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Gehrenspitze, 2.367 m – Südostanstieg

Vom Leutascher Ortsteil Gasse aus zieht ein wenig bekannter schöner Steig auf die Gehrenspitze, deren  Normalanstieg über die Wangalm ein sehr beliebter ist. Die Tour als Runde begangen und den Abstieg auf dem Normalaufstieg gewählt, ist alpiner und schöner, auch wenn der steile Südostanstieg recht fordernd ist.

Gehrenspitze, 2.367 m

Das leidige Thema des Parkens ist für diese Tour keines. Unmittelbar nach der Brücke von Weidach Richtung Gasse beginnt der Aufstieg mit dem Fußmarsch direkt auf den Steig zu, der hinter den Häusern in Gasse, nicht sofort sichtbar aber leicht zu finden, im Wald beginnt.

Eintritt in den Waldsteig bei Gasse

Orientieren möge man sich einer Steinschlagschutzverbauung gleich nach den ersten Höhenmetern im Wald, oder an den Bildern in der Bildergalerie. In der Bildergalerie gibt es eine Übersichtskarte der Tour mit eingezeichnetem Routenverlauf.

im steilen Waldaufstieg

Der Steig ist durchgehend markiert, wobei offenbar mehrere Markierungsgenerationen teilweise leicht unterschiedliche Richtungen genommen haben. Stets gut zu sehen leiten die Markierungen im Zickzack über den ersten Steilhang hinauf.

im Nazenlehngraben angekommen

Nach einer knappen Stunde des Aufstiegs, oberhalb eines Steilabbruches, der im Aufstieg oberhalb umgangen wurde, wendet sich der Steig westwärts dem Graben der Nazenlehn zu und der Wald wird lichter.

Rückblick im steilen Nazenlehngraben

Wenig später tritt man aus dem Wald in Latschenbewuchs und in den bewuchslosen Nazenlehngraben, dem man recht lange folgt und der sich typischerweise oben fächerartig erweitert und den Grabencharakter verliert.

Gufel links unterhalb der Geländestufe

Zwischendurch muß0 eine niedrige Steilstufe erklommen werden, die unten eine kleine Gufel hat, die bei der Annäherung wie ein Stollenmundloch aussieht, jedoch nur etwa drei Meter tief ist. Es kann oberhalb leicht überklettert werden.

Richtungsänderung der Nazenlehn nach links

Bald wendet sich die Hauptrichtung des Grabens oben etwas nach links und die Schuttrinne wird schrofenartig wiesendurchzogen. Nach einer guten halben Stunde ist die Südostschulter der Gehrenspitze erreicht und das Gelände endet in einem kleinen Plateau mit großem Steinmann. Rechts unten ist eine Jagdhütte zu sehen, geradeaus nordwärts bietet sich der prächtige Anblick auf die Leutascher Dreitorspitze und den Öfelekopf.

an der Ostschulter der Gehrenspitze angekommen

Der Steig führt nun westwärts steigend bergauf. Einige Stufen sind zu durchsteigen, alle in Gehgelände und weiterhin recht steil ansteigend.

Plateau mit Jagdhütte

Weiter oben wechselt das Gelände in reinen Fels, ein kleines Kar bildet sich aus. Der Steig führt mitten durch größere Blöcke, bis er links einem Band nach oben zu einem Sattelchen folgt.

steiler Aufstieg zum Sattelchen

Von dort aus kann erstmals das Gipfelkreuz der Gehrenspitze eingesehen werden und der Steig dorthin ist logisch, der obere Teil aber noch von einer Rippe verdeckt.

am Sattelchen

Die letzten 150 Hm beschreitet man nun auf dem mittelsteilen Steig, zuerst nahe dem Nordabbruch ins Puittal hinab, gleich aber im Anstieg auf die vorausliegende Rippe, die nach wenigen Minuten umrundet wird und der obere Teil des Steigs sichtbar wird.

restlicher Anstieg zur Gehrenspitze

Vom Scheitelpunkt der Rippe folgt der Steig nun etwas unterhalb der Gratlinie demselben und führt in ein Becken unterhalb des Gipfels. Dieses kann entweder in direkter Linie gestürmt, oder dem Steig am Rand des Beckens folgend im Bogen zum Gipfelkreuz aufgestiegen werden.

oberer Teil des Restaufstiegs von der Rippe aus gesehen

Auf der Gehrenspitze ist man selten allein, sie erfreut sich allgemeiner Beliebtheit und so auch an diesem Tag. Die Aussicht des freistehenden Berges, zwischen Miemingern, Wettersteinhauptkamm, Arnspitzgruppe und  Karwendel hat schon etwas ersteigenswertes für sich.

Blick auf die Mieminger Kette, den Wettersteinhauptkamm und den Abstieg

Die nahesten im Norden, die mächtigen Gipfel des Wettersteinhauptkamms –  Hochwanner, Oberreintalschrofen, Leutascher Dreitorspitze sowie im Osten Wettersteinwand und Obere Wettersteinspitze überragen die Gehrenspitze, als Südostausläufer selbiger Kette um 100 bis knapp 400 m.

Nördliche Karwendelkette und Hinterautal-Vomper-Kette im Zoom

Im Osten die Arnspitzgruppe und die Nördliche Karwendelkette mit den schönen Zielen Hoher Wörner, Hochkarspitze, Tiefkarspitze und Larchetfleckspitzen, getrennt durch das lange Karwendeltal von den Riesen der Hinterautal-Vomper-Kette.

Karwendel in seiner Süd-Norderstreckung

In dieser Kette sind mit der Birkkarspitze, den Ödkarspitzen, der Kaltwasserkarspitze und die Große Seekarspitze die höchsten Karwendelgipfel zu finden.

Tiefblick ins Puittal

Südlich die Gleirsch-Halltalkette mit dem dritthöchsten Karwendelgipfel, dem Großen Bettelwurf, den bärigen Gratübergängen von Jägerkarspitzen über die Praxmarerkarspitzen bis zu den Bachofenspitzen, von denen die meisten in diesem Link zu finden sind.

östliche Mieminger Kette

Schließlich wendet sich die Gipfelrundschau auf die Mieminger Kette mit dem östlichsten Gipfel der Hohen Munde, dem Übergang vom Karkopf bis zur Hochwand, der Überschreitung des Hochplattig, den Mitterspitzen und dem Grünstein und einem netten Nordausläufer, dem Breitenkopf.

östlicher Wettersteinhauptkamm mit Wettersteinwand und Obere Wettersteinspitze sowie die Unterleutasch bis Mittenwald

Im Kreise einer solchen Menge an bärigen Gipfeln läßt es sich auch als unfreiwilliger Zeuge von allen möglichen Geschichten im Umkreis der Gipfelbesucher eine gute Weile aushalten.

am Abstieg unter den drei Felszähnen

Der Rückweg über den Normalweg durch das Scharnitztal zur Wangalm und weiter hinab auf die Schotterstraße am Waldrand entlang über Kirchplatzl ist lang, aber selbst der Teil durch die Siedlungen sehenswert.

Steig zum Kirchl

Vom Gipfel hinab wird zuerst zu drei Felszähnen am Grat abgestiegen, dann weiter zum „Kirchl“, einer stark verwitterten Felsrippe, die der Steig durchquert. Die Strecke in der Südflanke ist damit abgeschlossen und weiter gelangt man auf den breiten Wiesenbuckel, dem Hütten-Kopf (unterhalb steht die „Erinnerungshütte“ des Akad.-Alpenvereins München mit bewegter Geschichte).

Scharnitz Joch mit Teufelskopf links, Oberreintalschrofen und Scharnitzspitze rechts

Jenseits des Scharnitz-Jochs können schön die roten jurassischen Schichten (Liaskalke) gesehen werden. Durch sie und durch Mergel des Neokoms führt der Steig vom Joch hinab zur Wangalm.

Neokommergel unten, bunte Liaskalke oben

Von der Wangalm kann man direkt absteigen, ohne den Schotterweg benutzen zu müssen. Vor der Terrasse beginnt der Fußsteig, der unten wieder auf den Schotterweg führt. Diesem folgt man etwa 150 m, bevor links ein steiler und breiter Steig abzweigt, der eingeschlagen wird. Er führt bis an die o. g. Schotterstraße am Waldrand.

Rückblick in des Scharnitztal von der Wangalm

Unterwegs, etwa auf halbem Weg nach unten, passiert man eine Stelle (oberhalb der Querung mit der Schotterstraße, also > 1.500 m) mit einem erratischen Block, direkt am rechten Wegrand.
Er liegt etwa auf selber Höhe als jener am Weg von der Wettersteinhütte ins Tal, siehe diesen Bericht, bzw. dieses Bild.

erratischer Block am Weg zum Winkelegg hinab

Deutlich kann die Fremdartigkeit des kristallinen Blocks aus Gneis erkannt werden. Er paßt nicht hierher und ist mit ziemlicher Sicherheit durch den sich zurückziehenden Inntalgletscher in einer Eiszeit an diesem fremden Ort abgelagert worden.

Gneis oder Granitgneis?

Der Ursprung des Blockes liegt in jedem Fall südseitig des Inns in einem Tal des Ötztal-Stubai Kristallins und er wurde durch den Inngletscher (Würm-Glazial?), der innabwärts und am Seefelder Plateau nach Norden, Richtung Werdenfelser Land floss, hierher verfrachtet. Die Transportweite könnte

von der Schotterstraße zur Gehrenspitze geschaut

Am Ende des steilen Wegs ist man um die Entlastung der Gelenke nicht böse, wenn es ostwärts auf der Schotterstraße weiter nach Kirchplatzl geht. Der flacht Rückweg bis zum Parkplatz beträgt ca. 4,3 km und lohnt sich von der Landschaft und dem Dorfkern Kirchplatzl.

lichte Wälder, freie Wiesen und die Hohe Munde

Zum Abschluß wird der lehrreiche Wasserlehrpfad rechts der Leutascher Ache absolviert und über die Brücke der Parkplatz erreicht.

bäriger Südostanstieg Gehrenspitze von Weidach aus gesehen

Für 1.460 m Aufstieg und der Länge der Tour von 13,4 km rechne man mit 6:30 Stunden incl. Pausen und einem Gipfelaufenthalt von 45 min.

Mils, 24.10.2021

 

Wettersteinwand, 2. 483 m – Abstieg über Rotplattenspitze

Als längste Kette im Wettersteingebirge wird nicht nur der Gipfel selbst, auch die gesamte östliche Teillänge des Wettersteinhauptkamms ab der Meilerhütte als Wettersteinwand bezeichnet. Der Wettersteinwandgipfel selbst bildet dabei die höchste Erhebung in diesem Teil und er ist ausschließlich weglos und mühsam zu ersteigen. Ideal für weitgehend einsame Abenteuer am Grat.

Wettersteinwand, 2.483 m

Zur Besteigung der Wettersteinwand kommen zwei Aufstiege in Betracht, ein leichter über die Rotplattenspitze und ein etwas anspruchsvoller über das Bergleintal und die lange Flanke unter dem Grat nach den drei Scharten mit Aufstieg auf den Wettersteinkopf. Empfehlenswert erscheint letztere Variante, da die Klettereien im Aufstieg passieren und der Abstieg vorwiegend im Gehgelände erfolgt. Überhaupt ist der Grat über die atemberaubende Schneide des Musterstein im westlichen Teil die schwierigere und wird sanft im Ostteil nach dem Gipfel der Wettersteinwand bis zur Rotplattenspitze.

Blick ins Bergleintal

Der ideale Ausgangspunkt ist ein kleiner Parkplatz etwas oberhalb des Gasthaus Hubertus in Reindlau. Dieser Ort muß auch eine besondere Tradition unter den Bayerischen Bergsteigern des letzten Jahrhunderts haben, denn dort befindet sich eine kleine Ansammlung von Gedenkkreuzen von abgestürzten Kameraden von Bergsteigervereinigungen.

Talstufe im Bergleintal

Zunächst entlang des Bergleinbaches und später durch den Mischwald wird eine Talstufe erreicht, durch die der Bach eine bemerkenswerte Klamm geschnitten hat. Mit Hilfe der Inntalvergletscherung und die kaum vorstellbaren Wassermassen, die seit der Gebirgsbildung des Wettersteins im Gelände sägten, kann man sich die ansehnliche Schluchttiefe leichter erklären.

tiefer Schluchteinschnitt durch den Bergleinbach

Die Schlucht, lediglich auf 1.300 m gelegen, bot dem Verfasser zum wiederholten Male beachtliche Restschneemengen, die den Sommer als Schneebrücke über der Klamm überdauern. Eine Begehung der Schneereste wäre ein töricht hohes Risiko.

nach der Talstufe im Bergleintal

In Serpentinen wird die Talstufe genommen und etwa ab 1.450 m wird der Steig oberhalb der Steilstufe etwas flacher, der Mischwald endet allmählich und lediglich Latschen säumen von dort den Aufstieg.

Schäferhütte mit Musterstein

Etwa eine Stunde führt der Steig – meist nahe an den steil von den Öfeleköpfen herunterziehenden Felswänden – durch das Bergleintal, bis die Hirtenhütte des Schafzuchtvereins erreicht wird. Sie liegt nahe dem Steig zur Meilerhütte auf 2.000 m, dem Quellgebiet des Bergleinbachs.

 

dichter Nebel verhindert die Sicht auf den Anstieg zum Wettersteinkopf

Von der Hütte aus richtet sich nun der Blick schräg nordostwärts über die Südflanke der Wettersteinwand hinauf zum Grat, wo der Wettersteinkopf sichtbar ist – zumindest an Tagen ohne hartnäckigen Nebel, der den Verfasser den dauerhaften Blick verwehrte und den Aufstieg zum Grat in besonderer Weise beeinflusst hat, wie gleich zu berichten sein wird.

Rückblick auf den Einstige in die „Gänge“

Diese Route gilt es zu verfolgen, um den Vorgipfel der Wettersteinwand, den Wettersteinkopf zu erreichen (der AV-Führer spricht von einer längeren Querung der Südflanke, hinein bis in die Verschneidung zwischen Wettersteinkopf und Wettersteinwand; diese Route mag nach den Beobachtungen im Aufstieg nicht empfohlen werden).

Bergleintal bis Lochlehn

Am Beginn der Flanke muß eine etwas unangenehm zu querende Schuttreise durchschritten werden in der man tunlichst nicht zu hoch aufsteigt, um im wiesendurchzogenen Schrofengelände nicht in zu steilem Gelände weiter zu steigen. Es empfiehlt sich die Gasse etwas oberhalb der vom Einschnitt des Bergleinbaches heraufziehenden Latschen und der darüberliegenden Felsschrofen anzuvisieren. Hinter diesem „Einstieg“ mag dann mit mehr Steigung in der Flanke „Gänge“ in der AV-Karte aufgestiegen werden.

Gemsen im Aufstieg

Das rippige, girlandenförmige Gelände über die Südflanke herab und der unberechenbare Nebel versperrten dem Verfasser meist im entscheidenden Moment die Sicht auf den Grat bzw. Auf den Hochpunkt und so wurde die Querung im Aufstieg zu einem gewissen Blindflug, der zum Schluß darin resultierte, daß die geeignete Rinne zum Grat, die noch westlich vom Wettersteinkopf den Grat erreicht, nicht gefunden, sondern in der Tiefe überstiegen wurde.

Rückblick im Aufstieg; hier bereits schon zu östlich, um die Rinne zum Grat zu erwischen

Nachdem das Gelände steiler und schroffiger wurde und sich auch die Ausbildung des oben erwähnten Einschnitts zwischen den beiden Gipfeln abzeichnete, empfand der Verfasser es an der Zeit eine Position zu bestimmen. Als Hilfsmittel diente der GPS-Standort, der auf der unterlagerten Karte der AV-App zur Verwunderung anzeigte, daß nur mehr etwa 120m Aufstieg zu bewältigen sein würden, die Position jedoch direkt unterhalb des Wettersteinkopfs lag. Es lag also auf der Hand die Aufstiegsrinne verfehlt zu haben.

Endstation mit der Ostquerung

Ostwärts in die Verschneidung erschien aufgrund des schärfer werdenden Geländes nicht die gute Option zu sein und bergwärts geblickt versperrten ansehnliche Wände den Blick auf ein Ziel. In solchen Fällen kann man weiter herumirren, oder auch eine kleine Rast einlegen und hoffen, daß sich irgendwann der Blick nach oben auftut und eine Route ersichtlich wird.

mögliche Aufstiegsvarianten etwa 120 Hm unterhalb dem Wettersteinkopf

Letzteres war nach einem Griff in die Studentenfutterdose und einigen weiteren Minuten der Fall wobei zwei vielversprechende Routen die Qual der Wahl eröffneten – links ein schöner und leicht kletterbarer Riss in eine steile Scharte und geradeaus in eine etwas flachere Mulde, jedoch ohne Aussicht auf den Grat. Der gefasste Beschluss fiel zugunsten der Route geradeaus und wenn sich selbige als unkletterbar erweisen sollte, ein kurzer Rückzug und links hinauf.

Variante Direttissima, links wäre die flache Mulde

Es kam insofern anders, als daß sich beim Erreichen der Mulde, an einem hellen, als frisch zu bezeichnendem Abbruch wieder eine Gabelung öffnete, die rechts noch besser aussah als die Mulde. Der Eindruck dieser Verschneidung erschien trotz immenser Steilheit als machbar, sie verjüngte sich nach hinten oben zusehends und die Felsqualität sowie die Oberflächen deuteten auf leichte Kletterbarkeit hin, mit einziger Unbekannter – das Gelände oberhalb der Stufe.

rechts die schöne Verschneidung gefunden

Die letzten Meter in der Verschneidung ließen sich mit wirklichem Genuss klettern, der die Angst vor der ungesicherten Kletterei auf die oben leicht überhängende Kante weitestgehend schwinden ließ. Handrisse, Absätze und Flächen als Tritte zum Gegenstemmen in den Wänden zu beiden Seiten ermöglichten einen sicheren Aufstieg, bei dem auch der Rucksack durch die Engstelle gezwängt werden musste.

Rückblick auf die Verschneidungskletterei

Wie meist bei solchen Situationen erweisen sich die solchen Engstellen darüber liegenden Geländeflächen als flacher und zum Glück war das auch der Fall. Eine kleine ebene Fläche konnte zur Erkundung des Geländes in aufrechter Position genutzt werden. Der Absturz links der Rippe war der obere Teil der flacheren Mulde, die zuerst um Aufstieg ausgewählt wurde. Diese erwies sich als eher glatt, mit kleinbrüchigen Schuttflächen belegt, was nachträglich die absolvierte Route als goldrichtig aufwertete.

ein Blick auf das folgende Ziel

Die Orientierung war nach wenigen Metern weiteren Aufstiegs endlich gegeben und zeigte das überraschende Ergebnis bereits etwa 30 m östlich des Gipfelsteinmannes am Wettersteinkopf angekommen zu sein, womit die Positionsbestimmung im Schrofengelände unten bestätigt wurde. Leider erledigte sich somit ein Teil der schönen Gratkletterei auf den ersten der beiden Gipfel des Tagesziels.

Rückblick auf die Direttissima

Eine bescheidene Aussicht an diesem – an sich schönen – Tag eröffnete dennoch einen fast ungetrübten Blick gen Westen zur Zugspitze und nach Norden auf Garmisch-Partenkirchen mit dem ebenfalls im Nebel gefangenen Kramerspitz.

Blick zu den Ammergauern mit dem Hausberg der Garmisch-Partenkirchner, Kramerspitz

Nach Osten, auf die Wettersteinwand, mochte ein Bild ohne Nebel nicht klappen, auch nicht mit erneuter Wartetaktik. Also wurde der Grat in Angriff genommen und über den ersten Kopf gegen die Scharte abgestiegen.

Aussicht gegen Westen mit dem Zugspitzplatt

Den ersten Gratkopf durchzieht auf der Abstiegsseite ein Band mit Wiesenpolstern. Der anschließende kleine Buckel wird rechts umgangen, den Grund dafür erkennt man im schroffen Abbruch auf dessen Gegenseite, die mit einigem Auf und Ab weiter hinab in die tiefste Einsenkung führt.

Überschreitung nach Osten auf die Wettersteinwand; zunächst erfolgt der Abstieg in die Scharte voraus

Im Gegenaufstieg begegnet man gleich im unteren Teil ein paar schärferen Stellen, die mit dem Körper südseitig auf guten Tritten leicht erklettert werden. Die anschließenden Gratstücke können meist aufrecht, mit kaum nennenswertem Einsatz der Hände begangen werden. Kleine Schärtchen runden das Graterlebnis ab. Für den Übergang rechne man mit einer knappen halben Stunde.

gefolgt von einem Abstieg in die Scharte

Die Überschreitung vom Wettersteinkopf auf die Wettersteinwand beträgt etwas mehr als 500 m und dabei fallen etwa 60 m Abstieg und 120 m Aufstieg an. Die weitere Strecke zur Rotplattenspitze beträgt gute 800 m und für den Übergang auf die die geodätisch gut 80m niedrigere Rotplattenspitze sind knapp 50 m Aufstieg vonnöten.

schöner Aufstieg jenseits der Scharte

Der gesamte Übergang beträgt somit knapp 1.400m und dabei werden kaum 200 m Aufstieg bewältigt – in Summe ein sanfter Grat, der auch als solcher vom Tal aus gesichtet wird.

Rückblick im Aufstieg zur Wettersteinwand

Mit dem Fortschritt der Tageserwärmung löste sich auch der zähe Nebel  mehr und mehr auf und bescherte am Gipfel der Wettersteinwand teilweise einigermaßen brauchbare Sicht auf die Wettersteingipfel und Umgebung, leider aber nicht über den begangenen Westgrat hinaus.

gemütlich geht es am Grat dem Wettersteinkopf entgegen

Ein neues Gipfelkreuz trugen uns drei Individualisten ein gutes Jahr vor dieser Besteigung, im Juli 2020, auf die Wettersteinwand hinauf.

Gratverlauf erster Teil zur Rotplattenspitze

Die Gipfelbuchschachtel schließt dicht und bewies bereits im ersten Winter Trotz gegenüber Durchfeuchtung. Es bleibt zu hoffen, daß das nette Kreuz ohne Blitzschutz lange überleben wird.

Rückblick auf die Überschreitung vom Wettersteinkopf

Der breite Grat zur Rotplattenspitze kann durchgehend ohne Ablegen der Stöcke begangen werden. Klettereien gibt es keine und auch keine großen Höhenunterschiede durch Scharten, ein Spaziergang mit gut 80 m Gefälle.

letztes Gratstück zur Rotplattenspitze

Die Rotplattenspitze bildet den östlichsten Punkt der Runde. Man könnte von ihr noch weiter auf die Obere Wettersteinspitze überschreiten, welche wieder einen rassigen Übergang über die Mittagsscharte darstellt.

Obere Wettersteinspitze von der Rotplattenspitze, toller Gratübergang

Der Abstieg von der Rotplattenspitze erfolgt über den südöstlich ins Tal hinabziehenden Grat. Er wird weiter vorne verlassen und links neben dem Grat steil abgestiegen, die Gratrippe stets zur Rechten.

Südrippe von der Rotplattenspitze hinab zur Fleckalm

Weiter unten, in glattem plattigem Gelände, bzw. unterhalb dessen, wendet sich der Abstieg nach links der Fleckalm zu. Bereits von weit oben können die Steige in der weiten Mulde der Fleckalm eingesehen werden und man präge sich von oben den Einstieg des Steiges in die Latschen ein, um ihm später unten zu finden.

bereits abgestiegen und auf den Platten angekommen

Eine detailliertere Beschreibung des Abstiegs findet sich im oben verlinkten Beitrag der Oberen Wettersteinspitze.
Zurück zum Parkplatz werden die Wanderwege nördlich des Bauernwinkels benutzt.

Durchschlupf am Steig nach Lochlehn

Die Runde vom Wettersteinkopf über die Wettersteinwand bis zur Rotplattenspitze und zurück erstreckt sich über 1.560 m und 11,5 km. Man rechne 7 bis 8:30 Stunden mit kleinen Pausen.

Mils, 18.09.2021

Hochwanner, 2.744m und Predigtstein 2.234m

Zu Beginn im südlichen und längsten Kamms, dem Wettersteinkamm liegt der Hochwanner, etwas östlich des Gatterls, als höchste Erhebung im Kamm. Seine Besteigung am Normalanstieg ist einfach und über einen großen Anteil an Schuttmassen mühselig, dafür entschädigt der Blick auf das Zugspitzmassiv und seine gewaltige Nordwand.

Manuel am Hochwanner, 2.744m

Eine einzige kurze Passage durch eine Aufstiegsmulde über vielleicht 25 bis 30 Hm am Weg in die weite lange karartige Zunge auf den Gipfel erzwingt den Einsatz der Hände und somit einen Ansatz von Kletterei. Am weiteren Aufstieg begegnet man kaum einem richtigen Kletterzug und setzt den Aufstieg bis zum Gipfel mit Stöcken fort – der Hochwanner, im Südanstieg im Großen und Ganzen eine leichte Bergwanderung und am Normalweg kein herausforderndes Ziel.

vor der Hämmermoosalm, ab hier scharf links weiter

Die Südseite ist durch eine einzige, sich nach oben hin trichterförmig erweiternde Verwitterungsfläche bis nahe unter den Gipfelbereich geprägt, übersät mit kleinstückigem Bruchgut, das, allgegenwärtig abgelagert und in schier unendlichen Massen vorhanden, für mühsam begehbare Felsflächen sorgt, und die in solch gewaltiger Höhenerstreckung in den Nördlichen Kalkalpen ihres Gleichen sucht.

Weg zur Rotmoosalm; hinten im Nebel bereits der Hochwanner sichtbar

Rostrot ihr Anblick, beginnend im Trichteransatz bis weit in die Gipfelflanke hinauf, viele Hundert Höhenmeter im Schutt lassen den erfahrenen Bergsteiger im Kalkgestein bereits nach dem kurzen Durchstieg durch den einzigen Felsriegel nach dem abgerundeten Südgrat die monotone Steigarbeit im Schutt erahnen. Und dennoch beeindruckt die Felsgestalt vom Wettersteinkalkfuß aus irgendwie.

Anstieg zur Rotmoosalm

Bei zweifelhaftem Wetter, im Wissen einer sicheren Begehung, beginnt die Reise, die eher eine Trainingsrunde als eine Bergfahrt darstellt, im Gaistal, am letzten Parkplatz Salzbach.

Spuren des vortäglichen Regens

Zunächst führt der breite Ludwig Ganghofer Weg, der auch als Radlstrecke genutzt wird und damit dem Heimatdichter Gedankengut durch diese schreckliche Moderne im Gebirge wenig Ehr‘ erweist, hinauf in Richtung Hämmermoosalm, auf satte Almböden mit breiter Ausdehnung nach Überwindung des ersten Buckels bis zu dessen flachen Ende.

Rotmoosalm

Nicht in direkter Linie zur Alm, sondern eher westlich an ihr vorbei, also sie rechts liegen gelassen, steigt man, um den frequentierten Ganghoferweg direkt pfadlos zu verlassen, über Wiesen zum Weg in das kurze steile Tal an dessen Hochalm die verfallene Rotmoosalm noch von einstigem Glanz kündet. Die neue Rotmoosalm befindet sich ungewöhnlich weit davon entfernt und dürfte ihren neuen Standplatz wahrscheinlich wegen der Lawine zu verdanken haben, die 2009 die alte Rotmoosalm zerstört hat und deren Reste noch sichtbar sind.

im Osten die neu errichtete Rotmoosalm

Wer über eine ältere AV-Karte verfügt wird mit einer vorerst eklatant schmerzhaften Disharmonie seines geografischen Eindrucks aus der Tourvorbereitung mit Karte im Kopf gegenüber der Realität des wahren Standortes der Gebäude im Gelände kämpfen, zu dem im Kartenwerk der 90er Jahre kein Weg vorhanden war – auch eine Erkenntnis die man nicht missen muß.

Knabenkraut, eine Orchidee

Am Hüttchen am Schotterweg zweigt westlich der Steig zum Verbindungsrücken zwischen der Hauptkette und dem vorgelagerten Predigtstein ab und führt über eine, gegen das Mitterjöchl hin, breiter werdende Einlagerung von Mergelstein aus der Kreidezeit durch das Kotbachkar. Beeindruckend steil stehen die regelmäßigen Plattenkalkwände des Predigtsteins aus den Kreidemergeln heraus und schließen dieselben zwischen ihnen und ihrer geologisch zeitverwandten Gegenseite, den nordseitigen Wänden des Hochwannermassivs, ein. Völlig begrünt, lediglich durch den Steig zerschnitten liegen die gut 100 Mio. Jahre jüngeren kreidezeitlichen Gesteine eingekeilt zwischen den triassischen steilen Felsen.

Abzweigung oberhalb der alten Rotmoosalm

Der Predigtstein zieht den Betrachter zunächst wegen seiner schier technisch aufgestellten Kalkplatten in den Bann, seine Aufstiegsroute wird aber nicht weiter in Augenschein genommen.

Blick vom Sattel nach Osten zur neuen Rotmoosalm

Das Kotbachkar wird zwischen und unterhalb der Hangschuttreisen mit etwas Höhenverlust in westlicher Richtung gegen das Mitterjöchl hin durchquert. Wer den Umweg aus dem Tiefsten der gekrümmten Murenrinne vor dem Mitterjöchl nicht mitmachen will, der folgt direkt im ausgetrockneten Wasserlauf einige Höhenmeter bis zu einer schon von weitem auffälligen Querrippe, die am mittig am Südausläufer des zum Mitterjöchl hin abfallenden Grates vom Hochwannerkar ansetzt und steil und geschwungen zur Murenrinne hin abfällt und steigt über diese bereits fast bis zur Hälfte des Grates auf.

Kotbachkar mit Blick auf die Aufstiegsrippe zum Hochwanner – in linken Bilddrittel die Abkürzungsrippe

Dabei wird man von Vegetation und geologischen Entdeckungen nicht enttäuscht und kann direkt am leichten steilen Grat hinansteigen, um den Umweg zum Mitterjöchl zu umgehen.

Rippe ab dem Mitterjöchl – etwa mittig in der Länge setzt die Querrippe vom Tiefsten der Murenrinne an

Über den restlichen Grat, der durch seine monotone Steigung und Ebenflächigkeit geprägt ist, wird die nächste Stufe erreicht, ein letzter Rest eines Muschelkalkriegels, der im östlichen und westlichen Teil des Hochwannermassivs mächtiger ausgeprägt ist und an seiner – sozusagen – schwächsten Stelle einen begehbaren Durchlass zum Kar bildet. Zu beiden Seiten des Steigs kann man die steilen und kompakten Wände, die Muschelkalk bildet, einsehen.

Aufstieg auf der Rippe zum Massiv des Hochwanners

Dennoch bietet der Anstieg ins Kar, oberhalb des Endes der Südrippe kreidezeitlichen Ursprungs, eine mit etwa 30Hm kurze und leichte Klettersequenz, die den Einsatz der Hände bedarf.

am Ende der Rippe am Bergstock angelangt

Ein steiler Riegel muß durch eine unten schmale, oben breit werdende Mulde erklommen werden. Das Gelände ist weder ausgesetzt noch bietet der Durchstieg Schwierigkeiten, nach einigen Metern Kletterei im unteren Teil kann er aufrecht begangen werden.

durch den Muschelkalkgürtel durch in nordöstliche Richtung

Oberhalb des Durchstiegs wendet sich die Route rechts, nordöstlich, dem langen und auffällig rostrot gefärbten Kar zu und spätestens mit diesem Anblick liegt klar auf der Hand, daß der Aufstieg ein mühsamer sein wird, der durchgehend mit viel rutschigen Flächen durch den Schutt gekennzeichnet sein würde.

der Felsriegel wird in der linken Bildhäfte über einen Muldeneinschnitt erstiegen

Bereits am Weg in die weite Mulde fällt der hohe Anteil an Verwitterungsflächen mit ihrer typischen Färbung und Geröllbedeckung ins Auge. Besonders stark ausgeprägte Verwitterungsflächen bestehen rechts des Kartiefsten in der Flanke auf den schmalen Vorkopf, der durch einen kurzen Grat mit dem Hochwanner verbunden ist. In diesem Hang stellt man auch die schlechtesten Steigbedingungen fest.

Ab dem kurzen Gratstück zum Massiv des Hochwanners und der Überwindung der ausgeprägtesten Verwitterungszone trifft man zwar auf die Flanke mit festem Wettersteinkalk, die gesamte Flanke ist jedoch bis knapp unter den Gipfel beeindruckend vollflächig mit Schotter überzogen, der den nicht markierten Steig teilweise unkenntlich überschüttet und zum Abweichen zwingt. Selbst im Karwendel findet man kaum feste Felsoberflächen, die unter dermaßen großen Massen von Schutt liegen. Beeindruckend und mühsam zu begehen.

das Hochwannerkar oberhalb des Felsriegels gesehen

Im obersten Teil, etwa 100 m unterhalb des Gipfels beginnend, tritt strukturierteres Gelände mit aufragenden Felsbänken zutage, an denen feste Flächen für angenehmeres Steigen zum Gipfel sorgen. Gesamt gesehen bleibt jedoch der Aufstieg auf den Hochwanner kein genussvolles Aufstiegserlebnis.

am Verbindungsgrat mit dem Vorkopf zum Hochwanner

Dem verzinkten Stahlgipfelkreuz aus den frühen 80er Jahren sieht man den architektonischen Stil seiner Schöpfungszeit an, nicht jedoch den Trotz gegen die Wettergewalten.

typischer Anblick der Flächen im Hochwannerkar

Die zu tief angeordnete Gipfelbuchschachtel enthält ein Gipfelbuch, das aus Unkenntnis des Zwecks durch viele Nichtalpinisten unter seinen Beschreibern in Mitleidenschaft gezogen wurde.

am Gipfel des Hochwanner – Rastplatz etwas abseits in Richtung Hinterreintalschrofen

Leider klarte der Himmel nicht genügend auf, sodaß einer der Zwecke der Besteigung, den Teufelsgrat zu „recognosciren“ nicht, bzw. kaum durchgeführt werden konnte. Hartnäckige Nebelbänke hielten sich, immer wieder von den Südhängen der Bergkette aufsteigend, zäh um den Gratbereich herum, sodaß eine weitgehende Inaugenscheinnahme unterblieb.

Hinterreintalschrofen und Teufelsgrat teilweise nebelfrei, nie aber ausreichend

Der Blick auf das Zugspitzmassiv war uns in der halbstündigen Gipfelrast ebenso wenig beschieden wie auf den nördlich gegenüberliegenden Blasengrat.

Reintal im Tiefblick, im Vordergrund die gewaltige Nordwand

Die südliche Gegenseite, die Mieminger Kette, war am Hochwanner gar nicht sichtbar, erst beim Abstieg zeichnete sich der Übergang der Niederen Munde ab, die Gipfel jedoch blieben weiterhin verhüllt.

Hinterreintalschrofen

Einzig die gewaltige Nordwand mit ihrem plattigen Abbruch unter dem Gipfelbereich konnten wir bis zum Reintal hinab ohne Nebel einsehen. Mit 1.400 m Wandhöhe eine der gewaltigsten Nordwände in den Kalkalpen in der die zahlreiche Bergerlebnisse und Tragödien abgespielt haben, eine schier unglaubliche und niedergeschriebene ist in einem Buch von Ludwig Grammiger1, einem Münchener Bergrettungspionier zu lesen.

Blick zum Kleinen Wanner und zur Zugspitze

Trotz des mäßigen Wetters erfreute sich der Hochwanner an diesem Tag reger Beliebtheit, was sich auch in der offenen Gipfelbuchschachtel niederschlug. Durch häufigen Zugriff und der gutgemeinten aber falschen Höflichkeit den Deckel offen zu lassen, damit sich andere eintragen können, sind schon viele Gipfelbücher dem Schimmel geweiht worden. Dies war am Hochwanner nicht der Fall, die Befürchtung besteht aber auf jedem Gipfel, daß der letzte vergisst den Deckel zu schließen.

Blick zum Kleinen Wanner und zur Zugspitze

Der Abstieg hat seine Tücken im rolligen Schutt am Weg und auf den Felsflächen, wenig erfreuend muß mit Bedacht abgestiegen werden und wo möglich benutzten wir Reisen zum Abfahren. Im Bereich des Durchstiegs hat man einen umfassenden Blick über die begrünten Flächen, deren Gesteine der Kreidezeit zuzuordnen sind, und mit dem Blick zum Predigtstein fällt die eingezwängte Lagerung dieser Schichten gut ins Auge.

Predigtstein und Gratrücken zum Hochwanner

Der Predigtstein besteht aus festem Plattenkalk, der, wie eingangs berichtet, tektonisch beeindruckend durch fast senkrecht gestellte Einzelplatten die am Grat herrlich unterschiedlich gebrochen die einzelne glatte Fläche erkennen lassen.
Möglicherweise wäre der Anstieg über seinen Nordwestgrat schöner gewesen als über den Normalweg in der Verschneidung.

Anstieg zum Predigtstein

Knapp 20 min werden für den Anstieg vom Sattel bis zum benötigt. Kurze Passagen unter Einsatz der Hände sonst im angenehmen Gehgelände und durch die Platten gut gestuft steigt man die 140 Hm hinauf zum Gipfel des Predigtsteins auf 2.234 m.

Karkopf und Hochwand im Süden gegenüber – Gratbegehung hier nachzulesen

Der Predigtstein besticht weniger durch seine Besteigung, er besticht durch seine zentrale Lage im Tal mit einen tollen Blick auf die nördlich gelegenen Hauptgipfel im Wettersteinhauptkamm, auf das Gaistal im Südwesten sowie auf die Mieminger Kette gegenüber und die Leutasch.

westliche Mieminger Gipfel und Gaistal

Deutlich ist der unter dem Wettersteinkalk liegende Streifen von Muschelkalk oberhalb den Schuttreisen zu erkennen. Auf ihm fußen die Wände des Hochwanners.

Hochwanner und Verbindungsrücken vom Predigtstein

Den Abstieg vom Predigtstein wählten wir über seine Ostseite, die, etwas tiefer, wieder in den Aufstieg von der Rotmoosalm einbindet. Von dort treten die Kalkplatten des Predigtsteins sehr deutlich ins Auge.

Weg zur Rotmoosalm mit Gehrenspitze im Hintergrund

Wir entschieden den kurzen Aufstieg auf dem Almweg zur neuen Rotmoosalm zu nehmen, um aus der Tour eine schöne Runde über Sulzlehen hinab zur Hämmermoosalm zu formen.

ostseitiger Abstieg vom Predigtstein und Leutasch in der Ferne

Außerdem war eine Einkehr auf der Rotmoosalm wünschenswert, da sich das Wetter mittlerweile freundlicher entwickelte und ein verspätetes Mittagessen eingenommen werden sollte.

beeindruckende Platten des Predigtsteins

Der Anstieg dorthin beträgt 150 Hm und 1,5 km Gehstrecke und er lohnt sich nicht nur wegen der Einkehr, sondern auch wegen der hervorragenden Aussicht am Vorsprung des Schönbergs, auf dem die Rotmoosalm neu errichtet wurde.

Ansicht Predigtstein und Hochwanner von der Rotmoosalm aus

Der Abstieg erfolgt anfänglich über Fleckenmergel der Allgäuschichten mit reicher Vegetation und grandioser Landschaft. Der Steig liegt an einigen Quellen, sodaß längere Strecken durch Letten zu begehen sind, bevor der Bach im Tal erreicht wird. Über die Ostseite des Tals führt der Steig an der im Tal gegenüberliegenden Hämmermoosalm um den Rücken herum zum Parkplatz Salzbach zurück.

Rotmoosalm und Abstieg in Allgäuformation

Die Rundtour führt auf eine Strecke von etwa 19 km über 1.886m Hm Anstieg und Abstieg, gesamt – mit allen Pausen haben wir 8:20 Stunden benötigt. Die reine Gehzeit liegt etwa bei 7:15 Stunden. Den Hochwanner selbst erreicht man ab Gaistal Salzbach in 9,1 km über 1.580 m in 4:00 Stunden.

Mils, 12.07.2020

1 Ludwig Gramminger: Das gerettete Leben. Aus der Geschichte der Bergrettung – Einsätze, Entwicklungen, Ausbildung, Episoden…ISBN:9783763370054

Teufelskopf, 2.346m Wetterstein

Ein entsprechendes Erlebnis zum Faschingsbeginn hat man nicht alle Tage und der Name des Erreichten – Teufelskopf –  paßt irgendwie dazu.

Ursprünglich hätte das Ziel der Oberreintalschrofen werden sollen und zwar in der Überschreitung vom Teufelskopf, der zum Zwecke der markanten Ablichtung des wild gezackten Oberreintalschrofen in seinem schmalseitigen Profil in der Kette vorab bestieg werden sollte.

Teufelskopf, 2.346m

Nach mehr als 50 Jahren ging es wieder einmal in Richtung Wettersteinhütte. Da diesmal das Ziel aber nicht die Hütte, sondern ein ambitionierteres war, erfolgte der Start gegen halb neun Uhr früh am Parkplatz Stupfer nach dem Ortsteil Klamm in Oberleutasch.

der Autor bei seinem letzten Aufstieg zur Wettersteinhütte

Der frische Herbstmorgen zwang zunächst sogar Handschuhe auf – das neue Leiden mit kalten Fingern also nun schon im beginnenden November – aber nach kurzer Zeit tauchte die Sonne auf und beendete das leidige Thema.

Wettersteinhütte

Die malerische Wettersteinhütte war rasch erreicht und präsentierte sich im Herbstschlaf. Der sonnige Tag, mittlerweile angenehm warm geworden, versprach ein toller zu werden und nach Auffüllung der Flasche wurde das nächste Etappenziel, der Gedenkblock, ein Monolith im Karfuß des Scharnitztales, angesteuert.

Blick von der Wettersteinhütte gegen Oberreintalschrofen – links der Teufelskopf

Die Marterln und die lange Tafel der Bergrettungsmänner am Gedenkblock mahnen auch ob der Gefährlichkeit der Touren der dahinterliegenden Wettersteinketten wovon man nicht unbeeindruckt weiterzieht.
Von dort aus sieht der Gratverlauf des Überganges vom Teufelskopf auf die tiefer liegende Oberreintalscharte nicht besonders steil bzw., auf den ersten Blick hin, gut machbar aus.

Blick zur Oberreintalscharte

In freudiger Erwartung einer leichten Kletterei im sagenhaften Wettersteinkalk – die ausgezeichnete Qualität des Felses konnte jüngst bei der Überschreitung der Oberen Wettersteinspitze auf die Rotplattenspitze getestet werden – stieg der Verfasser die direkte Rippe von der Weggabelung zu den Wandfüßen oberhalb der Roßbergseiten an. Ein mühsamer Anstieg über sehr steile Wiesenhänge, den man sich nicht so einfach unbeobachtet von den Hausherren, stolze Gemsen am besten Aussichtspunkt, hochschleichen kann.

der Teufelskopf in voller Größe

Die Roßbergseiten enden etwas rechts unterhalb des Einstieges in die Felsen des Teufelskopfes. Eine kurze Querung nach Westen bringt den Bergsteiger direkt in die sich nach oben verjüngende Einstiegsschlucht.
Dort, auf etwa 2.230m, lohnt ein gewaltig schöner Rückblick auf die herbstliche Landschaft bevor die Fortsetzung des noch kurzen Anstieges in Angriff genommen wird.

 

Blick auf die Mieminger

Grandios ist die Sicht auf die Mieminger Kette im Südwesten und stark die Erinnerung an die jüngst noch eröffnete Rechnung mit einer tollen Überschreitung, die wegen Nebels abgebrochen und verschoben werden mußte.

Schüsselkar- und Gehrenspitze

Ebenso grandios ist der Blick auf die schmale Felskette zur Schüsselkarspitze mit Osten. Einem Sägeblatt gleich ragen die Felsen senkrecht über den Schuttkaren empor, alles schwierige Kletterfelsen und ohne Sicherung für den normalen Bergsteiger nicht zu begehen.

links der Einstieg in die Schlucht

Selbst die am Grat leicht zu begehende Gehrenspitze im Südostausläufer des Wettersteinhauptkammes präsentiert sich mit ihrer massiven Nordwand von diesem Standort als rassige Erhebung.

Schlüsselstelle in der Schlucht

Die in der Folge zum Gipfel des Teufelskopfes aufzusteigende Schlucht kann leicht durchstiegen werden. Eine etwas schwierigere Stelle – da durch Felssturz und Auswaschung griffarm – kann zwei Meter links (in Aufstiegsrichtung gesehen) einfacher umgangen werden, was jedoch erst im Abstieg von oben bemerkt wird.

schuttiges Kar zum Teufelskopf

Oberhalb der Schlucht schließt sich ein unerwartet schuttiges und steiles Kar an, das die letzten knapp 100Hm zum Gipfel führt. Der markante orangefarbene Felsblock unterhalb des Gipfels kann sowohl links als auch rechts umgangen werden.

Bereits einige Dutzend Meter unter dem Gipfel kam gerade auf, was nicht erwartet wurde – ein eisig kalter Wind aus Norden. Dieser machte den freudig erwarteten Gipfelaufenthalt zunichte. Nach ein paar Fotos auf  Teufelsgrat und Oberreintalschrofen mußte sich zur kurzen Rast in die Flanke zurückgezogen werden, zu unwirtlich war das kleine Gipfelplateau.

Oberreintalschrofen in voller Größe vom Teufelskopf aus

Die geschütztere Position genützt sollte ausgekundschaftet werden, wo der Übergang zum Oberreintalschrofen erfolgen soll. Dies jedoch ohne den gewünschten Erfolg, da alle Partien die hinabgeblickt werden konnten zum Einen fast senkrecht, aber zum anderen noch schlimmer, aus ungemein brüchigem orangen Störzonenmaterial bestanden. Undenkbar, daß es da einen Übergang geben soll.

der schöne Teufelsgrat

Etwas beunruhigt über die bizarren und offensichtlich zum Klettern unsicheren Formationen zurück zum Gipfel und dort nochmals den direkten Grat angesehen mußte der Verfasser abermals kapitulieren, er konnte – zum Teufel! – keine sichere und vernünftig einsehbare Abstiegsmöglichkeit entdecken. Wo überall er seinen Kopf in die Tiefe steckte fand er brüchiges Material, selbst beim Halten an den Türmchen am Gipfel, und bizarre zerklüftete Felsformen unterhalb vor. Den saukalten Wind um die Ohren und einige Minuten Erkundung brachte die Gewissheit, daß es in Gipfelnähe keinen direkten Gratübergang geben kann.

Eine Möglichkeit, so schien das Gelände zur Scharte hinunter beim Anblick von oben zu verraten, könnte noch etwas weiter unten sein. Etwas verärgert wurde abgestiegen.
Die Aussicht auf eine Querung halbwegs in Gratnähe schwand aber auch unten, da die plattige Stelle weit nach unten führte und ein Übergang somit weit entfernt von einer Gratüberschreitung sein würde. Allerding wäre der Verfasser froh gewesen zumindest überhaupt eine Querungsmöglichkeit zu finden, um der verwünschten Flanke des Teufelskopfes zumindest von unten das Geheimnis ihres Abstieges abzuringen.

Versuch des Überganges zum Oberreintalschrofen; unten ist der Schatten der Felsplatte sichtbar, die vermeintlich den Durchschlupf bringen sollte

Ein Versuch unterhalb der plattigen Stelle durch einen schmalen Riß zwischen Fels und einer abgespaltene Felsplatte ins Tiefste der Scharte zu kommen scheiterte dadurch, daß es hinter der Platte mit der Kletterei zu Ende war, denn dort befanden sich ungewisse, brüchige senkrechte Wände.

Das Waterloo mußte nun eingestanden werden, der Übergang konnte nicht gefunden werden.
Für den Bergsteiger, der es gewohnt ist in Gelände ohne Wegmarkierungen sich zu orientieren eine dramatische Situation, die man nicht wahrhaben will – ist man zu blöd dafür?

Schlüsselstelle in der Schlucht am Teufelskopf, links im Schatten fällt der Abstieg leichter

Der Abstieg wurde als eine gewisse Kapitulation empfunden und die Lust auf den Oberreintalschrofen schwand für diesen Tag dahin. Ein weiterer Versuch über die Oberreintalscharte wollte auch nicht sein, weil im Ärger der falsche Einstieg ausgewählt wurde – der Tag war gelaufen.

Oberreintalscharte – beim Schatten rechts von der abgesetzten Felsrippe befindet sich der Übergang zum Oberreintalschrofen

Vom Gedenkblock aus versuchte der Enttäuschte dann die Fehler mit dem Glas aufzuarbeiten, jedoch brachte die halbe Stunde Felsen absuchen auch nur die Vermutung, daß die Platte die richtige Wahl gewesen sein könnte, denn die genaue Route war von so weit unten nicht exakt einsehbar.

Jürgens Route im Aufstieg grün
meine Route im Abstieg rot

Ein Foto, ironischer Weise genau eine Woche später, von Bergsteigerkollegen Jürgen, brachte dann Erleuchtung und Gewissheit – die Route über die plattige Stelle (in Wahrheit ist das eine tektonische Gleitfläche) wäre richtig gewesen, jedoch hätte man bis zum Tiefsten der Scharte noch etwa zehn bis 20 Höhenmeter tiefer der Rinne nach der Platte folgen müssen, anstelle zu versuchen durch die abgespaltene Platte eben hinauszukommen.

Jürgens Route im Aufstieg grün
meine Route im Abstieg rot

Nun, die Niederlage mußte hingenommen werden. Im Abstieg wälzten sich im Kopf allerlei kuriose Gedanken in der Art, daß sie möglicherweise des Teufelskopfes Rache für 50 Jahre Verschmähung gewesen sein könnte.
Die Niederlage war aber auch dazu geeignet wieder einmal erkennen zu dürfen, daß mit Verbissenheit meist keine (gute) Lösung möglich ist. Vielleicht ist die Niederlage aber auch Auftakt zu einer phantastischen Gratüberschreitung über den Teufelsgrat? Zum Oberreintalschrofen in jedem Fall.

Die reine Aufstiegszeit auf den Teufelskopf betrug knapp drei Stunden, die Gesamtzeit ist durch die Überschreitungsuntersuchungen diesmal nicht von Relevanz.

Mils, 11.11.2018

Obere Wettersteinspitze, 2.297m – Überschreitung zur Rotplattenspitze 2.399m

Der Gebirgszug als Namensgeber des sehr festen Wettersteinkalkes wird an seinem östlichen Ende von den beiden Wettersteinspitzen begrenzt – unser Ziel stellte die höhere der beiden, die Obere Wettersteinspitze dar, von der aus die Überschreitung über den tollen Grat auf die Rotplattenspitze erfolgte.

Obere Wettersteinspitze in toller Stimmung

Weder der Südanstieg auf die Obere Wettersteinspitze noch der Abstieg von der Rotplattenspitze sind markiert. Es gibt einen Steig über die Klamm, die von der Rotplattenspitze herunterzieht – im oberen Teil in der AV-Karte mit „Dischlerklamm“ bezeichnet. An- und Abstieg sind sehr steil und die Runde über den Grat stellt den Höhepunkt dar, der die steile Zuwegung jedenfalls rechtfertigt.

die Tour im Detail - eine tolle leichte Runde
die Tour im Detail – eine tolle leichte Runde

Durch die vollständig auf der Wetterstein-Südflanke gelegene Rundtour über beide Gipfel können im späten Herbst die goldenen Tage mit der letzten Sonne genossen werden, auch bald am Morgen bei frühem Aufbruch.

im unteren Teil der Schotterreise, nach dem Ende des Waldes

Am Tag unserer Begehung allerdings mußten wir uns lange gedulden bis Simon und ich in den Genuß der so sehnsuchtsvoll erwünschten Bestrahlung kamen – erst gegen mittags beim Eintreffen am Gipfel der Rotplattenspitze lichteten sich die Hochnebel und die Sonne brach durch.

Anstieg zum Steig

Zunächst starteten wir in Lochlehen nach mulmigem Gefühl ob der Parkplatz wohl nicht jemandes Eigentum verletzte in den Wald nördlich des Weilers, der weithin sichtbaren Schotterreise zwischen den beiden Gipfeln zustrebend.

kurz vor dem Steig – der markante Vogelbeerstrauch im Herbst in rötlichem Kleid

Nach der kurzen Waldpassage wird über ein paar Minuten auf Forstwegen am unteren Ende der Reisen ein Jagdhüttchen erreicht, von dem ein deutlicher, aber teilweise unterbrochener Steig über Wiesen in die Schotterzone hinaufzieht.

Rückblick am Weg zum Umgehungssteig

Bevor sich die Reise zur Klamm ausformt liegen auf ihrer rechten Begrenzung zwei deutlich sichtbare Ausbuchtungen und bei der oberen der beiden zieht von der rechten Begrenzung der Reise ein wenig deutlich sichtbarer Steig nahezu im rechten Winkel hinauf an dessen oberen Ende bereits die ausgeschnittenen Latschen erkennbar sind, die den Beginn eines großzügig ausgeschnittenen Steiges bilden. Ein auffallend rot gefärbter Vogelbeerstrauch bildet im Herbst eine auffällige Landmarke zur Auffindung des Einstieges.

der Steig im oberen Teil

Der steile Steig stellt im Prinzip nichts anderes als die östliche Umgehung der Klamm dar. An einer Stelle befindet sich an einem Steinspitzl eine alte verblichene rote Markierung, was darauf hindeuten könnte, daß er nicht ausschließlich jagdlichen Zwecken dient, oder diente.

knapp nach dem Ende der Latschen und des Umgehungssteiges

Auf etwa 1.650m endet der Umgehungssteig und freies Bergwiesengelände löst den dichten Latschenbestand im unteren Aufstiegsteil ab.

Wir folgten den Wiesen weiter nordöstlich dem Südgrat der Oberen Wettersteinspitze zustrebend. Das Gelände enthält einige Steigspuren, auch deutlich ausgeprägtere, die aber alle nicht unseren Geschmack für die Aufstiegsrichtung trafen. Daher kreuzten wir diese nur und setzten unseren Aufstieg im zunehmend schrofendurchsetzten Gelände in Richtung Südgrat fort.

knapp unterhalb des Gratrückens beobachten die Gemsen von markanter Stelle den Simon

Ein paar Gemsen säumten unseren Weg und beobachteten unser Treiben in stoischer Ruhe.
Etwas unterhalb der Grathöhe erblickten wir ein auffälliges Stück Stahl im Wiesengelände, das nach näherer Untersuchung ein eigenartiges Gefühl hinterließ. Es handelte sich um einen Bombensplitter, gut 10mm stark und mit vielen Berstrissen durch die Explosion durchzogen – ein untrüglich Zeichen daß das Stück vom Umfang eines Bombenmantels stammt.

der Verfasser müht sich die steile Flanke hinauf – im Hintergrund die Rotplattenspitze

Sehr auffallend beeindruckte der Erhaltungs- bzw. der wenig ausgeprägte Korrosionszustand nach etwa 75 Jahren im Hochgebirge. Man hatte die besten Materialien für die niedrigsten Zwecke verschwendet. Gottseidank ist die tödliche Fracht hier heroben auf nahezu 2.000m niedergegangen und hat sein Ziel nie erreicht.

ein Bombensplitter inmitten der Südflanke der Oberen Wettersteinspitze etwa auf 2.100m

Der wenig ausgeprägte Südgrat der Oberen Wettersteinspitze läßt bereits etwa 250Hm unterhalb des Gipfelkreuzes einen Orientierungsblick auf dasselbe zu. Allein die noch vor dem Kreuz liegenden Türme, Scharten und Rinnen können nicht so gut eingesehen werden, daß bei der Erstbegehung die Ideallinie erkennbar wäre. Wir entschieden uns für eine Variante etwas rechts der direkten Sichtverbindung zum Kreuz und stiegen in die steilen Geländeformen ein. Die Sichtverbindung endet in diesem Gelände gleich darauf.

An Süd(grat)rücken zur Oberen Wettersteinspitze, Gipfelkreuz sichtbar

Nach einigen letzten Schrofen wurden die Stöcke verstaut und rassiges leichtes Klettergelände wurde vorgefunden. Schlußendlich standen wir vor einer etwa 10m hohen Rippe aus festem Fels gebildet und sahen uns gezwungen durch einen sich ober verjüngenden Riß auf den Grat zu gelangen, um die Orientierung zum Kreuz wiederzufinden.

die Untere Wettersteinspitze und ihr wilder Grat zur Oberen Wettersteinspitze – eine eigene Tour…

Simon bewältigte die oben an einen „guten Dreier“ grenzende Stelle in Entschlossenheit und fand die Sichtverbindung am Grat sofort, sodaß der alte Mann nachsteigen konnte, zunächst in der Meinung keinen Höhenverlust mitmachen zu müssen. Eine wirklich tolle Passage mußten wir beide von oben feststellen, absolut fest und mit Wasserrippen durchzogen, die beste Klemmgriffe bildeten.

Schlüsselstelle am Gratturm östlich der leicht zu begehenden Rinne zur Oberen Wettersteinspitze

Die Freude über die schöne Stelle währte am weiteren Gratstück allerdings nicht sehr lange, denn wir mußten feststellen am Vorkopf des Gipfels angekommen zu sein. Ein etwa 10m tiefer Abstieg trennte uns durch eine Schuttrinne vom Gipfelaufbau. Diese Hürde mußte noch genommen werden, wobei wir vom Blick hinab in der Rinne unten annehmen konnten, daß sie den Normalaufstieg von der Südflanke darstellt.

Endstation auf unserem Gratturm, ein kurzer Abstieg links in die Rinne wird erforderlich

Am Gipfel der Oberen Wettersteinspitze herrschte an diesem Tag ein unangenehm kalter Nordwind und wenn er auch nicht besonders stark wehte, so förderte er dennoch immer wieder lästigen Nebel auf die Grathöhe, die unsere Unternehmen zunächst bedenklich erschienen ließ.

Obere Wettersteinspitze, 2.297m – dahinter Nördliche Karwendelkette und Sojerngruppe

Unter ständiger Beobachtung der Nebelsituation im nördlichen Tal Richtung Garmisch pausierten wir ein knappes halbes Stündchen. Der Eintrag ins Gipfelbuch erfolgte auf der abgerissenen letzten Seite des arg mitgenommenen Buches. Ersatz wäre schon im heurigen Sommer nötig gewesen.

Jause am kleinen Gipfelplateau – unser Aufstiegsgelände der Südgrat unten gut sichtbar

In der Ferne von Nordwest kämpfte sich hinter dichter Hochnebelfront blauer Horizont in unsere Richtung durch, der allerdings noch in weiter Ferne lag, als wir beschlossen die Überschreitung zur Rotplattenspitze trotz teilweiser Einnebelung des Grates zu unternehmen.
Anhand der Fotos kann man die Situation natürlich nicht nachvollziehen, darauf stellt man ja nur das Beste dar.

der Übergang am Grat mit der Rotplattenspitze jenseits

Gleich nach dem Gipfel folgt nach breitem Gratrücken ein schmaler und ausgesetzter Abstieg über eine Kletterstelle, die sich für den Karwendelfreund dermaßen fest darstellt, daß er laut aufjauchzen könnte. Möglicherweise ist diese Stelle die schönste und vielleicht die schwierigste am gesamten Übergang, sie blieb dem Verfasser jedenfalls in guter Erinnerung.

gleich nach dem Beginn die erste rassige Stelle – kurz senkrecht, fester Fels, max. II+

Es folgen in angenehmer Abwechslung immer wieder leichte Kletterstellen, die im Durchschnitt mit II bewertet werden können, vielleicht die eine oder andere kurze Passage mit II+.
Die Kletterstellen wechseln mit großteils Gehgelände und meist befinden sich diese nur in einer Schwierigkeit, die mit II- bewertet werden kann.

tolles und leichtes Gratgelände

Der Grat teilt sich in zwei Abschnitte.
Der Ostteil bis zur Mittagsscharte ist jener, bei dem die interessanten Kletterstellen nach unserem Empfinden etwa 15% der Distanz ausmachen, die leichten Kletterstellen bei denen nur eine Teilabstützung des Oberkörpers nötig ist mit etwa 20% und reines Gehgelände ohne Einsatz der Hände etwa 65%.

eine der etwas schwereren Stellen – alles aber fest und leicht zu steigen, ein Genuß!

Ein auffälliger Gratzacken ca. 5min vor der Mittagsscharte wird südseitig umgangen. Macht man das sehr knapp an seinem Fuße und steigt sofort wieder zum Grat auf kommt man anschließend in den Genuß von einigen kurzen Passagen auf schönen nordseitig hin geneigten Platten, die in anregender Kletterei bewältigt werden können.

der markante Gratturm

Der Westteil befindet sich hauptsächlich im Gehgelände. Kletterstellen muß man nahezu suchen und abgesehen von der einzigen Wandstufe an der Dischlerklamm gibt es nur ganz kure Passagen die geklettert werden können.

plattiges schärferes Gratgelände

Bis zur Mittagsscharte hinab – der Höhenunterschied von der Oberen Wettersteinspitze auf diesem Abschnitt beträgt 50Hm – benötigten wir eine knappe Stunde. Die letzten Abstiegsmeter bis zur Scharte werden von Steinmännern gesäumt.

die tieferen Scharten dürften max. 20m Abstieg erfordern, meist wesentlich weniger

Nach der Mittagsscharte werden 150Hm Aufstieg ohne weiteren Höhenverlust notwendig. Die Strecke nach der Scharte bis zur Grathöhe wählten wir mit leichter Nordwestroute etwas unter der Grathöhe in der Südflanke, nicht direkt am unbegehbaren unteren Gratteil nach der Scharte.

kurz vor der Scharte

Rasch erreichten wir aber den Grat wieder und erlebten noch ein paar kleine Gratzacken in Kletterei. Ab diesen formt sich ein breiter Rücken aus, der nur von der vorher erwähnten Felsstufe bei der Dischlerklamm als Gehgelände unterbrochen wird.

Gratverlauf westlich der Mittagsscharte – etwas links in die Flanke entschieden wir

Um halb ein Uhr erreichten wir nach nicht ganz eineinhalb Stunden den ungezierten Gipfel der Rotplattenspitze – diesmal dafür in prallem Sonnenlicht.

letzte Gratzacken die Klettervergnügen bereiten, dahinter Gehgelände zur Rotplattenspitze

Außer einer Grenzmarkierung und einem Steinmann gibt es keine weitere Kenntlichmaching der Rotplattenspitze. Zu wenig wichtig wird dieses Zwischenziel zwischen der Oberen Wettersteinspitze und dem noch um 186m höheren Wettersteinwandgipfel sein.
Für uns stellte sie jedoch den Endpunkt der Überschreitung und den Abstiegspunkt von der Wettersteinwand-Kette dar.

letzte Höhenmeter zur Rotplattenspitze

Einfrieren hätten wir uns gewünscht den Augenblick zu können, den wir bei toller Herbststimmung am Gipfel zugebracht hatten. Das halbe Stündchen verflog im Nu.

Simon am Gipfel der Rotplattenspitze, 2.399m


Die Nebel lichteten sich mehr und mehr, zogen jedoch immer noch dunkelgrau aus der Südflanke empor und Simons Idee gleich vom Gipfel anstelle von der Dischlerklamm abzusteigen erschien zunächst ein Blindflug zu werden.

Steinmann markiert die Rotplattenspitze

Den wenig ausgeprägten Südgrat der Rotplattenspitze verließen wir über seine linke Flanke (im Abstieg gesehen) bevor sich eine kurze Gratrippe zu einem Kopf ausbildet, hinter der es einen senkrechten Abbruch in Gratrichtung gibt. Dieser Kopf kann vom Tal aus sehr deutlich eingesehen werden und such seine ostseitige Umgehung, um wieder ins Ausgangskar zu gelangen.

ein toller leichter Grat – markant, die Mittagsscharte mittig


Westseitig ließe sich ins nächste Kar absteigen, von dem es über einen Steig an Jagdhütten vorbei auch einen Abstieg nach Lochlehen gibt. Diesen im Anstieg dokumentiert findet man bei Roman & JuergensBericht in Hikalife.

das Gratgelände um den Gipfel der Oberen Wettersteinspitze herum – auch der Südanstieg erahnbar

Im Schatten, ostseitig des Kopfes, unterhalb seines Abbruches wird eine tektonisch interessante Stelle erreicht.

am Abstieg von der Rotplattenspitze auf deren Südgrat 

Es ist dies eine Trennfuge der Schichten im stark geneigten Wettersteinfels, deren Neigung dann so richtig erfaßt werden kann, wenn man sie zum Zwecke des Abstieges selbst auf Reibung begeht. Diese „Platte“ ist als Fläche dermaßen glatt, daß das Abgleiten der Gesteinsmassen des halben Gratkopfes gut vorstellbar ist und ebenso das noch bevorstehende Abgleiten des nördlichen Teiles des Gratkopfes. Eine eindrucksvolle Stelle am Berg.

immer noch aufsteigende Nebel behindern die Sicht – links vom Gratrücken zu den Platten unterhalb des Gratkopfes war unser Ziel

Unterhalb des Plattengeländes änderten wir die Abstiegsrichtung nach Ost und stiegen über sehr steiles Schrofengelände bis zur Klamm ab, bevor wir den oberen Teil des Kares erreichten. Unterhalb des Schrofengeländes befinden sich schon wieder oberste Steige, die zur früheren Nutzung durch Viehzucht angelegt worden sein müssen.

oberhalb der Platten, rechts der Gratkopf

Über einen Steig erreichten wir das Gelände oberhalb der Klammstufen an denen sich der Einstieg in den Umgehungssteig wieder finden läßt (Steinmann mit Stecken).

Abstiegsgelände von den Platten, teilweise ungemein steil

Über den Steig hinab und über die Schotterreise im unteren Teil führte uns der Rückweg bei mittlerweile fast wolkenlosem Himmel zum Parkplatz und auf die empfehlenswerte Sonnenterrasse des Naturwirtes im Ortsteil Gasse in Leutasch.

Wiedereinstieg in den Umgehungssteig bei zwei sich vereinenden Wasserrinnen – hier die rechte kleinere Rinne

Von oben muß der Einstieg in den Steig wieder gefunden werden – mehr Fotos zur Orientierung siehe Galerie.

Im unteren Teil des Umgehungssteiges

Die bärige und einsame Runde erforderte 1.530m Aufstieg und knapp 7 Stunden Gesamtzeit, wobei wir auf jedem Gipfeln eine gute halbe Stunde Rast einlegten.

Mils, 21.10.2018