muldenverschneidung

Da es in den Vortagen zur Begehung des Verfassers geregnet hat und die Hangneigung entsprechend groß ist (≥ 40°), sei hier die Empfehlung ausgesprochen, diesen Aufstieg nicht nach Regen am Vortag, oder zu erwartender starker Taubildung zu unternehmen. Gleiches gilt auch für den Aufstieg am Grat zum eigentlichen Gipfel des Mittergrates. Weiters muß man bei der im unteren Teil eher abgedeckten Lage des Aufstiegs im Spätsommer oder Herbst nicht zu früh starten, um eher ins Sonnenlicht einzutauchen.

 

kurz vor dem Wechsel auf die Nordostseite am Grat

Wie oben erwähnt stellt der Punkt an dem die beiden Kreuze errichtet wurden, nicht der eigentliche Mitterkogelgipfel, sondern nur eine Gratspitze, die vom Talboden aus schön sichtbare ist und höchstwahrscheinlich deshalb als Mitterkogel adaptiert wurde. Sie weist als Merkmal für einen eigenständigen Gipfel jedoch keinerlei Schartenhöhe auf und der eigentliche Mitterkogel kann von dort nicht eingesehen werden.

Mitterkogel Kreuzgipfel, 2.376 m

Eine raffinierte und eigenwillige Rohrkonstruktion der Gipfelbuchschachtel schützt das dadurch aufgerollte Gipfelheft wirkungsvoll vor Nässe und das Gipfelbuch zeugt von wenigen Besteigungen übers Jahr, darunter manche, deren Hausrunde der Mittergrat wohl sein dürfte, die mehrmals im Jahr diese Tour unternehmen. Wobei, den reinen Aufstieg zum Gipfelkreuz dürften nur wenige zum Ziel haben, meist wird die folgende Gratüberschreitung zum Ostgrat der Nordöstlichen Sellrainer Berge oder dieselbe Runde angegeben, wie in vorliegendem Bericht beschrieben. Liegt aber auch auf der Hand, wenn man diesen schönen, leichten und einsamen Grat einmal begangen hat.

weiterer Anstieg auf den Mitterkogel; links das nächste Ziel, der Weißstein

Das alte Holzkreuz, ein sogenanntes Patriarchenkreuz – es könnte als ein Wetterkreuz für die darunter liegende Alm gedeutet werden -, wurde nach der Errichtung des neuen Stahlkreuzes nicht entfernt sondern belassen. Zweck und Form wären ansonsten nicht erklärbar.

Rückblick vom Nordgrat auf den Kreuzgipfel

Nun am Grat, der zuerst nur als leicht begehbarer Rücken ausgebildet ist, wird über Wiesenflecke mit eingestreuten Felspartien auf den nächsten Gratbuckel aufgestiegen. Spätestens ab dort gilt die Beschreibung im AV-Führer (Klier, Stubaier Alpen, 8. Auflage 1976) „…Anstieg von Nord weniger schwierig als mühsam und nicht ungefährlich über steile, brüchige Flanken emporführt.“ Wenn Julius Pock 1888 dies so beschrieben und die Beschreibung Vorlage für den Führer war, dann hat er sicher den Anstieg zum Kreuzgipfel mit „nicht ungefährlich über steile Flanken“ gemeint (siehe Empfehlung weiter oben), als „brüchig“ könnte der Verfasser aus seiner Beobachtung jedoch keinen Teil der Route bis zum Auslaufen am Ostgrat bezeichnen. Im Gegenteil, die Gratpartien verlaufen nach dem Kreuzgipfel in festem Amphibolit- und Hornblendefels.

kurze Strecke von Gratspitzln

Am Weg zum Hochpunkt auf den Gratkopf (2.508 m) findet sich ein kurzer Abschnitt mit Gratzacken, die überklettert, oder westseitig umgangen werden können und unmittelbar unterhalb des Hochpunktes ein kurzer Kletterabschnitt in festem Blockwerk.

Rückblick vom Gratkopf zum Kreuzgipfel

Vom Hochpunkt aus reicht der Blick über den gesamten folgenden Grat bis zum Mitterkogel. Nicht, daß man den Grat in seinen Einzelheiten ausmachen könnte, aber dessen gesamten Verlauf mit den schmaleren Partien die das Herz schon höher schlagen lassen.

Anstieg auf den Mitterkogel im Überblick vom Gratkopf aus

Mit einem kurzen Abstieg von etwa 20 bis 30 Hm in die tiefste Einschartung zwischen Gratkopf und Mitterkogel beginnt der zweite Abschnitt der Gratüberschreitung. Der Abstieg führt vorwiegend über Gehgelände, bevor die Gegenseite mit einem schönen Aufstieg im Fels aufwartet. Dieser Abschnitt und die folgenden, relativ flachen schärferen Gratpartien hin zum Gipfelaufbau des Mitterkogels stellen das Highlight der kletterbaren Abschnitte der Überschreitung dar. Leider sind sie viel zu kurz.

Aufstieg zum Mitterkogel von der tiefsten Einschartung aus gesehen: im Vordergrund der tolle Felsaufstieg

Am Aufstieg stellen sich schräge plattig, ebene Felsflächen direkt am Grat entgegen, die genügend Risse für eine leichte Begehung aufweisen. Das Gelände steilt auf und wer am Grat bleibt erlebt einige schöne Partien in mäßig schwieriger Kletterei, bevor ein kleiner grasbewachsener Kopf den nächsten, nun schärferen Teil der Gratverbindung zum Gipfelaufbau einleitet und der in luftiger Kletterei an der Gratschneide begeht, bevor er auf der breite Flanke des nördlichen Gipfelaufbaues abrupt ausklingt.

am schärferen Grat zum Gipfelaufbau des Mitterkogels

Anschließend an diesen schönsten Teil der Überschreitung führt ein auffällig gut ausgetretener Steig auf die Westflanke des Mitterkogels, wohl als Umgehung des Gipfels gedacht. Er wurde nicht weiter verfolgt, da das Ziel ja die Gratüberschreitung zum Mitterkogel darstellte. Daher rechts vom Steig am Grat weiter und über einen auffälligen, wenige Meter mächtigen Einschub eines anderen Gesteins wieder auf die Grathöhe.

Rückblick über den bärigen, scharfen Teil des Grates

Nach ein paar Minuten auf der leicht zu begehenden Grathöhe wird der Gipfelpunkt mit dem Steinmandl sichtbar und auch gleich erreicht. Das Steinmandl stellt die Zier des richtigen Mitterkogels dar und das Gipfelplatzl für die Rast fällt denkbar klein aus. Im Süden vor dem Gipfelaufbau befindet sich eine tiefe Scharte zum nächsten Felskopf mit annähernd gleicher Höhe an der Mitterkogel, dessen westseitig wegbrechende Aufstiegsflanke zuerst optisch abstößt.

Rückblick auf den schönsten Teil der Überschreitung

Die Aussicht am Mitterkogel (2.583 m) gegen Westen zeigt die 1.600 m entfernte Peiderspitze (2.808 m), die in einer schönen, abwechslungsreichen Gratüberschreitung vom Brechten (2.419 m)  im Norden erreicht und mit dem Abstieg über den Ostgrat zu den Koflerspitzen (2.663 m) zu einer traumhaften Runde ausgebaut werden kann. Beide Gratüberschreitungen können mit dem Glas in ihrer Gesamtheit vom Mitterkogel eingesehen werden. Tief unten liegt der Hundstalsee als Überrest glazialer Ausprägung des ehemaligen Seitengletschers im Hundstal.

Aussicht gegen Westen mit Peiderspitze, Ostgrat von den Koflerspitzen und Schlossgrat von Norden

Gegen Südosten beeindruckt der wuchtig, bizarre Aufbau des 600 m entfernten Weißsteins (2.640 m) und der Eckpunkt der hier beschriebenen Rundtour, der Roßkogel (2.647 m) im Osten, in 1.600 m Entfernung, dessen Gipfelkreuz ebenfalls nicht am höchsten Punkt errichtet wurde.

Blick ins „Enge Tal“ und bis zu den Karwendelvorbergen nördlich von Scharnitz

Der Blick über die Koflerspitzen in die Sellrainer Seitentäler und den Dreitausender der zentralen Stubaier ist von Peiderspitze, Weißstein und Roßkogel noch besser, dafür aber die Übersicht über das Tal in der Tiefe und den hinter dem Inntal aufsteilenden Karwendelgipfeln in direkter Linie bis weit über Scharnitz hinaus ein bemerkenswerter.

prekär aussehender Gegenaufstieg auf den schroff abfallenden Gratbuckel im Süden

Der Übergang auf den südlichen Vorkopf konnte problemlos über die brüchigen Stellen ausgeführt werden, natürlich unter eingehender Probe der Festigkeit der Griffe. Die kurze Flanke sieht eher schlimmer aus als sie bei Belastung zeigt.

Mitterkogel vom südlichen Gratbuckel aus gesehen

Auf ihrer Hinterseite führt ein steiler wiesenbewachsener Hang auf eine Flachstelle mit anschließendem Abstieg in einen tiefen Sattel an dem die eher flache Gratverbindung zum Ostgrat der Nördlichen Sellrainer Berge beginnt.

Rückblick auf den Südgrat zum Mitterkogel

Einige Gratköpfchen stehen der direkten Verbindung noch im Weg, die der Verfasser am Hochpunkt überschritten hat. Es wäre aber auch möglich, diese auszulassen und den ostseitigen Steig zu benutzen, der mit weniger Auf und Ab dorthin führt.

der imposante Weißstein im Osten, das nächste Ziel

Am Ostgrat angekommen führt die Rundtour hinab in den weiten Sattel zum Weißstein. Etwas nördlich des bezeichneten Steigs erfolgt der Aufstieg aus dem Sattel zum Einstiegspunkt des Weißsteins, dessen schöne Felsgestalt vollständig aus festem Granodioritgneis gebaut ist.

Weißstein Westflanke von der Einsattelung aus gesehen; zu Beginn des letzten Bilddrittels der Einstieg

Der Aufstieg zum Gipfel wurde mittlerweile durch Markierungen gekennzeichnet, obwohl sich die Route in der AV-Karte nicht eingezeichnet findet. Der Einstieg erfolgt imposant am Fuße einer hohen Wand mit schätzungsweise 65 bis 70° Wandneigung in einen gutgriffigen Riss auf ein Wiesenband etwa 20 m darüber.

schöner gutgriffiger Aufstieg auf das Wiesenband

Leider zog just am Aufstieg hartnäckiger Nebel von den feuchten Hängen des Sellraintales herauf, der die Sicht über Minuten nahm und zwecks der fotografischen Dokumentation Pausen bedingte. Die Aufstiegsroute auf den Weißstein ist markiert vorgegeben und deshalb hier nicht ausgeführt.

steiler Aufstieg in eine schuttgefüllte Verschneidung

Am Gipfel wurde von der Bergrettung Gries im Sellrain ein Holzgipfelkreuz aus Rundhölzern gefertigt aufgestellt. Ein aus Blech getriebenes Edelweiß bildet den Kreuzknoten auf Stahlplattengrund und eine bestens ausgeführte Blitzschutzanlage, sowie ein ausgeklügelte Gipfelbuchschachtel runden die Perfektion der Dauerhaftigkeit ab. Ein Blick in das dicke Gipfelbuch verdeutlicht die hochfrequente Begehung des Weißsteins.

unterhalb der Gipfelwand des Weißsteins

Eindrucksvoll erscheint von hier auch der gesamte Nordgrat des Mitterkogels, die Höhenverhältnisse mit Scharteneinschnitten werden gut sichtbar. Leider konnten aufgrund der Nebelattacken die Größen der Stubaier nicht gebührlich betrachtet werden. Eine ausführlichere Beschreibung der Aussicht gen Süden befindet sich im Bericht über die Peiderspitze.

Weißstein, 2.640 m

Der Abstieg vom Weißstein am Grat folgt einem Verschneidungssystem in seiner Ostflanke, der – so wie der Aufstieg auch – seilversichert ist und daher leicht zu begehen. Martin, den der Verfasser am Gipfel kennengelernt hat, nahm gleichzeitig den Rückweg zum Roßkogel, von dem aus er den Abstecher zum Weißstein unternommen hat, in Angriff. Von ihm stammt das Bild in der Verschneidung.

Ansicht der Grate auf den Mitterkogel

Der Übergang zum Roßkogel führt über Bergwiesen mit schrofigen Rippen in einem leichten Auf und Ab ziemlich direkt der Grathöhe folgend, samt und sonders Gehgelände.

Roßkogel vom Weißstein gesehen

Hinter einer letzten Rippe nach dem Ende des Abstiegs in der Verschneidung führt der Steig über einen langen Sattel auf einen Zwischenkopf und weiter zum abgerundeten Roßkogel, bei dem das Gipfelkreuz etwa 90 m östlich der höchsten Erhebung errichtet wurde.

Rückblick auf den Weißstein am Weg zum Roßkogel

Zwischen dem geodätischen und dem Kreuzgipfel des Roßkogels befindet sich ein Streifenfundament mit Resten einer abgebrannten Liftstütze ohne erkennbare weitere Merkmale einer Seilbahn.

letzter Teil der langen, schönen Verschneidung hinab auf den Steig

Das selbe sonderbare Bild zeigt sich am Abstieg vom Roßkogel auf seinem Nordgrat, wo am flachen Teil des Windeggs ebenfalls zwei solcher Fundamente mit abgeschnittenen Stützen vorgefunden werden.

 

Martin am Steig zum Roßkogel

Dort kann man nebst einiger Buchstaben, die offenbar einen Namen bedeuten auch die Jahreszahl 1978 im Schriftzug „T.H. 1978 + A.B.“ lesen. Der Abstand der Fundamente beträgt 865 m und mit dem Höhenunterschied 1.010 m. Eine solche Spannweite würde gewaltige Spannkräfte benötigen mit entsprechenden Gegengewichten.

 

erster Teil des Steiges zum Roßkogel

Mit einem Höhenunterschied von 390 m ein ehrgeiziges Seilbahnprojekt worüber sich rein gar nichts im Internet und in der Chronik der Gemeinde Inzing, auf deren Gebiet die Anlage steht, recherchieren läßt. Was mag das wohl für eine Anlage gewesen sein und was ihr Zweck? Es gibt weit und breit nichts das man hätte mechanisiert auf den Roßkogel hätte bringen müssen.

 

kurz vor dem Roßkogel

Waren die Fundamente in Windegg das untere Seilbahnende? Die Seilachse nach Norden verlängert ergibt keinen Sinn, da sie in der Flanke zum Abhang ins Hundstal hin führen würde, wo eine Beladung der Bahn mit Material nicht hätte stattfinden können.

 

Fundamente am Windegg

Ebenfalls führt kein befestigter Weg vom Krimpenbachsattel zu den Fundamenten auf Windegg. Wozu könnte diese Anlage gedient haben? War sie jemals in Betrieb? All diese Fragen tauchen auf, wenn man die Trasse betrachtet. Wer kann Antwort darauf geben?

Nordgrat Roßkogel

Vom überlaufenen Gipfel des Roßkogels setzt die Rundtour über den markierten Nordgrat zum Krimpenbachsattel fort. Eine Abbruchstelle in der ostseitigen Umgehung eines kleinen Felskopfes, knapp nach dem Verlassen des Gipfelkreuzes, wurde durch eine neu gebaute Seilversicherung entschärft. Die Beschreibung dieses Normalwegs entfällt daher.

Rückblick über den Nordgrat auf den Roßkogel

Auf den Almböden trieben die Besitzer gerade ihre Pferde zusammen, als der Verfasser gegen den Krimpenbachsattel abstieg. Am Krimpenbachsattel muß der Almzaun überklettert werden, es gibt keinen Durchlass. Der Rest des Abstiegs zur Inzinger Alm erfolgt entlang des vom Weidevieh strapazierten Steiges am Almzaun, und später im Wald.

Mitterkogelgrat von der Wiese südöstlich der Inzinger Alm

Die großartige Runde hat 6:40 Stunden in Anspruch genommen. Sie benötigt 1.350 m Aufstieg und misst gut 10 km. Die Tour klingt bei Bier und Graukas in der Inzinger Alm aus.

Mils, 04.09.2022

1 Kartenanbieter, die den Steig zeigen und keinerlei Bezug zur heimischen Landschaft haben:
MapLibre GL JS
https://www.npmjs.com/package/maplibre-gl
https://alpenkarte.eu/
https://mapcarta.com/de/N758871003

 

 

Mölser Berg, 2.479 m

Eine kleine ansprechende Runde kann man über den Mölser Berg im Wattental, zwischen der Lizum und dem Mölstal unternehmen. Mit 1.100 m Aufstieg stellt sie ein ideales Unternehmen für zweifelhafte Wetterlagen, wenig Zeit und als Trainingsrunde dar. Das Ziel lohnt sich aufgrund seiner zentralen Lage am Ende des Wattentales mit bärigen Blicken rundum. Für den Abstieg bieten sich der markierte Steig nach Schotteben und weiter auf die Militärstraße in die Lizum, oder ein wegloser direkter Abstieg vom Gipfelkreuz entweder vorne vom Gipfelkreuz nach Norden, oder – diese Variante wird hier vorgestellt – direkt nach Westen ebenfalls über das weglose Gelände zur Kehre an der Militärstraße im Mölstal an.

vom Gipfelkreuz zum Mölser Berg geblickt (oranges Triangulierungszeichen links)

Wer mit weglosem, steilem Gelände zurechtkommt, dem seien die beiden letzteren Varianten empfohlen, sie führen über schönes Blockgelände und alpines Strauchgewächs auf die Militärstraßen hinab. Wer unbekümmert einer Richtungsfindung wandern will bleibt auf den Steigen, bzw. von der Mölser Scharte auf dem fast weglosen Gratrücken – bei dem es keine Richtungszweifel gibt – und unternimmt die längste aller Runden auf vorgegebenem Pfad. Möglicherweise ist der Mölser Berg aufgrund der direkten fehlenden Abstiegsmöglichkeit nach vorne kein sehr häufig besuchtes Ziel, möchte man doch eher eine Runde beschreiten und weniger den selben Rückweg als hin zum Ziel. Auf den Steigen ist das allerdings nur durch den kurzen Rückweg in die Scharte vor dem geodätischen Gipfel des Mölser Bergs möglich, bevor der Abstieg nach Schotteben erfolgt. Die Rundwanderung erfährt dadurch einige mehr an Länge, als durch einen Direktabstieg, siehe Routen weiter unten.

Mölssee (2.239 m)

Als Anstieg wurde bei dieser Begehung der malerische Steig ins Mölstal gewählt, der nach den Almhütten des Möls Niederlegers bei der Kehre direkt nach Süden abzweigt. Dies ist der Winteraufstieg der Schitouren auf den Mölser Kamm, z. B. auf den Nördlichen Klammer Schober, der Eigenroute des Verfassers auf die Naviser Sonnenspitze und auf die bekannteste Erhebung im Mölstal, der Mölser Sonnenspitze. Er mündet am Mölser Hochleger wieder in die Militärstraße ein.
Die Almgebäude am Hochleger werden passiert und  der Bach, der vom Mölssee herabzieht überquert. Dort bildet sich der Steig gut sichtbar aus und führt, etwa östlich, auf den ersten Rücken unterhalb des Sees bevor er nach Süden dreht und in einem Einschnitt weiterführt.

Aufstieg vom Mölssee auf die Mölser Scharte (2.379 m)

Oben am Ende des Einschnitts bildet sich ein flaches Becken aus, das den idyllischen Mölssee (2.379 m) birgt. Einige Minuten muß man dort verweilen, um die Idylle zu verinnerlichen und den Reiz der Landschaft aufzusaugen. Im Osten über dem See bildet die Mölser Scharte den Horizont. Der kleine Unterstand des Truppenübungsplatzes ist bereits sichtbar, sowie der Steig dorthin.

Links und rechts neben dem Steig wächst im Frühsommer unter anderen Blumen der gelbpunktierte Enzian in gar nicht geringen Inseln und stellt dort das höchste aller Gewächse dar. Am steilen Anstieg über Serpentinen zur Mölser Scharte wird auf Gesteinen aus dem Anis, Dolomit und Kalkmarmor, aufgestiegen, bevor die Scharte erreicht wird. Die gesamte Strecke vom Parkplatz bis zum Gipfelkreuz befindet sich im Innsbrucker Quarzphyllit, wie ein sehr großer Teil der Tuxer Alpen generell, sodaß diese Gesteine, die kaum wahrgenommen werden, wenn man nicht speziell darauf achtet, eine Ausnahme darstellen und am Nordrand einer noch viel imposanteren Ausnahme, dem Tarntaler Mesozoikum, lagern. Über letzteres, dem Tarntaler Mesozoikum, gibt es am Blog zwei Beiträge über wunderschöne und leichte Bergtouren, die kleinere auf die Tarntaler Köpfe und die ausgedehnte, darauf aufbauend, weiter zum Lizumer Reckner.

Rückblick auf den Aufstieg vom Mölssee auf die Mölser Scharte

An der Mölser Scharte (2.379 m) könnte die Runde auch ohne den Gipfel hinab nach Schotteben und weiter auf die Lizumer Böden fortgeführt werden, wodurch sie aber an Reiz verliert, fehlt doch eine ganz nette Gratüberschreitung und das sehenswerte Gipfelkreuz selbst.

Etwa 30 Hm müssen nach der Mölser Scharte in Richtung Norden bewältigt werden, um den Grat zu erreichen, bevor es länger am Gratrücken entlang weitergeht. Der Steig ist über den allergrößten Teil der Strecke am teilweise breiten und teilweise schmalen Gratrücken gut sichtbar.

Abschnitt am Gratrücken zum Mölser Berg

Nun folgt ein angenehmes Auf und Ab über die buckelige Landschaft mit üppigem Wiesenbewuchs und nicht wenig mit Alpenblumen, bevor ein etwas tieferer Abstieg in eine blockgefüllte Einsattelung führt an deren anderem Ende ein steiler und felsiger Aufstieg wartet. Etwas kühn mag der Gratbuckel in Wandereraugen aussehen, er ist jedoch ohne jede Schwierigkeit und Kletternotwendigkeiten zu erklimmen. An seiner Nordseite führt der Gratrücken über Wiesen zur letzten Einsattelung vor dem geodätischen Gipfel des Mölser Bergs, bzw. dem wirklichen Mölser Berg mit 2.479 m Seehöhe. Wer diesen Gratbuckel nicht besteigen möchte, der umrunde ihn links (westseitig) auf Wiesen.

Blick vom Gratbuckel nach Norden; Mölser Berg rechts, am Weg dorthin die Einsattelung mit dem Zustieg von Schotteben

An der Einsattelung vor dem Mölser Berg treffen beide Steige zusammen, der soeben begangene Südgrat und der Anstieg über die Ostflanke der Bergrippe von Schotteben herauf. Für jenen, der die Runde auf markierten Steigen bewältigen will stellt der Steig nach Schotteben den Abstieg dar.

herrlicher Blick vom Gratbuckel auf die Tarntaler Berge

In wenigen Minuten führt der Gratrücken auf den Mölser Berg, dessen Gipfelbereich ein leider notwendiges Triangulierungszeichen verschandelt, und er deshalb vom Verfasser nicht begangen wurde. Nach kaum 10 min ab dem Sattel wird der Kreuzgipfel des Mölser Bergs erreicht.

vom Gratbuckel auf das Mölstal in der Tiefe geblickt; unten Mölser Hochleger

Das massive, hohe und mächtig fundierte Gipfelkreuz befindet sich in einem Steinaltar eingebettet und stellt ein Gedenkkreuz für alle Wattentaler dar, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind, sowie auch für jene aus dem Tal, die in der Schlacht bei Spinges, Südtirol (1797) – die für die Tiroler ein wichtiges Gedenken an die Vertreibung der feindlichen Napoleonischen Truppen aus dem Land darstellt – gefallen sind. Letztere sind sogar namentlich erwähnt, ein schöne Darstellung der Talgeschichte wie der Verfasser findet.

Gipfelkreuz am Mölser Berg, 2.479 m

Auf den Westabhängen der mächtigen Hippoldspitze im Osten gegenüber dem Mölser Berg befinden sich die tollen Almgebäude der Außermelanalm, der Niederleger und der Hochleger, die im Augenblick der Aufnahme spotartig beleuchtet wurden.

nordöstlich gegenüber die Außermelanalm mit Nieder- und Hochleger

Der beste aller Blicke ist wohl jener in den Süden mit den Krönungen an Gipfeln in der Wattener Lizum. Von links (südöstlich) muß man dort die mächtige Kalkwand, mittig die Lizumer Sonnenspitze mit den Tarntaler Köpfen im Vordergrund und dem höchsten Tuxer Gipfel, den Lizumer Reckner im Hintergrund, bis nach rechts, die Naviser Sonnenspitze erwähnen.

Ansicht des Südens vom Mölser Berg; die Tarntaler Berge als Highlight in der Wattener Lizum

Hinter dem Kamm zum Voldertal, knapp südlich der Seekarspitze, einem einsamen Schitourenziel, lugt noch das Rosenjoch hervor, ein Gipfel auf der sagenhaft schönen Runde rund um das Voldertal und bereits im Kamm zum Wipptal gelegen.

Blick in den Südwesten mit der Naviser Sonnenspitze in Bildmitte

Der leichteste und offizielle Abstieg über den Steig nach Schotteben erfordert die Rückkehr zur oben beschriebenen Einsattelung vor dem eigentlichen Mölser Berg, hier die Karte dazu:

Mölser Berg Normalabstieg

Eine Variante, und zwar jene direkt vom Gipfelkreuz nach vorne, nach Norden in Richtung Kanzel (2.147 m), beschreibt Roman auf seinem Bericht über den Mölser Berg in Hikalife und am Ende stellt er auch eine Karte zur Verfügung.

Die Abstiegsvariante des Verfassers findet hier auch nur mit einer Karte und verbal Erwähnung, da er es unterlassen hat Bilder anzufertigen. Die kleine Wanderung war zum Zeitpunkt der Begehung nicht als veröffentlichungswürdig eingestuft.

Mölser Berg Variante Abstieg westlich im Detail

Vom Gipfelkreuz kann man kurz nach Südwesten in eine breite Mulde und weiter über Blockwerk, oder westlicher über einen recht steilen Hang auf den knapp 100 Hm tieferen Karboden weglos absteigen. Für den Abstieg westlich, direkt auf die Kehre der Militärstraße im Mölstal zu, empfiehlt der Verfasser hohe Bergschuhe die auf steilen Bergwiesen gut halten, sowie gute Bänder im Sprunggelenkbereich, da die steilen Wiesenflächen wenig ebene Stellen aufweisen.

Weiter nordwestlich sollte nicht abgestiegen werden, unterhalb des Gipfels befindet sich ein Hinweisschild, daß dort die Ruhezone von Auerwild beginnt.

Mölser Berg Variante Abstieg westlich, Übersicht

Im Karboden faszinieren hausgroße Felsblöcke mit eindrucksvollen Spaltungen und Verwendungsspuren von Tieren als Abri, einem natürlichen Schutzdach. Über tolle Hänge wird der Abstieg fortgesetzt. Die Almrosenbüschel, die dabei durchwandert werden sind ein weiterer Grund für hohe Bergschuhe, soll nicht das Schienbein unter den knorrigen Zwergsträuchern leiden. Die Formen und Farben der Moose erfreut das Herz am Abstieg.

Nahe der Militärstraße werden die ersten Zirben erreicht, sowie ein Jägerstand hinter dem Steigspuren durch den schmalen Waldstreifen oberhalb der Kehre führen. Oder man bleibt im offenen Gelände und trifft weiter unten auf einen geheimnisvollen Steig, der vorne um den Mölser Berg herum führen soll, wenn man der Karte in Outdooractive Glauben schenkt. Ab der Kehre führt der Schotterweg talauswärts.

Kamm von Mölser Scharte (oberhalb schlängelnder Schotterweg) bis zum Mölser Berg vom Nordgrat der Kalkwand gesehen; Zustieg von Schotteben rechts abzweigend in die zweite Einsattelung, rechts Mölser Berg

Die kleine Runde erfordert 1.100 Hm Aufstieg, und 4:15 Stunden Zeit bei zügigem Schritt. Die Variante des Verfassers erstreckt sich über 14,3 km.

Auf dem Normalabstieg nach Schotteben und Wanderung über die Lizumerstraße fallen 17,4 km und entsprechend mehr Zeit (ca. + 45min) an. Dort dient die Lizumer Hütte als Stützpunkt, von der aus auch mit dem Hüttentaxi ausgefahren werden kann.

Daten von Romans Variante über den Nordabhang sind auf Hikalife nachzulesen, Link oben.

Mils, 09.07.2022

Lizumer Reckner, 2.886 m – über Tarntaler Köpfe

Zum höchsten Gipfel der Tuxer Alpen, dem Lizumer Reckner, führt ein malerischer Anstieg aus dem Wattental über die Tarntaler Köpfe, der zum Geier fortgeführt und mit dem Abstieg zur Lizumer Hütte zur Rundtour erweitert wird. Die landschaftlichen Eindrücke im Oberen Tarntal können es dabei nach der – gegebenenfalls verwegenem – Überzeugung des Verfassers mit den Eindrücken der Landschaften im Dead Valley, Kalifornien, aufnehmen, im des Landes gleichen geografischen Maßstab versteht sich, farblich aber allemal und inmitten des Oberen Tarntals stehend, ohne jeglichen Zweifel.

Aussicht auf die Große Runde über die Lizumer Sonnenspitze und den Lizumer Reckner

Diese Reise möge jener speziell dann unternehmen, welcher der Meinung ist, die Berge der Heimat bestünden einerseits aus Kristallin, andererseits aus Kalk, oder umgekehrt und – zum verschwindenden Teil in Nordtirol – aus Dolomit. Eine neue Variante der heimatlichen Vielfältigkeit ist dem Begeher dieses Wunderlands absolut sicher, wobei Erinnerungen an Wintertouren dorthin nicht statthaft sind, denn, weiß bedeckt vermögen die Eindrücke im Winterkleid die geologische und farbliche Wirklichkeit der Landschaft völlig zu verschleiern denn widerzugeben. Dies soll der hier vorgestellte Grund sein die Reise über die alpinistisch harmlosen Gipfel des Sommers zu unternehmen, die auch als ein Naturgeheimnis der Tuxer bezeichnet werden könnten. Enttäuschung ist dabei ausgeschlossen, Magie des Augenblicks und Erinnerung auf Dauer dabei garantiert.

 

Edit auf der Lizumer Sonnenspitze

Dieser Bericht stellt die Fortsetzung der Runde über die Tarntaler Köpfe dar, die mit dem Abstieg von der Tarntaler Scharte die vom Verfasser im Bericht „Tarntaler Köpfe, 2.756 m – Runde zur Lizumerhütte“ beschrieben wird. Die Erweiterung dieser kleinen Runde startet an der Tarntaler Scharte und beginnt mit dem zunächst mühsamen Aufstieg über die nördliche Schuttflanke der beeindruckenden Lizumer Sonnenspitze. Sie gipfelt mit dem einprägsamen Rundblick nach dem Aufstieg zum Lizumer Reckner in ungewöhnlichem Gestein. Sie endet mit dem geologisch weiterhin interessanten Abstieg über den Geier und zur Lizumer Hütte.
Es empfiehlt sich somit den Bericht über die Tarntaler Köpfe vorher zu lesen.

Kieselschiefer mit schraubenförmiger Gestalt

Hinweis: In der Bildergalerie des vorliegenden Berichtes befinden sich ein paar Bilder von den außergewöhnlichen Eindrücken der vielfältig geformten Gesteine im Anstieg zu den Tarntaler Köpfen. Diese überlappen mit dem Bericht des Zustiegs über die Tarntaler Köpfe und sind nicht Gegenstand der nachfolgend beschriebenen Strecke, jedoch müssen die Impressionen davon einfach zugänglich gemacht werden, so sehenswert und mystisch sind diese Naturerscheinungen (!) -, sowie auch ein Bild aus dem Dead Valley, das der Verfasser zur Untermauerung zu seinen gewagten Aussagen in der Einleitung erwähnt und damit beides, seine Heimat und die Natur in der Fremde würdigen möchte. Was gibt es „natürlicheres“ als dieses statische Chaos, gestalt- sowie farbenfroh und geduldig, hie und dort?

Anstieg zur Nordkante der Lizumer Sonnenspitze knapp vor der Tarntalscharte

Die phantastisch anzusehenden Oberflächen in den Tarntaler Bergen und der Reckner stellen eine außergewöhnliche Laune der Natur dar, indem geologisch-tektonischen Prozesse in vielen Millionen von Jahren eine Insel von gegensätzlichem Ursprung zur weithin sichtbaren Umgebung geschaffen haben.
Eine, ähnlich aus fremder Umgebung herausgebildete, in Gestein, Entstehung und Ausprägung dennoch gänzlich unterschiedliche Landschaft, die sich etwa 27 km perfekt westlich des Lizumer Reckners in den einzigartigen Kalkkögeln ergab und ein weiters einzigartiges Geschenk für die heutigen Bewohner des Landes darstellt, mag kein Zufall sein. Beides Relikte des Erdmittelalters, beide völlig verschieden, beide einzigartig.

Anstieg zur Nordkante der Lizumer Sonnenspitze von der Tarntalscharte

Der Blick entlang gleißendem Sonnenlicht des Vormittags von der Tarntaler Scharte auf die deutlich erkennbare Gratscharte mit dem Durchstieg am massiven Nordgrat, der sich vom Gipfel der Sonnenspitze in Richtung Oberes Tarntal hinzieht und dessen Mächtigkeit dorthin abnimmt, mag von unten als verwegenes Ziel erscheinen, in Wahrheit und mit nur wenig ausgeprägter Entschlossenheit bewältigt es jeder ernsthaft interessierte Bergwanderer mit Leichtigkeit. Der Aufstieg auf schlechtem Steig über die schiefrigen und erdigen Schutthänge erscheint mühsam, ernsthaft gefährlich, oder ausgesetzt ist er aber keinesfalls. Zwischenraste gibt es an Schrofen im Hang bevor das Felsgelände am Durchstieg erreicht wird.

Rückblick auf den Zustieg zur Tarntalscharte von den Tarntaler Köpfen

Tonschiefer, dunkler und heller Dolomit, Dolomitmarmor sowie Plattenkalk prägt den Aufstieg zur kurzen Rinne auf den Westgrat der Lizumer Sonnenspitze. Im unteren Teil oberhalb der Tarntalscharte befindet sich unter einem mächtigen dachartigen Vorsprung der darüberliegenden Felswand des Nordgrates ein unzureichend stabil gebauter und daher bereits in Auflösung begriffener Holzbau, der wohl eine Art Unterstand darstellen soll. Es macht den Anschein, daß er nie vollendet, ja in halbfertigem Zustand aufgelassen wurde – kein Ruhmesblatt.

im ersten Drittel des Aufstiegs zur Nordkante der Lizumer Sonnenspitze (Dolomite Kössen Fm.)

In der kurzen Rinne, die eigentlich eine stark erweiterte Rissfuge am Grat darstellt, werden die letzten Höhenmeter in angenehmen Stufen überklettert und dabei eine Linse rötlichen Kieselschiefers in eher grün gehaltener Umgebung des selben Gesteins angetroffen. Der Einsatz der Hände über diese Stufen ist notwendig, jedoch stellen die Felsbänke keine Schwierigkeit dar.

kurz vor der Nordkante der Lizumer Sonnenspitze mit leichten Kletterstellen

Oberhalb der Felsen wechseln die Kieselschiefer ihre Gestalt und zeigen dichten Wiesenbewuchs, bis hinauf zum Gipfelkreuz, das an dieser kleinen Flachstelle nach den Felsen bereits sichtbar ist.

Rückblick auf den schräg erfolgten Aufstieg (beachte die rote Kieselschiefer am unteren Bildrand)

Im Süden fallen gleich Lizumer und Naviser Reckner auf, die bei der ersten Betrachtung angebrannt erscheinen, oder als völlig schwarze Kohlenhaufen. Ebenfalls fällt das Blockgelände an deren Nordfuß auf, das mit dunkelbraunen Tönen wiederum eine andere Färbung zeigt und sich in das Obere Tarntal erstreckt.

Gipfelkreuz der Lizumer Sonnenspitze in Sicht

Am Steig geht es nun dem Gipfel der Lizumer Sonnenspitze entgegen. Teilweise verschwindet der Steig am felsigen Grat, die Richtung ist aber nicht zu verfehlen. Man kann die äußerste Gratkante vor dem Nordabbruch wählen und muß gegen das Gipfelkreuz hin leicht in die Flanke hinein. In gut zehn Minuten wird der Gipfel erreicht.

erster Blick ins Obere Tarntal mit dem Lizumer Reckner

Das schöne und massive Holzgipfelkreuz auf der Lizumer Sonnenspitze der Bergrettung Wattens, auf 2.831 m, wurde 2002 zum 50-jährigen Vereinsjubiläum errichtet und bald wird es das 75—jährige Bestandsjubiläum feiern dürfen. Viel Platz prägt den Gipfelbereich nicht und  Sitzgelegenheiten auf den spitzen Schichtungen sind rar, dennoch legten wir eine 20 minütige Pause am zentralsten Hochpunkt der Tarntaler Berge ein, um die Landschaft in Augenschein zu nehmen.

Lizumer Sonnenspitze, 2.831 m

Gegen Süden, in Marschrichtung der Rundtour, bietet sich ein sagenhaftes Bild mit vielfältigen Eindrücken. Dominierend der Lizumer Reckner mit seiner „kohlrabenschwarzen“ Erscheinung und im Vordergrund die Farbspiele der vielfältigen Gesteine im Oberen Tarntal zeichnen etwa Eindrücke wie man von jenen etwa der Artist’s Palette oder am Zabriskie Point kennt – in anderen Farben, jedoch genauso wechselhaft (siehe Fotos des Verfassers in der Bildergalerie).

phantastische Szene im Obere Tarntal mit Lizumer Reckner und den Gipfeln des Tuxer Hauptkamms

Bei dem aus der Ferne schwarz erscheinenden Gestein des Lizumer Reckners handelt es sich um Serpentinit, einem Gestein das im Ozeanboden vor etwa 187 +/- 14 Ma* durch Umwandlung unter hohem Druck und nicht sehr hohen Temperaturen gebildet wurde.
Hinter dem Reckner im Süden, nun ganz und gar nicht mehr mit dem Dead Valley vergleichbar, die Zillertaler Alpen mit dem Olperer.

Naviser Reckner mit den mannigfaltigen Gesteinen im Oberen Tarntal, dahinter die südöstlichen Stubaier Alpen

Im Westen fällt das Obere Tarntal nach dem Naviser Reckner in die Knappenkuchl hin ab. Durch das nicht von Blockwerk bedeckte Hochtal und über die Kante zum Abhang ziehen sich verschiedenfarbige Kalk- und Kieselschiefer sowie Bänderkalkmarmore dahin. Weit in der Ferne die Stubaier Alpen, davor die sanften grünen Tuxer Kämme des Navis- und Schmirntals.

die mächtige Kalkwand (ein aufgesetzter Dolomitgipfel) im Osten

Der Abstieg von der Lizumer Sonnenspitze führt, wie am Aufstieg oberhalb der Einschartung am Westgrat über die steilgestellten grüngrauen Kieselschieferplatten, die sich, nach dem unmittelbaren Gipfelaufbau, mit Kalkschiefer (an der beigebraunen Farbe leicht zu erkennen) und Breccien abwechseln.

Tarntaler Köpfe im Norden

Der Abstieg wird flacher und erreicht einen Tiefpunkt in der etwa 1,5 km langen Strecke von der Lizumer Sonnenspitze bis zur Einsattelung zwischen Geier und Lizumer Reckner. Auf dieser Strecke wechselt sich der Kieselschiefer mehrfach mit dem nun erstmals auf der Begehung auftretenden Serpentinit ab. Deutlich sind die Übergänge anhand der Farben und Formen zu erkennen während man sich dem schwarzen Koloss des Lizumer Reckners nähert.

Abstieg über steil gestellte Kieselschieferplatten

Etwa nach 25 Minuten vom Aufbruch auf der Sonnenspitze wird etwa am Nordostgrat des Reckners eine tiefe Senke erreicht, die bei unserer Begehung noch mit einem Restschneefeld gefüllt war. Anschließend an die Senke führt der – nur mehr anhand von vereinzelten Steinmännern erkennbare – Steig durch ein Bergsturzblockfeld mit tollsten Formen und Farben. Zumindest an dieser Seite des Lizumer Reckners hätten wir keinen Blockgletscher mit Toteis erkennen können.

 

letztes Schneefeld in tiefer Senke am Nordostgrat des Lizumer Reckners; das Trümmerfeld links beinhaltet phantastische Gesteine

Die Gesteine, die im Bergsturzblockfeld liegen stammen von der Ostseite des Lizumer Reckners und man findet dort beispielsweise eine, auch in der weiteren Umgebung nicht auftretende, außergewöhnliche grünliche Breccie, die aus dunklen Karbonaten (Kalken) und Serpentinit besteht – Ophikarbonat genannt. Eine Mischung aus Serpentinit und Sedimenten dürfte auch die feinkörnige Kluftfüllung darstellen.

Ophikarbonat – grünliche Breccie, dunkle Karbonate (Kalken) und Serpentinit

Das Trümmerfeld besteht jedoch weitestgehend aus Serpentinit, ein Umwandlungsgestein das charakteristisch glänzenden Bruchflächen und grüne, grünschwarze und schwarze Farbtöne, durchzogen von roten bis rotbraunen Flecken, aufweist. Es wird im Natursteinhandel, für Kunstobjekte und als Schmuck genutzt.

Handstück Serpentinit mit typisch glatter, glänzender Bruchfläche

Die eigenartigsten Oberflächen können hier bewundert werden. Zum Bild oben findet man in der Literatur die Erklärung: „…ist Scherung aufgrund der Kräfte üblich, die durch die positive Volumenänderung bei der Hydratation von Mantellithologien in Verbindung mit einer geringen Scherfestigkeit und oft einem etwas chaotischen Taumeln aufgrund von Auftriebskräften erzeugt werden…“.

Scherfläche an Serpentinit

Nun, der wissenschaftlichen Wahrheitsgehalt wird hier nicht zu erörtern sein, jedoch ist vorstellbar, daß die Zähigkeitseigenschaften und das Kristallwachstum dieses Gesteins bei Scherung solche ungewöhnlichen Flächen hervorzubringen imstande sind. Wobei sich in der Literatur häufig die Aussage von Bindung von Wasser bei der Entstehung von Serpentinit, und darüber hinaus die Aussage „…von maßgebender Bedeutung für den Wasserhaushalt der Erde…“ findet – um ein abgerundetes Bild der obigen Aussage wiederzugeben – welch unbekannte Schätze uns doch in der Heimat widerfahren.

Quer durch das sagenhafte Trümmerfeld führt die Route, bei der mitten im Feld die Steinmänner verschwinden, auf die Einsattelung zwischen Geier und Reckner.
Der Anstieg führt auf schuttig-erdigen Flächen empor, wobei wir die unterhalb der Einsattelung wieder sichtbaren Markierungen nicht ansteuerten, sondern links davon über flacheres Gelände aufstiegen.

Rückblick auf den Steig von der Lizumer Sonnenspitze zum Reckner mit dem phantastischen Trümmerfeld

Der Grund für den Schwenk war der schlechte Zustand des Steigverlaufes in losem, rutschhaftem Gelände, das zu steil für dessen lose Oberfläche erschien. Mittels Spitzkehre und dem Aufstieg auf der Leeseite einer Wechte am Sattel erreichten wir denselben.

Aufstieg zum Sattel zwischen Geier und Lizumer Reckner; wir sind links auf die Kuppe und dann über das Schneefeld zum Sattel

Am Sattel erspäht man auch gleich das Gipfelkreuz und den Aufstieg, der im oberen Teil durch Fels, der in leichter Kletterei bewältigt wird, führt. Zunächst setzt ein Steig am Sattel nach Norden fort und die Stöcke können noch eingesetzt werden.
Dem Aufmerksamen wir dort und auf dem weiteren Aufstieg auffallen, daß auf Serpentinit spärlich und vereinzelt Pflanzenwachstum zu beobachten ist. Dies hängt mit den reichen Schwermetallanteilen im Gestein zusammen.

Naviser (li) und Lizumer Reckner – die beiden einzigen Serpentinitgipfel in den Tuxern

Nach kaum fünf Minuten wird eine Stelle erreicht an der Chrysotilfasern vom Felsblock abgewittert wurden und am Boden liegen. Chrysotil ist ein Schichtsilikat, das bei der Entstehung von Serpentinit gebildet wird, es ist eines der Asbestminerale, somit krebserregend, und wurde früher für hitzebeständige Kleidung und für Dachverkleidungen verwendet.

Chrysotilgestein und -fasern am Boden während des Aufstiegs

Kurz danach steht Fels am Steig an, der mit Hilfe von Klammern erklettert wird. Kleinere Klettereien setzen ab dort bis zum Gipfel fort, der in wenigen Minuten erreicht wird. Der Aufstieg vom Sattel bis zum Gipfel beträgt lediglich 77 Hm. Serpentinit sein rutschig, so ein Alpenvereinsführer zum Aufstieg auf den Reckner. Wir konnten diese Eigenschaft im Aufstieg nicht feststellen, die oben beschriebenen glatten Bruchflächen des Gesteins stellen aber höchstwahrscheinlich die Ursache für diese Aussage dar, vor allem im nassen Zustand.

die erste zu überkletternde Felsstelle; mit Klammern keine wirkliche Herausforderung

Die Aussicht vom Lizumer Reckner ist phänomenal. Als Höchster der Tuxer Alpen mit einer Dominanz von 7,7 km im Süden (Kleiner Kaserer) und nur einem sichtbaren höheren Gipfel im nördlichen Halbkreis, der Zugspitze in 56 km Entfernung. Streng westlich befindet sich die Haidenspitze in 43 km und streng östlich der Kuchelmooskopf in der Reichenspitzgruppe mit 35 km Entfernung als jeweils naheste höhere Erhebung.

Lizumer Reckner, 2.886 m – gegen die hohen Gipfel des Tuxer Hauptkamms

Der Ausblick an diesem Tag war durch Bewölkung und dadurch Abschattung in den Norden begrenzt, die Zillertaler Alpen mit den gegenüberliegenden Gipfeln des Tuxer Hauptkamms jedoch eindrucksvoll zu betrachten. Zwischen Gfrorene Wand Spitzen und Olperer blickt man auf den höchsten Zillertaler Gipfel, den Hochfeiler. Zwischen Hohem Riffler und den Gfrorene Wand Spitzen blickt man auf den Großen Möseler und noch weiter links (östlich) auf den Schwarzenstein. All jene in zwischen 20 und 23 km Entfernung.

Hochfeiler in 20 km Entfernung

Der Naviser Reckner ist dem Lizumer westlich vorgelagert, um 62 m niedriger, und mit einem brüchigen Grat verbunden, dem man, so wie dem Aufstieg auf den Lizumer von der Einsattelung zum Geier aus, mäßige Schwierigkeit in der Kletterei attestiert. Den Übergang haben wir aus Zeitgründen nicht unternommen.

Naviser Reckner – ein anschauliches Beispiel der geringen Verwitterungsbeständigkeit des Serpentinits

Durch ihre Farbe eindrucksvoll zu betrachtende Felsstürze umgeben den Naviser Reckner sowohl als den Lizumer. Serpentinit verwittert mit rötlich brauner Färbung (aufgrund der darin enthaltenen Eisenoxide?). Beide Bergstöcke bestehen vollständig aus Serpentinit, wobei die Südflanken der Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, junge Abbrüche im Süden bestätigen die zeitliche Entwicklung. Nur die südlichen Flanken, nicht die solar bestrahlten Nordflanken und nicht die jungen Abbrüche im Süden, zeigen rötlich braune Verwitterungsfärbung.

Kalkwand im Nordosten – auf ihrer Nordseite wartet sie mit geringen Malachitvorkommen auf

Phantastische Farbspiele sind im gesamten Umkreis der beiden Reckner festzustellen. Diese bilden das Tarntaler Mesozoikum (Erdmittelalter) bzw. größtenteils, denn die Kalkwand, nordöstlich talgegenüber, und Teile der Mölser Berge gehören auch dazu, wenn auch in einer anderen Decke.

Griffjoch mit Schafseitenkamm in den südlichen Tuxern; in der Tiefe das Kluppental

Eindrucksvoll ragen die Tarntaler Köpfe mit dem Blick vom Lizumer Reckner in der Frontalansicht nach Norden vom Grat auf. Darunter, in deren Bergstock, sind die tieferliegenden Gesteine als Schrofenbänder sichtbar. Es handelt sich dabei um ein schmales Band von Dolomiten der Kössener Schichten und darunter Kalkschiefer.

Tarntaler Köpfe im Norden, rechts Lizumer Sonnenspitze

Am Abstieg, nahe der Einsattelung, kann eindrucksvoll das Vorkommen von Chrysotil im Serpentinit betrachtet werden, sowie dessen vom Fels abgewitterte Fasern, die daneben aufgestreut lagern. Die Bruchstücke des Chysotilminerals besitzen etwa die Größe eines Zündholzes und an den Enden kann man die feinen Fasern erkennen, aus denen das Bruchstück besteht. Die Proben liegen direkt neben dem Steig und sind leicht zu finden, wenn man genau schaut.

Chrysotilfasern (auch Weißasbest) am Südgrat

Der Übergang zum Geier gestaltet sich in sehr ebenflächigem, rundem Terrain, topographisch völlig unverständlich im Vergleich zu den Felsgestalten der Reckner. Und der Geier selbst, obwohl ebenfalls von Serpentinit aufgebaut, ist kofelartig rund geformt mit keiner nennenswerten Erhebung über seine Kuppenfläche hinaus. Welch Gegensatz zu seinen felsigen nördlichen Nachbarn.

epischer Blick nach Süden – mittig in der Tiefe die wunderbare Hornspitze

Dem ungestörten Ausblick vom Geier auf die Größen des Tuxerkammes der Zillertaler Alpen muß ein Kleinod hinzugefügt werden, das man leicht übersieht, blickt man nur in Schnee und Eis. Es ist dies die Hornspitze, welche als südlichster Gipfel den Übergang von den Tuxer Alpen zu den Zillertalern markiert, genau bildet das Tuxer Joch die Grenze. Ihre reizvolle Besteigung kann nur empfohlen werden.

Kind des Phyllits – silbrig glänzende Hornspitze

Knapp 50 Hm Schartenhöhe zwischen ihm und dem Lizumer Reckner sichern dem Geier gerade noch Gipfelstatus, jedoch ist er durch seine Lage bedeutend, denn er stellt die südlichste Erhebung im Reckner Komplex dar, dem oberen Teil des Tarntaler Mesozoikums. Er begrenzt die geologische Besonderheit mit seiner steil nach Süden abfallenden Flanke zum Junssee hin. Mit dem Ende des Abhangs beginnt das Glockner-Deckensystem mit Kalkphyllit und Bündnerschiefer.

Rückblick nach Norden auf die Reckner

Der Abstieg vom unspektakulären Geier beginnt eher flach und zieht über einen interessanten Hangabschnitt, bei dem die Lagerung der unteren Gesteine des Tarntaler Mesozoikums noch einmal sehr anschaulich betrachtet werden können.

die Fremde in Bildmitte – Pluderling; ein völlig anderes Gestein anderer Entstehungsgeschichte bildet die Grenze zum Erdmittelalters

Dort findet man oberhalb des Steigs als unterste Schicht Dolomite, Kalkmarmore, mit Auftreten von Rauwacke, darüber die schon mehrfach fotografierten Kieselschiefer und darüber Breccie.

malerischer Junssee vor der Kulisse der südlichsten Tuxer Gipfel und des Tuxer Hauptkamms

Am Joch zwischen Geier und Pluderling dringen bereits die Bündnerschiefer der Glockner-Decke in das Tarntaler Mesozoikum ein und dies ist anschaulich durch die fast homogen mit Schieferplaten bedeckte Oberfläche des Pluderlings im Osten erkennbar. Vergleicht man die Landschaft unmittelbar im Vordergrund (Nordwesthang Pluderling) mit der dahinter liegenden der Kalkwand, dann stellt man völlige Unterschiedlichkeit fest und hat einen weiteren Beleg für das hoch wechselhafte geologische Gebiet.

schön sichtbare chronologische Entwicklung der Gesteinsschichten am Südostabhang des Geiers (zuoberst die Breccien-„Tatze“)

Um die Felskante herum und bereits im Kar zum Lizumer Boden hinab gibt es einen einzigartigen Blick auf eine Vielzahl verschiedener Gesteinsarten hin zur Lizumer Sonnenspitze als da wären: Serpentinit, Kalkschiefer, Kieselschiefer (rot?, grün), Jurabreccie, Rhät-Dolomit (hellgrau bis gelbbraun), bunter Tonschiefer, blaugrauer Plattenkalk, grauer Mergelschiefer.

 

Vorstoß der Bündnerschiefer der Glockner-Decke von Süd am Pluderling

Am weiteren Abstieg gäbe es noch ein für das Tarntaler Mesozoikum typisches Gestein zu sehen, die Quarzitschollenbreccie. Leider ist diese fotografisch der Hektik des angestrebten Hüttenbesuches in der Lizumer Hütte zum Opfer gefallen und muß ein anderes Mal abgelichtet werden.

 

Rückblick in den Norden mit phantastischen Farben der Gesteine zur Lizumer Sonnenspitze

Für die phantastische und lehrreiche Rundtour über die Tarntaler Köpfe auf den Lizumer Reckner und Geier mit Aufstieg und Abstieg vom und zum Parkplatz Walchen, sowie alle Pausen und dem Hüttenbesuch haben wir 11:45 Stunden benötigt.
Die Strecke beträgt 24,2 km und die Aufstiegsarbeit 1.785 Hm. Im oben verlinkten Bericht über die Tarntaler Köpfe ist die Möglichkeit mit dem Hüttentaxi in die Lizum anzureisen beschrieben. Benützt man dieses, dann verringert sich der Aufstieg auf etwa 1.200 m und die Strecke beträchtlich.

 

Mils, 03.07.2022

* Millionen Jahre

Tarntaler Köpfe, 2.756 m – Runde zur Lizumerhütte

Die kleine Schwester der sagenhaft schönen Runde über die Tarntäler zu Lizumer Reckner und Geier stellt die kürzere Runde über die Tarntaler Köpfe mit dem Abstieg von der Tarntaler Scharte zur Lizumer Hütte dar. Im Gesamten auf Steigen verlaufend, mit einer kurzen, durch einen Felssturz verlaufenden Passage ohne Markierungen, jedoch mit eindeutig sichtbarer Route, findet der versierte Wanderer eine leichte Bergtour mit verzaubernden Formen, Farben und Natureindrücken.

Großer Tarntaler Kopf vom nördlichen Vorbau

Am Schönsten wird die Runde mit dem langen Anstieg vom Parkplatz vor dem Lager Walchen in der Wattener Lizum erlebt. Durch den Aufstieg über Außermelan- und die idyllische Innermelanalm und den phantastischen Zirbenwald nähert man sich den Tarntaler Köpfen allmählich und genießt den Vorzug die Eindrücke aus vielen Blickwinkeln zu erleben.

Blick von der Außermelanalm auf die Tarntaler Sonnenspitze

Der Transfer mit dem Hüttentaxi ist eine weitere Möglichkeit des Aufstiegs in die Wattener Lizum, sie mag dem weniger konditionsstarken Geher vorbehalten sein. Die Nutzung zum Abstieg ist ebenfalls möglich, Details über das Hüttentaxi finden sich im Internet.
In jedem Fall meide man den Aufstieg über die Straße in die Lizum, auf der linken Talseite wandert es sich wesentlich schöner als auf der Mölserbergseite. Zum Abstieg kann man sich die Straße ja einmal ansehen.

Innermelanalm im Rückblick vom Zirbenweg

Am Fußweg muß vor der Brücke zum Hauptgebäude des Militärlagers auf der linken Seite neben dem Wattentalbach aufgestiegen werden. Die ersten 700 m neben dem Bach führen als Eintrittskarte über teilweise rutschiges Augelände, bevor der aufsteigende Waldweg beginnt. Der breite Waldweg erstreckt sich über 1,8 km bis zur Innermelanalm, zum Beginn des Steiges durch den Zirbenwald.

Tarntaler Sonnenspitze links, Tarntaler Köpfe recht davon

Nach dem Ende der Waldgrenze steigt der wieder zum breiten Weg sich ändernde Steig durch kleine Felsschrofen hindurch auf das Plateau der Lizum, östlich des Militärgeländes mit den Kasernengebäuden. Dort führt eine Gasse zwischen Abgrenzung des Militärgeländes und einem Stall auf die Zufahrt zur Lizumer Hütte. Diese kann man nehmen, wenn man nicht bis zur Hütte aufsteigen will. Wenn man es dennoch will, kann man auch bei der Hütte quer über den Bach und über die Almweiden in Richtung Westen den Steig nach Schotteben erreichen.

nun auch die Klammspitzen ganz rechts zu sehen; links die Tarntaler Scharte, über die abgestiegen wird

Den kürzeren Weg über den elektrischen Weidezaun durch das Kasernengelände meide man in jedem Fall, der OVT des Lagers dort muß Haltung zeigen ist meist sehr angerührt, wenn blutige Zivilisten das Gelände betreten von dem aus die lustig anzusehende Holländertruppe Frühsommers immer ihre Übungen mit Quads abhält. Auf einem der beiden Wege gelangt man jedenfalls auf die Westbegrenzung des Plateaus mit dem Beginn des Aufstiegs nach Schotteben, in Richtung der Lifttrasse.

Alpen-Milchlattich beim Brunnen am Weg zur Kaserne

Vermeiden lassen sich die Schotterwege auf das Klammjoch – das nun angesteuert wird – nur durch hohe Almrosenbüsche, die auf der direkten Linie über den Hang flächendeckend den Aufstieg über freies Gelände bewachsen. Da kommt man zu Beginn des Sommers, in dem die im Saft stehenden, knorrigen Zwergsträucher jedem Schritt des Begehers ihren drahtigen Wuchs dem offenen Schienbein entgegensetzen, gerne wieder auf den Schotterweg zurück, um kratzerschonender und rascher weiterzukommen.

Lager Lizum; bei den Gebäude am linken Bildrand kommt man durch auf die Straße, ohne das Kasernengelände zu betreten

Der beim Schild zugewucherte, vom TVB markierte Beginn eines Steigs, stellt möglicherweise eine Option des Aufstiegs in der Liftrasse dar, aber das müßte man aber erst erkunden – und so wurden die ausgerundeten Kurven der Fahrstraße vorgezogen und in voller Länge abgeschritten, um zu den Almgebäuden auf Schotteben zu gelangen.

am Weg zum Klammjoch; links die Klammspitzen, rechts die Tarntaler Köpfe

Auf Schotteben hätte man die Möglichkeit direkt auf Steigspuren zu den Klammspitzen aufzusteigen und somit die Runde abzukürzen. Allerdings wird dadurch der schöne Klammsee ausgelassen und der weniger Versierte findet nach dem Grat einen sehr steilen relativ weglosen Abstieg zum Steig auf die Klammspitzen vor. Die Empfehlung lautet daher die Schotterstraße zum Aufstieg zum Klammjoch zu benutzen und am Weg dorthin an einem steiler zur Mölser Scharte hin geneigten Hang vorbei zu kommen, der im Frühsommer mit der Heilpflanze Arnika in der, der Natur eigenen, unaufdringlich verschwenderisch üppigen Weise bewachsen ist.

malerisch, der Klammsee auf 2.350 m

Nach dieser satt orangen Pracht zur Rechten wartet einige Minuten weiter am Aufstieg am Abhang zur Linken ein auffällig marineblaues Feld von Schusternägeln, dem sogenannten Frühlings-Enzian. Überhaupt muß man während des gesamten Anstiegs feststellen, daß auf allen Böden im Wattental, sowohl auf den silikatischen im Anstieg zur Lizum als auch auf den karbonatischen des unteren Tarntaler Geländes eine Blumenpracht herrscht, die fasziniert.

am Beginn des Wilke Steigs

Westseitig des Klammjochs könnte man über die atemberaubende Steilwiese auf das beliebte Schitourenziel der Mölser Sonnenspitze aufsteigen. Nahe im Süden hinter dem Klammjoch liegt der Klammsee auf 2.350 m und direkt am Weidezaun zweigt nach Südosten der Klaus-Wilke-Steig ab, der den nun alpineren Aufstieg auf die Tarntaler Köpfe bildet. Hinter dem Namensgeber verbirgt sich ein Offizier des Heeres, der in der Sektion Alpinismus des HSV Absam in den 90ern verunglückt und dessen Gedenktafel am Fels beim Gipfelkreuz angebracht wurde.

punktierter gelber Enzian

Am unteren Teil des Steigs bieten die kleinen Felsköpfchen, durch die der Aufstieg erfolgt, eine herrliche Perspektive auf den Klammsee und die weit in der Ferne liegenden südöstlichen Stubaier Gletscher, frontal sichtbar die sagenhaften drei Feuersteingipfel, der Klassiker des Wilden Freigers, links davon die Tribulaune (auch als Schitour)und rechts davon der gewaltige Habicht und noch weiter westlich die zentralen Gipfel der Stubaier Alpen, von denen hier am Blog Berichte existieren, beispielsweise vom Lüsener Fernerkogel, oder von der Hohen Villerspitze.

gelbbeiger Radiolarit der Ruhpodling-Formation

Der Steig taucht in seinem lehrreichen Verlauf über verschiedene Gesteine weiter in das leicht ansteigende Tal zwischen dem Kamm der Klammspitzen und dem Stock der Tarntaler Köpfe ein, bevor er in Serpentinen den aufsteilenden Anstieg auf das Jöchl zwischen dem Kamm und dem Stock vollführt.
Auf dem Weg dorthin säumt in typischer Manier der punktierte gelbe Enzian den Steig. Ein häufig anzutreffendes Bild in den Tuxer Alpen sind Steige an denen die gleichermaßen Disteln und den gelben Enzian entweder direkt am Steigrand oder in kaum einem oder wenigen Metern wachsen. Einen solchen Abschnitt bildet der unterste Teil des Steiges zum Jöchl.

Kalk- und Dolomitbreccie mit Radiolarit

Bereits nach wenigen Minuten am Wilkesteig fallen eigenwillige Erscheinungen an Steinblöcken ins Auge. Es handelt sich hierbei samt und sonders um Sedimentgestein, Kalke, die wesentlich früher gebildet worden sind als die Gesteine des Karwendels im Inntal gegenüber. In der Mulde links neben dem Steig beginnen die recht ungewohnten Gesteinsserien mit einem gelbbeigen Radiolarit der Ruhpodling-Formation. Ein sehr hartes Sediment gebildet aus Resten von Radiolarien, einzelligen Strahlentierchen.

gefalteter Kieselschiefer, hier grünlich

In der Folge führt der Steig in den kleinen Talkessel (altes Kartenwerk nennt es Eisenkar, die Flurnamenerhebung bei TIRIS „is Karl“) wo schöne Kalk- und Dolomitbreccien zu erkennen sind. Jene auf den Bildern wurden gefaltet und sind verbunden mit Radiolarit.

Rückblick auf Klammsee und die Mölser Sonnenspitze

Gleich darauf macht man mit farblich auffälligem Gestein Bekanntschaft, das den Aufstieg etwa 100 Hm über dem Jöchl zwischen Klammspitzen und dem Nordabhang der Tarntaler Köpfe  deutlich prägt. Es handelt sich dabei um grünen, roten, manchmal violetten und dunkelgrauen Kieselschiefer auch Meta-Radiolarit. Die unterschiedlichsten Formen treten dabei auf und man kommt während des Anstiegs bei der Ausschau nach den abwegigsten Formen und Oberflächen gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.

Tarntaler Köpfe vom Jöchl aus gesehen

Vorher noch wird das Jöchl (P. 2.478 m) erreicht, von dem Ostseitig die Sonntagsrinne auf den Lizumer Boden hinunterzieht. Steigspuren verraten eine Verbindung mit den Almgebäuden in Schotteben, ein offizieller Steig ist es aber keiner.

Tiefblick auf den Lizumer Boden

Erstmals genießt man am Jöchl den beeindruckenden Ausblick auf die Kalkwand in der Lizum auf der Talgegenseite. Die Kalkwand stellt eine sagenhaft schöne, mittelschwierige Kletterei in festem Dolomit dar, ist unwegsam durch freies, schuttbeladenes Gelände mit massigem Blockwerk erreichbar. Sie liegt außerhalb der gesicherten Wanderwege und es empfiehlt sich, wie für alle Touren im Truppenübungsgebiet, an der Tafel im Lager Walchen sich nach den Aktivitäten der Militäreinheiten zu informieren. Nicht selten am Zustieg begegnet man Resten von abgetaner Munition.

Kalkwand im Osten

Einige Minuten läuft der Steig entlang des breiten Rückens, der sich zunehmend zum Nordabhang der Tarntaler Köpfe ausbildet. Auf diesem Abschnitt herrschen vorwiegend Kalkschiefer, speziell gleich nach dem Jöchl und weiter oben auch Breccien vor. Am Aufstieg gewinnt man einen guten Überblick über den Zugang zur Kalkwand vom Junsjoch nordwärts.

Kalkschiefer mit Einlage

Der Steig führt bis knapp unter die Felsen der Tarntaler Köpfe, bevor er in grobblockigem Reisengelände sich von Süd nach Südwesten wendet. Während des Aufstiegs begegnet man in kurzer Entfernung am Steig den unterschiedlichsten und sehenswerten Formen von Kalk- und Kieselschiefern.

Rückblick auf den Aufstieg unterhalb der Klammspitzen

Nach dem Richtungswechsel müssen die farbenfrohen Blockschuttreisen von den Tarntaler Köpfen herab durchquert werden. Im Frühsommer traf der Verfasser dort noch ein relativ großflächiges Schneefeld an, das sich in einer seichten Grube auf 2.560 m erfolgreich gehalten hat, durch die Hangneigung vor der flachen Sonneneinstrahlung im Frühjahr lange geschützt.

grüner Kieselschiefer mit eindrucksvoller Bruchfläche

Nach der Vertiefung mit dem Schneefeld steigt die Route merklich an. Die Schuttreisen laufen aus, an ihre Stelle tritt Bergwiesengelände mit größeren Blöcken Kalk- und Kieselschiefers. Der Steig vollführt dort die Runde auf den Nordwesthang der Tarntaler Köpfe.

Rückblick auf den Klammsee und den Kamm zum Voldertal im Hintergrund

Auffallend im weiteren Aufstieg ist die beträchtlich zunehmende Größe der Felsblöcke am Nordwesthang. Diese Blöcke sind von der Deckschuppe der Tarntaler Köpfe herabgebrochen und bedecken ein großes eher flaches Areal unterhalb. Der Abbruch dürfte vor nicht vielen hunderten Jahren stattgefunden haben und die größten Blöcke nur gerutscht sein, wenn man den unterschiedlichen Flechtenbewuchs betrachtet.

Rückblick nach der Kurve vom Nordabhang auf den Nordosthang

In diesem Gelände gibt es noch vereinzelt schöne Fundstücke von Bergkristall, der von den Mineraliensammler der 70er Jahre verschmäht worden ist. Der damalige Boom des Mineraliensammelns wirkte sich dermaßen massiv aus, daß heute im gesamten Ötztal und auch im Zillertal kein einziges Stückchen Granat oder andere Mineralien mehr auf der Geländeoberfläche aufzufinden sind.

Bergkristall neben dem Steig

Das Gebiet der Tarntäler gehörte ebenfalls zum Eldorado der gierigen Süchtler, die der Jagd danach alles unterordneten und teilweise ihren Lebensunterhalt damit bestritten. Alles und Jedes an der Oberfläche wurde dort umgedreht und in Klüften wurde einfallend ohne Sicherung, mit dem Körper nach unten und die Füße noch an der Oberfläche, gegraben, um Stufen von Mineralien zu heben.

Bergkristallspitze

Umso erfreuter darf man heute daher sein, wenn man das Glück hat ein schönes mittelgroßes Bergkristallprisma mit dem typisch sechseckigen prismatischen Wuchs und der facettenreichen Spitze anzutreffen. Ein solcher, und mit etwa 12 bis 15mm Höhe gar kein kleiner Kristall, befindet sich direkt neben dem Steig links im flachen Teil an einer engeren Passage zwischen den massiven Blöcken. Wer den Steig auf der linken bergseitigen Seite entfernt erkundet wird weitere Kristallnester finden.

im Blockgelände knapp unterhalb der Deckschuppe

Nach diesem kristallischen Highlight auf der Tour verstärkt sich das Blockgelände und führt zu einer schuttig, sandig, erdigen Passage an der der Steigverlauf durch die lockeren Partien etwas in Mitleidenschaft gezogen wurde, jedoch kein Hindernis darstellt. Man kann diese auch im Blockwerk umgehen. Damit steht man schon fast unter der Abbruchlinie der massiven Blöcke, die nach etwa 70 m weit und 40 m tief nach unten gerutscht sind. Sonderbarerweise kommt dieser Abbruch nur auf einer schmalen Linie vor, die Nordflanke der Tarntaler Köpfe steht fest und ohne größere Blöcke im Hangschutt darunter da.

steiles Gelände bis zum Felsansatz

Steil führt der sandige Geländeansatz zu den stark gefalteten Kalkschiefern hinauf, zwischen deren mittlerweile weit geöffneten Klüften sich der Überstieg auf deren Oberkante befindet. Eine kleine Stufe von zwei Metern wird mit wenigen Tritten und Griffen erklommen, um auf der flächigen Oberseite der Deckschuppe der Kieselschiefer anzukommen.

Großer Tarntaler Kopf, 2.556 m

Von unten ist bereits das nur mehr 60 Hm entfernte Gipfelkreuz zu sehen. Am Aufstieg stellen sich drei breite Bruchzonen in den Weg, Markierungen gibt es vereinzelt, sind aber auch nicht vonnöten mit dem Ziel im Blickfeld. Die erste Bruchzone ist nicht nur breit, sondern auch bemerkenswert tief (2-3 m) und zerteilt die plattig-schieferige Oberfläche sichtlich. Mit leichtem Höhenverlust wird sie an geeigneter Stelle durchschritten, die anderen, schmalen Klüfte können zum Gipfel hin umgangen werden.

Tarntaler Sonnenspitze im Süden mit imposanter Nordwand, links hinter den Köpfen die Tarntaler Scharte

Am Hauptgipfel der Tarntaler Köpfe, dem Großen Tarntaler Kopf, läßt sich das Obere Tarntal zum Teil einsehen, vor allem aber die imposant wirkende Tarntaler Sonnenspitze und den gewaltigen Lizumer Reckner, dem mit 2.886 m höchsten Gipfel der Tuxer Alpen.  Auf ihn kann man auch im Winter steigen, wenn man die Schitour zum Geier unternimmt.

Lizumer Reckner mittig, links Hoher Riffler, rechts Olperer, Fußstein und Schrammacher

Zwischen den Tarntaler Köpfen und der Tarntaler Sonnenspitze befindet sich die Tarntaler Scharte, über die in diesem Bericht zur Lizumer Hütte abgestiegen wird. Vom Gipfelkreuz am Großen Tarntaler Kopf aus ist sie nicht sichtbar, da die anderen drei Köpfe, der Mittlere Tarntaler Kopf gleich etwas tiefer südöstlich gegenüber, der Tarntaler Turm dahinter und der Südliche Tarntaler Kopf dieselbe verdecken. Ein mit Steinmännern markierter Steig führt über die 130 Hm Abstieg.

Blick vom Großen Tarntaler Kopf nach Norden auf den Mölser Berg

Der Rückblick vom Gipfel nordwärts zeigt nahezu den gesamten Anstieg im Verlauf vom Wattental, den Mölser Berg und dahinter das Karwendel.

Ansicht der Abstiegsstrecke von der Tarntaler Scharte mit bemerkenswerten Rissen in der Decke am Gipfel

Ebenfalls besteht ein vorzüglicher Blick auf den Lizumer Boden. Nördlich und östlich des Gipfelkreuzes ziehen sich mächtige Risse in die Deckschuppe und bilden einen interessanten Vorbau mit Steinschlichtung, von der die Höhe der Gipfelfelsen eindrucksvoll betrachtet werden kann.

Kalkwand mit Salzscharte nördlich; dahinter die Reichenspitzgruppe

Der vielleicht schönste Blick besteht auf die Kalkwand im Osten. Gut kann der Gratweg vom Reuterturm bis zum Gipfelkreuz betrachtet werden und der Abstieg über den Südgrat in den  „Salzsattel“ – der seine Namensgebung der weißen Gipsschichten verdankt – zur Torwand hin. Zwischen der Kalkwand und dem Salzsattel finden sich in 37 km Entfernung die atemberaubenden Gipfel der Reichenspitzgruppe genau im Osten.

Hinter dem Lizumer Reckner ragen in der Ferne die bedeutenden Gipfel des Hohen Rifflers, des Olperers in 12 km Entfernung, des Fußsteins und des Schrammachers im Tuxer Kamm der Zillertaler Alpen auf.

im Westen die Stubaier Gipfel

Im Westen dominieren die Stubaier Alpen bis hinab zu den Brennerbergen und im Vordergrund die Gipfel des Rosenjoch-Kamms der Tuxer, auf die bärige Schitouren führen, die auf diesem Blog beschrieben sind. Das Rosenjoch wies bis ins 19. Jhd. einen Gletscher auf der Nordostseite auf und noch heute hält sich der Schnee im Frühjahr sehr lange für ein tolles Figlerlebnis.

Tiefblick zu den Klammspitzen über die Felsen des Großen Tarntaler Kopfs

Nach Südosten, gegen die anderen Tarntaler Köpfe hin, wird der Gipfel des Großen Tarntaler Kopfes mit dem Abstieg auf festem Schiefer verlassen und eine Einsattelung dazwischen angesteuert.

Mittlerer Tarntaler Kopf im Abstieg zur Tarntaler Scharte gesehen

Die anderen drei Köpfe können überklettert werden, diese Route ergibt einmal einen eigenen Bericht darüber. Am Abstieg nach der Einsattelung schnürt sich der zunächst weglose Abhang mit den hausgroßen Felsblöcken etwas ein und bildet  entlang der Schrofenwand zur Linken vom mittleren Kopf herab ein kleines Steiglein, das weiter verfolgt wird.

am Steig zur Tarntaler Scharte

Seine Ausprägung verschwimmt am Weg unterhalb der Köpfe hin zur Scharte ein wenig, wodurch mit zufälligen Steinmandln abgeholfen wird, allerdings bräuchte es dieselben aber gar nicht, denn die Richtung dorthin ist durch das Gelände klar vorgezeichnet. Abschließend nach der Querung führt eine Schuttreise im Kalkschiefer hinab zur Scharte und passiert eine schöne Formation von Kalk- und Dolomitbreccie.

Steig zur Tarntaler Scharte

Auf der Gegenseite der Tarntaler Scharte kann die Runde über die Lizumer Sonnenspitze, das Obere Tarntal und den Lizumer Reckner bis zum Geier fortgesetzt und ein wieder gänzlich anderer geologischer Abschnitt erkundet werden. Diese bärige Erweiterung wird in Kürze auf diesem Blog beschrieben und an dieser Stelle verlinkt.

Formation von Breccie nahe der Tarntaler Scharte

Unten hat man die Scharte noch nicht ganz erreicht, vorher müssen noch die gelblichen Radiolaritfelsen passiert werden, bevor man an deren Südende einen vergilbten roten Markierungspunkt erkennen kann, der die Abstiegsroute anzeigt.

Blick Richtung Aufstieg zur Tarntaler Sonnenspitze

Dieser Abstieg wird nicht mehr gewartet und stellt einen aufgelassenen Steig dar. Der Grund für die Auflassung liegt mit Sicherheit im jungen Abbruchmaterial der Felsen in der Scharte. Die Trümmer der Abbrüche überdecken den Steig und über etwa 60 bis 80 Hm ist keine Markierung sichtbar.

unteres Tarntal von der Scharte aus gesehen

In der heutigen Zeit kann man es angesichts der Haftung eines Wegerhalters den alpinen Vereinen nicht verdenken, wenn ein Steig mit Felssturzgefahr aufgelassen und aus dem Kartenwerk genommen wird.

Tarntaler Scharte gegen Norden auf die Tarntaler Köpfe

Die kaum erbringbaren Verpflichtungen nach dem – für alpine Verhältnisse völlig untauglichen – § 1319a ABGB, im Zusammenspiel mit der zunehmend dreisteren Verfolgung von persönlich erlittenem Schaden, dessen nach sich ziehende Kosten durch oft erfolgreiche Abschüttelung von Eigenverantwortung stets Dritten überbürdet werden sollen, lassen die Menschheit vor sich selber kapitulieren und dadurch Schönheiten brach liegen, wenn es diesen Steig rein rechtlich heute offensichtlich nicht mehr gibt.

Lizumer Boden in der Tiefe; hier wird abgestiegen

Zum guten Glück gibt es den Steig noch physisch und seine Begehung mag lediglich eine kleine Portion Versiertheit in blockigem Gelände bedeuten, um sicher zur Lizumer Hütte abzusteigen.

Abstiegsgelände im obersten Teil (etwa über 20 Hm)

Im oberen Teil erweisen sich die Stöcke als vorteilhaft, das Terrain ist dort steil und zwischen den Blöcken schuttgefüllt, wodurch eine gute Abstützung damit erreicht werden kann. Nach etwa 50 Hm des Abstiegs gibt es keine Schwierigkeiten mehr und die ersten Markierungen von unten tauchen in der Ferne auf, an denen man sich orientieren kann.

Rückblick auf die Scharte nach der überschütteten Abstiegsstrecke

Bald ist das untere Ende der Felssturzbahn erreicht und der Wiesenansatz erfreut an seiner Blumenpracht. Selbst ohne immer gleich Markierungen im weiteren Verlauf zu erkennen gibt es keine Abstiegsprobleme, die richtige Route führt stets nach Nordosten auf die Almweide vor der Lizumer Hütte hin und der Elektrozaun der Weide, noch weit im Hang heroben, wird einfach überstiegen. Schräg abwärts querend erfolgt der Abstieg auf Steigspuren, bevor die Weide ostwärts gequert und der Wattenbach über die Brücke an der Hütte erreicht wird.

in fast direkter Linie die Lizumer Hütte angesteuert

Die Einkehr auf der Lizumer Hütte stellt das Abschlußerlebnis der bärigen Runde mit den vielfältigen landschaftlich phantastischen Eindrücken dar.  Meist wartet der ungarische Koch mit deftiger alpenländischer Kost auf, der Schweinsbraten des Verfassers war der Hit.

erneutes Vorkommen von Enzian am Ostabhang beim Abstieg

Die Lizum verlassen und die Rückkehr zum Parkplatz Walchen kann man auf drei Arten: Abstieg über den Zirbenweg des Aufstiegs, Abstieg auf der Lizumer Straße und Ausfahrt mit dem Hüttentaxi, das man bestellen muß.

Rückblick auf den reizvollen Abstieg (Scharte bei Schneefeld)

Die Runde über die Tarntaler Köpfe mit Aufstieg und Abstieg vom und zum Parkplatz Walchen, sowie alle Pausen und der Hüttenbesuch erforderte 8:25 Stunden, wobei der Aufenthalt in der Hütte sicher eine knappe Stunde Anteil daran besitzt.

leichtes Abstiegsgelände zur Lizumer Hütte

Die Strecke im oberen mittellangen Bereich misst 19 km und dabei wurden 1.370 Hm auf- und abgestiegen. Mit dem Hüttentaxi in beide Richtungen schrumpft nicht nur das Füllhorn an Erlebnissen, aber auch die Länge etwa um 11 km auf 8 km (bei nur einer Strecke mit dem Taxi auf 13,5 km) und der Aufstieg ab der Lizumer Hütte um etwa 580 m auf verbleibende 790 m, sowie der Abstieg entsprechend der Wahl.

Mils, 02.07.2022