Schlagwort-Archive: Achensee

Schitour Vorderunnütz, 2.078 m

Auf die beiden südlichen der drei Unnütze führen wunderschöne Schitouren durch das Nordostkar und die, im oberen Teil nach der engen Steilstufe, leichtere Tour stellt der Vorderunnütz dar, der vom Gipfel einen markant abfallenden Grat ins Nordostkar entsendet und beide Anstiege trennt. Die Stelle, an der der Trenngrat im steilen Kar endet, wird nach dem unteren Steilaufstieg über weitere steile Passagen angepeilt und dort schwenkt der Aufstieg auf den Vorderunnütz in einen breiten Kessel mit einer letzten Steilpassage im unteren Teil und einem flachen letzten Gratstück zum Gipfel ein. Mit etwas mehr als 1.100 m Aufstieg stellt die Schitour eine kurze dar, die jedoch, zum Ausgleich dafür, tolle Passagen in zauberhafter Landschaft bietet.

Vorderunnütz, 2.078 m

Den frühen Start haben wieder an die Abzweigung einer Forststraße gelegt, wie im Bericht auf den Hochunnütz beschrieben. Querfeldein und über die Loipe steuert man das Tälchen in das Nordostkar der Unnütze an, das über eine Steilstufe in das Nordostkar leitet.

Nordostkar zum Vorderunnütz

Es gibt zur Schibesteigung des Hochunnützs noch ein weiters Kar, das in noch nördlicher Richtung verläuft und als eigentliches „Nordostkar“ bezeichnet werden muß (das Kar in dem zum Vorderunnütz aufgestiegen wird ist eher ein Ostkar, bestenfalls mit ostnordöstlicher Ausrichtung. In diesem Kar ist es auch möglich eine Schitour auf den Hochunnütz zu unternehmen, welche wir im kommenden Jahr erkunden wollen.

letzte Stufe vor dem Karboden

Über den Routenverlauf im Tälchen findet man im Bericht des Hochunnütz (Link oben) einige Details die hier nicht wiederholt werden. Die Flanken des Tälchens bestehen aus steilen Moränenablagerungen eines Gletschers im darüberliegenden Kar.  Am Ende des Tälchens tritt man in das sich rasch aufweitende Nordostkar über und genießt den schönen Aufstieg eingebettet in hoch aufragende Kalkfelsen.

bäriger Aufstieg neben einer Nassschneelawine

Aufgestiegen wird auf der rechten Karseite und bald gelangt man über steilere Passagen an die untere Begrenzung des steilen Couloirs, das eine Geländestufe darstellt, ausgeformt von Gletschern.

nahe dem Ausstieg oben, Spurarbeit kostet Zeit und erzeugt Expeditionscharakter

Vor dem Couloir wäre es möglich links über eine ebenfalls steile Flanke  auf eine mit Latschen gesäumte Rippe zu gelangen, die oben mit mäßiger Steigung das steile Gelände sozusagen im Bypass passiert und oben wieder zusammentrifft. Wir benutzten sie zur Erkundung bei der Abfahrt. Wesentlich schöner ist aber der Aufstieg inmitten der Rinne.

der markante Trenngrat der Unnütze mit dem kleinen Plateau zum Vorderunnütz

Oberhalb der Steilstufe wird ein phänomenaler Blick auf die Grate und den Hochunnütz frei, der erst einmal genossen werden muß. In direkter Linie bergauf liegt das obere Kar bis zur Scharte zwischen Vorderunnütz und Hochunnütz, das als die schwere Variante bestiegen wird. Rechts davon, über den steiler werdenden Grat, der Gipfel.

Blick auf die nächste Talstufe zur Scharte zwischen Vorder- und Hochunnütz, sowie Gipfel des Hochunnütz rechts

Vom Standplatz aus liegt der nächste zu visierende Punkt  auf den Vorderunnütz linker Hand am beschriebenen Steilabfall des Trenngrates, der umrundet werden will.
Der Aufstieg dorthin wird durch einen steilen, durchgehenden Geländeriegel erschwert, der leicht schrofendurchzogen und durch die herrschenden Schneeverhältnisse nicht leicht bzw. sicher zu durchsteigen erschien. Wir beschlossen deshalb etwas weiter taleinwärts aufzusteigen, um an einer geeigneten Stelle mit einer Kehrtwendung den Riegel zu durchsteigen.

Rückblick vom Ende des Felsriegels am Weg zum Trennungsgrat

Die erhoffte Stelle blieb jedoch aus, worauf wir den höchsten Punkt am oberen Ende der Rippe aussuchten, um dort die Stufe zu überwinden. Dies war auch gut möglich, jedoch mit etwa 30 m Extraaufstieg und etwa 250m Länge, die hinter der Rippe wieder zum Ende des Trenngrates abzufahren war.

auf der obersten Kuppe des Felsriegels

Somit gelangten wir mit minimalem Umweg auf das Plateau am Felsspitz auf 1.760 m, der das Ende des Trenngrates der Unnütze markiert. Die Hangneigung vor diesem Punkt ist bei der Tourenplanung nicht zu vernachlässigen.

etwa 30 m hinab zum Plateau

Um die Kurve geblickt und den weiteren Aufstieg in Betrachtung genommen, erfreute ein toll geformter Kessel das Auge. Direkt vor der Standfläche breitet sich zunächst eine Mulde aus, die einige Meter Höhenverlust bedeutet.

Hangneigung zum Plateau im Rückblick

Diese sogenannte Glaziokarstwanne – die Bezeichnung verrät die Entstehung der Geländeform durch eine Eiszeit – misst etwa 150 m in der Länge (gekrümmt) und etwa 13m in der Tiefe vom Standpunkt aus. Bei der Abfahrt haben wir sie auf der Flanke des Trenngrates überfahren und uns ein neuerliches Auffellen erspart.

wunderschöner Kessel zum Vorderunnütz

Den Aufstieg aus dem Tiefsten der Mulde unternahmen wir am Gegenhang zum oberen Teil des südlichen Steilhangs , der zum Aufstieg auf den Grat verwendet wird, wobei sich auch dieser Hang als sehr steil erwies (siehe Foto mit Geländekante) und zur Tourenplanung beachtet werden muß.

Hangneigung aus dem Tiefsten des Kessels gesehen

Bei unserer Begehung erwies sich der Schnee der letzten Tage am Übergang vom Gegenhang in den oberen, flacheren Teil des südlichen Steilhangs als weitgehend pulverig und deutet damit auf kaum Sonneneinstrahlung und unterbliebener Umwandlung hin. Bei der vorherrschenden Schneeausprägung, am Rande von extremer Hangneigung, ein wichtiges Merkmal zur Tourenplanung.

Querung vom Gegenhang zum Aufstiegshang zum Gipfelrücken – beachtenswerte Hangneigung

Wieder in flacherem Terrain folgen einige wenige Spitzkehren gegen den steiler werdenden Hang, bevor sich der Aufstieg, den Hang querend, gegen Westen wendet und eine eher flache Kuppe erreicht.

vorbei an der Felsklause, die zur Abfahrt genutzt wird

Kurz vor der Kuppe zeichnet sich rechter Hand eine Felsklause ab, die sich unvermittelt im Kessel befindet und die wir zur späteren Abfahrt nutzten. Ihre Breite dürfte etwa vier bis fünf Meter betragen, an der Oberfläche noch geringer. Noch etwas weiter rechts und etwa 200 m höher befindet sich der Gipfel des Vorderunnütz mit dem eindrucksvoll überwechteten Geländeabbruch, der kein Grat ist.

Hochunnütz mit überwechtetet Gipfelflanke

Auf den letzten 120 Höhenmetern bis zum großen flachen Plateau südlich des Gipfels des Vorderunnützes, fällt die Hangneigung stetig, so wie die Notwendigkeit von Spitzkehren abnimmt. Einem Sattel zum Vorderunnütz hin fehlt die Ausprägung, das Plateau geht direkt in den Gipfelhang über, der anfänglich leicht nach Westen, nach Achenkirch hin abfällt und gegen den Gipfel hin steiler wird.

letzter Aufstieg auf die Gipfelflanke des Vorderunnütz

Leider mußten wir eine ständige Sichtverschlechterung hinnehmen, die der prognostizierten Schlechtwetterfront mit einer mächtigen Dunstschicht in unserer Höhe vorauseilte und aller Hoffnung zum Trotz just auf den letzten Metern zum Gipfel einen gewissen Höhepunkt erreichte und die an sich zauberhafte Kulisse von Achensee, Rofan, der Kette der Unnütze, sowie die abflachende Folge ins nördliche Vorland für Auge und Linse trübte und verbarg.

dem Vorderunnütz nahe

Aus diesem Grund gibt es nur wenige Bilder, die die generell grandiose Sicht von dem eher niederen Gipfel des Vorderunnütz herauskehren könnte. Selbst der Gipfel des nahe Kolosses Guffert präsentierte sich während unseres Gipfelaufenthaltes verborgen.

Gipfel des Vorderunnütz

Jedoch kein Schaden ohne Nutzen – wir genossen die sonst auf den Unnützen selten herrschende Windstille.

Hochunnütz im Norden

Eine Fahrt ins Ungewisse stellte der oberste Teil nach dem Plateau bis hinab zur Felsenge dar. Diffuses Licht und fehlender Kontrast durch Felsen und Bewuchs lies uns hinabwackeln wir Anfänger und die Harschdeckeloberfläche trug bei den Schwüngen ihres dazu bei, daß das Abfahrtsvideo für diesen Beitrag unterbleibt.

Abfahrt in den schönen Kessel – im oberen Teil ohne Kontraste in diffusem Licht

Kurz vor und nach dem Felsendurchschlupf besserte sich sowohl Schneebeschaffenheit als auch die Sicht und die Querung zum Gegenhang war schon sehr akzeptabel.

Felsenge im Rückblick

Die Querung zum Felsensporn des Trenngrates im steilen Hang auf möglichst hoher Geländelinie klappte ausgezeichnet, sodaß am Ende gar noch einige Meter Höhenguthaben abgefahren werden konnten. Im Firn um die Mittagsstunde könnte dieses Vorhaben bereits knapp werden.

Querung zum Plateau an der Flanke des Trenngrates vom Vorderunnütz herab

Von der Flachstelle aus bietet sich bei normalen Lichtverhältnissen eine gute Sicht auf die Abfahrtsvarianten, so leider bei unserer Begehung nicht.

Aufstiegsroute im Rückblick vom Plateau aus

Daher wählten wir die Abfahrt nahe an der Aufstiegroute, um nicht in einem der Couloirs stecken zu bleiben.

eindrucksvoller Tiefblick vom Plateau in das Nordostkar hinab

Allerdings erkundeten wir diesmal die Abfahrt neben der steilen Felsrinne und fanden eine leicht zu bewältigende Variante vor, die unterhalb der Felsrinne bequem in den schönen Hang über die Flanke eingefahren werden kann.

Rückblick auf den Felssporn des Trenngrates von der unteren Steilstufe

Die richtige Stelle dazu muß beachtet werden und wird durch Heranfahren an die Latschenkante leicht gefunden.

Einfahrt in den Steilhang von der Umgehung aus

Lawinenreste ließen uns einen schmalen Streifen als Abfahrt, der sich nach dem Lawinenkopf auf den gesamten breiten Hang ausdehnte, jedoch ebenfalls ohne kraftvolle Schwünge gefahren werden mußte, um nicht einzubrechen.

Einfahrtsstelle (auch alternative Aufstiegsstelle) vom Steilhang aus gesehen

Diese Schneebeschaffenheit begleitete uns wegen fehlender Einstrahlung bis hinaus zur Forststraße, wo die Temperatur die Oberfläche weicher werden ließ. Alles zusammen keine Pulverfreuden, aber auch die einzigen Spuren auf der bärigen Schitour an diesem Tag.

wieder im Karboden

Die Schitour mit den rassigen Steilaufstiegen absolvierten wir in 4:35 Stunden, incl.  etwa 30 min Aufenthalt am Vorderunnütz. Der gesamte Aufstieg über unsere Route beträgt 1.125 m und die Streckenlänge von der Obingermoosalm bis zum Gipfel knapp weniger als 4,5 km.

Mils, 17.04.2021

 

Schitour Hochunnütz durch Nordostkar, 2.075 m

Landschaftlich und alpinistisch stets der Extraklasse zuzuordnen beeindrucken die heimischen Kalkalpen und in den Brandenberger Alpen speziell die Schitour auf den Hochunnütz durch das steile Nordostkar. Der Anstieg führt über eine untere und eine obere Karrinne mit Stellen über 40° Hangneigung, deren Bewältigung nebst guten Schneebedingungen und geringer Lawinengefahr auch Erfahrung voraussetzt. Die bemerkenswerte Schitour ist eher kurz, bietet dafür wirklich schöne Passagen, Kulissen und einen Hauch von Abenteuer.

steiler Aufstieg in der Scharte zum Hochunnütz

Durch nordöstliche Exposition bietet sich die Besteigung des Hochunnützes speziell im Frühjahr an, wenn die Steilstellen schon durch hochwinterliche Lawinen etwas entschärft worden sind und trotzdem die Schneequalität durch die eher schattige Lage gut ist. Wegen der unteren Steilrinne sollte man recht früh starten, denn diese weicht aufgrund ihrer besonnten Lage auf etwas mehr als 1.600 m auch bereits am frühen Vormittag rasch auf.

Gipfelaufbau des Hochunnütz

Den Start kann man, nach der Obingermoosalm, an eine in Fahrtrichtung nach Steinberg links abzweigende Forststraße legen, wo im Frühjahr bei bereits genügender Ausaperung eine Parkmöglichkeit neben der Kreuzung gegeben ist. Von dort querten wir die große Almwiese gegen den leicht bewaldeten Schuttkegel in das Tal zum Nordkar zu.

Start bei der Obingermoosalm

Sicherer ist die Variante den öffentlichen Parkplatz (Münzen nicht vergessen) etwas weiter im Tal außen, nach der Unteren Bergalm, zu benutzen. Von dort marschiert man über einen etwa einen dreiviertel Kilometer längeren Zustiegsweg bis zur Forststraße am Ansatz des schmalen Tals zwischen Zwölferkopf und dem niedereren Kopf mit der auffälligen Waldschneise.

am Forstweg vor dem Tälchen zum Nordostkar

Nach Überqueren des Forstweges verbleibt die Zivilisation buchstäblich hinter einem, wenn über den anfänglichen Waldaufstieg das Tälchen schmaler wird und sich ein erster steiler Aufstieg abzeichnet.

das Tal formt sich und wird schmal und steiler

Im Tälchen quert die Aufstiegsspur an geeigneter Stelle, an der auf der rechten Talseite der Anstieg durch die Hangneigung praktisch unmöglich wird, den kleinen klaren Bach und setzt durch Staudenwerk links weiter fort.

teilweise knapp neben dem Bach

Gleich darauf führt die Route über den steilen Hang, stets taleinwärts querend unterhalb der Waldlinie aufwärts. Harscheisen benötigten wir zwar nicht, jedoch muß davon ausgegangen werden, daß die Schneeoberfläche morgens knackig hart ist, wenn dem Aufstieg eine klare Nacht vorausgegangen ist.

bis zur letzten Talstufe vor dem breiter werdenden Kar

Abschließend muß eine kurze Steilstufe überwunden werden, zu deren Höhenunterschied zwei drei Spitzkehren notwendig werden und die Durchquerung einer kurzen Latschenfläche erforderlich ist. Nach den letzten Latschen öffnet sich eine Flachstelle mit dem ersten freien Blick auf die bevorstehende Aufstiegsroute bis zu Scharte zwischen Vorderunnütz und Hochunnütz – ein gewaltig schöner Blick auf die bereits besonnten Hänge, in die wir bald eintauchen würden.

nach der Talstufe

Das Hochtal gibt die weitere Route durch das Gelände eindeutig vor, das im Aufstieg ohne Orientierungsgabe verfolgt werden kann. Wenige Minuten nach Überquerung der Flachstelle und einer Schneise mit mäßig steilem Aufstieg betraten wir das breit werdende Nordostkar und tauchten in wärmendes Sonnenlicht ein, unter dem wir eine Trinkpause und die Erkundung des steil werdenden Geländes vornahmen.

im unteren Kar bereits in der Sonne

Vom Rastplatz aus konnten wir schon die nächste Geländestufe einsehen. Zwischen zwei Felsrippen hindurch nahmen wir die untere Steilstelle war, die markant am Ende der Geländestufe und links einer hohen Felswand sichtbar wurde. Der Felswand konnten wir schon um 9:30 Uhr das allgemeine vormittäglich beginnende Tauen ansehen.

Rückblick mit der tollen Kulisse des Guffert

Die Geländestufe weist allerdings etwas weiter links eine zweite Rinne auf, die möglicherweise auch begangen werden kann, wir in diese Richtung jedoch keine Steigspuren ausmachen konnten.

unterhalb der unteren Steilstufe

Der herrliche Aufstieg zur Steilrinne war bei unserer Begehung geprägt von alten Nassschneelawinenresten von der Felswand rechts herab, die gefroren den Aufstieg etwas erschwerten.

toller Anstieg durch das Nordostkar

Mit dem Aufsteilen der Hangneigung wurden die Spitzkehren in engeren Abständen notwendig und zwischen den Felsrippen wechselte die Schneebeschaffenheit zwischen bereits tief aufgefirnten weichen und bockhart gefrorenen Flächen, je nach Überdeckung der Einstrahlung in der Rinne durch die Felsen zur Linken.

Herwig in der unteren Steilstufe

Alles in Allem gesehen stellte der kurze Steilaufstieg über etwa 60 Hm jedoch ein schönes, nicht sehr schweres Erlebnis dar. Die Breite der Rinne erlaubt nicht gerade die Überwindung von signifikanten Höhenunterschieden, jedoch reiht sich auch nicht Spitzkehre an Spitzkehre ohne ein paar Schritte dazwischen.

in der Steilstufe zum Hochunnütz

Während des Aufstiegs nähert man sich den sich vom Weiß abhebenden hellgrauen Wettersteinkalkfelsen auf Tuchfühlung. Unter voller Ausnützung der Rinnenbreite passierte so an mancher Stelle eine leichte Berührung der Felswand beim Umsetzen des Außenschis.

Steilstufe von oben

Im oberen Teil öffnet sich die Rinne trichterartig zum Ende der Steilstufe hin und dort wird auch gleich ein idealer flacher Platz für die Erkundung des nächsten Aufstiegsabschnittes erreicht. Herrlich präsentiert sich auf etwa 1.660m Höhe, nach Überwindung der unteren Steilstufe, das breite Hochtal mit seinem geradlinigen weiteren Aufstieg, der Scharte zwischen Vorder- und Hochunnütz zustrebend.

kurz vor dem Ausstieg

Wie meist nach Geländestufen setzt der Aufstieg zuerst ein Stück flach fort, bevor die nächste Stufe beginnt. So auch im Nordostkar zum Hochunnütz dessen Wanne nach der Steilstufe glazialen Ursprungs ist – ein paar Minuten führt die Route eher flach an eine tiefe steilere Mulde heran, durch die zum oberen Karbereich aufgestiegen wird, in dem das Gelände wieder steiler wird. Von unten ist die gesamte Route wunderbar einzusehen.

im Flachteil oberhalb der Steilstufe

Vom Rastplatz über der unteren Steilstufe aus könnte man auch links auf die Felsnase, die vom Vorderunnütz herunterzieht und das große Kar teilt, zu aufstiegen und sie auf etwa 1.750 m umrunden, um zum Vorderunnütz zu gelangen – eine weitere tolle Tour in der Kette die unbedingt erkundet werden muß und bis zur Vorlage eines eigenen Berichtes bei Jürgen & Roman nachgelesen werden kann.

schöner Aufstieg zum Hochunnütz; oben bereits die Scharte zu sehen

Wir durchquerten die Engstelle zum oberen Kar, dessen Hangneigung, zur Scharte zwischen Vorder- und Hochunnütz ab etwa 1.840 m wieder steiler und vor allem sehr eng wird. Die steile Engstelle vermeidend folgten wir den Spuren unserer beiden Vorgänger, die im oberen Kar nicht den direkten Anstieg auf den Grat suchten, sondern auf die Rippe, die nördlich  vom Hochunnütz nach Osten herab hinaus querten und ihren Anstieg dort nicht mehr fortsetzten, wie wir später anhand der Abfahrtsspuren erkennen konnten.

Aufstieg über die nächste Talstufe

So gelangten wir auf einen ebenfalls nicht angespurten, aber besser geeigneten Hang, als durch die steile Engstelle etwas nördlich von der Scharte, die wir erreichen wollten.

bärige Verhältnisse im Aufstieg zum Hochunnütz

Nach einer Trinkpause querten wir den Hang wieder, südlich ansteigend zur steilen Scharte hinüber. Am Gegenhang des Vorderunnützes vermieden wir somit einen alten Schneebrettanriss zu unterstiegen.

Querung zur Scharte

Die Scharte erreichten wir somit quer unter ihrem rechten Felsansatz, rund 70 Hm unterhalb der großen Wechten, die sie nahezu über ihre gesamte Breite zu tragen schien. Der Anblick der Wechtendimension erschreckte uns zunächst ein bisschen, jedoch stiegen wir unter der Hoffnung auf eine Möglichkeit des Durchstiegs zu ihrer Rechten im Aufstiegssinn weiter.

mächtige Wechten am Schartenansatz oben

Mit einigen Spitzkehren bewältigten wir die Schartenrinne, die nach oben hin breiter, allerdings auch steiler wurde und mit den letzten Spitzkehren im bereits wieder sonnenbeschienenen ober Teil wurde der Durchstieg auf der bereits gut aufgefirnten rechten Schartenseite sichtbar. Von rechts kamen die letzten Tage kleine Rutschungen vom steilen Fels über der Scharte herab, die sich aber als gut angefroren und eher hinderlich im Aufstieg erwiesen.

letzte Spitzkehren zur Scharte auf den Hochunnütz

Die letzten drei vier Spitzkehren erforderten im weichen Firn und aufgrund der Hangneigung schon etwas Akrobatik und sichere Stockhaltung.

etwas Assistenz auf den steilsten Metern am Schartenansatz oben

Beim Verlassen der Scharte auf den Fels wird eine Spitzkehre auf einem abschüssigen Felsband in die Gegenrichtung zum Aufstieg nötig, die einen kurzen herrlich exponierten Blick auf Wilden Kaiser und Guffert bietet. Nach ein paar Metern am Felsband wird eine Spitzkehre in die Gegenrichtung auf den Grat zum Hochunnütz erforderlich und in etwa 30 m der flache Grat am Schartenansatz erreicht.

letzte Meter mit dem Felsband rechts unten im Bild

Diese Passage, die letzten Meter in der Scharte, über das Band bis zur Spitzkehre und zurück zum Grat stellt das steilste Stück dar, das wohl teilweise mit einer Neigung über 40° anzusetzen ist.

Rückblick auf den Aufstieg in der Scharte

Nach dieser etwas nervenkitzelnden Passage folgten wir dem flach steigenden Grat unter plötzlichem unangenehmen Jochwind bis zu einem Aufschwung, der ohne Schi überklettert werden mußte, da eine Umgehung auf deren Westseite einen weiteren Abstieg erfordert hätte. Daher wählten wir diese etwa 4m mächtige Felsschuppe als Schidepot und stiegen die letzten geschätzten 50 Hm zu Fuß zum abgerundeten Gipfel des Hochunnütz auf.

Hochunnütz vor uns im Norden

Die Wechten mit Respektsabstand meidend stapften wir nach einer letzten kleinen Scharte bergwärts mit teilweiser Begehung des Sommerwegs, der an sehr abgeblasenen Stellen genauso wie die Markierungen sichtbar wurde.

am Gipfelhang des Hochunnütz

Leider ziert den Hochunnütz kein Gipfelkreuz, so wie das bei seinen beiden Nachbargipfeln der Fall ist. In jedem Fall aber erlebt man selbst auf der geringen Höhe von 2.075 m eine phänomenale Aussicht aufgrund der freien Stellung des Bergzuges der Unnütze.

unvermeidbare Gipfelfoto am Hochunnütz

Von Guffert im Nordosten  bis zum 42 km entfernten Wilden Kaiser im Osten und dem Großglockner in 87 km Entfernung, streift der Blick über den Großvenediger in die hohen Zillertaler Gipfel.

Fernsicht über die Zillertaler Alpen bis zu Großglockner und Großvenediger

Unweit gegenüber, fast schon im Süden, die schöne Silhouette der Rofangipfel mit deren senkrecht abbrechenden Nordwänden.

im Süden der Vorderunnütz und die Nordwände der Rofangipfel

Hinter dem Achensee im Süden der Olperer und der Hochfeiler, höchster Gipfel der Zillertaler Alpen.

der Südwesten – Achensee vor Olperer und Hochfeiler im Hintergrund

Wohl der schönste Blick ist jener gen Südwesten. Die bizarren Gipfel des Karwendels in einer Entfernung von rd. 25 km, die noch Detailansichten zuläßt.

im Westen die bizarren Karwendelgipfel

Den Abschluß der Gipfelschau der hohen Gipfel bildet die Zugspitze in 57 km Entfernung, am nördlichen Rand des Bildes mit Blickrichtung Karwendel und im Norden klingen mit der Benediktenwand in den Bayerischen Voralpen die Berge aus.

im Norden die ausklingenden Bayerischen Voralpen mit der Benediktenwand

Unsere Abfahrt erfolgte am Aufstieg. Der Scharteneinstieg ließ sich bequem befahren, Firnverhältnisse bis in die unbesonnten Teile der Scharte boten wenig Anstrengung.

Wechte im Abstieg vom Hochunnütz

Durch die schmalen Stellen herrschte oberflächlich weicher Schnee auf hartem Grund, der sich zwar als nicht besonders drehfreudig erwies, jedoch passabel zu fahren.

am Einstieg in die Scharte zwischen Hochunnütz und Vorderunnütz

Im breiten Nordostkar dann erlebten wir wirklich tolle Firnabfahrten über steile Hänge. Allgemein auffallend am Firn des Winters 20/21 ist dessen ungenügende Grobkörnigkeit.

Abfahrt nach der Scharte

Möglicherweise liegt das an den ungenügend konstanten Frost/Tauwechsel der heurigen Saison, die einfach andere Alterungsformen hervorbringt, möglicherweise aber bildet sich der klassisch grobe Firma aber auch noch.

Richard schwingt über den tollen Hang

Selbst die untere Steilrinne ließ sich wunderbar befahren, mit Ausnahme der mittleren Stelle, die trotz der fortgeschrittenen Tagestemperatur und Strahlungsintensität im schattigen Teil gefroren blieb.

Bärig war auch die Abfahrt durch den unteren schmalen Teil des archaischen Tälchens zur Obingermoosalm hinaus, in dem es sowohl harte als auch aufgeweichte Passagen zu befahren galt.

Herwig in der unteren Steilstufe

Am Forstweg legten wir etwa 300 m Fußweg zu einer relativ freien Hangfläche zurück, die wir nutzten um zur Loipe zu gelangen, die wir etwa 300m in östlicher Richtung befuhren, bevor wir links hinab, nahezu ohne Anschieben bis zu den Fahrzeugen fahren konnten.

wildromantisch über die steile Flanke hinaus aus dem Tälchen

Die phantastische Schitour auf den Hochunnütz mit ihrem atemberaubenden Gelände absolvierten wir in knapp fünf Stunden mit allen Aufenthalten.

letzte Passage nach etwa 300 m Forstweg

Der gesamte Aufstieg beträgt 1.080 m und die Streckenlänge bis zum Gipfel 3,8 km.

Mils, 28.03.2021

 

Seebergspitze, 2.085m – kurze Spritztour von Pertisau

Die Seebergspitze hoch über Pertisau stellt eine leichte und eine ideale Runde für Schnellentschlossene dar und für jene, die auf der Suche nach einem Halbtagstraining sind.
In phantastischer Kulisse geht es die 1.155Hm von Pertisau hinauf und je höher man steigt desto schöner die Aussicht.

auf der Seebergspitze

Blicke, tief in den zentralen Teil des bizarren Karwendels im Westen, das schöne Rofangebirge im Osten und die Vorkarwendelberge im Norden – alle Schönheiten der Gegend nur durch einen kurzen Anstieg und eine moderate Parkgebühr erlebbar.

Start vom Parkplatz einem zunächst unscheinbaren Steig folgend

Gleich anschließend des Parkplatzes um die Kurve auf der der Asphaltstraße nahe der Seepromenade zu einem der hangseitigen Hotels zweigt der etwas versteckte Steig in den Mischwald zur Seebergspitze ab.

in das Falzthurntal g’schaut

Im Wald quert der Steig über Serpentinen zunächst zwei Spazierwege und nach einer Minute bildet er sich hangparallel zum Seebergsteig aus, der flach nach Westen führt. Diesem kann man auch folgen und weiter westliche bergauf ansteigen, die Beschreibung hier bezieht sich aber auf die direkte Route, die in weiteren Serpentinen bis zu einer flacheren Stelle „Hochried“ führt (siehe Karte in Bildergalerie).

über zuerst Mischwald, dann Nadelwald führt der Steig aufwärts

Kurz danach dreht der Steig leicht nach rechts im weiten Bogen um Schrofengelände zur Linken herum, um oberhalb wieder nach links zu drehen. Dieser Bogen ist von lichtem Wald und toller Aussicht auf den Achensee gekennzeichnet.

bis eine steile Querung herrliche Blicke freigibt

Oberhalb des Bogens im Aufstieg vereinigt sich der Steig wieder mit dem alternativen Anstieg über den Seebergsteig – die Geländestufe, die somit umgangen wird ist die „Schafgufel“ (siehe Karte) Anm.: „Gufel“ bedeutet so viel wie Felsnische, die bei Wettern Schutz bietet. Eine solche Stelle kann beim Aufstieg nicht leicht ausgemacht werden.

der Steig führt durch leicht felsiges Gelände

Nach der Umgehung der Wände der Schafgufel leitet der Steig auf etwas flacherem Terrain weiter zur Roßalm und der bewaldete Hang bildet sich mehr und mehr zum latschenbewachsenen Bergrücken aus.
Die Lichtungen zwischen den Latschenfeldern der verfallenen Roßalm (es gibt keine Almgebäude mehr, dafür eine Jagdhütte rechterhand) verjüngen sich weiter oben – auf etwa 1.800m – wieder und das Ziel, die Seebergspitze,  wird in der Ferne erstmals sichtbar.

in das ehemalige Almgelände der Roßalm

An dieser Stelle und in der Folge begleiten den Wanderer tolle Blicke nach links und rechts ins Karwendel und auf das Rofangebirge. Der Bergrücken wird nun schmaler und bildet sich zum sanften Grat aus, der etwa einen guten Kilometer lang bis zur Seebergspitze aufgestiegen wird.

ab ca. 1.800m wird der Gipfel der Seebergspitze sichtbar

Zumeist befindet sich der Steig am Gratrücken ganz oben mit kurzen Abweichungen nach links und rechts, in günstigen Passagen der Vegetation ausweichend.

am Kamm wird der Anstieg teilweise flacher

Manche Stelle am durchwegs leichten Gratsteig führt über Schärtchen mit steilen Abbrüchen rechterhand und es empfiehlt sich an diesen wenigen Stellen übermütige Kinder gut im Auge zu behalten.

und führt über einige Schärtchen mit auf und ab entlang

Abschließend, kurz vor dem Gipfel, wird der Grat nochmals etwas steiler, bevor das schöne große Holzkreuz der Bergrettung Maurach erreicht wird.

beeindruckend tiefe Schluchten ab und an in der Ostflanke des Grates

Die Seebergspitze besticht durch ihre freistehende Lage mit wirklich erlebenswerten Aussichten rundum. Besonders gut ist das Abklingen der wilden Kolosse des Karwendels nach Nordosten und die Gesamtansicht des Rofangebirges zu betrachten.

dem Gipfel nahe

Erlebenswert muß auch die knapp 1,7km lange Gratstrecke zur Seekarspitze sein, die sich von der Seebergspitze aus vollständig einsehbar präsentiert.

Seebergspitze, 2.083m

Diese Überschreitung könnte gleich noch etwas spektakulärer zur 18km langen Rundtour mit Abstieg über die Seebergalm und dem Rückweg über den Steig am Westufer des Achensees erweitert werden – heute jedoch ist auf der Seebergspitze Schluß.

Übergang zur Seekarspitze

Eine weitere Möglichkeit die Besteigung der Seebergspitze zur Rundtour auszubauen ist der Abstieg über den westwärts ausgerichteten Steig zum Pasillsattel und zur Pletzachalm.

die ersten Boten des Frühlings

Die Begehung des Autors an dem so schön begonnenen Maitag mußte im Abstieg rasch erfolgen, wollte er nicht nass werden – von Westen her näherte sich eine Gewitterzelle, die einen kurzen Schauer über die Achenseeregion brachte, die tollen Eindrücke der Besteigung aber in keiner Weise zu trüben vermochte.

Anstieg zur Seebergspitze: über den Mischwald geht es hinauf; ab der freien Almfläche in den Latschen weiter, zuletzt am schönen Grat entlang.

Die Strecke vom Parkplatz bis zum Gipfel beträgt knapp 5km und führt über 1.155m Anstieg ans Ziel. Man plane 4 1/2 Stunden für Hin- und Rückweg ein, in 3:19 gesamt wäre der schöne Berg in unnötiger Hast erledigt.

Mils, 19.05.2018

 

Schitour Juifen, 1.988m

Der Juifen erscheint vom Tal näher am Achental als er tatsächlich ist. Die mit wenig mehr als 1.100Hm gerade einmal im unteren Bereich mittellange Schitour liegt 5,5km vom Ausgangspunkt an der Achentalstraße entfernt. Der durchwegs leichte, flache Aufstieg der Schitour auf den Juifen hat daher einiges an Schönheiten der Landschaft zu bieten und ebenso gut für eine Partnertour geeignet wie die Hochplatte. Nach meiner gestrigen Rückkehr aus Canada eine entspannte Schitour um den Bewegungsapparat wieder zu aktivieren.

Juifen, 1.988m

Der Aufstieg vom Parkplatz auf der Bundesstraße (beim Gh. Tirolerhof), von Innsbruck kommend knapp nach der Abzweigung der Steinbergstraße links bis zur Falkenmoosalm ist hier nicht beschrieben, hierzu bitte den Bericht der Schitour zur Hochplatte ansehen, dort ist die Abzweigung zum Juifen beschrieben.

Anstieg nördlich des bereits aperen Weges in diesem Teil

Sobald die Lichtung nach dem etwas steileren Anstieg nach der Falkenmoosalm erreicht ist hält mach sich eher rechts durch die Lichtung und trifft auf die Abzweigung mit einem etwas zu niedrigen und daher versteckten gelben Wegweiser. Allerdings kann die Abzweigung kaum verfehlt werden, sie mündet in einen recht breiten Weg zum Großzemmalm.

Abzweigung von der Route zur Hochplatte – rechts der Weg zum Juifen

Ab dem Teil des Almgeländes der Falkenmoosalm, bei dem der dichte Wald verlassen wird, erfolgt der Aufstieg zum Juifen durchwegs komplett der Sonne ausgesetzt, nach der Almfläche der Falkenmoosalm und am kurzen Verbindungsweg  von der Abzweigung bis zum Almgelände der Großzemmalm hängt die Sonnenbestrahlung von Datum und Tageszeit ab. Dieser Tage ist es des Vormittags auch auf diesen kurzen Passagen kaum mehr schattig.

Almgelände der Großzemmalm mit Kafell mittig und Marbichlerspitze rechts

Nachdem die Abzweigung eingeschlagen wurde führt der Weg noch einige Minuten hauchzart bergauf, um dann ebenso hauchzart bis zum Almgelände der Großzemmalm zu fallen. Die für die Abfahrt unangenehme Strecke beträgt in etwa 300m und je nach Schneeverhältnissen kann sie ohne einzusinken begangen werden ohne aufzufellen oder der Armumfang beträgt gut 40cm, oder man muß  eben einmal mehr auffellen.

Anstieg auf das Marbichler Joch auf der anderen Talseite

In jedem Fall beeindruckt der Talkessel um und hinter der Großzemmalm dermaßen, daß diese für die Abfahrt kleine unangenehme Stelle in den Hintergrund tritt und in diesem Bericht eigentlich nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden muß, weil sie angesichts der fabelhaften Natur lediglich  Jammern auf hohem Niveau wäre.

nach der Großzemmalm etwas steilere Passagen zu durchqueren

In einem weiten, eher flach steigendem Bogen, führt der Anstieg um die nahezu komplett eingeschneite Großzemmalm herum, um auf der anderen Talseite in deutlich steilerem Gelände an einem weiteren Hüttchen vorbei östlich ansteigend, dem Marbichler Joch zuzustreben.

das Tagesziel der Juifen vom Marbichler Joch aus

Es mag ab der Großzemmalm gewiss weitere Anstiegsmöglichkeiten geben, die leichteste Route führt unterhalb des Schrofengeländes bis zum Hüttchen nördlich durch, bevor sie dann ostwärts dreht und die Richtung zum Marbichler Joch einnimmt.

Flanke von der Marbichlerspitze, muß gequert werden

Direkt am Joch befindet sich auf 1.700m die letzte, die Lämpereralm – sie wird umgangen bevor die Route den recht steilen Nordosthang quert und in Hangmitte direkt einschneidet. Diese Querung muß bei zweifelhaften Schneeverhältnissen und kritischen Einstufungen der Lawinengefahr gut überlegt werden.

Blick nach Süden vom Sattel nach dem Marbichler Joch

Die Querung endet am nächsten Sattel, bevor ein breiter Kamm den letzten Anstieg von moderaten 270Hm Juifen führt. Zunächst ist noch eine steilere Stufe zu nehmen, innerhalb deren Flanke der Firn bereits leichte Abrutscher von der Spur verursacht. Die steilere Strecke ist in ein paar Minuten überwunden.

moderate Steilstufe vor dem Kamm zum Juifen

Es folgt eine weitere Kupierung mit einer deutlichen Wächte an der Oberkante. Wäre keine bestehende Aufstiegsspur vorhanden, könnte sie leicht durch einen spitzen Anstiegswinkel durchstiegen werden.

Rückblick nach der ersten steileren Stufe

Oberhalb der Kuppe zieht dann der Kamm flach dahin mit einem sichtbar deutlich steileren Gipfelhang.

Anstieg über den flachen Kamm

Ich habe den Gipfelhang mangels Schnee an seiner Wächtenseite – rechts vom Zaun – im Schnee bestiegen und befand mich sozusagen vollends auf der Wächte, die bereits deutlich von der Abrisskante entfernt ist, also kurz vor dem Abriss steht.

Gipfelaufbau mit Wächte rechts neben der Abrisskante

Ein nicht ungefährliches Unterfangen von dem vor allem im Frühjahr abgeraten werden muß. Das Schidepot befindet sich dort wo die Abrisse erstmals sichtbar sind und ein Steig führt die letzten ca. 60Hm zum Gipfel. Man sollte diese Variante nehmen.

Am Juifen angelangt

Der flache Gipfel des Juifen bietet einen schönen Jausenplatz und angesichts der Tatsache, daß er in dieser Gegend neben Guffert und Demeljoch der höchste Gipfel gen Norden ist, bietet sich auch ein weitläufiger Blick dorthin – allerdings heute zu dunstig zum fotografieren.

Blick gen Osten mit Guffert links und Rofan rechts

Die Szenerie von Osten bis Westen ist grandios. Der bereits erwähnte Guffert markiert die hohen Tiroler Gipfel im Osten, der Rofanstock begeistert im Südosten und im heutigen diffusen Hintergrund ragen die Dreitausender des Zillertales auf.

Blick nach Süden mit den Gipfeln des Achentales

Gegen Süden erfreuen die Gipfel der westlichen Achenseeseite das Bergsteigerherz und im Südwesten die weißen, monumentalen und schroffen Gipfel des Zentralkarwendels, dem vielfältigsten Gebirge der Heimat.

Blick Südwest ins Zentralkarwendel

Ganz im Westen klingen die Karwendelgipfel ab, weiter hat es die Plattentektonik in unseren Tagen (noch?) nicht geschafft nach Norden vorzudringen.

Ansicht der Aufstiegsroute nach dem Marbichler Joch

An diesem so wundervollen Tag macht die Abfahrt unterhalb der Lämpereralm bis zum Auffellplatz Spaß. Teil in Firn, in der Senke unten in den letzten Pulverpartien geht es rund 350Hm hinab, bevor für den weiteren Rückweg nochmals für ca. 10min und ca. 80Hm aufgefellt werden muß.

Abfahrt unterhalb des Marbichler Joches

Ab dem Erreichen des Marbichler Joches gleitet man auf tollem Firn bis zur Großzemmalm hinab, bevor nach dieser der oben erwähnte leichte Gegenanstieg zur Falkenmoosalm genommen wird.

Am Marbichler Joch mit Lämpereralm

Die restliche Abfahrt nach der Falkenmoosalm erfolgt zum Großteil auf dem Forstweg und im gerodeten Teil schöner auf der jung gepflanzten Fläche, immer sorgsam um die Bäumchen herum, ohne Beschädigungen derselben.

letzter Blick zum Juifen

Gesamt habe ich für die schöne Tour 4 1/2 Stunden benötigt, davon recht genau 3 Stunden für den Aufstieg. Insgesamt wurden 1.150Hm im Aufstieg zurückgelegt.

Mils, 25.03.2108

 

 

Hohe Gans 1.951m – auf erdgeschichtlich interessanten Pfaden

Bei gut einer Hand tief relativ frischer Schneedecke bereits unterhalb der 2.000m Marke – und das auf Südhängen – erscheint am Nationalfeiertag eine höher angelegte Bergtour nicht besonders passend, vor allem nass und rutschig, wenn es einen nicht gerade auf einen Nordhang verschlägt.

Die Rote Wand am Fonsjoch im Morgenlicht, dahinter die Hohe Gans

Also kam eine Erkundung eines, gegenüber vom Plumssattel aus recht auffällig sichtbaren, roten Felsabsturzes am südlichen Rande des Grates des langgezogenen Fonsjoches in Frage, sowie der Grat selber. Natürlich nicht ohne Vorbereitung, was denn wohl dieser, in der Abendsonne tiefrot leuchtende Abbruch interessantes zu bieten habe. Rote Kalkfelsen im Karwendel – ein sonderbar Ding – und da ich bereits immer wieder ein wenig mit der Geologie kokettiere, erwies sich, nach dem Studium einiger Facharbeiten im Internet, meine Vermutung als richtig, daß es sich um jurassische Schichten handeln müsse.

die Rote Wand am Fonsjoch im Zoom vom Weg zum Schleimssattel gesehen

Darüber hinaus erbrachten die angestellten Nachforschungen, daß es sich sogar um äußerst fossilreiche Gesteinsschichten handelt, wenngleich auch der eigentlich reichlich verfügbaren aber ungemein mühsam zugänglichen Literatur zu entnehmen ist, daß das Auffinden von Ammoniten in diesem Gebiet heutzutage nur mehr Zufälle darstelle und nur bei Ereignissen wie Hangrutschungen die Chance auf interessante Funde bestünde.

am Schleimssattel, rechts zur Schleimsalm, links zur Montscheinspitze

Ammoniten? Es handelt sich dabei um Meerestiere, die besonders im Erdmittelalter weltweit verbreitet waren, seit der Kreidezeit aber ausgestorben sind. Ihr Name „Ammoniten“ oder „Ammonshörner“ rührt von der ägyptischen Gottheit Ammon her, dessen Widderkopf immer mit gewundenen Hörnern dargestellt wurde. (Quelle.: Wolfgang Voigtländer, Die Ammoniten vom Fonsjoch im östlichen Karwendelgebirge).
Ammoniten, auch Kopffüßler, „Cephalopoden“ genannt, gehören zu den Tintenfischen. Ihre Bedeutung für die Bestimmung des Erdalters ist beträchtlich, deshalb spielen sie in der Geologie und Paläontologie eine wichtige Rolle. Hier wird jedoch nicht näher darauf eingegangen, aber es sei erwähnt, daß erst in den letzten 20 Jahren in den USA eine neue Spezies entdeckt wurde, Psiloceras spelae, dessen Unterart, Psiloceras spelae tirolicum n. ssp, just hier in unserer aufregenden Bergwelt des Karwendel, am Kuhjoch, 5km entfernt vom Fonsjoch gefunden wurde.
In der Galerie befinden sich zwei Grafiken mit den Bezeichnungen der Körper- und Schalenteile eines Ammoniten.

vor der Überschüssalm

Die Hohe Gans war eigentlich nicht als primäres Ziel der Tour geplant aber es sei an dieser Stelle erwähnt, daß sich ihre Ersteigung vom Rundblick her lohnt. Wer nicht an den Ammonitenfunden, sondern an der Hohen Gans interessiert ist der lese weiter unten beim Kartenausschnitt weiter.

Hervortreten des Liaskalkes am Sattel der Roten Wand, darüber jüngere Schichten arg aufgeworfen

Zunächst erfolgt der Aufstieg vom Parkplatz nach der Pletzachalm über die Almstraße auf den Schleimssattel und nordöstlich davon zur Überschüssalm auf 1.640m.
Bereits auf ca. 1.450m kann das Gebiet der Begierde, die ausstreichenden Abbrüche der Roten Wand, in vortrefflich rötlicher Farbe im Morgensonnenlicht eingesehen werden.

Schichtenabfolge am Kamm der Roten Wand im Detail (Kössener Schichten, „Oberrhätischer Grenzmergel“?)

Von der Überschüssalm habe ich zunächst den Anstieg mehr oder weniger dicht an der Geländekante über das weglose Almgelände genommen.  Bald wird dort die scharfe Abbruchkante erreicht, über die das Felsengelände teilweise eingesehen werden kann.

Am Kamm zwischen Roter Wand und Pasillalm

Wegen der Schneeauflage verzichtete ich auf einen Einstieg in den Fels sondern stieg bis zum Gratrücken auf, in der Hoffnung dort einen einfachen Abstieg zu finden. Tatsächlich bot eine mannshohe Rinne auf der Westseite einen komfortablen Abstieg, in meinem Falle jedoch in knietiefem Schnee.
Unten angekommen muss ca. 20Hm zurück auf den Gratrücken gestiegen werden, um auf die begehrtere Ostseite dieser Liaskalkfelsen zu gelangen.

Blick zum Juchtenkopf

Dort erkennt man gleich die schönen gelblich bis roten Felsen mit fester, blockiger Bauweise, aufragend aus dem steil abschüssigen, teils erdigen Gelände mit vielen, teils Kubikmeter großen Trümmern darin. Seit weit über 100 Jahren – so meine spätere Recherche aus Fachartikeln im Internet – befaßt man sich paläontologisch sehr detailliert mit diesem kleinen Stück Erde. Das Fonsjoch ist neben dem Kuhjoch eine der wenigen Fundstätten von speziellen Ammoniten (Psiloceras planorbis) die eine wichtige Zeitkartierung darstellen.

Blick vom Sattel über die Rote Wand hinab

Steigspuren gibt es keine ersichtlichen, was nicht gerade auf reges Interesse an der geschichtsträchtigen Felsenfront hindeutet. Also stieg ich an den Felsen hinab und versuchte sie vom Fuße bis in eine überblickbare Höhe auf Spuren von Ammoniten ab. Leider wurde ich bis weit den Steilhang hinab nicht fündig, weshalb die größeren Brocken in der weichen Steilrinne in die engere Wahl meiner laienhaften Untersuchung kamen.

Graben mit erdigem Material vor der Roten wand

Ich kann hier vorwegnehmen, daß es sich kaum bis gar nicht gelohnt hat einen Hammer und einen Meißel mit hierher zu nehmen, denn bei der Härte der Kalke ist die Spaltung eines verdächtigen, signifikant großen Brockens nicht möglich. Weiters muß man nicht glauben, daß ohne eine – zumindest geringe – Vorbildung in der Fossiliensuche einerseits die richtigen Felsbrocken auswählen und andererseits die richtige Art der Zerlegung durchführen kann. Somit kam ich mir ziemlich verlassen und erfolglos mit den Werkzeugen in der Hand vor und packte diese rasch wieder in den Rucksack.

tonig mergelige Lagen im Graben vor der Roten Wand, im Vordergrund der harte Liaskalk

Ungeduldig streifte ich mit vom schmelzenden Schnee in der Erde verdreckten Bergschuhen von Felskante und erdiger Steilrinne hin und her und hatte knapp vor der Hälfte der Steilrinne die Hoffnung aufgegeben, daß etwas brauchbares gefunden werden könne, bis sich in der Steilrinne ein besonderer Blick auftat.

erster Fund – gleich ein Abdruck eines sehr großen Tieres

Dort trat ein markanter, in seiner Höhe horizontal gespaltener Felsbrocken mit ca. 50x50cm ebener Fläche aus dem Hang herausragendem Teil, der – so schien es mir – fachmännisch gespalten wurde und ein wunderschönes Bild eines Negatives eines ca. 25cm im Durchmesser über die Wohnkammer (siehe Erklärung weiter unten) messenden Ammoniten freigelegt zeigt.

links daneben kleinere Abrücke und ein sehr kleiner Ammonit noch unzerstört (links vom Hammerschaftbeginn)

Neben dem großen befinden sich zwei Negative von kleineren Ammoniten (etwa 10cm Durchmesser) und ein freigelegter kleiner Sektor von einem unzerstörten Miniexemplar von etwa 3 bis 4 cm Durchmesser. Der Anblick ließ natürlich das Herz höher schlagen und ich versuchte die Fläche mit Tee aus dem Proviant etwas abzuspülen, um bessere Ablichtungen zu erhalten. Dies jedoch mit mäßigem Erfolg wegen der Menge Tees die ich bereit war zu opfern und Schnee half nicht, weil er nicht rasch zerschmolz.

erster Fund aus anderer Perspektive, nach Teiltrocknung der Oberfläche

Nachdem ich bis zum Zurückspringen des Meißels vorher vergeblich versucht habe den tiefer roten festen, homogenen und sehr kompakten Liaskalk zu knacken, war mir nun zumindest die optische Erscheinung des Trägermaterials bekannt, die potentiell diese Geheimnisse in sich birgt. Erfahrung lehrt eben – allerdings konnte ich den Scherflächten dieses festen Liaskalk-Gesteines auch etwas abgewinnen und zwar hexagonalen Kristallwuchs – bei weitem nicht so klar wie ein Bergkristall, aber auch nicht so matt wie üblicherweise der im Kalk sehr heimische Calcit. Dieser Kristall muß noch untersucht werden, weswegen ich eine Probe abgeschlagen habe.

Kristallbildung am beinharten Liaskalkfelsen

Zur Auffindung von Ammoniten mußte also nach gelblich-ockerfarben und rotem bis tiefrotem Gestein Ausschau gehalten werden, das teilweise auch durch graue bis dunkelgraue runde Farb-Einschaltungen (m. E. Peripherieformen oder Versteinerungsprodukte der Körper von Muscheln) durchzogen war (Schöll Fm.?). In jedem Fall mußte es ein Felsband sein, daß keine homogene Farbe aufweist, sondern eben die geschilderte fleckige Erscheinung zeigte.

viele kleine Zeugen der Zeit fest eingespannt

Mit dieser Erkenntnis ausgestattet kam ich im Trümmerfeld der Steilrinne zu zahlreichen interessanten Entdeckungen, jedoch geprägt von weniger Ammoniten – und wenn, dann nur von sehr kleinen (<30mm)  Exemplaren – als von Fels mit Muschel an Muschel, wie am Teller im Restaurant am Meer. Eine unheimliche Anzahl an Tieren muß vor rd. 200Mio Jahren im Sediment verendet sein.

Rote Wand etwa von mittiger Längsausdehnung

Zurück zu markanten gelblichen Stellen am Fels fand ich nun mehr von dem weswegen ich die Begehung unternommen habe. Wahrscheinlich auch durch den geologischen Wechsel der Gesteinsschichten ist ein Fund aus dem Hettangium (Zeitabschnitt der Epoche „Lias“ aus der Periode „Jura“ und damit die älteste Stufe des Juras 196,5 +/- 1,0 bis 199,6 +/- 0,6 Mio. Jahre) erst in dieser Zone der Roten Wand möglich.

einzigartiger Fund mitten im Fels

Die Zone mit Funden direkt am Fels erstreckt sich schätzungsweise über 30-40Hm und liegt, beginnend in etwa knapp nach der Hälfte der Steilrinne abwärts, in einer über einheitliche Richtung abgerissenen Felsflanke bis zu deren unterem Verlaufwechsel, von oben aus gesehen.

Ammonit an eindrucksvoller Stelle in der Roten Wand

Ein markanter und riesiger Ammonit (nach Größenvergleich mit dem Hammer hat dieser gut 30cm Durchmesser über die Wohnkammer) tritt plötzlich in ca. 2m über der Geländeoberkante am Fels in Erscheinung.

Schnitt- oder besser Rissführung schräg durch das Fossil hindurch – der untere Teil noch als Fossil vorhanden

Dieser gewaltige, wunderschöne Fund ist dadurch gekennzeichnet, daß der Riss bei der Spaltung des Felses direkt aber leicht schräg durch die Schmalseite des Tieres erfolgte – was die Freilegung in seiner gesamten Dimension überhaupt erst möglich machte – und daß der Körper sozusagen schräg abgelöst wurde. Somit ist im unteren Teil der Körper noch vollständig im Fels erhalten  und auf der anderen Seite (Wohnkammer), noch die konkave Rundung als Negativ des herausgerissenen Körpers sichtbar.

muschelführendes Band im Fels

Die vorgenannten Bänder in denen Muscheln und Ammoniten vorkommen ziehen im fossilienführenden Teil der Wand schräg nach links und rechts nach oben, für mich – ohne entsprechendes geologisches Wissen – jedoch nicht klar und logisch, also konnte ich sie nur bis zur Änderung des Felses entlang verfolgen, wenn sie in Erscheinung traten, jedoch nicht gezielt  sichten.

schönes Fossil mit ca. 12cm Durchmesser

Ein weiterer schöner Fund war ein Ammonit (ca. 12cm im Durchmesser), der quer zu seiner Spiralachse im Fels abgebrochen ist. Deutlich ist der flachere, in der Spirale dünnere Teil des Tieres zu sehen und die seitliche Begrenzung des Panzers zum dickeren weiter außen liegenden  Teil der Spirale. In der Mitte, Versteinerung mit anderer Farbe.

quer abgerissenes Ammonitenfossil – deutlich der Schnitt durch das dünne Gehäuse sichtbar, die inneren Teile im roten Kalk hellgelb versteinert

Im unteren Teil der Roten Wand konnte ich wiederum keinerlei Sichtungen von Fossilien machen, obwohl ich sie erst nach dem Übergang des Felsabbruches in den schroffigen Wiesenhang verließ und sehr steil wieder auf die Abbruchkante hinaufklettern mußte.

Negativabdruck eines Ammoniten

Eine überaus interessante, lehrreiche, fast dreistündige Erkundung war somit zu Ende und mit einem Schatz aus Fotos kehrte ich auf das Almgelände zurück, am frühen Nachmittag der Hohen Gans einen Besuch abzustatten.

fast 200Mio Jahre trennen diese beide Leben – bestaunbar mitten in der Heimat!

Es bleibt in weiteren Begehungen zu klären, ob am „Fonsjoch gem. AV-Karte“ tatsächlich auch Ammonitenfossilien gefunden werden, denn jener Teil der in der Literatur immer als Fonsjoch (in sehr alten Publikationen Pfonsjoch) bezeichnet wird, ist – zumindest nach der AV-Karte – nicht mehr dem Fonsjoch (in der Karte Fansjoch) zugehörig. Es erhebt sich die Frage ob die Publikationen oder die Karte fasch sind, denn einerseits könnte man in den Publikationen die Gegend mit „Rote Wand“ bezeichnen, andererseits könnte die Karte den Schriftzug (Fansjoch) bis zur Roten Wand hin gezogen haben. In der Karte endet die Bezeichnung 870m nördlich der Roten Wand.

rot _ Anstieg Hohe Gans
grün – Runde durch die Rote Wand auf Ammonitensuche

Der Sporn der Hohen Gans ist zwar kein Gipfel in der Art wie wir sie hier normalerweise pflegen zu veröffentlichen, er hat jedoch auch eine überraschende Besonderheit und verdient deshalb eine nähere Beschreibung.

Im Almgelände Richtung Hohe Gans

Vom Almgelände aus versuchte ich ohne viel schneebedeckte Passagen über die steilen Hänge an die Grathöhe zu kommen, um in den Genuß der Gratbegehung zu kommen.

Aufstieg zur Hohen Gans über Almgelände

Tatsächlich erreichte ich den Grat auf weglosem Almgelände an der letzten südlichen Einsattelung vor dem Gipfel und das Graterlebnis war kurz. Der Gipfelaufbau stellt an seiner Südkante eine ungemein steile Wiese dar (schätzungsweise über 50° Hangneigung), die sich ungefähr über 40Hm erstreckt und vor einem Latschenfeld endet, das den Gipfelbereich im Süden abgrenzt. Das Latschenfeld wird unten einige Meter umgangen, bis ein Durchschlupf auf den latschenfreien Gipfel leitet.

Seebergspitze im Osten von der Hohen Gans aus gesehen

Das nette kleine Gipfelkreuz ist für den Erstbegeher in die falsche Richtung gerichtet, wurde 2007 errichtet und hat zwei fleißige Erhalter, die oft im Jahr aufsteigen. Wenn man das Gipfelbuch studiert findet man den Hinweis über die Aufstellungsrichtung darin, daß sich die Errichter in der Pasillalm befinden, zu der die Vorderseite gerichtet ist.

Hohe Gans, 1.951m

Zuerst fällt – neben der generell großartigen Aussicht am Gipfel der Hohen Gans – der lange Grat nach Norden auf – nach der AV-Karte das eigentliche Fonsjoch (Fansjoch), beginnend an dem markanten Köpfchen in ca. 740m Entfernung (Pkt. 1.930m). Dieser Grat ist ebenfalls eine geologische Besonderheit, die hier jedoch nicht beschrieben wird.

Grat über das Fonsjoch zur Schreckenspitze

Der Grat zur Schreckenspitze ist in etwa 3km lang und, nach den im Internet zu findenden Berichten, bergsteigerisch ein leichter, jedoch zum großen Teil ein richtiger Kampf mit  Unterholz. Dichter Latschenbewuchs macht das Ausweichen in die teilweise ungangbare Ostseite und auch signifikante Passagen mit Abstiegen in der Westseite notwendig. Ein herausforderndes Ziel für das nächste Jahr.

Überschüssalm mit Zentralkarwendel

Der Rundblick beginnt im Nordwesten mit dem Guffert und den Hochunnützen, über die gegenüberliegenden Gipfeln Seekar- und Seebergspitzen, im Süden die Hochebenen des Stanserjoches und der Sonnjochkamm, im Westen die mit vertikal aufgerichteten Felsplatten toll ausgeformte Montscheinspitze mit den Karwendelriesen dahinter, und im Nordwesten die eher sanft abklingenden Hügel der Karwendelvorberge.
Ein Gipfel der mit 1.951m nicht hoch, aber durch seine Lage zum längeren Bleiben einlädt.

Blick zum Rether Horn und auf die Almen im Tal nördlich der Montscheinspitze

Für den Abstieg glaubte ich einen Pfad finden zu müssen, der hinter dem ich vom Almgelände aus sichtbaren Rücken zu liegen vermutete. Es war mir klar, daß mein Aufstieg nicht den Normalaufstieg darstellte, da ich ja unvermittelt im Gelände damit begann. Für den Abstieg jedoch wollte ich es nicht wahrhaben, daß mir trotz geschultem Orientierungssinn und einigem geschärften Spürsinn für die Pfadsuche dieser nicht und nicht über den Weg kam.

Montscheinspitze

Also stieg ich vorsichtig über die teilweise schneebedeckten Steilflächen wieder weglos ab und möchte an dieser Stelle warnen, die Hohe Gans bei nassen Verhältnissen zu begehen. Das hohe Gras und Nässe oder Schnee ist eine gefährliche Mischung, die man dem Steilhang der Hohen Gans auf den ersten Blick nicht ansieht. Eine Rutschung über den Hang kann böse enden, denn nach wenigen Metern vergeblich versuchten Haltes an Grasbüscheln ist eine nicht mehr zu bremsende Geschwindigkeit erreicht. Man unterschätze diesen Hang also nicht und lasse sich von den Fotos nicht irreleiten, der Hang ist wesentlich steiler als er aussieht.

Rückblick auf den weglosen Abstiegshang

Ich habe eine Abstiegsroute oberhalb eines mittig liegenden Latschenfeldes genommen, das unten in einem Bereich endet an dem die Steigung des Hanges wieder gefahrlos zu begehen ist. Somit schritt ich das Latschenfeld im Schnee an seiner nördlichen Begrenzung ab, immer die Latschen als Bremsmöglichkeit in Fallrichtung zu haben.

Grat von der Roten Wand zur Hohen Gans

Bald endet das Stück größter Steilheit und es ging über bereits freigeschmolzene Wiesen entlang eines schwachen Rückens gegen die Alm weiter, die in wenigen Minuten erreicht war.

Rückblick auf die Hohe Gans

Oberhalb der Alm befand sich durch die Schneeschmelze eine recht lettige Passage bei der eine Entscheidung über die sofortige Querung der Quelle, oder eine weit seitlich zu wählende Route besser erscheint. Jedenfalls im Aufstieg dieser Tage ab hier das „Aus“ für Turnschuhe.

Überschüssalm 1.640m

Für den Aufstieg vom Parkplatz bis zur Überschüssalm habe ich etwa eine Stunde benötigt. Von der Alm zur Roten Wand ca. 25min und wenn man von der Alm direkt auf die Hohe Gans weitergeht benötigt man etwa 30 bis 40min, je nach Route.

Rote Wand von der Überschüssalm aus

Die Alm – bereits im Winterschlaf – verließ ich nach einer Rast auf der empfehlenswerten Bank knapp nach dem Weg abwärts begonnen hat. Von dort aus ist das gesamte Gerntal mit seinem Knick einzusehen. Wunderbares Karwendelgelände.

Gerntal in kompletter Länge

Mils 26.10.2017

 

Versuch der Zuordnung meiner Funde an der Roten Wand zu wissenschaftlichen Artikeln:

Fig 12a,b: Quelle: Axel von Hillebrandt and Kurt Kment 2015, Psiloceratid ammonites from the Lower Hettangian of the Karwendel Mountains (Northern Calcareous Alps, Austria) and their biostratigraphic significance

Fig. 12a,b Psiloceras Strongolum – Calliphyllum

 

Fig 3, Quelle: RAKÜS (1999), Lower Liassic (Hettangian) Ammonites from Zlambach Graben near Bad Goisern, Upper Austria

Fig. 3: Psiloceras calliphyllum (Neumayr, 1879), juvenile specimen with radiate to rursiradiate ribs, Lower Hettangian, loc. Pfonsjoch,
Austria, 0,5x.

Fig. 3 Psiloceras Calliphyllum