Archiv der Kategorie: Karwendel vom Halltal aus

Hochkanzel, 2.575m

Die Hochkanzel ist der Eckpfeiler im Roßlochkamm bei der sich der Grat von seiner West-/Ostrichtung in die Süd-/Nordrichtung wendet und erreicht wird sie von der Gamskarspitze aus in phantastischer Gratkletterei. Nach ihr folgt die Roßlochspitze als zentraler Gipfel im Roßloch, hoch über dem Roßkar.

Hochkanzel, 2.575m

Wer sich für die gesamte Gratstrecke bis zur Hochkanzel interessiert der möge vorher den Bericht zur Brantlspitze lesen. In gegenständlichem Bericht werden nur neu erlebte, besondere Passagen der ersten Etappe zwischen Gamskarspitze und Brantlspitze beschrieben und die Überschreitung zur Hochkanzel im Detail.

Blick vom Lafatscher Joch auf den auslaufenden Roßlochkamm, dahinter Südliche Sonnenspitze

Als Tagestour gesehen – die wegen der großen Entfernung vom Startpunkt beim Hackl im Halltal in Frage kommt stellt die Hochkanzel, zumindest für den Verfasser, das äußerste Ziel dar, das erreichbar ist. Eine Begehung des gesamten Grates über die Hochkanzel hinweg bis zur Roßlochspitze würde vorzugsweise mit einem Abstieg in das Roßloch und mit Rückweg über die Kastenalm zu wählen sein.

Almauftrieb in den Halleranger, dahinter Jochreisen und Lafatscher Roßkopf

Bei einem solchen Unternehmen muß im Übrigen, nach all der bisherigen Erfahrung mit dem nicht unerheblich zeitraubenden Grat bis zur Hochkanzel, die Begehung in umgekehrter Reihenfolge empfohlen werden, da die genussvollen Gratstücke lieber im Aufstieg genommen werden.

die Raiblerschichten vor dem Burattipfeiler, dahinter die Gamskarspitze

Möglicherweise stellt die oben angedachte Runde eine abschließende Erkundungstour in diesem Gebiet dar und je mehr beim Verfassen dieses Berichtes darüber nachgedacht wird, desto mehr – so muß der Schreiber bei Niederschrift dieser Zeilen feststellen – manifestiert sich dieser Gedanke.

Lafatscherverschneidung

Den durchaus ernst zu nehmenden Gratabschnitten im Roßlochkamm wohnt ein eigener Zauber inne, vielleicht aufgrund der nicht so sehr dramatischen Höhenunterschiede zwischen den Scharten wie in den gewaltigen Girlanden der Gleirsch- Halltalkette und somit für einen alten Mann durchaus schmeichelnd in der konditionellen Herausforderung.

scharf getrennt, schlechter Fels und fester Fels an den Schnittlwänden

Auch wenn hier scheinbar Werbung für ein selten begangenes Kleinod im Karwendel entsteht, so möge der wenig erfahrene Gratkletterer und der vor Ausgesetztheit und Brüchigkeit Scheue auf die weitere Lesung des Berichtes verzichten. Wir sprechen von einem Terrain das gefährlich ist und Klettertechnik, Erfahrung sowie Entschlossenheit voraussetzt – vom Glück, daß allzeit sämtliche lockeren Gratpartien im Verbund halten mögen ganz abgesehen.

Am Aufstieg zur Gamskarspitze in den Halleranger geblickt

Trotz der klettertechnisch nicht sehr schwierigen Partien – die generelle Einstufung in den zweiten Grad (manchmal vielleicht ein sehr oberer „Zweier“) trifft gut zu – sind die begleitenden Umstände am und zu beiden Seiten des Grates zur Hochkanzel eben die Zutaten für ein eher heikles Unternehmen. Hat man einen Partner mit so niemals einen dessen Kletterkünste und Resistenz im Ausgesetzten man nicht genau einschätzen kann.

die Inschriften von Tützscher und Wechner am Beginn der Felsstrecke zur Gamskarspitze

Nun genug der Gefahrenhinweise, all jene die die Begehung der Hochkanzel von der Gamskarspitze ernsthaft in Erwägung ziehen sind sich ihrer Eigenverantwortung bewußt. Als echter Bergsteiger würde man niemals jemand anderen für sein Unglück verantwortlich erklären, dies ist Fremden vorbehalten.

Die wenig dampfgesättigte klare Luft am so herrlichen Junimorgen erlaubte selbst für die mittelmäßige Bildleistung eines Telefons phantastische Aufnahmen während der langen Anreise vom Hackl zum Halleranger. Die Schnittlwände mit dem wurstradlgleich abgeschnittenen Burattipfeiler (vor knapp vier Jahrzehnten von Udo und dem Verfasser als schwierigste Klettertour ever in dessen Karriere bezwungen) hinterm Joch machen Fotos der Heimat zu einem Blickfang an dem alle Ansichten von Südseeinseln verblassen.

am Grat zur Gamskarspitze

Brüchige und deshalb rasch vergängliche Raiblerschichten von hochfestem Wettersteinkalk über Jahrmillionen in der Aufschiebung vorne hergeschoben, senkrecht aufgerichtet, zerschartet und von Wind und Wetter gerichtet können im Abstieg zum Halleranger bestaunt werden. Phantastisch skurrile Anblicke und wie Aristoteles in einem Aphorismus treffend erkannt hat: „Die Natur schafft immer von dem, was möglich ist, das Beste“.

alle Gipfel des heutigen Tages; von re. n. li.: Gamskarspitze, Brantlspitze, Hochkanzel

Nach dem Auftanken von Trinkwasser an nicht ultraviolett behandeltem und daher keimbehaftetem, kristallklarem und wohlschmeckendem Bergwasser an den Quellen im Halleranger galt es, wie alle Jahre wieder, beim Aufstieg zur Gamskarspitze den kleinen Kampf mit den Latschen auszufechten.

das nächste Ziel, die Brantlspitze

Der kleine Kampf besteht in der Suche nach dem effizientesten Aufstieg durch die Zunternfelder (Latschenfelder) nach der großen Wiesenfläche mit den markanten Nadelbäumen an seinem Saum. Hier verliert sich der breite Steig, der von der Lärche schräg oberhalb der Hallerangeralm in Richtung Hallerangerspitzen angestiegen wird in zig einzelne Gassen, die aber meist nur Gamsspuren sind und keine gut gangbaren Aufstiege.

Grubenkar- und Dreizinkenspitze über dem weiten Roßkar

Ein Tipp für all jene denen die Gassen zwischen den sichten Latschen nicht so geläufig sind besteht darin, daß die Almwiesenfläche einfach bis zu einer Wasserrinne ostwärts aufgestiegen wird und dann über den teilweise recht schroffigen aber dafür latschenfreien Einschnitt des Wasserlaufes über die Latschen hinausgestiegen wird.

Karwendelhauptkamm

Damit kommt man etwas weiter östlich der Ideallinie an und muß steil weitersteigen, vermeidet aber den kleinen Kampf und spart Zeit ein. Oben trifft man auf die Rippe mit den Schrofen, die sich zu oberst zum Grataufbau hinziehen und den Weg zur Gamskarspitze auch ohne Markierungen weisen.

Tützscher und Wechner haben sich zu Beginn der folgenden Felsstrecke – wie es deren Brauch gebot – vor mehr als 120 Jahren mit schwarzer Farbe auf glattem Fels verewigt und noch heute ist an den gut erhaltenen Buchstaben erkennbar, daß dies sogar mit hoher Präzision in der Glyphologie geschah (Wechner war Lithograph). Diese Markierungsart von vollendeten Touren als Erstbegehung seien dem alpingeschichtlich interessierten Leser hier nicht vorenthalten (die beiden Paradebergsteiger waren Mitglieder in einer der ersten und berühmtesten Bergsteigervereinigung in Tirol, der „Wilde Bande“, die von 1878 bis Ende der 1930er Jahre existierte; sollten die beiden gemeinsam unterwegs gewesen sein, dann muß es vor 1884 gewesen sein – Wechner starb in diesem Jahr, Tützscher 1897).

von der Gamskarspitze in den Halleranger geblickt

Bald nach dem Ende der Wiesenhänge und dem Beginn der Gratzone ist die Gamskarspitze zuerst über einen Schutthang, sodann weitgehend am Grat und zuletzt in der südlichen Gipfelflanke erreicht.
Bisher ein leichtes Ziel und bis oben hin mit Stöcken zum Gipfel begehbar. Kurz vor dem Gipfel können über einen kurzen Bereich am Grat alle drei Gipfel der nun folgenden Überschreitung bis zur gleichzeitig eingesehen werden – Gamskarspitze, Brantlspitze, die Zwischenerhebung nach der Brantlspitze und zuletzt die heute begehrte Hochkanzel.

Der Rückblick auf den Halleranger und der Halltalkette vor dem nun langen Weg ausschließlich auf Fels ist unersetzlich und deshalb hier eine Ablichtung.
Zu Beginn der Gratkletterei zur Hochkanzel findet sich im Bereich der Gipfelbuchschachtel erneut eine verwitterte Markierung von Wechner am Fels, leider aber auf den folgenden Gipfeln keine mehr. Möglicherweise wegen der dort kaum vorhandenen ebenflächigen Blöcke im Gipfelbereich, denn es ist schwer vorstellbar, daß ihn der Grat nicht unwiderstehlich gereizt hat.
Zum Gipfelbuch und den Gipfelbüchern auf Brantlspitze und auf der Hochkanzel sei ein Lob und Dank an die beiden Betreuer gerichtet. Sie haben sich sogar die Arbeit angetan die letzten Einträge des alten Gipfelbuches zu übertragen, nachdem dieses durch Feuchtigkeit unbrauchbar geworden ist. Leider habe ich die Gipfelbuchschachtel auf der Hochkanzel in genau der Stellung vorgefunden – liegend! -, die eine Durchnässung geradezu perfekt möglich macht – sapperlot Herr Pfarrer!

die Gegend um das Knappenhüttl unterhalb des Überschalljoches

Im Wissen über die zeitraubende Gratstrecke wurde diese nach hastigem Verzehr einer kleinen Portion Studentenfutter ohne großen Aufenthalt auf der Gamskarspitze um 11:15 aufgenommen.

Tiefe Konzentration am schmalen bis schneidigen Grat läßt die Zeit wie im Fluge verstreichen. Ab und zu ein nachdenkliches Innehalten nach einer brüchigen Partie ist durchaus kein seltenes Erlebnis an dieser interessanten Kante sowie der Wechsel zwischen anregenden scharfen und leichten breiten Gratteilen lassen den Geist vollends in die Arbeit eintauchen und betäuben das Zeitgefühl. An einem Tag an dem es mit höchster Wahrscheinlichkeit kein Gewitter geben wird, ein hemmungslos auszukostendes Erlebnis.

kleine Störzone mit leichtem Übergang wenige Minuten nach dem Start am Grat

Drei Stellen mit Störzonen im Übergang zur Brantlspitze wurden neu abgelichtet.
Die erste kleine Einschartung kurz nach dem Start des Überganges ist in Richtung Brantlspitze leicht durch Umgehung links (nördlich) zu umgehen, auch wenn es nicht so aussieht. Dass man sich vor dem Abstieg auf einer Störzone bewegt erkennt man erst im Rückblick.

zweite brüchige Scharte

Die zweite Stelle – durch eine größere und unangenehmere Störzone – stellt die tiefe Scharte kurz vor der Brantlspitze dar und ist ebenso leicht zu begehen. Im Abstieg kann ein sinnvoller Schwenk nach links (nördlich) zu einem spitzen Türmchen erkannt werden, der im brüchigen Material einem Hauch von Rampe gleicht. Vom Türmchen zurück zur Scharte auf geneigter Fläche auf einigermaßen trittfestem Untergrund.

Abstieg in die Scharte, links die logische Route

Die dritte Stelle stellt der Ostrücken zur Brantlspitze dar. Im Aufstieg ist er leicht, ja sogar erfreulich anregend zu nehmen und die eher nicht mehr bombenfesten Partien am schmalsten Teil fallen wenig auf. Im Abstieg erschien mir dieser Teil mit der anderen Körperhaltung als recht brisant und veranlasste mich in die Nordflanke unterhalb abzusteigen und in dieser zur Scharte zu queren.

Rückblick mit erkennbarer Abstiegsroute

Das Gelände dort ist zwar schuttbedeckt und unangenehm für eine Querung, aber doch etwas sicherer als der besagte Gratteil. Wir sprechen von ca. 25m Gratlänge zwischen den losen Partien unten (deutlich sichtbar und rechts, südlich, leicht zu umgehen) und der ebenso deutlich sichtbaren Verschneidung an der Gratschneide oben.

letzter Aufstieg auf die Brantlspitze jenseits der Scharte – im Abstieg den Mittelteil des Grates gemieden

Auf der Brantlspitze angekommen begann die Neuerkundung zur Hochkanzel – das erwartete Abenteuer für das die lange Anreise von 6:30 Uhr bis knapp vor 12 Uhr mittags in Kauf genommen wurde.

Rückblick von der Brantlspitze zur Gamskarspitze

Der Übergang findet auf einer abgewinkelten Gratstrecke ab, die zwar auch nicht vollkommen, so doch viel besser eingesehen werden kann, wie jene von der Gamskarspitze zur Brantlspitze. Vorweggenommen kann festgestellt werden, daß für die Erkundung mit dem Glas eigentlich nur der Ostrücken der Hochkanzel interessant erscheint. Dies deshalb, weil alle anderen Abschnitte ohne jede Schwierigkeit für den erfahrenen Gratkletterer begangen werden können.

der Grat zur Hochkanzel im Überblick

Zunächst erfolgt der Abstieg in die erste der beiden tiefen Scharten, am Weg zum Mittelkopf, der innerhalb der Gratlinie im Roßlochkamm eben einen Knick darstellt. Dieser ist leicht und kann als eine Erholungsstrecke angesehen werden, an der die eindrucksvolle Umgebung unter Betrachtung genommen werden kann, beispielsweise Details des Überganges von der Roßlochspitze zur Hochkanzel.

gewaltige Schlucht hat sich durch eine abgerutschte Platte gebildet; sie zieht – schön anzusehen – vom Grat steil hinab

Eine gewaltige Schlucht, gebildet aus dem Abrutschen einer der brüchigeren gratbildenden Platten zieht sich im Abstieg zur Scharte durch den kompletten Hochkanzelstock und hinterläßt einen gewaltigen Eindruck, der die Ausprägung der weiter unten aufragenden Hochkanzeltürme so richtig zur Geltung bringt. Durch die Hochkanzeltürme führt laut Klier ein Anstieg im IIIer Gelände auf die Hochkanzel und auch diese Route ist ein lange gehegter Wunsch, jedoch muß dieser unbedingt mit Partner erfolgen, zu kühn sieht das Gelände vom Knappenhüttl her aus.

Gratverlauf zum Mittelkopf

In der ersten – halbtiefen – Scharte leitet ein „Häutchen“ an Felsverbindung auf den Anstieg zum Mittelkopf über. Es ist halbwegs fest im Verbund und gut begehbar, aber auch nordseitig umgehbar. Der weitere Aufstieg zum Mittelkopf findet auf breiter Rampe statt.

kleines Grathäutchen im tiefsten Bereich der Scharte zum Mittelkopf

Nun bietet sich erstmals der Blick auf den westseitigen Abstieg in recht brüchigem Gelände. Die verschiedenen Plattenqualitäten haben hier verschiedene Verwitterungsformen hinterlassen und zum Glück derart, daß der Abstieg wesentlich leichter erfolgt als auf den Fotos mit Frontalansicht von der Hochkanzel aus.

die Flanke zur tiefen Scharte im Übergang ist zuerst brüchig, dann fester

Im Abstieg links müssen zuerst ca. 20Hm unangenehmen Schuttgeländes überwunden werden, bevor der Fels fester wird und gleich darauf in eine links hinab führende runde Nische überleitet.

Rückblick auf den gewählten Abstieg, die Nische oben erkennbar

Dieser Nische folgt eine Abstiegsrinne, die durch eine weichere schuttbedeckte Platte gebildet wird und der wiederum einige Dutzend Höhenmeter gefolgt werden kann, bevor abermals linkerhand eine Art Band weiter in die Flanke hinab leitet und erneut in einer vertieften schuttigen Platte bis knapp vor die tiefste Scharte abgestiegen werden kann.

Abstieg in der schuttigen Rinne

Der gesamte Abstieg mag auch auf dem messerscharfen sich abzeichnenden Grat rechts der oben beschriebenen Route möglich sein und das vielleicht sogar in festerem Fels, mir erschien jedoch die beschriebene Route für den Abstieg als sinnvoll, die Handflächen innen bereits einigermaßen vom ungeheuer schneidenden Fels gezeichnet.

Ansicht vom Grat, links davon die gewählte Absteigsroute

Die somit erreichte tiefe Scharte ist jene aus der die Besteigung der Hochkanzel aus dem Kar der Schneepfanne erfolgt. Der Blick in die Rinne und auf die unten ausgebreitete Schneepfanne zeigt, daß die Schneepfanne auch noch Mitte Juni ihrem Namen ganze Ehre zeigt, der Firn reicht durchgehend von unten immer noch bis zur Scharte herauf.
Ein Notabstieg könnte hier erfolgen.

beeindruckender Aufstieg zur Hochkanzel jenseits der Scharte

In der bisher erlebten Manier, möchte man meinen, ginge es nun am Grat weiter. Der Felskopf jenseits der Scharte mit den losen Trümmern am Band ist rasch erklommen und bevor man sich einer schönen weiteren Gratstrecke erfreuen kann wird am Felskopf oben angelangt der jähe, senkrechte Abbruch auf der Westseite des Kopfes erblickt.

an der tiefen Scharte angelangt; gegenüber der Felskopf mit dem senkrechten Abbruch an seiner Hinterseite

Möglicherweise ist er gangbar, mir erschien das Abenteuer aber sofort als unnötig herausfordernd und veranlasste mich zur Rückkehr in die Scharte.

kurzer Abstieg in die Südflanke

Umgesehen nach einer Alternative konnte sofort ein südseitiger Abstieg über eine auffällig „gebrauchte“ Schuttreise erkannt werden. Die Abstiegstiefe beträgt geschätzt 15Hm und nach einer leichten Linkskurve befindet man sich komplett in der plattigen Südflanke der Hochkanzel mit perfektem Ausblick auf die wilden Türme über dem Lochhüttl.

in der Südflanke – Platten mit etwa 70/75° Neigungswinkel

An der imposanten Flanke den sofortigen Aufstieg zum Grat wieder gesucht, kann der Westabbruch des zuvor begangenen Kopfes betrachtet werden und mit dem geistigen Ausruf eines „Halleluja“ geschieht die nachträgliche Zustimmung zur Entscheidung, gar nicht erst über den Abstieg desselben nachgedacht zu haben.

leichte Rückkehr von den Platten in der Flanke auf die Grathöhe

Nun, die Rückkehr aus der etwas bedrückenden Versenkung zum begehrten Grat erfolgt wenige Meter nach dem zuvor beschriebenen Abbruch von der Stirnfläche einer der mächtigen Platten in der Flanke aus über wenige Meter in festem Fels. Der Rückblick zeigt die Situation recht treffend.

die ersten Meter des Grataufstieges im Rückblick

Hiermit sind die leichten Schwierigkeiten im Gratübergang zur Hochkanzel auch schon Geschichte.
Mit einem gewissen Gefühl der Befreiung wird der mäßig schwierige Grat weiter emporgestiegen und nach wenigen Minuten ist der feste Fels des mittelbreiten Grates vollkommen erklommen und schuttiges Gelände leitet in den Gipfelbereich über.

am Ende des Aufstiegsgrates auf den Gipfelaufbau der Hochkanzel

Nach wenigen Dutzend Metern und noch weniger Höhenmeter ist das Ziel, die Hochkanzel, erreicht.

Gipfelplateau der Hochkanzel

Den gesamten Gratverlauf gesehen ist dieser Übergang leichter als jener von der Gamskarspitze zur Brantlspitze, aber er bietet auch einige leicht knifflige Passagen, die abwechslungsreich und in gewisser Weise geistig herausfordernd, aber leicht zu klettern sind.

Gipfelbuchschachtel auf der Hochkanzel – bitte niemals so platzieren!

Der Ausblick auf die Umgebung an diesem markanten Eckpunkt des Roßlochkammes ist natürlich wieder phänomenal. Von Westen bis Norden der gewaltige Kessel des Roßloches mit den Gipfeln oberhalb berühmter Kletterrouten wie die Laliderer Wände und den folgenden Gipfeln in der Vomper Kette wie die Spritzkarspitze oder die Plattenspitze, die nur noch von wenigen Idealisten wie Juergen aufgesucht wird und eine noch entbehrungsreichere Anreise voraussetzt, wie die Tagestour vom Hackl auf die Hochkanzel. Die Begehungen dieser Gipfel hat eine Frequenz die an den Fingern einer Tischler-Hand pro Jahr abgezählt werden kann. Unbedingt zu empfehlen!

Vomperkette mit Platten- und Spritzkarspitze sowie Hochglück

Im Osten beeindruckt der Ausblick über das archaische Vomperloch, und wer dasselbe nicht kennt dem sei seine Durchquerung ans Herz gelegt. Eine solche Wildnis inmitten ausgeprägtester Zivilisation – wo gibt es das schon?

die bizarren Hochkanzeltürme – ein Anstieg führt über sie herauf und läßt nicht los…

Der Hausberg Bettelwurf mit seiner reizvollen Überleitung über die Fallbachkartürme auf Hohe Fürleg und die Trattenspitze bietet eine kolossale Felsenfront im Süden und dieser Mauer nach Westen folgend bildet das schöne Hinterautal zwischen Gleirschkette und Karwendelhauptkamm den Abschluß im Panorama.

schreckliche Anblicke aber Nichtbergsteiger stehen drauf mußte ich lernen

Dem Gipfelbuch – leider recht unfachmännisch im Steinmandl verwahrt wie das Bild zeigt – entnahm ich, daß einer, dem Kanzeln gar nicht fremd sind, der Verursacher für die der Haltbarkeit unzuträglichen Verwahrung des neuen und nett gestalteten Büchleins gewesen ist. Zwei Tage vor mir, sagt sein Eintrag, habe er den Gipfel besucht….seither hat es nicht geregnet. Es sei ihm verziehen – aber Herr, gib ihm ab jetzt die Gabe solche Werke von nun an wettergeschützt zu verstauen.

bereits am Rückzug – der schöne und feste Grat wird wieder abgeklettert

Ein halbes Stündchen konnte der Gipfel genossen und der Aufstieg von der Roßlochscharte beäugt werden bevor die Hast den Rückweg einzuschlagen den Augenblick, der nicht verweilen darf, beendete.

Gelände zur Scharte; habe dort Steinmandl errichtet- Haltbarkeit fraglich

Was den Rückweg und die damit verbundene neue Erfahrung der Kletterstellen anbelangt, so sei eigentlich nur die kurze, wenig vertrauenerweckende schlanke Platte in der kleineren Scharte nach der tiefsten Scharte erwähnenswert. Diese ist vom Osten nach Westen unangenehm aber auch sehr kurz und auch nicht schwierig. Ich habe nördlich eine Umgehung unternommen.

in der Flachstrecke zurück zum Mittelkopf; das dünne Felshäutchen in der Scharte erschien mir am Rückweg unangenehm locker und zu umgehen

Der Aufstieg zum Mittelkopf erschien auch von unten auf gleicher Route des Abstieges am sinnvollsten und alle anderen Partien bis zur Brantlspitze konnten ohne nennenswerte Hirnleistung nach Gutdünken gewählt werden.

Erwähnenswert ist die Dauer der Überschreitung von der Hochkanzel bis zur Gamskarspitze, sie betrug recht genau 1 1/2 Stunden und der Abstieg zur Hallerangeralm weitere 70min.

eine phantastische Reise liegt hinter mir

Nach einer deftigen Knödelsuppe bei Evi und Horst auf der Hallerangeralm über’s Joch zurückgeeilt – und weil auf 2.000m noch Sonne – beschloss ich ein abschließendes Training zur Bettelwurfhütte zu unternehmen, also nochmals an die 300Hm dazu zu hängen.

der berühmte Herzelfelsen

Bei einem Abschlußbier bei Christine und Ralf auf der Bettelwurfhütte konnte dann der Sonnenuntergang im Tal verfolgt werden und den Parkplatz beim Hackl erreichte ich an dem lang hellen Junitag in der Dämmerung nach 14 Stunden gegen 20:45 Uhr.

die letzten Sonnenstrahlen Richtung Bettelwurfhütte

Die Bergsteigeruhr zählte insgesamt 3.020Hm und die Messung anhand der Karte in Outdooractive beträgt 29km.

Mils, 16.06.2018

 

 

Überschreitung Speckkarspitze – Kleiner Bettelwurf, Variante

Für diese schöne Überschreitung gibt es zur Erstbeschreibung auf diesem Blog am Aufschwung zum Kleinen Bettelwurf eine Variante, die Andis Normalroute darstellt und hier beschrieben wird.
Außerdem haben wir von den Schlüsselstellen Videos gedreht, um die Dokumentation zu verbessern.
Der Bericht bezieht sich auf die wichtigsten Passagen und endet mit der Abstiegsvariante zur Bettelwurfhütte am Südgrat des Kleinen Bettelwurfes.

Grat von Speckkarspitze bis Kleiner Bettelwurf

Nach dem Gipfel der Speckkarspitze gelangt man zum kleinen Abbruch mit Scharte, die jenseits, als Gegenpart, von den markant schräg nach oben ziehenden Rippen gebildet wird und an denen schon Karwendelpioniere bei deren Erstbegehung gescheitert sind.
Der Führer beschreibt hier einen nicht nachvollziehbaren lästigen Abstieg, der das lange queren der scharfen unangenehmen Rippen bis zur Grathöhe danach zur Folge hat.

Abstieg zur Scharte

Wir bleiben also ganz zuoberst und zwar bei vorgenanntem Schärtchen, von dem es nordseitig steil abfällt.
Von der Scharte aus sind es nur wenige Schritte – man mag sie je nach individueller bergsteigerischer Stufe als unangenehm empfinden – zum kleinen Sattel auf und nachdem das Gelände nicht mehr so ausgesetzt abwärts zum Grat zurück weitergeht.
Die Stelle ist nach der Scharte etwas griffarm und der Körper kann nicht wie man sich es wünschen würde dem Verlauf folgen, er tendiert zum leichten ausdrehen. Mit Bedacht jedoch gestiegen ist die Stelle schwierigkeitstechnisch problemlos zu begehen.
Die Passage vom Übergang der Scharte bis hinter das Sattelchen wurde im weiter unten im Bericht folgenden Video festgehalten.

Andi mit seiner gewaltigen Spannweite im Greifen

Weiter geht es etwas mühsam bis zur Grathöhe hinab und unten umgeblickt und die Strecke begutachtet stellt man fest, daß schon nahezu 20min verbraucht wurden (incl. filmen in unserem Fall).

Abstieg zur Grathöhe

nun folgt der lange Grat mit ein paar leichten Überklettereien und er ist eigentlich fast durchgehend genau auf der Grathöhe zu begehen. Manche Passage davon ist gen Norden überhängend und ermöglicht bizarre Tiefblicke.

eine der netten Passagen von Rippen am Grat

In dieser Art werden bis zum Zwischengipfel des Signalkopf hin schätzungsweise zwischen 100 und 120Hm im Auf und Abstieg absolviert und nach diesem folgt der Anstieg zum Kleinen Bettelwurf mit nochmals 140Hm.

lange, leichte Gratstrecken dazwischen

Die Strecke nach dem Signalkopf bis zum Aufschwung zum Kleinen Bettelwurf ist, nach der langen Nordpassage direkt vom Gipfel hinunter zur Scharte, in der man irrtümlicherweise versucht ist abzusteigen, mit einer schönen Plattenkletterei im festen Wettersteinkalk geprägt, die zum Abschluß der leichten Gratstrecke auf den folgenden Aufschwung einstimmt.

am Signalkopf angelangt

Hierzu erklimmt man in der Scharte den Gratteil nach Osten mit einer Höhe von ca. 5m und findet sich in schönem festem Plattengrat wieder. Teilweise aufrecht begehbar, teilweise auf Reibung, wegen wenigen Trittmöglichkeiten wird der sanfte Gratverlauf wieder erreicht.

Andi in der langen Nordpassage nach dem Signalkopfgipfel

Ein paar Minuten später ist der gewaltig aussehende Felsaufschwung zum Kleinen Bettelwurf erreicht und bei der Erstbegehung kann ein etwas ehrfürchtig mulmiger Blick nicht verborgen werden.

Plattenkletterei nach dem Gipfel des Signalkopfes

Die Variante von Andi (rot) ist aber in der Ausgesetztheit um eine Nuance weniger stark ausgeprägt und vorwiegend in griffigem, festen Fels, also für den versierten Bergsteiger, der bisher Freude am Gelände hatte, ein Leichtes.

Aufschwung zum Kleinen Bettelwurf; rot Variante von Andi, Hellblau, Variante im Link am Blog

Zunächst beginnen beide Anstiege auf gleicher Route. Nach ca. 20Hm steigt man bei der Variante in gerader Richtung weiter und bei der Erstbeschreibung auf diesem Blog links abzweigend.

Andi am Sporn

Nach ein paar Höhenmetern in gerader Richtung wird eine glatte Wand erreicht zu deren Rechten sich ein abstehender Felssporn befindet, der einen großen Abbruchklotz trägt. Betrachtet man die Lagerung dieses Klotzes genauer entdeckt man ein kleines Naturschauspiel das wahrlich das Herz erfreut. Der zentnerschwere Klotz ist an seiner Vorderseite mit einigen Klemmstein“chen“ auf der Spitze des Spornes gelagert, dem Phänomen einer Sanduhr gleich und Basis für jegliches vom Menschen der Natur nachgebildete Traggewölbe. Ein einzigartiger Blick, der inmitten der steilen Wand alle schweren Gedanken – sollte man sich von  solchen belastet fühlen – vertreibt. Hiervon kein Foto man entdecke es selbst.

unterhalb des Felsspornes

Oberhalb der Stelle wendet sich die Route nach links, wobei die beste Taktik das komplette Aufsteigen über einen Haken mit Opferschlinge darstellt, um dann auf schmalen Tritten etwas nordöstlich in eine etwas schuttige Rinne zu gelangen.

nun nach links weiter

Von dieser erklimmt man rechter Hand den letzten Aufschwung der mit einer leicht kniffligen Stelle endet, die darüber mit Schutt gefüllt ist und nur ein paar spärliche Rippchen für zwei drei Finger der rechten Hand aufwartet.

knapp unterhalb des Wandkopfes

Trotz dem unübersichtlichen Blick von unterhalb jedoch keine erwähnenswert schwierige Stelle.

knapp oberhalb des Wandendes zur Scharte ihn

Nun ist ein Sattel erreicht bei der sich beide Aufstiegsvarianten wieder vereinen und auf gemeinsamem Band zum sogenannten “ schwierigen Riss“ (vgl. Buch Günter Amor „Die Bettelwurfhütte im Karwendel“ Seite 98) oder „schwierigen Stell‘ “ weiterführen. Vorher jedoch erklimmt Andi noch den Sporn südlich über dem Sattel zu seinem Steinmann, um hinten über dem Felsenfenster, das eine eindrucksvolle Sicht exakt nach St. Magdalena hinab, wieder abzusteigen.

Scharte oberhalb des Wandendes

Der „schwierige Riss“ ist halb so schwer, wie er einst mit Genagelten und – eventuell topografischen Veränderungen – gewesen sein mag.

der schwierige Riss, ein Kamin gut griffig

Ein angenehm breiter, sehr griffiger Riss, zwar in nahezu absoluter Steilheit aber doch angenehm nach innen versetzt bietet ein erstklassiges Klettervergnügen im unteren dritten Grad.

Andi beim Überspreizen der Scharte

Der Ausstieg, nochmals mit einer leichten Erhöhung der Spannung versetzt, bietet er doch einen Hauch an Überhang zum darüberliegenden Geröllfeld, rundet den interessantesten Teil der gesamten Überschreitung genussvoll ab.

der Riss im unteren Teil

Begeht man ihn erstmalig dürfte der Genuß noch nicht so ausgeprägt empfunden werden, als ich ihn bei der wiederholten Begehung empfinden durfte.

des Risses Ausstieg als schwierigste Stelle

Hier das Video mit dem Einstieg nach dem Gipfel der Speckkarspitze und dem „schwierigen Riss“:

Oberhalb dieser Passage kann der weitere Verlauf zum westlichen Gipfelkreuz des Kleinen Bettelwurf eingesehen werden und es folgen noch einige Meter harmloser Geplänkel unter Einsatz der Hände bis sich der Aufschwung in seiner Wildheit gelegt hat und typischer gestufter Karwendelkalk den Bergsteiger dem würdevollen Ziel entgegen geleitet.

Kurzer Aufstieg zum östlichen Gipfelkreuz des Kleinen Bettelwurfes

Wie immer sehr wenig – in unserem Fall, an diesem prachtvollen Frohnleichnamstag anno 17 gar kein – Publikumsverkehr am kleinen, sympathischen Gipfelplateau, von dem sich ostwärts der nicht unerheblich lange Grat zum östlichen Gipfel hinzieht.

Stimmung am Gipfel des Kleinen Bettelwurf mit Westgipfel links und Großem Bettelwurf im Hintergrund

Der sich schier unerschöpflich ständig erneuernde Nebel über dem Großen Bettelwurf dominierte auch während unseres Gipfelaufenthaltes am Kleinen Bettelwurf. Die kalten Nordwinde und die kräftige, von den Südhängen des Bettelwurfmassives heraufziehende Thermik vereinigen sich nur wenige hundert Meter über dem Gipfel und erzeugen somit einen wabbelnden Hut über dem mächtigen Gipfel der seine Gestalt mit rascher Laune verändert und den kleinen Mann unter ihm immer in eine gewisse Spannung versetzt, ob er ihn sogleich in sich verschluckt oder nur gnädig über ihm thront und ihn mit seiner Eiseskälte verschont.

Rückblick auf die Überschreitung

Wir verbrachten eine knappe Stunde Stillleben in dieser sagenhaft anregenden Atmosphäre und blickten mit ruhiger Genugtuung auf die heiße Landschaft des Inntales hinab. Mehr als 30 Grad mögen die im Tal Gebliebenen um die Mittagsstunde aushalten haben müssen und wir oben durften uns im schneeweißen Kalkgebirge einer nur dort erlebbaren Erhabenheit in angenehmer Temperatur erfreuen.

Andi überrascht mich beim Genuss des Früchteriegels und dem Studium der Inhaltsstoffe ob ja kein Zucker dabei ist

Der Abstieg erfolgte – wie soll es anders sein – in ebenso unkonventioneller Weise über den im Vorjahr entdeckten Südgrat.

Südgrat am Kleinen Bettelwurf

Dieser kann wahrlich als Direttissima bezeichnet werden, denn kaum ein Grat im Halltal folgt einer derart linienartig direkten Richtung talwärts.
Er hebt sich vom Gipfel oben talwärts geblickt um ein Vielfaches markanter als durchgehender Grat ab, als das von der Hütte aus auszumachen ist. Der Beginn bis zur Hälfte hin ist selbst im Abstieg eine Freude, Kleine Abbrüche im bankigen Gelände werden durchwegs an deren Westseite leicht abgeklettert, keine Stelle erfordert wahre Konzentration oder Anspannung. Trotz Thermik werden die die Gemsen  unserer sofort gewahr und sammeln sich mit ihren Kitzen auf den sonst so wenig gestörten Bänken des Kleinen Bettelwurf, die Massen an Störenfrieden der Idylle steigen wesentlich weiter östlich auf.

Gemsen ca. 150Hm unterhalb

Die Annäherung an die recht große Herde währte nicht lange, sie stoben bald in das weite Kar der Südwestflanke, die die Route aus dem Südwestanstieg zum Kleinen Bettelwurf bildet, davon.

einer der Abbrüche mit leichter Abkletterei auf der Ostseite

Ab gut der Hälfte des tollen Südgrates taucht man ein in ein weniger einfach begehbares Gelände, das auch die einmalige Wendung des Abstieges nach Osten erzwingt. Sie wird erzwungen durch einen jähen unbegehbaren Abbruch in direkter Falllinie und im Suchen nach einer Alternative fällt die Wahl auf das Gelände linkerhand.

bereits mitten in der einzig westlichen Abkletterstelle

Über eine auffällige, messerscharfe Klippe aus tadellosem, porösem Riffkalk geht es an die 5 – 8m fast senkrecht hinab. Gute Griffe und Tritte machen die Partie einfach zu begehen, aber teilweise überhängende Stellen mit hohlen Ausbuchtungen unterhalb erzwingen einige Konzentration Tritte zu finden und die nadelscharf gebrochene Oberfläche der ehemaligen Schalentiere schmerzt in ungeschützten Fingern und Handflächen.

Abkletterstelle im Rückblick, im Riss oben kommt man an, bevor es in diesem abwärts geht

Nach dieser Passage folgen einige Stellen mit dem ungeliebten Ockerbraunen bis orangem Material, das zu recht nicht als Fels im engeren Sinne bezeichnet werden kann. Man nimmt es leicht südöstlich zu einer Art schmalem Kar, das nun über vielleicht knapp hundert Höhenmeter bis zum Beginn – oder im Abstieg gesehen zum Ende – der Gratrippe ausleitet, die den Südgrat im Aufstieg zu bilden beginnt.

nun rechts in karartigem Gelände mit viel Schutt abwärts

Die gesamte Passage ist von Geröll und Schotter überzogen und auf den plattigen Bänken tückisch zum Ausrutschen wie auf blankem Eis. Eine abrupte rechtwinkelige Wendung nach Westen am Beginn des Grates bildet die Verbindung zum Normalweg auf den Kleinen Bettelwurf. Auch diese mit tückischem Rollsplitt überzogen.

in unteren Teil der Gratstrecke; man kann ihn mit Zeitaufwand auch abklettern

Einen letzen Rückblick auf das in Summe einzigartige Gratgelände mußten wir uns auch diesmal gönnen bevor am Steig zur Hütte die Stöcke seit dem Gipfel der Speckkarspitze wieder ihren Dienst aufnehmen mußten.

über trügerisches schuttbedecktes Plattengelände östlich zum Normalweg (rechter unterer Bildrand) queren

Der Zeitbedarf für die gesamte Runde bis hinab zum Ausgangspunkt mit Pausen beträgt netto mindestens an die 8 Stunden, mit Hüttenaufenthalt rechne man eher mit fast 10 Stunden.

Mils, 15.06.2017

Westliche Praxmarerkarspitze, 2.642m und Östliche Praxmarerkarspitze, 2.638m

Der frühmorgendliche Blick von der Pfeishütte nach Nordwesten entbehrt keinesfalls einer gewissen Ehrfurcht vor diesen beiden schöngestaltigen Giganten in der Gleirschtal – Halltalkette, und sind die Westliche Praxmarerkarspitze und die Östliche Praxmarerkarspitze in das warme Morgensonnenlicht des Heuert getaucht, dann leuchten sie mit ihren orangefarbenen Vertikalwänden herüber und betören ihre potentiellen Besucher mit enormer Fülle an Farbe und Schroffheit.

beide Praxmarerkarspitzen

beide Praxmarerkarspitzen

Eingetaucht in diese magnetisierenden Eindrücke und Gedanken betrat ich die Pfeishütte, nach der Überschreitung des Stempeljoches mit Start vom Hackl in Absam, um eine Minirast mit nötiger Wasserfüllung zu vollziehen.
Leider hat das Wetter relativ rasch beschlossen mit Drohgebärden zu agieren und bereits am Stempeljoch war sichtbar, daß von Süden her Ungemach sich breitmachen würde. Daher große Eile, um das Vorhaben keiner unnötigen Geduldsprobe auszusetzen. Ein Hollersaft und weiter.

vorbei an meiner Lieblingsfahne

vorbei an meiner Lieblingsfahne

Leider leiden die Inntaler, die Touren in der zweiten (nördlichen) Kette durchführen wollen, immer unter teilweise enormen Höhenverlust nach den Verbindungsjöchern, vor dem Anstieg zu den Gipfeln in der zweiten Kette, was für die Rückkehr natürlich beschwerlich und in der Tourenplanung zu beachten ist. So auch für diese Tour. Der Höhenunterschied vom Stempeljoch bis zum Abzweig in das Kaskar (gleicher Abzweig wie für das Praxmarerkar) beträgt gut 350Hm. Der Anstieg von Thaur über das Kreuzjöchl würde kaum 100Hm weniger Beinarbeit bedeuten, also kein wirklicher Vorteil, abgesehen von der Länge.

ein erster Blick auf das Ziel, 150m unterhalb des Stempeljoches mitten in der Pfeis

ein erster Blick auf das Ziel, 150m unterhalb des Stempeljoches mitten in der Pfeis

Allerdings werden diese Gewaltstouren dafür aber auch mit archaischer Einsamkeit und unerwarteten Erlebnissen von Flora und Fauna belohnt. Heute war es eher die Flora, die Fauna war sehr karg, Gemsen und Raubvögel scheinen in den Ferien zu sein, nur vereinzelte Krickelträger im Bereitschaftsdienst konnten gesichtet werden.

der Steig vom Kaskar in das Praxmarerkar mit Höhenunterschied

der Steig vom Kaskar in das Praxmarerkar mit Höhenunterschied

An der Flora im Praxmarerkar fiel heute besonders auf, daß es gefühlte zehn Kohlröschen (Brunelle) pro Quadratmeter zu geben scheint, eines graziler als das andere und von ausgesuchter schwarzbraun-violetter Farbe, die Orchideenart im Tirolerland. Hinauf bis über 2.000m trotzen sie den Gewalten der Witterung dort oben und wiegen sanft im Wind. In dieser Dichte suchen die Kare der zweiten Karwendelkette diese Pflanzenfamilie ihresgleichen.

Kohlröschen (Brunellen)

Kohlröschen (Brunellen)

Genau 6:30 Uhr zeigte die Uhr, als ich den tückischen Parkplatz – der junge Familien verleitet dort zu verharren, anstelle die Einzigartigkeit des Halltales zu erfahren – mit schnellem Schritt verließ. Das Vorhaben duldet kein Bummeln, zumindest nicht, bis man zwei Drittel des Aufstieges hinter sich gelassen hat.

schöne Blicke in das Samertal

schöne Blicke in das Samertal

Die Pfeis, wie die Hütte im Volksmund genannt wird, war um 9:30 erreicht und der Einstieg zum Kas- und Praxmarerkar weiter unten auf der Fahrstraße ins Samertal um 10 Uhr.
Zunächst führt der Steig über Reisengelände empor und wechselt mit kleinen Einschnitten von trockenen Wasserläufen und steileren Partien innerhalb Latschen.

Rückblick zur Pfeis

Rückblick zur Pfeis

Kaum eine halbe Stunde später steht man – rückblickend – bereits höher als die Pfeis und blickt von der südöstlichen Ecke in das Kaskar hinein. War man noch nie auf der Kaskarspitze, dann möchte man es nicht für möglich halten, daß auf diesen bizarren Gipfel mit seinen schroffen Wänden, die abweisend aufragend zum Kar hingeneigt vor dem Begeher liegen, ein Steig als Normalweg führen kann. Es ist aber glücklicherweise so – ein Phänomen bei zahlreichen Karwendelflanken – daß sich die wahre Steilheit  für den Betrachter erst bei der direkten Begehung eröffnet.

das Praxmarerkar wird sichtbar

das Praxmarerkar wird sichtbar

Nun ist dieses Kar aber nicht das angestrebte und mit forschendem Blick erspäht man tief unten den schmalen Steig, der in das Praxmarerkar weiterführt. Zu diesem Expeditionszeitpunkt verschwendet man keinen Augenblick des Bedauerns über den sichtbar großen Höhenverlust, das Ziel ist zu begehrt um Kleinigkeiten zu ernst zu nehmen.

der Südgrat mit beiden Praxmarerkarspitzen

der Südgrat mit beiden Praxmarerkarspitzen

Mit weiteren signifikanten Aufs und Abs im Steigverlauf gelangt der Geprüfte sodann in das Praxmarerkar, ohne beim Anblick der weiteren Strecke auf die Gipfel zurückzuzucken. Nach dem auch dem Karwendelkenner ungewohnt aufwendigen Anmarsch  staunt man beim wieder Südöstlich ausgerichteten Blickpunkt auf die beiden Gipfel nicht schlecht ob deren imposante Erscheinung und doch milderer Gestalt als die zuvor gesichtete Kaskarspitze.

der Südgrat auf die Westliche Praxmarerkarspitze im Detail; der begrünte Hang führt auf den Rücken

der Südgrat auf die Westliche Praxmarerkarspitze im Detail; der begrünte Hang führt auf den Rücken

Doch Vorsicht, eine gemähte Wiese ist weder der Normalweg (ich kenne ihn nun nur vom Rückweg), noch der viel schönere Südgrat auf den westlichen Bruder, der sich zum Rundweg ausbildet, weil man dann den Ostgipfel aufsucht. Ein Abstieg vom westlichen Gipfel über den Südgrat empfiehlt sich nicht.

im unteren Schrofengelände; Aufstieg ist nicht schwierig, leichte Kletterei auf Fels- und Rasenstufen

im unteren Schrofengelände; Aufstieg ist nicht schwierig, leichte Kletterei auf Fels- und Rasenstufen

Die eigentlich logische Variante, aber wieder nur von jemand machbar der sich selber in unmarkiertem Gelände bewegen kann und Sinn für einen Aufstieg mitbringt, der unten kaum einsehbar ist, das wäre der Südgrat. Sein Einstieg ist logisch für den erfahrenen Bergsteiger, ein großteils begrünter Rücken bildet am Südwestende des Kares den Einstieg in die leichte Grattour.

im unteren Schrofengelände; Aufstieg ist nicht schwierig, leichte Kletterei auf Fels- und Rasenstufen

im unteren Schrofengelände; Aufstieg ist nicht schwierig, leichte Kletterei auf Fels- und Rasenstufen

Grat ist im unteren Teil des Südgrates etwas sehr übertrieben, dort besteht er vorwiegend aus einem jähen östlichen Felsabbruch und einem begrünten Rücken mit mäßiger Hangneigung im Westen, ideal für alle Steigertypen an Bergsteigern.

am Südgrat oder -rücken

am Südgrat oder -rücken

Schätzungsweise erst 150m unterhalb des Gipfels wird der Rücken dann zum zahnigen Grat im Wortsinne. Ich habe diese auch erst spät entdeckt und bin einen Gutteil im Grünen aufgestiegen, immer in Sorge um die von den Zillertalern und Wipptaler Bergen nahenden dunklen Wolken im Süden. Böiger Wind besorgte die richtige Stimmung alle hundert Höhenmeter endlich zur Umkehr einzulenken.

Wetterentwicklung; im Süden die Grubreisentürme

Wetterentwicklung; im Süden die Grubreisentürme

Die Wetterentwicklung im Westen voll einsehbar empfiehlt es sich nach dem Aufstieg auf den Rücken in der Tat bei zweifelhafter Entwicklung über die Fortführung der Tour ernsthaft nachzudenken, denn eine Flucht von dort ist langwierig und die Topografie der Gegend läßt keinen wirklichen Schutz zu.

Gratverlauf

Gratverlauf

Die Grenzsituation heute war belastend. Von Geforener Wand bis zum Habicht hüllte sich alles in Nebel und die Zugrichtung gen Norden machte mich nervös. Mehrmals überdachte ich die Umkehr, bis die Uhr von fallendem auf gleichbleibenden Luftdruck umschaltete und mir somit kleinen Trost brachte, das Richtige mit dem weiteren Aufstieg zu tun. Die wahre Überzeugung fand ich aber erst auf der Westlichen Praxmarerkarspitze, als erkennbar war, daß die dunklen Wolken eher nach Nordosten in Richtung Salzburg zogen und von Westen nichts dergleichen zu erwarten war.

hier hat es mich vom Grat in die westlich gelegene kleine Schlucht abgedrängt, 10min zur Durchquerung

hier hat es mich vom Grat in die westlich gelegene kleine Schlucht abgedrängt, 10min zur Durchquerung

Manchem Leser mag diese möglicherweise übergebührliche Beschäftigung mit dem Wetter meinerseits im Bericht  als übertrieben vorkommen, aber wenn man auf halbem Weg am Südgrat der Westlichen Praxmarerkarspitze unterwegs ist und im Süden vorwiegend schwarz sieht ist Beschäftigung mit dieser Situation angesagt. Eine Flucht in beide Richtungen ist wie gesagt nicht schnell vollziehbar, die Hänge über den Steilstufen der Gratausläufer in das Samertal begrenzen jedes rasche Fortkommen ungemein und bieten keinen Schutz.

markanter Felsen, links durchstiegen

markanter Felsen, links durchstiegen

Nun ist der echte ausgeprägte Grat erreicht und es macht richtig Spaß diesen zu erklimmen und darauf emporzuschreiten. Er ist keineswegs so ausgeprägt wie einer der Verbindungsgrate der Gipfel in der Kette und auch nicht sehr steil. Vielleicht hätte ich ihn schon weiter unten aufsuchen sollen, aber der Blick von unten zwang mich eher in die kleine Schlucht vor dem Gipfelaufbau.

Rückblick auf den unteren Teil

Rückblick auf den unteren Teil

Am Gipfel der Westlichen Praxmarerkarspitze – der um 4m höheren der beiden – findet sich ein Steinhaufen mit einer sorgsam verwahrten – und vor allem dichten – Gipfelbuchschachtel und mit einem gut 30 Jahre alten Gipfelbuch in überraschend gutem Zustand. Zahlreiche bekannte Namen kehren immer wieder und diese liest man auch in den Gipfelbüchern der umliegenden Berge. Das Buch ist zu einem Fünftel vollgeschrieben, bei den meisten Jahren fanden unter zehn Besuche statt. Das hätte der Berg zwar nicht verdient, die Tatsache aber zeugt von der Beschwerlichkeit ihn zu besteigen. Von allen Seiten ist er nicht ohne ein hohes Maß an Anstrengung zu erreichen, es sei denn man übernachtet auf der Pfeishütte.

 schöner leichter Gratverlauf bis zum Gpfel

schöner leichter Gratverlauf bis zum Gipfel

Der schwierigste Anstieg ist die Nordwand, Melzerwand genannt, nach einem berühmten Innsbrucker Kletterpionier Otto Melzer, der, mit Kletterfreund Emil Spöttl, in dieser im Oktober 1901 im Wettersturz letztlich auch jämmerlich zu Tode kam. Spöttl stürzte ab und Melzer erfror in einer Felsnische. Wer sich die Fotos dieser schauerlichen Wand in der Bildergalerie ansieht ist fassungslos wie man vor mehr als 100 Jahren mit der damals üblichen Ausrüstung so eine Leistung erbringt konnte.

Gipfel Westliche Praxmarerkarspitze, 2642m

Gipfel Westliche Praxmarerkarspitze, 2642m

Viel Geschichte und Fakten ranken sich also um diese abgelegenen Gipfel und ein weiteres Faktum ist ihrer markanten Lage geschuldet. Die Westliche Praxmarerkarspitze ist die höchste Erhebung des Innsbrucker Stadtgebietes.

Abstieg von der Westlichen Praxmarerkarspitze

Abstieg von der Westlichen Praxmarerkarspitze

Der Übergang von der Westlichen zur Östlichen Praxmarerkarspitze führt über die Einschartung der beiden. Der Hang auf dieser östlichen Seite ist sehr brüchig, die im Karwendel so bekannten orangefarbenen Störzonen sind allgegenwärtig. Trotzdem bieten Schotter und Hangneigung kein wirkliches Problem im Abstieg in die Scharte, die ebenfalls aus keinem felsigen Material besteht, sondern aus kleinkörnigem Bruchmaterial, ja fast Kalksand. und dadurch ist sie komfortabel breit am Rücken geformt.

das schön geformte Felsenfenster mit den Jägrkarspitzen im Hintgrund

das schön geformte Felsenfenster mit den Jägerkarspitzen im Hintergrund

Auf der anderen Seite, dem Westhang der Östlichen Praxmarerkarspitze gestaltet sich der Aufstieg auf den ersten 10Hm etwas kniffliger, als es der Abstieg war. Dafür viel festerer Fels und eine Naturschönheit, ein kleines Felsenfenster, erfreut das Auge. Dieses erscheint an seiner schlanksten Stelle als ein sehr endliches Gebilde, wenn man es aus der Nähe betrachtet, dann gibt man ihm eher wenige Monate als weitere Jahre an Lebensdauer mehr. Gottseidank kommen hier nur mehr solche Naturfreunde her, die solche Formen nicht einmal berühren und dadurch für andere erhalten.

Rückblick Aufstieg zur Östlichen Praxmarerkarspitze

Rückblick Aufstieg zur Östlichen Praxmarerkarspitze

Nach dieser schönen Stelle, durch die man einen gewaltigen Blick auf die Jägerkarspitzen und ein übliches Foto erheischen kann, geht es auf plattigem Gelände direkt am Grat unschwer zuerst auf Reibung, dann auf griffigerem Fels bis zum Gipfel der Östlichen Praxmarerkarspitze weiter. Der Übergang nimmt gerade 15min in Anspruch.

Gipfel Östliche Paxmarerkarspitze, 2.638m

Gipfel Östliche Praxmarerkarspitze, 2.638m

Diese ziert seit zwei Jahren ein formschönes, modernes Edelstahlgipfelkreuz, innovativ in einer Gitterbox montiert, die, mit Steinen gefüllt, jahrzehntelanges Trotzen gegen Sturm und Schnee garantiert. Das Gipfelkreuz wurde von Schülern der HTL Fulpmes (meine Gratulation!) hergestellt und mittels Hubschrauber im September 2014 hinaufgeflogen.
Eine sauber gefertigte Gipfelbuchschachtel in modernem Design, und mit Tropfrändern über die Unterkante hinaus, garantiert auch ohne ein in mehreren zerrissenen Plastiksäcken verpacktes Buch absolute Trockenheit desselben. Ein Blickfang diese Kombination!

Kaskar-, Sonntagskar-, Hintere Bachofenspitze und Großer Lafatscher

Kaskar-, Sonntagskar-, Hintere Bachofenspitze und Großer Lafatscher

Am Abstieg, den ich um 12:30 von der Östlichen Praxmarerkarspitze antrat, ließ ich mit etwas Zeit um aus mehreren Positionen den Gipfelaufschwung des Gratüberganges zur Kaskarspitze näher mit dem Glas anzusehen. Eine der letzten Hürden in der Gratüberschreitung der Kette, die noch absolviert werden muß.

die schauerliche Praxmarerkar Nordwand, viel brüchiges oranges Material

die schauerliche Praxmarerkar Nordwand, viel brüchiges oranges Material

Der Normalweg im Abstieg ist nun gut markiert und auch ohne Markierungen findet man sich gut zurecht.
Im unteren Teil des Kares finden sich jede Menge Stahlsplitter vom Kopf und zerborstene Körper von Fliegerbomben, wild zerstört und in den 70 Jahren seit ihrem Abwurf der Korrosion getrotzt. Wahrscheinlich hätte die tödliche Fracht die Landeshauptstadt treffen sollen, ein hässlicher Anblick in der Stille des Kares (Galerie).

die Kaskarspitze

die Kaskarspitze

Der Abmarsch aus dem Kar sei nicht zu hoch genommen, manch Gamssteig verleitet einen zu hohen Einstieg in den steilen Hang, der unter den Schrofen herum in das Kaskar führt. Bald ernüchtert dann der Steig über die noch zurückzulegende Strecke, die Aufs und Abs sind jetzt schon deutlicher zu spüren und die knapp 100Hm Stufe im Kaskar bildet den ersehnten Abschluß bis zur Straße auf die Pfeis.

nicht zu hoch angehen den Hang zum Kaskar, auf die Markierungen achten

nicht zu hoch angehen den Hang zum Kaskar, auf die Markierungen achten

Die Pfeishütte ist ein wichtiger Stützpunkt in dieser Tour. Sowohl kulinarisch als auch wettertechnisch. Man erreicht sie nach weiteren 100Hm des Aufstieges von der Einmündung des Steiges aus dem Kaskar. In der Eile wegen des Wetters habe ich lediglich Zeit für eine schnelle und schmackhafte Suppe aufbringen können, da es schon bei der Ankunft getröpfelt hatte. Der Wind verhinderte stärkeren Regenfall und es blieb dann bis zum Stempeljoch so, daß es stark tröpfelte oder leicht regnete, mit Regenjacke jedoch auch Hose und Beine trocken blieben.

die zu überwindende Höhenstufe im Kaskar

die zu überwindende Höhenstufe im Kaskar; man muß ober die dunkelgrünen Latschen hinauf

Ab dem Stempeljoch jauchzt man dann ein wenig, denn ab hier hat man jegliche Höhenmeter hinter sich gelassen und steht doch noch auf gut 2.200m.

Stimmung am Stempeljoch

Stimmung am Stempeljoch

Der Rest der Tour ist bekannt, vom Stempeljoch bis St. Magdalena beträgt die Gehzeit ca. eine Stunde und bis zum Hackl eine Dreiviertelstunde.

Die gesamte Tour hat 11 Stunden in Anspruch genommen, davon eine gute Stunde Rast. Die Länge auf der AV-Karte nachgemessen beträgt 27,8km und der gesamte Höhenunterschied 2,760m.
Man rechne ab der Abzweigung des Steiges nach der Pfeishütte auf dem Normalweg zur Östlichen Praxmarerkarspitze mit 3 1/2 Stunden bis zum Gipfel, so die Angabe auf dem Wegweiser. Alle anderen Zeiten sind individuell zu ermitteln und die oben gemachte Aussage mit der Gesamtzeit ab Eingang Halltal und zurück nicht für eine Tourenplanung zu verwenden.

Mils, 23.07.2016

 

 

Figln Lattenspitze – Stempeljoch

Spät weg von zuhause auf die Lattenspitze und weiter zum Stempeljoch zum figln im Stempelkar.
Im Halltal verglüht bei den momentanen Temperaturen um die Mittagszeit, erst ab dem Törl eine leichte Thermik-Brise als Hilfe bekommen.

am Weg zur Lattenspitze, ca. auf 2.000m

am Weg zur Lattenspitze, ca. auf 2.000m

Das erste größere verbliebene Schneefeld am Weg vom Törl zur Lattenspitze.

Blick in die zweite Karwendelkette zu Stempelspitze und Roßkopf

Blick in die zweite Karwendelkette zu Stempelspitze und Roßkopf

Der Weg nach dem Törl auf die Lattenspitze ist fast frei von Schneefeldern, nur in den Rinnen und ab ca. 100m unter dem Gipfel liegt Schnee.

Der Gipfel der Lattenspitze 2.340m

Der Gipfel der Lattenspitze 2.340m

Die Grate im hinteren Teil des Karwendels sind noch fest in der Hand des Schnees, riesige Wächten zur Stempelspitze und zum Roßkopf sind zu sehen (siehe Foto vom Bachofenkar in der Galerie).

gewaltige Wächten

gewaltige Wächten

Nach der Lattenspitze gilt es ein paar harmlose Schneefelder zur Pfeiserspitze zu überwinden. Der Schnee ist von schlechter Qualität, keinem richtig festen Firn sondern knietiefem Einsinken begegnet man auf der ganzen Tour über den Grat.

letzter Teil zur Pfeiserspitze

letzter Teil zur Pfeiserspitze

Die Pfeiserspitze ist schnell erreicht, das kleine Gipfelkreuzchen wurde verlegt. Heuer durfte ich die Seite im Gipfelbuch mit „2016“ und dem ersten Eintrag beginnen.

Blick von der Pfeiserspitze zur Lattenspitze

Blick von der Pfeiserspitze zur Lattenspitze

Und ab ging es über den schneefreien Grat in die kurze Rinne zum oberen Karende an dem ich die Figl erstmals ausprobieren konnte.

hier unten geht das Figln los...

hier unten geht das Figln los…

Die Kombination der alpin-Figl und der eisentauglichen Salewa Schuhe klappte recht gut. Die Abfahrt zum Stepeljoch in dem furchtbar nassen Sulz erwies sich als schweißtreibende Partie.

Figl erstmals "in-situ" anprobiert

Figl erstmals „in-situ“ anprobiert

unten angekommen, völlig außer Atem, dem schweren Schnee getrotzt, jedoch immer steiler abgedriftet als ich wollte. Kantenfahrt kann man im nassen Sulz vergessen.

kurz vor dem Stempeljoch am aperen Teil angekommen

kurz vor dem Stempeljoch am aperen Teil angekommen

Am Joch selber waren sicher schon einige Tage keine Tourengeher vom Hafelekar her unterwegs, die Schneedecke zeigt keinerlei Spuren.Ein Blick in das Stempelkar verrät, daß die Schneelage schon nicht mehr besonders gut ist. Tewilweise sieht man apere Stellen, der normal verlässliche linke Teil ist durch eine Lawine mit Figln schwer fahrbar.

Blick vom Stempeljoch ins Kar

Blick vom Stempeljoch ins Kar

Im oberen Teil habe ich die Figl ausgezugen und bin durch den schlechten Sulz gegangen, unten wo das Kar breiter wurde konnte dann richtig gefiglt werden.

sulziger Deckschnee wurde abgetreten, der Firn darunter war fest und gut fahrbar.

sulziger Deckschnee wurde abgetreten, der Firn darunter war fest und gut fahrbar.

Dan kam der schöne Teil der Abfahrt:

Im unteren Teil der Abfahrt war sogar mehr Schnee als im mittleren und oben. Abfahrt bis zur Halltaler Pfeis ohne weitere Störungen möglich.

Mit einem wunderbaren Ausblick endet das Fahrvergnügen und die Figl werden im Rucksack verstaut.

Speckkarspitze und Bettelwürfe

Heute den orografisch linken Teil zum Verlassen des Isstales gewählt und immer die Labestation im Vordergund anvisiert.

Abstieg im Isstal

Abstieg im Isstal

Der Zeitbedarf betrug 6 Stunden und die Höhendifferenz gut 1.500m

Mils, 21.05.2016

 

Bettelwurfhütte, Lage per 20.03.2016

Die Route über den Graben war mit dem makellosen Wetter heute ein toller Anstieg, wenn auch im oberen Teil nicht ungefährlich. Klettertechnisch durch die steile Schneerinne noch nicht zu empfehlen, bzw. dem Spezialisten vorbehalten.

Andi nimmt die Platten rechts neben dem Steig, ich den Steig

Andi nimmt die Platten rechts neben dem Steig, ich den Steig

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gute Steigverhältnisse

 

Der Abzweig vom Graben rechts (östlich) in die relativ wenig beleuchtete Verschneidung war um 10:30 im unteren Teil noch im Schatten und man muß Stufen schlagen.

fester Harsch; die Jacke notwendig um 9:30

fester Harsch; die Jacke notwendig um 9:30

Das Seil ist großteils noch eingefroren, links der harten Schneedecke kann man zum Teil im aperen Fels klettern.

ab hier kein Fels mehr, Stufen schlagen ist angesagt

ab hier kein Fels mehr, Stufen schlagen ist angesagt

Im oberen Teil ist die Verschneidung total schneebedeckt und wir mußten nach der feuchten Stelle die letzten Meter bis zur Kante links weitersteigen.

die Querungen nicht ohne

die Querungen nicht ohne

Von dort akzeptable Schneeverhältnisse  zur Hütte und tolles Panorama.

da lacht das Herz, die Kante erreicht, hinten die Hütte

da lacht das Herz, die Kante erreicht, hinten die Hütte

Den Normalweg zu gehen muß man sich derzeit noch verkneifen. Die Schinderei ist zu groß. Um 13 Uhr Schnee bis zur Hüfte von der Hütte bis zur Lawine im Graben und dann in dieser Art weiter bis unter den Juchetzer.

eine tolle Abstiegsstrecke, hinauf: momentan nein!

eine tolle Abstiegsstrecke, hinauf: momentan nein!

Mehr und wichtige weitere Bilder von der Schneelage im Halltal in der Galerie unten!

Mils, 20.03.2016

 

Bettelwurf Osteck, Variante I

Den Großen Bettelwurf über sein „Osteck“ zu erreichen ist eine bergsteigerisch sehr schöne, jedoch nur dem geübten Freikletterer zuzumutende Aufgabe und eine ausführliche, generelle Beschreibung der mühevollen Tour über das Osteck haben wir unter dem Beitrag Bettelwurf Osteck über Fallbachkarspitze beschrieben.
Dieser  Beitrag beschreibt vorwiegend eine Variante des Ostecks, wir nennen sie Variante I, über den Westgrat, während der vorgenannte Beitrag die Ersteigung des Ostecks über die östlichste Route darstellt.

Bettelwurf Osteck Variante I

Bei wunderbarem Herbstwetter starteten Andi und ich am Nationalfeiertag um 7:30 Uhr vom Parkplatz Sprungschanze in Gnadenwald.
Die Tage zuvor waren zwar sehr sonnig, vermochten jedoch nicht dem Schnee in wünschenswerter Weise zuleibe zu rücken, sodaß nicht nur alle steil geneigten Südhänge, sondern auch die flacheren Gratstellen und gar die schattigen, nördlichen Hänge und Gratstellen schneefrei wurden.

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Man vermutet es auf diesem prächtigen Bild nicht, jedoch waren noch teilweise 30cm tiefe Schneepartien der Schneefälle der Vorwoche in den Hängen und Gratstellen der Tour vorhanden. Diese waren harschig bis hartgefroren und zum Teil tückisch rutschig.

Nach der Nagelwand (für mehr Details des Aufstieges bis dorthin siehe oben eingefügten Link oder den Beitrag Fallbachkarspitze in unserem Blog) überraschte mich Andi mit einer sehr reizvollen Variante über die (Kleine) Wechselspitze und von dort auf den Südgrat der Fallbachkarspitze. Diese Variante des Aufstieges auf die Fallbachkarspitze wird in der Folge hier nicht im Detail beschrieben – vielleicht wird sie es später einmal und solange dienen die Fotos in der Galerie zur Orientierung…

Wir starten mit der weiteren Beschreibung der Tour am Plateau zur Fallbachkarspitze (Große Wechselspitze), das man standardmäßig über den markierten Aufstieg in der breiten, karartigen Rinne ab dem Ende der Latschen nach der Nagelwand erreicht.

Am Plateau zur Fallbachkarspitze

Am Plateau zur Fallbachkarspitze

Von dort führt der Normalanstieg an der Ostseite über die sich nach oben zuspitzende Verschneidung auf den oberen Grat empor und nach wenigen Minuten erreicht man den Gipfel der Fallbachkarspitze auf 2.316m.

Fallbachkarspitze, 2,316m (Große Wechselspitze)

Fallbachkarspitze, 2.316m (Große Wechselspitze)

Man kann die Schneereste auf den flachen Stellen bereits gut erkennen und mit zunehmender Höhe wurden diese Felder häufiger und mächtiger obwohl man es vom Grat aus nicht vermuten würde.

Großer Bettelwurf mit Osteck rechts

Großer Bettelwurf mit Osteck rechts

Herrliche Blicke und Farben begleiteten uns an diesem so klaren, feuchtigkeitsarmen Herbsttag, sodaß auch mit der kleinen Japanerin atemberaubende Fotos möglich wurden.

Fallbachkartürme im Detail

Fallbachkartürme im Detail

der Grat hat viele schöne, luftige Stellen in sich, wobei einige davon durch die Schneeauflage überlegt zu klettern waren. Hier Andi in einer nördlichen Passage mit viel hartem Schnee am Trittband.

eine der wenigen diffizilen Stellen; nicht schneefrei dieser Tage

eine der wenigen diffizileren Stellen; nicht schneefrei dieser Tage

Nach ca. 1.500Hm mühevoller aber lohnenswerter Kletterarbeit erreichten wir die fast senkrecht anmutenden, steil aufragenden Wände des Osteck-Felsaufbaues bei denen die ausgesetzte, luftige Kletterei über ca. 150Hm bis zum zahmeren Grat, der oben direkt zum Osteckpunkt beginnt.

zuerst horizontal um die Rippe herum

zuerst horizontal um die Rippe herum

Bei dem alten vergilbten orangefarbenen Pfeil schlagen wir diesmal die entgegensetzte Richtung ein und steigen über ein nahezu horizontal gerichtetes Band westlich um eine Rippe herum. Dahinter geht es bald am festen Fels mit Schuttauflage direkt nach oben in eine Art Wasserinne, die etwas glatt geschliffen, jedoch noch mit ausreichend kleinen Griffen und Tritten versehen ist.

dann auf schuttbedecktem festen Wettersteinkalk nach rechts oben

dann auf schuttbedecktem festen Wettersteinkalk nach rechts oben

In etwas bei dem Schatten am Foto steigt man dann aus der Wasserrinne nach links, westlich hinüber und erreicht, relativ horizontal, auch gleich die Schlüsselstelle des Aufstieges mit einer recht glatten Rillenkalkwand, die zwar nicht sehr steil ist, jedoch steil genug, um bei zu wenig Reibung am Schuh einige Duzend Höhenmeter abrutschen zu können.
Die Wand hat zwar wenige, aber durch die Rillen passable Haltemöglichkeiten, benötigt aber einen eisernen Griff, um gegebenenfalls einen Rutscher durch Trittverlust aufzufangen.

an der Schlüsselstelle (eine griffarme Wand, auf Reibung zu queren)

an der Schlüsselstelle (eine griffarme Wand, auf Reibung zu queren)

Andi mit seiner gewaltigen Schrittweite sprang gemsengleich über diese Passage hinweg und wunderte sich, daß ich überlegte und die geeignete Passage suchte. Wahrscheinlich hätte ich die Wand etwas höher nehmen sollen, um eine leichte Verflachung ausnützen zu können. Um es ihm aber gleich zu tun zauberte ich allerdings zu tief unten herum und mußte seinen Klemmgriff zur Hilfe annehmen.
Man sieht es der Stelle am Foto nicht an, sie ist nicht zu unterschätzen, wenn man sie erstbegeht.

Was darauf folgt wird danach gerne angenommen und man schlendert förmlich mit beflügelten Sinnen das breite Grasband entlang, den Abstürzen zur Linken und den mächtigen Wand zur Rechten trotzend.

am Band entlang; luftig und sicher

am Band entlang; luftig und sicher

Das Band führt auf den Grat hinaus, endet abrupt an diesem und man folgt einer dann sehr steil aufsteigenden leichten Verschneidung am Grat, in der der Grat direkt begangen wird.
Nach ca. 20Hm endet die Verschneidung mit dem sich nun scharf ausbildendem Grat.

dem man rechts (ostseitig) leicht ausweicht

am Ende der Verschneidung am Grat

Nun ist es leichter am rechten Teil des Grates weiter zu steigen, denn oberhalb dieser Stelle ist ein Hindernis, das man nicht direkt übersteigen kann.

mit einem kleinen überhängenden Felskopf verziert

Grat mit einem kleinen überhängenden Felskopf verziert

Nach dem Felskopf sieht der Grat sehr spektakulär aus und dies war auch gleichzeitig der Höhepunkt der Gratkletterei (man umgeht diesen in Aufstiegsrichtung rechts)

Felskopf am Grat im Rückblick

Felskopf am Grat im Rückblick

Einige wenige Köpfchen und scharfe Gratpartien folgen dann noch, bis man oben auf den Hauptkamm mit der anderen Aufstiegsroute zusammentrifft und den zahmer werdenden Verbindungsgrat zum geografischen Osteck erreicht.

Rückblick auf den Grat mit der tückischen Westseite die Schnee in sich birgt

Rückblick auf den Grat mit der tückischen Westseite die Schnee in sich birgt

Die spektakulären Passagen des Aufstieges waren somit hinter uns und in teilweise tückisch rutschiger Schneeauflage ging es weiter.

die harschige Schneedecke des weiteren Grates ist im Herbst nicht zu unterschätzen

die harschige Schneedecke des weiteren Grates ist im Herbst nicht zu unterschätzen

Die letzten Köpfchen schmalen Passagen zum Gipfel liegen vor uns.

Andi meistert die Rutschpartie

Andi meistert die Rutschpartie

Zum Schluß waren wir nach rd. fünf Stunden am windumspielten Gipfel, spürten plötzlich die doch nicht mehr sommerlichen Temperaturen und beschlossen weiter unten eine ausgedehntere Rast zu machen.

Großer Bettelwurf, 2.726m

Großer Bettelwurf, 2.726m

Beim folgenden sonnigen Abstieg hatten wir noch einige prächtige Blickfänge, die man in der Galerie zu diesem Beitrag bewundern kann.

Daten zu dieser Tour kann man den o. g. Links entnehmen. Im Herbst, vor allem nach den ersten Schneefällen, unterschätze man diese Tour nicht und sei gewappnet vor den versteckten, vom Tal aus nicht sichtbaren Schneefeldern.

Mils, 31.10.2015

Hohe Fürleg, 2.571m Überschreitung vom Halltal bis zur Hinterhornalm

Unter den Herbsttouren ein Klassiker ist die Runde über die Hohe Fürleg.
Sowohl vom Westen als auch vom Osten ist die Hohe Fürleg nicht direkt ersteiglich, sie wird von Westen über das nicht einfach erreichbare Fallbachkar und vom Osten über einen längeren Zustieg der endenden Gleirsch-Halltalkette erreicht. Diese Situation bildet die perfekte Möglichkeit für eine Rundtour.

Das Fallbachkar vor uns

Das Fallbachkar vor uns

Unserem Gefühl nach ist die West-Ost-Richtung der Tour die schönere, jedoch ist das Geschmackssache. Für diese Richtung spricht, daß die großen Anstrengungen zu Beginn gemeistert werden und der Abstieg leichter erfolgt, als über Verschneidungen und seilversicherte Wände. Für die Gegenrichtung spricht die rasche Abfahrt in einer 700Hm! Reise (wo hat man schon eine solch gewaltige?), der Wechselreise, die nur in einem kurzen Stück in flacheres Gehgelände wechselt und zwar dort wo sie in die Bettelwurfreise übergeht (dieser Abstieg wird im Folgenden jedoch nicht beschrieben).

Klaus am Abstieg in die Wechselscharte

Klaus am Abstieg in die Wechselscharte

Der Start der Runde in West-Ost-Richtung erfolgt entweder 5 Gehminuten nach der Maximilianquelle rechts abzweigend (nicht beschildert) am Weg zur Halltalerhütte, bei der ersten Ladhütte im Halltal genau bei der Talstation der Materialseilbahn mit Richtung zur Halltalerhütte, oder beim Trinkwasserstollen in Richtung Alpensöhnehütte.

Klaus und ich starten um halb acht Uhr über die erste Variante, unserem Normalanstieg zur Halltalerhütte und weiter zur Alpensöhnehütte zum Wassertanken.
Wasser ist ein zentrales Problem im Karwendel über ca. 1.700m Seehöhe und so sollte man diese Gelegenheit nicht missen, sie stellt bei unserer Route einen Umweg von nicht einmal 10min dar. Das Wasser ist auch ein Grund warum wir diese Tour als Herbsttour betiteln. Geht man im Sommer, dann muß man sehr früh losgehen, damit man am Südhang der Hüttenspitze und in der Nagelwand nicht verbrennt. Diese Partien sind sehr durstintensiv, weil auch sehr steil.

in der Nagelwand

in der Nagelwand

Der Steig bis zur Hüttenspitze wird hier nicht beschrieben weil er hinlänglich bekannt ist, bzw. leicht zu finden. Lediglich der Hinweis auf den Einstieg zur Hüttenspitze in den Wald nach der kleinen, unbewaldeten Flachstelle am Steig von der Halltalerhütte herauf sei hier gegeben. Ein kleines Holzschild auf einem der ersten Bäume gegen Norden übersieht man leicht. Der Steig im Wald ist gut markiert, es empfiehlt sich aber rasch auf den westlichen Rücken aufzusteigen, der den angenehmsten Anstieg darstellt.

Unter dem Gipfelkreuz der Hüttenspitze führt der Steig unübersehbar zum östlichen Abbruch derselben weiter, dies ist der Steig zur Wechselscharte mit, am Ende, einer kleinen leichten Abkletterstelle.

Ab der Wechselscharte beginnt die Nagelwand, eine seilversichterte, im Gesamten mehr als 60° steile, feste Wettersteinkalkwand. Man kann ein Klettersteigset verwenden, oder auch nicht, sie ist jedenfalls sehr kurz (~100hm, die in etwa dem Höhenverlust vom Hüttenspitzgipfel entspricht) und anstrengend bis die Seilsicherung in den Latschen endet.

bereits wieder im Gebüsch oberhalb der Wand, hinten schon die Wechselgipfel

bereits wieder im Gebüsch oberhalb der Wand, hinten schon die Wechselgipfel

Ab dort geht es nicht zwar nicht mehr Kletterfels, jedoch nicht minder anstrengend in einer Latschengasse weiter bis zum Abzweig nach rechts zur Kleinen Wechselspitze. Geradeaus führt der Steig weiter zur Fallbachkarspitze.

das Herbstwetter macht Laune

das Herbstwetter macht Laune; hier der Abzweig

Über die Nomenklatur der beiden Spitzen haben wir uns hier ausgelassen.

Im Sommer ist man froh um die nun folgende Partie, folgt sie doch der großen, schattigen Verschneidung zwischen beiden Wechselspitzen, einer natürlichen Störzone, die diese Verschneidung bildet und uns auch weiter oben den Weg ins Fallbachkar überhaupt erst als leichten Zugang ermöglicht. An diesem 1. Oktober 2015 jedoch waren wir hingegen froh um die Kletterhandschuhe, der Fels war eiskalt und die Rinne mit schneidig kaltem Föhn durchsetzt.

rechts die kleine Wechselspitze bzw. überhaupt die Wechselspitze

rechts die kleine Wechselspitze bzw. überhaupt die Wechselspitze

Die Verschneidung, schluchtartig vor allem im unteren Teil ausgebildet, ist leicht zu klettern, die rechte Flanke ist meist der markierte Teil und auf jener Seite findet man auch alte Sicherungsmittel, deren man aber nicht bedarf. Ein hinlänglich bekannter gewaltiger Klemmblock bildet einen willkommenen Blickfang der jedes Mal aufs Neue erbauend anzuschauen ist.

diesen Klemmblock sieht man bereits von der Hüttenspitze aus

diesen Klemmblock sieht man bereits von der Hüttenspitze aus

Diese Verschneidung ist klettertechnisch gesehen auch die größte Anforderung der Tour, alle anderen Stellen sind in etwa gleich leicht, oder leichter. Wenn überhaupt, verdient die Verschneidung nur an manchen Stellen für Bewertungsfetischisten II-.

Am Ende der Verschneidung tritt für den Bergsteiger schlechte, bröselige bis feinschluffig erdige Geologie zutage und man sieht den Grund für das vorher beschriebene.
Also quert man nun weit oben einige Meter unterhalb der Latschen die trichterförmige Erweiterung der Verschneidung und erreicht den plateauartigen Gipfel der Kleinen Wechselspitze, den zweiten Gipfel der Rundtour.

das Gipfelkreuz der Kleinen Wechslspitze

das Gipfelkreuz der Kleinen Wechselspitze

Die Aussicht belohnt dort schon für den schweißtreibenden Abschnitt, also lohnt sich das Innehalten bei einer kleinen Rast. In unserem Fall windgeschützt auf der Ostseite gegen das Kar.

Der weitere Steig in das Fallbachkar verliert sich über längere Strecken und man bleibt am besten eher am Hang unten, als daß man zu weit aufsteigt, denn der Steig führt unweigerlich in den vorderen tiefsten Karboden hinab, quert diesen über die vordere Hälfte und führt, nun wieder deutlich ausgeprägt, direkt in die Reise, die von der Westseite der Hohen Fürleg herunterzieht und die den nächsten, letzten Anstieg zum Gipfel darstellt.

Rückblick auf den Steig (bzw. verliert er sich zuweilen) von der Kleinen Wechselspitze

Rückblick auf den Steig (bzw. verliert er sich zuweilen) von der Kleinen Wechselspitze

Die Schotterreise ist in den letzten Jahren durch häufige Begehung recht stabil geworden, im oberen, steileren Teil empfiehlt sich zum Aufstieg die leichte Verschneidung zweier Einzelreisen, die immer gröberen Schotter enthält und bei diesen Korngrößen nicht so stark rutscht (kaum zu glauben, daß in alten Karwendelführern der Anstieg zur Wechselscharte nicht über die Hüttenspitze, sondern über die gewaltig lange Wechselreise beschrieben wird; wer diese einmal aufgestiegen ist, der weiß was ein Reisenanstieg bedeutet).

der Anstieg kann mühsam sein, wenn man nicht die großstückigen Passagen sucht

der Anstieg kann mühsam sein, wenn man nicht die großstückigen Passagen sucht

Die ungute Partie findet alsbald sein Ende und man erreicht den festen Fels dem man entweder nach den alten vergilbten Markierungen, oder den etwas links davon nach den neuen dunkelroten Markierungen folgt.

welche Pracht das Zinnengetürm...

welche Pracht das Zinnengetürm…

Das Gelände ist leicht zu klettern, teilweise ist es nur steiles Gehgelände, teilweise sind kleinere Kletterstellen eingelagert. In Summe ist der weitere Anstieg zum Gipfel leicht, ohne Anforderung an Kletterkünste.

ohne nennenswerte Schwierigkeiten

ohne nennenswerte Schwierigkeiten

Von den gesamten gut 2.000Hm der Rundtour (mit dem Auf und Ab am Grat, dem Hundskopf und dem Steig über die alte Halltalerhütte sogar rd. 2.200Hm) trennen ab dem Felsgelände am Ende der Schotterreise noch rd. 300Hm vom Gipfel.

hier sind oft bis tief in das Frühjahr und ab September durchgehend Schneepartieen, die aber nicht in der Aufstiegsroute liegen

hier sind oft bis tief in das Frühjahr und ab September durchgehend Schneepartien, die aber nicht in der Aufstiegsroute liegen

Diese letzten 300Hm spürt man dann plötzlich sehr in den Wadeln, wenn man lange Touren nicht gewohnt ist und der doch recht mühsame Aufstieg von der Wechselscharte seine Spuren hinterläßt.

ca. 250Hm in dieser Art

ca. 250Hm in dieser Art

Die Aussicht auf die Ostseite des Großen Bettelwurfs und das herrlich abgeschiedene Fallbachkar geben aber den nötigen Schub zum Gipfelsieg.

Eine weitere schöne, klettertechnisch mäßig schwere Tour aus dem Fallbachkar in Richtung Osteck, jedoch mit viel psychologischem Training durch die rutschenden Schottereisen, findet man hier.

König Bettelwurf zeigt seine Größe (der orange Rücken ist P2.635m und ein anstieg auf das Osteck (auch von uns auf diesem Blog beschrieben)

König Bettelwurf zeigt seine Größe (der orange Rücken ist P 2.625m und ein Anstieg auf das Osteck über das Fallbachkar (auch von uns auf diesem Blog beschrieben)

Nach dem langen markanten Plattenkalkabschnitt im Anstieg wendet sich die Route scharf nach rechts, um einen Felssporn herum und, abflachend, über die letzten ca. 30hm zum Gipfel, den wir gegen halb ein Uhr erreichten.

Klaus am Gipfel der Hohen Fürleg, 2.571m

Klaus am Gipfel der Hohen Fürleg, 2.571m

Das Gipfelkreuz, errichtet in des Verfasser Urgroßmutters Geburtsjahr 1897, ist ein Stahlkreuz, das man auch oft vom Inntal aus im Sonnenlicht aufblinken sieht. An unserem Herbsttag durften wir es unter gefühlten 50kmh schneidig kaltem Südwind erleben, der gerade den Eintrag ins Gipfelbuch mit klammen Fingern zuließ. Also machten wir uns nach dem Gipfelschnäpschen gerne weiter auf den Grat in Richtung Walderkampspitze und Trattenspitze.

klamme Finger beim Gipfelbucheintrag

klamme Finger beim Gipfelbucheintrag

Der weitere Grat ist meist breit, im Gesamten klettertechnisch ohne besondere Anforderungen und führt in mäßigem Auf und Ab über die gipfelkreuzlose Walderkampspitze (nur ein Steinmandl markiert sie) bis zur Trattenspitze, die mit 2.510m noch kaum niedriger ist als die beiden westlichen Gipfel.

die Walderkampspitze liegt vor uns

die Walderkampspitze liegt vor uns

Hier bricht der Gratkamm jäh um ca. 60Hm ab und wird in seiner wilden riffartigen Ausbildung zahmer, ja manchmal fast rund. Der Abstieg von der Trattenspitze auf den weicheren Kamm der Tratten (Bergwiesen) erfolgt im Norden, in Richtung zur geologischen Besonderheit des Bockkarlsturmes.

Gipfel der Trattenspitze, 2.510m

Gipfel der Trattenspitze, 2.510m

Dieser Abstieg kann im Frühjahr oder auch im Spätherbst weitgehend mit gefrorenem Schnee bedeckt sein, der die Begehung zur gefährlichen Sache machen kann, wenn man kein entsprechendes Schuhwerk ausgewählt hat, näheres darüber hier.

nach dem Abstieg vom Gipfelaufbau der Trattenspitze

nach dem Abstieg vom Gipfelaufbau der Trattenspitze

Der Kamm über den Tratten bildet einen feinen, schonenden Abstieg zur Mandl und Weibele Scharte, die ihn markant vom kühnen Felssporn des Hundskopfes trennt. Am Beginn des Kammes sind ein zwei kleine, mannshohe Kletterstellen eingelagert, die man rückwärts gedreht abklettert. Der Rest ist feines Gehgelände.

am Ende der Tratten angelangt

am Ende der Tratten angelangt

Natürlich darf der fünfte Gipfel dieser Rundtour, der Hundskopf nicht fehlen und wir nahmen ihn über den Felix-Kuen-Klettersteig mit und genossen gegen zwei Uhr die Nachmittagstimmung am Gipfel.

Hundskopf, 2.243m

Hundskopf, 2.243m

Wenn man diesen nicht mehr packt, oder mitnehmen will, dann nimmt man die nördliche Umgehung, ein markierter und gut sichtbarer Steig, für den aber im Frühjahr und im Herbst das gleiche gilt, wie für den Abstieg von der Trattenspitze. Vorsicht bei Schneelage ist geboten!

Der Abstieg vom Hundskopf ist Routine und bedarf keiner Beschreibung. Da ist ein Hopfengetränk auf der Hinterhorn Alm schon erwähnenswerter.

Wegen des fortgeschrittenen Tages und der Tageslänge im Herbst verließen wir die Hinterhorn Alm um dreiviertel vier Uhr. Das letzte Teilstück ist nicht zu unterschätzen, wenn nun die gesamten Höhenmeter in den Wadeln stecken. Alternativ, kann man sich auch dort abholen lassen, versäumt aber dann eine wunderschöne Wanderung in Almhöhe durch das farbenfrohe Karwendelgehölz.

Steig von der alten Halltalerhütte hinab zum Besinnungsweg

Steig von der alten Halltalerhütte hinab zum Besinnungsweg

Nach der letzten Kehre der Straße zur Hinterhorn Alm zweigt ein zunächst breiter Forstweg ab, der sich rasch zum schmalen Steig wandelt. Diesem gefolgt, erreicht man die Böden, auf die die Wasser. Und Schneemassen von den 1.000m höheren Felsen herab donnern und die jene Sturzbäche bilden, die breite Wasserfurchen mit schneeweißen Schottertürmen an den Ufern bilden. Ein einmaliges Szenario und nur an Ort und Stelle einsehbar. Ein nächtlicher Kampf zwischen Jäger und Opfer ist an den Felsbrocken beim Durchschreiten des Bachkares an den weit verbreiteten, angetrockneten Blutspritzern noch gut zu erkennen. Wildes urtypisches Karwendel!

Auf der Gegenseite des Bachkares geht es dann einige Kehren hinauf bis unter die Felsenlinie um dann, mäßig fallend, auf den Steig bei der alten Hallterhütte zu treffen. Von dort nimmt man am besten den wunderschönen Steig direkt hinunter zum Fallbach-Bachbett (nicht in der AV-Karte als roter Steig markiert, siehe Foto der Runde in der Galerie), man muß nicht den beschwerlicheren Steig über die Schaferhütte zur neuen Halltalerhütte nehmen.

Der Abstieg auf diesem Steig unterhalb der alten Halltaler Hütte bietet noch einige phantastische Ausblicke und Stimmungen.

Nach dem Überqueren des Bachbettes des Fallbaches erreicht man am Besinnungsweg den Ausgangspunkt, den Parkplatz bei der Sprungschanze wieder.

 

kein schöner Land...

kein schöner Land…

Man rechne für die Runde zwischen 9 und 12 Stunden, je nach Verfassung und Verbleib auf Gipfeln oder der Alm. Die Wegstrecke ohne Höhenmeter beträgt für die gesamte Runde knapp 16km.

Mils, 11.10.2015

 

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Speckkarspitze – Lage per 04.06.2015

Die Direttissima vom Halltal zur Speckkarspitze ist im Blog an anderer Stelle beschrieben, die heutige Begehung  war eine Erkundung der Schneeverhältnisse.

am oberen Teil der Platten, bevor der Latschenhang beginnt

am oberen Teil der Platten, bevor der Latschenhang beginnt

In der ersten Wochenhälfte hat sich bei den warmen Verhältnissen ja viel getan mit der hartnäckigen Schneedecke, die uns den gesamten Mai hindurch heimgesucht hat. Andererseits hat es der Natur gut getan, ein zu schneller Sommerbeginn wirkt sich nie gut für den Hochsommer aus. Warten wir ab, vielleicht wird der Sommer einer an den man sich gern erinnert.

Der Steig, bzw. die leichte Kletterei über die Platten war um rund 10 Uhr schon recht schweißtreibend, jedoch – eben nach den letzten Wochenenden – sehr akzeptabel und mit farbenfroher Flora ausgestattet.

Oben, über dem Plattenturm, auf ca. 1.700m befindet sich noch genug Schnee im Bachbett, sodaß die Flasche gefüllt werden kann. Dies wird in wenigen Wochen nicht mehr der Fall sein und man beachte, daß es auf der gesamten Direttissima keine Möglichkeit von Wassernachtankungen gibt.

das heutige Ziel vor Augen

das heutige Ziel vor Augen

Im Speckkar liegt noch viel Schnee und die Neuschneefälle im Mai haben kleine Lawinen verursacht, die man farblich und durch die Konsistenz gut von der Altschneedecke unterscheiden kann. Jedenfalls fällt die Querung zum Südgrat/zur Südrippe leichter als über die Reise und man kann auch fantastisch gut abfigeln auf den Bergschuhen.

Der Südgrat, er ist meist wenig prägnant ausgebildet, deshalb kann man ihn auch Südrippe nennen selbst ist fast komplett schneefrei. Ca. 100Hm vor dem Gipfel ist die Aufstiegsrinne jedoch noch hoch mit Schnee gefüllt, was wiederum im Abstieg ein toller Spaß ist.

Die Gipfelrinne, Freude für den Abstieg

Die Gipfelrinne, Freude für den Abstieg

Das Gipfelplateau ist im Gegensatz zum Kleinen Lafatscher komplett schneefrei und vor mir waren heuer acht wackere Bergsteiger am Gipfel. Gipfelbuch leider liederlich im Zustand, jedoch im Winter Gottseidank trocken geblieben.

der tolle Grat zu den Bettelwürfen

der tolle Grat zu den Bettelwürfen

Der Grat zum Kleinen Bettelwurf ist weitgehend schneefrei, der Aufstieg vom Lafatscher Joch auf die Speckkarspitze her war nicht weit genug einsehbar, um eine aussagekräftige Beschreibung zu machen.

der Sunntiger und die Hallerangerspitzen in der zweiten Kette

der Sunntiger und die Hallerangerspitzen in der zweiten Kette

Tolle Blick auf die hintere Kette, der Sunntiger und die Hallerangerspitzen im Rücken haben es mir heute angetan…

Mils, 04.06.2015