Archiv der Kategorie: Lechtaler Alpen

Loreakopf, 2.471 m bis Gartnerwand

Schon lange keimte bei hunderten Dienstfahrten über den Fernpaß der Wunsch auf die imposante Westumrahmung der Fernpaßgegend zu überschreiten, vom Loreakopf bis zur Gartnerwand. Die hauptdolomitischen Lechtaler Alpen stehen schon länger als ein Ziel der Begierde fest, sodaß der Mühsal, wochenends auch große Fahrtstrecken zu absolvieren, innerlicher Auftrieb gegeben wurde.

Blick vom Loreakopf zum Tagweidkopf

Für einen Mittelinntaler stellen die Lechtaler ein rechtes Eldorado an Einsamkeit dar. Wer als solcher nicht im tiefsten Herzen des gewaltigen Karwendels unterwegs ist, kann sich einsame Touren in seinem unmittelbaren Aktionsradius gar nicht so leicht aussuchen. In den grandiosen Lechtalern gibt es jede Menge davon und abseits von Ferienzeiten, während herbstlicher Hüttensperren umso mehr.

flach über den breiten Kamm zum Gipfel

Die hier beschriebene Fernpaßrunde ist eine leichte. Einzig der Abstieg vom Loreakopf bedarf ein wenig der Kletterei, allerdings nur über die kurze Strecke des Gipfelaufbaus bis hinab zum Verbindungsgrat zum Tagweidkopf und in mäßig schwierigem Gelände, schwach ausgesetzt. Schnee, nicht die Kletterei, kann dort, wie immer auf nordgerichteten Flächen im fortgeschrittenen Herbst, zum einzigen Gegner der direkten Überschreitung werden.

Burg Fernstein am Weg zur Loreahütte

Ein geschichtsträchtiger und ein spiritueller Start unterhalb des Fernsteinsees beginnt mit dem eindrucksvollen Blick auf die urkundlich 1288 erstmals erwähnte Höhenburg Fernstein und der weit weniger pompös angelegten, am Standort eher unscheinbaren, jedoch für den Bergsteiger umso interessanteren Kapelle der Vierzehen Nothelfer:innen (Anm. d. Verf.: nur der Link mit orthographischer Ausdrucksweise des 21. Jahrhunderts, nicht das Wissen dahinter), südlich der Klause gelegen, welche auf der bevorstehenden Reise über die Spitzen und Girlanden der Gebirgskette beruhigend sind anwesend zu wissen. Vor allem dann, wenn die Reise alleine erfolgt verleihen die  imaginären Begleiter das Selbstvertrauen des Bären und vielleicht bedarf man ja, im bedrängendem Moment der Naturgewalten, bei Blitz und Sturm auf den kühnen Graten, dem Schutze der heiligen Barbara.

Steig vom Parkplatz der Burg zur Loreahütte

Mit solcherart Stärkung beginnt der lange Aufstieg vom Parkplatz, inmitten der historischen Werksgebäude des Niederhauses (damit sind die Bauwerke der Klause, der Gebäude für Zoll, Gasthaus und die Stallungen gemeint) über den Steilrücken des Brandwaldes auf das weitläufige  Gelände der Loreaalm, unterhalb der Kargruben auf dem südlichen Gratausläufer der Loreagruppe mit dem Sittelehnerkopf als südöstlichstem Gipfel der Gruppe.

50 Jahre überlebt

Geologisch gibt es auf dieser Runde überraschenderweise kaum Abwechslung. Diese Ostecke der Lechtaler wird hauptsächlich von Hauptdolomit gebaut. Die einzigen Abwechslungen bestehen aus Einschaltungen von Plattenkalk, so auf der Westseite des Tagweidjoches, jedoch zart und fast übersehbar, und, sehr imposant und mächtig (siehe Bildergalerie),  die Nordflanke der Gartnerwand bis hinüber zum Grubigstein. Nördlich gegenüber der Gartnerwand, getrennt durch das Sommerbergjöchle, konträre Formen der Bleispitze und des Gartner Bergs gebaut von Allgäuschichten (Liasfleckenmergel, grauer Fleckenmergel, Kalkmergel), mit völlig unterschiedlicher morphologischer Ausbildung.

den Mond als Begleiter auf die Loreahütte

Nicht zu vergessen sind erdgeschichtlich jüngere tektonische Ereignisse am Fernpaß. Die Bergstürze (~4.000 a BP) direkt am Fernpaß sind aus mehreren Perspektiven auf der gesamten Fernpaßrunde, vor allem aber vom Aussichtsgipfel Loreakopf aus eindrucksvoll zu betrachten.

Denkmal der AVS Isartal

Der eigenwillige Name des Loreakopfes leitet sich ab vom rätoromanischen lura, luraria, was so viel bedeutet wie Trichter, bzw. Alpe in trichterartiger Vertiefung. Und die einhüllenden Flächen oberhalb und um die engere Lorea Alm herum treffen diese Beschreibung sehr präzise.

Rückblick auf den flachen Boden mit Zugspitzmassiv im Hintergrund

Vom Parkplatz muß zuerst etwa 200 m Umweg auf dem Weg talauswärts in Richtung Campingplatz abgeschritten werden, bevor die Gabelung mit dem Weg zur Burg Fernstein rückwärts führt. Auf diesem zweigt bergseitig der Steig zur Loreahütte ab, dem man folgt.
Alternativ am Weg weiter gelangt man zur Brücke über den Klausbach und kann dort ein schönes Foto von der Burg schießen und ebenda auch auf den Steig aufsteigen.

Nassereith in der Tiefe

Im hellen Kiefernwald schlängelt sich der Steig über die steile Flanke, die weiter oben, gegen die Krummholzzone hin, flacher wird. Am Weg dorthin führt der Steig über eine Lichtung im Wald sowie über eine zweite bereits in den Latschen.

der Zug der Gartnerwand noch weit entfernt

Letztere Lichtung ist ein verflachter Boden mit einem Denkmal aus 1968 der AV-Sektion Isartal, die auch die noch 320 m höher liegende Loreahütte bewirtschaftet. Durch breite Latschengassen führt der Steig an die Loreaalm heran, sowie in einigen Serpentinen zur Hütte. Zwischendurch wird die Aussicht auf das Gurgeltal und die Mieminger Berge immer erhabener.

knapp unter der Loreahütte erstmals der Loreakamm sichtbar

Bereits unterhalb der Hütte wird der Blick auf den Loreakopf frei. Im Vordergrund wirk der Tagetlehnkopf wuchtig, er ist aber um 130 m niedriger. Der zerrissene Grat zwischen beiden gibt Ahnung über die Lage der Loreascharte.

Loreahütte – im November bereits gesperrt und wegen der vorherrschenden Virenhysterie noch weit über den Winter hinaus

Die Loreahütte, grundsätzlich eine Selbstversorgerhütte, findet man in Zeiten der Virenhysterie geschlossen vor. Außer dem schmalen Vorraum vor der versperrten Eingangstür gibt es keine Schutzmöglichkeit vor Wetterereignissen. Der Aufstieg nahm gut zwei Stunden in Anspruch.

Richtung Loreakopf hinter der Hütte über Wiesen zum blockigen Kar

Hinter der Hütte führt der Steig weiter in das Kar der Schneelöcher. Durch Felssturzblöcke hindurch führt der Anstieg bis zum Abzweig auf die Ostflanke der Bergkette zur Loreascharte, die nun deutlich hervortritt. Im späten Herbst ist dieser Aufstieg nach Schneefällen nicht völlig frei von harten vereisten Schneefeldern. Grödel sind im Herbst ein sinnvoller Ausrüstungsgegenstand im Rucksack.

schräg nach oben auf die Loreascharte – hier kann bereits die Notwendigkeit von Eisen oder Grödel vorherrschen

Die knapp 200 Hm vom Steig zum Kreuzjoch sind teilweise steil und im letzten oberen Bereich ist der Steig im brüchigen Gelände recht mühsam zu begehen. Während des Aufstiegs hat man eine gute Sicht auf die Südseite des noch entfernten Loreakopfs und der Gratverbindung zum Tagweidkopf. Auf der Scharte angekommen darf man sich wieder der wärmenden Sonne erfreuen.

Aufstieg im schattigen Ostkar

So zerklüftet der Anblick der Ostseite des Loreakamms so lieblich nun die Westseite mit fast durchgehenden Bergwiesen bis zum Gipfel. In südlicher Richtung könnte man in wenigen Minuten den 250 m entfernten und um etwa 30 m höheren Sittelehnerkopf besuchen, ein wenig lohnende Umweg angesichts der erheblichen Strecke, die auf der Fernpassrunde noch vor einem liegt.

Blick auf das Tagweidjoch zwischen Loreakopf und Tagweidkopf

Von der Scharte sind zum Loreakopf gute 800 m unter einem Anstieg von 190 Hm zu absolvieren. Am Weg über die Bergwiesen fällt ein schöner Blick auf die enorme Nordwand der Heiterwand ins Auge – eine der längsten in den Nördlichen Kalkalpen.

auf der Westseite der Loreascharte wieder im Sommer

Gegen den Gipfelbereich hin führt der Steig über Rippen hinweg und durch schroffige Mulden dazwischen. Vor dem unmittelbaren Gipfelaufbau muß eine Scharte überschritten werden, die den Kamm deutlich von der Spitze trennt. Von dort führt der Steig in wenigen Minuten zum Gipfelkreuz.

Gipfelaufbau Loreakopf

Den Loreakopf ziert ein abgespanntes Holzkreuz mit dem aufgrund seiner Ausgesetztheit unvorstellbaren Alter von 56 Jahren, es wurde 1964 errichtet. Deutliche Spuren von Blitz und Wetter sieht man ihm an, jedoch ist es völlig intakt geblieben. Die an ihrer Spitze blank glänzende Blitzschutzleitung dürfte erneuert worden sein.

Loreakopf, 2.471 m

Angesichts der nur geringen Höhe des Loreakopfs von 2.471 m  genießt man auf ihm eine phänomenale Aussicht. Da die Dominanz mehr als 5 km zur Heiterwand beträgt stören auch nicht viele Sichteinschränkungen rundum.

Nördlicher Loreakamm nach Süden

Die Fernsicht an diesem Tag war beeindruckend, vom Westen mit dem 25 km entfernten Hochvogel über den Südwesten mit dem 30 km entfernten und höchsten Gipfel der Parseierspitze, dem 40 km entfernen Hohen Riffler führt die Beschau bis im Süden in knapp 64 km der Hochfirst auftaucht.

zentrale Lechtaler Alpen links Heiterwand 5 km im Südwesten, Große Schlenkerspitze, Blankahorn, Parseierspitze und schließlich die Freispitze in 31 km, weiter rechts noch die Holzgauer Wetterspitze in 34,5 km Entfernung

Gegen Osten, man glaubt es kaum, besteht eine direkte Sichtverbindung in die weite östliche Karwendelgruppe der Falken und zwar auf den Laliderer Falk in 57 km Entfernung und im Südosten der 75 km entfernte Olperer.

Laliderer Falk in 57 km Entfernung

Leider blieb keine Zeit, um die Szenerie am Loreakopf länger auszukosten und der Abstieg über die Nordflanke auf den Grat zum Tagweidkopf mußte nach 20 min angegangen werden.

mittig im Bild der gewaltige Hochvogel

Am Gipfel steigt man zu diesem Zweck leicht nordwestlich in Richtung auf den Grat zur 280 m niedrigeren Kopfspitze ab. Jedoch nur etwa 30 bis 40 m, bis rechter Hand eine wenig strukturierte, eher geglättete und mit Bändern ausgestattete Steilflanke den Zugang zur Schuttrinne vom Gipfel in das Kar hinab gesichtet wird. Jenseits der Schuttrinne ragen die Wände zum Gipfel hoch auf.

Nordabstieg Loreakopf im Schatten; über eine steile Flanke in die schneegefüllte Rinne und in direkter Verbindung zum Verbindungsgrat mit dem Tagweidkopf

Die Tiefe des Abstiegs richtet sich nach der Möglichkeit über ein geeignetes Band dir Schuttrinnen zu erreichen. Zu tief sollte man nicht queren, da die Rinne sonst unnötig breit wird und gequert werden muß, um auf den östlich in der Sonne liegenden Grat zu gelangen.

Gipfelaufbau Loreakopf von Norden

Die hier beschriebene Querung zur Schuttrinne, die wahrscheinlich bis weit in den Sommer und schon wieder nach den ersten herbstlichen Schneefällen mit genügend Schnee bedeckt ist, um sie nicht in unangenehm losem Schutt, sondern in hartem Schnee zu unternehmen, ist kaum mäßig schwierig, jedoch erfordert sie einen Hauch von Kletterei und Konzentration aufgrund der Steilheit. Über die verschneite Rinne läßt es sich dann bequemer absteigen als an zu breiter Stelle im Schnee zu queren.

schräge Querung – ein Steinmandl wird anvisiert

Wo die Rinne rasch breiter wird führt eine markant, wenig abwärts geneigte Felsfuge (Steinmann an einer breiteren Stelle, nicht sofort sichtbar, siehe Bildergalerie) über ein paar kleine Abstufungen auf den nahe gelegenen Grat mit einem quadratisch wirkenden oben spitz zulaufenden Gratkopf, der knapp unterhalb des nunmehr halb umrundeten Gipfelaufbaues liegt.

Steinmandl links im Bild

Die weitere Überschreitung zum Tagweidkopf findet mehrheitlich über Schrofen, weniger in Felsgelände über mehrere Gratstufen und Köpfe hinab zum Tagweidjoch und jenseits desselben auf einem auf einem grasigen Rücken, der zum Gipfelaufbau hin steiler wird, statt.

Grat bereits gut sichtbar, Route vorgegeben und leicht zu finden

Der Tagweidkopf trägt kein Gipfelkreuz, ein kleiner schlichter Gipfelsteinmann markiert den Hochpunkt. Seine Schartenhöhe ist mit 83 m eine geringe, daher ist seine Bedeutung untergeordnet.

Tagweidkopf, 2.408 m

Seine nördliche Ausprägung stellt eine fast ebenflächig fallende Schuppe dar, die im tiefsten Bereich vor dem Anstieg zum Mittleren Kreuzjoch ihre Form verliert und in mehrere breite und tiefe Klüfte zerteilt wird. Diese Klüfte können im Abstieg nur zur Hälfte durchschritten werden, ohne, daß man mit dem Suchen auf eine gangbare Passage Zeit verliert.

Überschreitung vom Tagweidkopf zum Mittleren Kreuzjoch

Deshalb hat der Verfasser den leichteren Weg gesucht und ist eine breite steile Rinne auf die ostseitigen Wiesenflächen abgestiegen, von denen es, fast direkt am Felsansatz, einen schmalen Steig gibt, der auf die Grathöhe zurück führt. Eine Entscheidung, die anscheinend schon viele Bergsteiger vorher getroffen haben müssen.

an dieser Stelle erschien der Ostabstieg durch die Rinne einfacher als das Suchen nach einem Übergang der tiefen Scharte

Der Abstieg ist kurz, schätzungsweise keine 40 Hm. Am Ende der Schlucht schaue man direkt an den Felsansätzen nach links (nördlich), um einen komfortablem schmalen Steig zu finden, der rasch wieder zur Grathöhe nach der Mitteleren Kreuzspitze hinauf führt.

Abstieg durch die Rinne

Am Weg dorthin verschwindet das Steiglein durch Murenrinnen hin und wieder, mit konstanter Beibehaltung der Steigung wird es aber rasch wieder gefunden. Das Mittlere und das Nördliche Kreuzjoch könnte man am Weg zum Östlichen leicht mitnehmen, zum flachen Gipfel führen wenig zeitraubende etwa 60 Hm vom Steiglein aus.

unterhalb der Felsen ein undeutlicher, schmaler Steig, der durch die Südostflanke des Mittleren Kreuzjochs führt

Im Spätherbst unterließ der Verfasser allerdings diese etwa halbstündige Unternehmung im Hinblick auf den kurzen Tag und der noch beträchtlichen Strecke.

undeutlich zieht der Steig hinauf, wird aber immer wieder gefunden

Der Grat zum Östlichen Kreuzjoch ist leicht zu begehen, die im AV-Führer genannte Schwierigkeitsbewertung  II- erscheint zu hoch gegriffen, hübsch – so auch im Führer zu lesen – ist der kurze, ab dem Erreichen der Grathöhe etwa 500 m lange Grat aber allemal.

auf der Grathöhe zum Östlichen Kreuzjoch

Er weist einige Felsköpfe auf, die erklettert, oder umgangen werden, zum Schluß nordseitig über steil abbrechende Wände zum tief unten liegenden Ochsengarten hin. Vereister Restschnee in geringer Mächtigkeit konnte direkt begangen werden, ansonsten wäre der direkte Grat zu bevorzugen.

schließlich nordseitig mit Schneeablagerungen

Vom Östlichen Kreuzjoch genießt man erneut eine phantastische Aussicht, wobei durch ihre Lage ein nahezu genau Süd gerichteter Blick durch das gesamte Ötztal besteht, bis sich in über 60 km Entfernung an dessen Ende die hohen Gipfel gen Südtirol aufbauen. Die Wildspitze in 53 km Entfernung rundet den Blick in die Ötztaler Alpen ab.

Östliches Kreuzjoch, 2.231 m, das Gipfelkreuz von der Jungbauernschaft Nassereith

Im Blick zu Tale eindrucksvoll nachvollziehbar ist die breite Bergrutschung unterhalb des Gipfels in Richtung Fernpaß, der einst etwa 300m tiefer war als nach dem Felsrutsch. Der Bergsturz hat ein völliges Tal gebildet, das Afrigall, das unterhalb der Anrisskante, knapp unter dem Gipfel beginnt.

aufschlussreicher Blick von der Abrisskante des Bergsturzes gleich unterhalb des Gipfels bis hinab zum Fernpaß

Nach einer Viertelstunde Rundschau vom Holzgipfelkreuz der Nassereither Jungbauernschaft wurde der Abstieg in den Ochsengarten in Angriff genommen. Ein breiter Steig führt bis hinüber zum Bichlbächler Jöchle.

nächste Etappe ist das Bichlbächler Jöchle – der mittlere Teil der Überschreitung – hier in rechter Bildhälfte

Hinab auf den Bergwiesen der Pfötschegarten*-Alm, so die Bezeichnung auf der AV-Karte, bis zum Abtauchen des scharfen Nordostgrates der Östlichen Kreuzjochspitze, an dessen von dort an sanften Rippe der Steig in den Ochsengarten sich wendet.

gewaltiger Blick von Norden durch das gesamte Ötztal mit dem Hochfirst in 64 km Entfernung

Ab dem Überschreiten der Rippe decken die schärferen Gipfel der nördlichen Loreagruppe das Sonnenlicht ab, das erst wieder an der Galtbergalm auftaucht. Das Gelände dorthin ist durch die Beweidung von Almvieh mit unzähligen Treppenstufen umgewandelt worden. Die Ausnahme bildet die Flachstelle des Ochsengartens, die sicher eine Wasserstelle für das Almvieh bildet und keinen sichtbaren Abfluss aufweist.

am Gratende und Wendepunkt des Steiges zur Galtbergalm

Einige Hundert Meter vor der Galtbergalm muß die Entscheidung erfolgen, ob man den ansteigenden „Touristensteig“ zum Bichlbächler Jöchle nimmt – welcher die Normalroute darstellt -, oder einen schon vom Östlichen Kreuzjoch aus gut sichtbaren Jägersteig, der eine kleine Abkürzung zu versprechen scheint.

die Ausflachung im Ochsengarten deutet auf einen See hin; Terrassen vom Weidevieh überall

Letzterer fiel in des Verfassers Wahl, da Zeit kostbar war, zum Zeitpunkt an der Alm war der Nachmittag bereits angebrochen und gerade etwa die Hälfte der Rundtour absolviert.

Galtbergalm gegen Gartnerwand – ein schönes Stück noch voraus

An der Alm kann auch mit dem Abstieg zum Fernpaß begonnen werden, sollte man sich über die zweite Etappe nicht mehr darüber hinaus sehen. Durch das Kälbertal erreich man den Fernpaß in etwa in eineinhalb Stunden.

altes Almgebäude und Jägersteig zum Bichlbächler Jöchle im Hintergrund

Am Weg zum Jägersteig wird noch ein uriges Almgebäude erreicht, das als Magazin für Zäunung und sonstiger Gerätschaft dient und kurz vor dem Beginn des Latschenhangs mit dem Steig liegt.

Jöchlehütte, etwas unterhalb des Bichlbächler Jöchles

Der Steig sieht harmloser aus als er hinsichtlich der Anstrengung zu begehen ist. Ein rechtes Auf und Ab macht ihn zur durchaus überdenkenswerten Route zum Jöchle. Ob da nicht doch der Touristensteig die angenehmere Wahl  darstellt? Eine dreiviertel Stunde bis zum Jöchle muß man rechnen und der Höhenunterschied zwischen der Galtbergalm und der Jöchlehütte (Jagdhütte) von 100 m dürfte am Steig spürbar mehr betragen.

am Bichlbächler Jöchle mit Blick nach Bichlbach

Über steil werdende Schuttreisen wird nun der Kamm der Gartnerwand angegangen. Vom Bichlbächler Jöchle bietet sich ein erster toller Blick über die nordwestlichen Lechtaler Alpen bis ins Reuttener Becken hinaus. Der Steig zu den Schrofen auf die Westschulter der Gartnerwand ist schwach ausgeprägt, aber sichtbar und vom Jöchle aus ist der Querschnitt der Plattenkalkschuppe der Gartnerwand gut erkennbar.

Aufstieg auf die Westschulter der Gartnerwand

Im Rückblick am Aufstieg beeindruckt die bereits zurückgelegte Strecke ab dem Loreakopf mit der Galtbergalm bereits im kalten Schatten der Abdeckung. Die Wahl der Runde im Uhrzeigersinn bietet auch die längst mögliche Sonnennutzung – über die Gartnerwand auf den Grubigstein steht keine Abdeckung durch andere Berge im Weg.

Rückblick vom Kamm der Gartnerwand auf den zurückgelegten mittleren Teil der Runde

An der langen, wiesenbewachsenen Schuppe auf die Westerhebung der Gartnerwand wird über 400 m aufgestiegen, nach den Schrofen vorwiegend über Wiesengelände, ab und zu direkt an der Abbruchkante.

oben flacher zum wenig ausgeprägten Westgipfel

Den niedereren Westgipfel trennt vom Ostgipfel mit dem Gipfelkreuz eine felsige Mulde in die eine steile Flanke vom Westgipfel hinab führt. Hier gibt es teilweise Seilversicherungen, deren man aber kaum bedarf, weil das Gelände nicht entsprechend schwierig ist.

die große breite Mulde zwischen den beiden Gipfelerhebungen der Gartnerwand

Die Mulde reicht über die hauptdolomitische höchste Schuppe  bereits hinab zum Plattenkalk, durch den eine eindrucksvolle Rinne wieder nach oben führt. Die Bildung der Mulde ist wahrscheinlich auf Abrutschen der deckenden Hauptdolomitschicht zurückzuführen und so erklärt sich die Muldenbildung überhaupt.

Passagen im kleinstückig brechenden Hauptdolomit

Am Kreuzungspunkt der Gartnerwand mit dem Verbindungsgrat nach Norden – zum Sommerbergjöchle – wurde ein sehr interessantes, seltenes Kleeblattkreuz (symbolisch als Verbindung von Christuskreuz und Dreifaltigkeitszeichen) aus geschweißtem Stahl mit geschraubtem Kreuzknoten errichtet. Es dürfte somit nicht besonders alt sein, einige Jahrzehnte hat es allerdings sicher überdauert. Von diesem Punkt aus sind die Plattenkalke der Nordseite der Gartnerwand sehr eindrucksvoll zu bestaunen.

interessantes seltenes Kleeblattkreuz auf der Ostseite der Gartnerwand beim Kreuzungspunkt mit dem Verbindungsgrat zum Sommerbergjöchle

Das Gipfelkreuz am Ostgipfel strahlt wesentlich weniger Charisma aus als das kleine Kleeblattkreuz in 160 m Horizontal- und 11 m Vertikalentfernung. Es ist einem Bergsteiger und Gönner gewidmet und wurde an den Balkenenden mit den Lilien des Jakobskreuzes verziert, welches für die Gegend eher untypisch ist.

Ost- und Hauptgipfel der Gartnerwand in der Nähe

Nach wenigen Minuten mußte auch die aussichtsreiche Mauer der Gartnerwand verlassen werden, da um halb vier Uhr der Kampf mit dem Tageslicht bereits begonnen hat. Der Abstieg zum gut eineinhalb Kilometer entfernten und 144 m niedrigeren Grubigstein fand bereits unter beschleunigtem Schritt statt.

Rückblick auf den ersten Abschnitt des letzten Teils der Rundtour

Nach einer halben Stunde war dieser in goldenem Abendlicht erreicht und bot nochmals ein schönes Motiv vom letzten Gipfelkreuz für diesen Tag. Mit dem gewaltigen Zugspitzmassiv im Hintergrund mußte diese Szene in jedem Fall eingefangen werden.

Gartnerwand, 2.377 m

Zeit zum Verweilen blieb keine, die Uhr zeigte bereits 16 Uhr und in einer Stunde würde die Dämmerung beginnen. Bis dorthin wären noch über 6 km Steig und 1.100 m Abstieg zum Fernpaß zu absolvieren.

eindrucksvoller Plattenkalk auf der Nordseite der Gartnerwand

Mit eiligem Schritt wurde über Lawinenverbauungen im Schrofengelände zum Grubigsteinhaus in das Schigebiet abgestiegen. Durchschlupfe gibt es genug, mit sorgfältigem Vorausschauen erwischt man auch die beste Route.
Am steilen Abstieg auf der Schipiste in Richtung Grubig und dem Steig zurück zum Fernpaß taten sich noch einige Szenen des Sonnenuntergangs auf – nicht die klassisch abgelichteten, aber eben Herbstlicht auf Bergen bei flachem Sonnenwinkel, ein spezielles Licht mit besonderem Reiz.

die Sonne bereits tief am Horizont, Zeit für beschleunigte Schritte

Ein letztes Bild in letzter Minute – bevor der Akku den Geist aufgab – konnte noch am Abstieg auf dem von Downhillradln arg missbrauchtem Steig aufgenommen werden. Es zeigt den ersten Teil der bärigen Rundtour, eine Ansicht vom Loreakopf über das Östliche Kreuzjoch bis zur Senke unterhalb der Galtbergspitze, welche den Ochsengarten und das Hüttetal umfasst.

tolle Stimmung am Abstieg von der Gartnerwand zum Grubigstein

Um diese Jahres- und auch Tageszeit brauchte man sich als schneller Downhillwalker keine Sorgen zu machen von hinten aufgegabelt zu werden; im Sommer jedoch würde der Verfasser dafür aber nicht seine Hand ins Feuer legen. Am „shared trail“ zum unfreiwilligen Gehitchbikten ein „geiler“ unfreiwilliger Mitfahrer zu werden erscheint nicht bei den Haaren herbeigezogen, wenn man sich die Videos der Herrn Purner und Reynolds auf der Langes Bergbahnen Website ansieht.

sagenhafter Blick durch die Wettersteingipfel bis in die östlichen Karwendelregionen

Anyway, riding folks, auf den letzten Abstiegsmetern erscheint die Landschaft von einem Extrem geprägt, das man sich im Video von Herrn Reynolds näher ansehen kann und zwar in den Sekunden 53 bis 56 des 1:39 langen Streifens.

Rückblick auf eine steilere Passage am dem Abstieg von der Gartnerwand

Innerhalb dieser drei Sekunden schwenkt die Kamera drohnenartig über das Gelände und man bekommt einen guten Überblick über die generelle Landschaft der Vilalp, die in ihrer kupierten Ausprägung anmutet, als wäre von dieser Flanke ein sekundärer Bergsturz abgebrochen, der Kuppen aufgeschoben und die Massen dahinter wieder bremsen ließ. So sieht kein unbeeinflusstes Normalgelände eines steilen Hangs aus, oder doch?

durchaus interessanter Abstieg mit einigem Auf- und Ab

Gegen halb sechs erreichte der Verfasser die Fernpassbundesstraße und erlebte noch ein kleines Waterloo, indem der Bus zum Fernsteinsee etwa eine Viertelstunde vorher abgefahren war und für den nächsten und letzten Bus am Samstag Abend knapp eineinhalb Stunden Geduld erforderlich wurde.

epische Szene am Grubigstein mit Zugspitze

Bereits im Dunkel – unter Zuhilfenahme der kleinen Taschenlampe aus dem Rucksack, die wider erwarten tadellos funktionierte – wurde der letzte Steig oberhalb der lebensgefährlich zu begehenden Bundesstraße beschritten. Dieser Steig erfordert nach der bereits über 20 km andauernden und mit genügend Aufstiegsmetern gespickten Überschreitungsrunde die letzten Kräfte, um den Bus zu erreichen, dessen Abfahrtszeit man sich nicht genau einprägte. Eine sinnlose Hast zur Haltestelle gegenüber der Tankstelle wurde daher über die erneut erforderlichen Anstiege eingelegt.

ins Schigebiet abgestiegen

Angestrengt den Fahrplan beleuchtet wurde rasch klar, daß der letzte Bus kaum eine Viertelstunde voraus war und die Wartezeit weit über eine Stunde betragen würde. Zum Absteigen am Steig war die Strecke mit 3 km zwar nicht sehr lang, die Lichtquelle aber zu unsicher und der Zeitvorteil gegenüber dem Bus – bei Tageslicht – mit etwa 20 Minuten nicht allzu groß; sodaß diese einfachste und naheliegendste Alternative nicht zuletzt aufgrund der bereits absolvierten Strecke nicht in Erwägung gezogen.

Grubigsteinhaus – so die Bez. nach AV

Mittlerweile meldete auch die spätherbstliche Abendtemperatur auf 1.200 m Seehöhe gepaart mit einem leichten Lüftl dem Empfinden, daß es klüger wäre sich in einen temperierten Raum zu begeben. Ein solcher wurde einzig in der Tankstelle gegenüber gefunden, offenbar das einzig vom Mensch bevölkerte Gebäude am Fernpaß.

Wer nun weiß, daß man sich am 07. November 2020 mitten in einer sinnlos inszenierten Virenhysterie befand, kann die Erlebnisse verstehen, die in kurzer Schilderung etwa so zusammengefasst werden können:

Ja, eine Bierdose verkaufe man, aber ein Aufenthalt im warmen Verkaufslokal wird nicht angesichts der Pestgefahr unter keinen Umständen geduldet. Auch nicht mit dem Zutz (Maske) vor dem Konterfei. So die Festlegung der zwei Burschen, den Herren der Tankstelle, dem einstigen Herzog Sigismund etwas weiter zu Tale auf Burg Fernstein gleich. Derart musste das Auftreten der heutigen beiden Grafen beurteilt werden.

dann ging es recht schnell mit der Sonnenbeleuchtung auf der Zugspitze

Wer den Verfasser kennt, den nimmt es nicht wunder, daß solche Aussagen dazu gereichen, sich erhobenen Hauptes von Plebejern zu distanzieren. Ein passender Warteplatz im leichten Abendwind bot sich auf der Straßenseite gegenüber auf der Terrasse an einem Campingtisch, etwa zwei Meter vom Straßenrand entfernt.

Eine gute Stunde lang konnte nun das Treiben auf der Tankstelle beobachtet werden – und es wurde wie ein modernes Wirtshaus im Spessart empfunden.
Da wurden Reisende in ihrem Fahrzeug mit erhobenem Zeigefinger von dannen geschickt, die ein WC aufsuchen wollten, Campingfahrzeuge schon beim Einparken gehindert, ohne zu wissen, was der Fahrer eigentlich im Sinn hat und in einer Sprache angesprochen, die manche meinen, von vornherein anwenden zu müssen, wenn der Eindruck nahe liegt, daß man mit einem korrekten deutschen Satz nicht verstanden werden würde. Da wurde von den herzoglichen Burschen in Strenge und Lautstärke alle jenes abweisend geregelt, was nicht unmittelbar Umsatz einzutragen schien. Tourismusland gute Nacht!

Ehrwalder Sonnenspitze, Griesspitzen und Marienbergspitzen

Während der Wartezeit brausten scheinbar Tausende Fahrzeuge mit Getöse zwei Meter vor dem Lagerplatz des Verfassers entfernt vorbei, grenzenlose Mobilität in all ihren spürbaren Facetten mit Lärm, Gestank und Fahrtwind.
Der Fernpaß mit seiner schmuddeligen Tankstelle, ein dunkler und menschenfeindlicher Ort an dem man weder ein paar Minuten, noch eine gute Stunde in der Kälte verbringen möchte.

Seither erscheinen diese Szenen bei jeder beruflichen Überfahrt immer wieder im Gedächtnis und manifestieren auf ewig die Überzeugung das Fahrzeug selbst mit leerem Tank über den Pass schieben zu wollen, bevor dort jemals getankt werden würde.

Der Bus Nr. 150 schließlich brachte den Verfasser pünktlich ab 18:57 in wenigen Minuten an den Ausgangsort zurück und noch dazu um lächerliche zwei Euro zwanzig. Der Busfahrer war wegen seiner sonderbaren Fracht und des sonderbaren menschenleeren Ziels des Rucksackträgers gleichermaßen verblüfft, wie der Rucksackträger während seiner Wartezeit über die abstrusen Aktivitäten an der neumodernen Zollstelle auf der Passhöhe.
Ein Roadmovie in Tirol – schräger samstagabendlicher Abschluss einer phantastischen Bergtour in den Lechtalern.

das Abschluss- und Akku-Kapitulationsfoto vom südlichen ersten und mittleren Teil der bärigen Überschreitung des Fernpasses

Mit knapp 23 km in 10:05 Stunden Gesamtzeit (incl. Gipfelpausen) stellt die bärige Runde noch keine bemerkenswert lange Tour dar, jedoch ist sie damit schon nur mehr knapp innerhalb der Tageslichtgrenzen zum Ende des Novembers. Eine Lampe tut not zu dieser Jahreszeit, ebenso Grödel oder Steigeisen. Die zurückgelegte Aufstiegshöhe misst 2.465m. Da die Runde auf der Passhöhe endete, beträgt der Abstieg lediglich 2.170m. Zur Jahreszeit bestechen die Einsamkeit und die Stille der Lechtaler trotz des wahnwitzigen Autodroms in der Tiefe.

Mils, 07.11.2020

* Pfötschen = Fichten

 

Rundtour Starkenberger- und Larsenntal über die Verborgene Gratscharte, 2.454m

Mit beeindruckenden Landschaften, zerrissenen Graten und kühnen Gipfeln beeindrucken die Lechtaler Alpen generell und die Rundtour durch Starkenberger- und Larsenntal dringt tief in dieses Szenario ein.

letzte Meter auf die Verborgenen Gratscharte

Der phantastische Anstieg im weitgehend abgeschotteten Starkenbergtal, die dunkelgrauen Hauptdolomitberge, die Aussicht auf 2.454m am Hochpunkt der Runde sowie das wenig berührte, wildromantische Larsenntal verzaubern den Bergfreund mehrfach.

der Blick nach Westen wird immer interessanter

Die gesamte Tour liegt am markierten Steig, oberhalb des Steinsees bis zur Verborgenen Gratscharte teilweise mit fehlenden oder undeutlichen Steigspuren, jedoch immer ausreichend markiert. Sie läßt sich nach Belieben mit Gipfeln erweitern, die Dremelspitze wäre eines der leichten Ziele, die etwa 500Hm mehr Anstieg erfordert.

Im unteren Teil des Aufstiegs von Starkenbach

Die mittellange Runde beginnt in Starkenbach und zwar bei etwa zwei Drittel der Straße zum Schotterwerk zu Beginn des Starkenbergtals. Links neben einer Schotterdeponie, oberhalb der Bürogebäude zieht ein zuerst breiter Weg, dann ein Steig nach Südost auf den Ostrücken des Garseilkopfes hinauf, der offenbar „Kopfsteig“ genannt wird.

zunächst steil der Anstieg

In einigen Serpentinen geht es durch den Wald empor und im oberen, etwas flacheren Teil durch riesige Einzelblöcke aus Kalk, höchstwahrscheinlich ein Relikt an Geschiebe des Inngletschers.

Bereits auf der Garseilwiese, links die „Scheißet Riepe“

Ab der Garseilwiese, einer größeren Almfläche auf etwa 1.200m führt ein Schotterweg recht flach weiter ins Starkenberger Tal bis zur Alfuzalm auf etwa 1.260m.
Von der Garseilwiese aus nach Norden hat man auch einen schönen Blick auf die sogenannte „Scheißet Riepe“, eine weit über 1.000Hm messende natürliche Schutthalde vom Senftenberg herab – sie soll die größte in den Nördlichen Kalkalpen sein. Im August 1999 rutschten bei einem Unwetter 7,5Mio Kubikmeter Material in das Starkenbergtal, die Aufräumarbeiten dauerten über 14 Jahre an. Nicht von ungefähr befindet sich unweit des Ausgangspunktes der Tour ein Schotterwerk.

Blick nach Süden zum Venet

Durch die Abdeckung des Rückens zur Silberspitze (2.461m, mit vom Inntal aus auffallend schlankem Anstiegsrücken) gen Süden den kalten Föhn nun ein wenig weniger stark verspürend traten wir ins hintere Starkenbergtal ein und setzten – nach einem kurzen Abstieg – bei der Alfuzalm über den Starkenbach. Bis hierher könnte man auch mit dem PKW fahren, es gibt einen öffentl. Parkplatz.

das schöne Starkenbergertal beginnt

Die folgende Strecke neben dem kleinen Starkenbach mit seinem doch recht breitem Schwemmbereich, der von bedeutenden Wassern bei Hochwettern spricht, mutet richtig bärig an. Der Schotterweg ist teilweise nur gut einen Meter breit und an manchen Stellen  erhebt sich die Frage, die dort ein Lastenfahrzeug, das die Steinseehütte versorgt, noch fahren kann.

bei der Alfuzalm (hier auch der Parkplatz)

Links und rechts ziehen einsame steile Täler mit schroffen Felsbegrenzungen zu beiden Seiten vom Starkenbergtal ab – durch das Wildkarletal kann man den kühnen Spitz des Bergwerkskopfs betrachten.

nach Querung des Starkenbaches, links das Vileidtal

Weiter drin, in „Hinterstark“ wird der Starkenbach zahmer und die breiten Schwemmkegel verschwinden in der flacheren Landschaft. In Hinterstark, auf 1.641m, befindet auch die Abzweigung zur Steinseehütte, die uns zur Verborgenen Gratscharte bringen wird.

kurz vor dem Wildkarlestal

Das Starkenbergtal weiter gegangen und über das Gebäudjöchl gesetzt, würde man das Württembergerhaus erreichen. Bis zur Abzweigung Hinterstark waren wir vom Ausgangspunkt etwa zweieinviertel Stunden unterwegs.

Hinterstark (1.614m) mit Abzweigung zur Steinseehütte, im Hintergrund der Spiehlerturm

Der Aufstieg zur Steinseehütte nimmt etwa eine dreiviertel Stunde für die 450Hm in Anspruch. Nach dem ersten Drittel zieht sich der Steig neben der Materialseilbahntrasse durch das Tal hinauf. Auf dieser Strecke legte der Wind durch die Höhe wieder zu, sodaß eine Rast bei der mittlerweile geschlossenen Steinseehütte kurz ausfiel. Den Winterraum fanden wir versperrt vor.

Starkenbachtal mit Talkessel und Übergang zum Württembergerhaus (über das Gebäudjöchl leicht links der Bildmitte)

Interessant sind die unterschiedlichen Hüttenschilder. Das Schild auf der eigentlichen Hütte spricht vom Bau 1925 und einer Höhe von 2.069m, das wahrscheinlich alte Schild auf der Seilbahnhütte spricht vom Bau 1924 und einer Höhe von 2.040m. Weit und breit ist kein alter Bauplatz zu sehen, der zwischen 20 und 30m tiefer gelegen wäre. Es könnte sich also um einen Vermessungsfehler in den 1920er-Jahren handeln.

Steinseehütte (2.069m) gegen Seekarspitze

Der Aufstieg zum Steinsee mit seinem malerischen Panorama gen Osten nimmt gut 20min in Anspruch. Kurz vor dem Steinsee wird der Blick auf die Vordere Dremelscharte frei. Von ihr erfolgt ein schöner Aufstieg in leichtem Klettergelände zur Dremelspitze (2.733m).

Blick zum Rosskarschartl

Auf 2.222m gelegen und etwa 150m auf 100m in den Maßen umgibt den Steinsee am Talschluß ein prächtiges Panorama, seine Tiefe kann nur anhand der umgebenden Geländeneigungen mit etwa 10 bis 15m geschätzt werden. Die Intensität des kalten Herbstwindes bei unserer Begehung drückte sich deutlich an der Wasseroberfläche aus.

Steinsee, 2.222m

Seinem Ufer wird nach dem Wegweiser noch kurz gefolgt, bis die roten Markierungen den Richtungswechsel gen Osten, direkt auf den Grat zwischen Hanauerspitze und Bergwerkskopf sich wenden.

Panorama am Steinsee – Bergwerkskopf (2.728m)

Auf diesem Teil verschwinden die Steigspuren teilweise gänzlich und die roten Markierungen müssen zur Orientierung fokussiert werden. Allerdings kann die Verborgene Gratscharte vom Talboden aus gut eingesehen werden und somit sind die Markierungen nicht unbedingt nötig zur großräumigen Orientierung.

weglos aber gut markiert zur Verborgenen Gratscharte (genau über Simon)

Die Route zur Scharte steuert geradewegs auf die Schuttflanke des Grates zu und an der Flanke werden die Steigspuren wieder sichtbar.

der Blick nach Westen wird immer interessanter

Von weitem schon fallen die extremen parallelen Faltungen der obersten Felsschichtplatten auf, regelrechte Stauchungen können beobachtet werden und je näher man ihnen auf der mühsam zu begehenden, steilen Schuttflanke kommt, desto eindrucksvoller werden die Beugungen der Einzelschichten. Ein wunderbar Zeugnis von tektonischen Vorgängen während der Gebirgsbildung.

bäriges Panorama der Lechtaler hinter dem Steinsee

Im oberen Teil wechselt der mühsame Aufstieg von Schutt- und Geröllflächen hin zu leicht felsdurchsetzten Reisen und die letzten Meter führen durch festen Fels in leichter Kletterei zur Verborgenen Gratscharte auf 2.454m.

Simon erreicht das Felsgelände; man beachte die schönen Schichtfaltungen im Hauptdolomit

Die Höhe der Scharte ist im Kartenwerk und Berichten des Internet zu sehr unterschiedlich angegeben (teilweise findet sich die Angabe 2.520m, die zum unbenannten nördlich der Scharte gelegenen Kopf gehört), weshalb der Autor sozusagen als amtliche Aussage tirisMaps bemüht hat und die dort publizierte Höhe entnommen hat.

oberer Teil des Aufstiegs zur Verborgenen Gratscharte

Unwirtlich wegen des starken Jochwindes fanden wir die Verborgene Gratscharte vor. Eine windgeschützte Rast wäre im ostseitigen Lee der Scharte möglich gewesen, aber dort fanden wir eine geschlossene Schneedecke vor, weswegen wir beschlossen weiter unten im Talboden des Larsenntales zu lagern. Die Finger wurden alleine durch die Bedienung der Handykamera schon klamm genug, die Umstellung auf Winterbetrieb hat der Körper im Oktober einfach noch nicht drauf.

Manuel und Simon in der Verborgenen Gratscharte, 2.454m

Da der Übergang ins Larsenntal den geodätischen Hochpunkt der Rundtour bildet, lohnt es sich die umliegende Bergwelt zu verinnerlichen, vor allem nach Westen.
Man findet dort, als markantesten Vertreter der unmittelbaren Umgebung und als höchsten Gipfel der Nördlichen Kalkalpen und damit auch der Lechtaler Alpen die Parseierspitze (3.036m), ein auch geologisch interessanter Berg.

atemberaubendes Panorama von der Verborgenen Gratscharte nach Westen mit Parseierspitze und vielen anderen hier beschriebenen Gipfeln

Links (östlich) davon der runde Gipfel des Gatschkopfes und wieder links davon der Simeleskopf, der formschöne Gipfel des Blankahorn mit seiner markanten steilen Ostflanke wird durch die genau davor liegende Kreuzspitze abgedeckt, nur die Flanke ist bei scharfem Hinsehen sichtbar. Links der Kreuzspitze befinden sich in der Kette, die die Parseierspitze entsendet noch Wannenkopf und Rauher Kopf.

Rechts der Parseierspitze, mehr im Westen, finden sich die Spießrutenspitzen in der Ferne, die Gebäudspitze und der Bittrichskopf in unmittelbarer Nähe an der Umgrenzung des Starkenbachtals.

Rechts neben dem Bittrichkopf (2.698m) lugt knapp oberhalb des Grates die 13.9km entfernte Freispitze (2.884m) hervor, getrennt durch den scharfen Grat mit der höchsten Erhebung des Jägerrückens. Die Freispitze, ein unbedingtes Ziel in der nächsten Saison aus bergsteigerischer und aus geologischer Sicht.

Fast im Westen liegt ein schöner Pyramidengipfel in der Ferne. Es handelt sich dabei um den Westlichen Schafhimmelkopf (2.712m). Die beiden wuchtigen kofelartig rundlichen Köpfe rechts davon sind die beiden Leiterspitzen (Hauptgipfel 2.750m), die rechts dem  vorgelagerten und daher schwer erkennbaren Doppelgipfel der Hinteren Gufel Spitze. Das Bild schließt ab mit der Erhebung 2.656m am Grat zum Hintern Gufelkopf.

ostseitiges Panorama von der Verborgenen Gratscharte

Nach Osten bietet sich aus dem Blickwinkel der Scharte mit dem eher flach verlaufenden Larsenngrat zunächst ein weniger spektakuläres Panorama, jedoch werden weitere unten tolle zerrissene Gipfel in der nordöstlichen Talkesselbegrenzung sichtbar.

ostseitiger Abstieg von der Verborgenen Gratscharte

Es sind dies vor allem die Gipfel, Zinnen und Türme von der Kleinen Schlenker zum Großen Schlenker, aber auch die Brunnkarspitze.

Zunächst jedoch mußten wir den Abstieg durch den Schnee hinter uns bringen. Etwa 150Hm war dies eine etwas rutschige Partie, jedoch unschwierig. An der Ostflanke des Grates reichen fahrbare Schotterreisen weiter hinauf, weswegen wir bald unterhalb des Schnees in den Reisen bis zur Vegetation abfahren konnten.
Der Aufstieg auf dieser Seite wird durch die lockeren Reisen allerdings unangenehmer sein.

Steinkarspitze, Schneekarlespitze und Dremelspitze (2.733m)

Der oberste Talkessel des Larsenntales erscheint noch größer in seiner Ausdehnung wie jene des Sarkenbachtales. Selbst mit der Unterteilung durch die langen Grate der Schlenkerspitzen und der Brunnkarspitze herab überwältigt die Größe – der Talkessel bildet eine beeindruckende Arena.

Verborgenen Gratscharte im Rückblick von Osten

Über dolinendurchzogenen Wiesen führt der Steig auf einen leichten Rücken hinab. Im Tiefsten des Talkessels bildet eine leichte Senke an dem sich das „Seale“, ein kleiner See befinden sollte. Mag es diesen im Frühjahr und im Sommer geben, im Herbst trafen wir ihn nicht an.

Abstieg in den weiten Talkessel des Larsenntales

Vor dem Mitterjöchle verbachten wir ein paar Minuten Rast oberhalb dem sich nun prächtig ausformenden Larsenntal, das sich noch nicht einsehbar weit hinauszieht. An dieser Stelle vermittelt der Blick Richtung Inntal auch die Abgeschiedenheit der Landschaft und weil hier generell und speziell um diese Jahreszeit sehr wenig Besucher stören hatten wir auch das Glück einen kapitalen Hirsch auf einer freien Fläche zwischen den Latschenwäldern anzutreffen.
Hinter einer Geländerippe tauchte das für uns groß anmutende Tier (die Geweihkrone eine männliche Größe weit übersteigend) in etwa 200m Entfernung unter uns in der Nähe des Steiges auf. Eine falsche Bewegung mit Trittgeräusch unsererseits beim Suchen von Deckung zur Beobachtung und Ablichtung löste allerdings die feinen Sinne des Bockes aus und er verschwand im Latschenwald.

Kleiner Schlenker, Schlenkerturm, Großer Schlenker (2.827m)

Unweit unterhalb dieses seltenen Erlebnisses liegt die oberste Jagdhütte im Larsenntal.
Sie trägt auch den Namen Hanlehütte (1.780m) und liegt unweit oberhalb einer tollen Klamm, die in die nächste unterhalb gelegene Talstufe überleitet.

vom Mitterjöchle talauswärts aus dem langen Larsenn geblickt

Am freien Wiesengelände um die Hütte kann man untypischen Sandstein und verwunderliche Kalkbreccien bestaunen. Über diese erstaunlichen Funde wir noch weiter unten berichtet.

Jagdhütte Hanlehütte 1.780m gegen Wildkarlespitze

Es geht hinab zur nächsten Lichtung über den Steig innerhalb der Latschen wo auf etwa 1.500m die „Bauhofhütte“ erreicht wird. Es liegen dort zwei Hütten, die obere (Larsenn Nr. 2) eine Hütte der Bergrettung, die untere eine Jagdhütte.

Klamm unterhalb der Hanlehütte

Der Wald in der Umgebung zeugt von völliger Naturbelassenheit, lediglich Material für den Hüttenbau wurde ihm entnommen. Wurzelstöcke mit Stammdurchmessern von weit über einem Meter konnten wir sichten. Es gibt viele Lärchen, ein „Urbaum“ der Tiroler Wälder.

Rast bei den „Bauhofhütten“

Hier beginnt der aufregendste Teil der Durchquerung des Larsenntales.
Talauswärts passiert der Steig nach kurzer Strecke noch eine weitere Hütte (Jagdhütte), die bergseitig liegt und nicht besonders benützt anmutet, sowie einige Wegminuten darauf eine Hütte (Schaferhütte, auch Milser Alpli1 genannt) unterhalb des Steiges.

Manuel im Bachbett des Pleisbaches

Das Tal verengt sich nun zunehmend und der Steig führt über ein stetiges Auf und Ab (man soll dafür gesamt etwa 180Hm annehmen) das nach dem bereits absolvierten Aufstieg zur Verborgenen Gratscharte hinzukommt.

die Rutschungen am Brandbach mit interessanten grobblockigen Einlagerungen

Auf der Strecke im engen Teil des Larsenntales müssen einige Wasserläufe, die vom Larsenngrat herunterbrausen durchquert werden und da sie im Laufe der Zeit jeweils einen Einschnitt gebildet haben, ist deren Querung mit einem Abstieg und einem Aufstieg auf die Flanke verbunden.

der Larsennbach transportiert nicht nur Kalkgestein, auch Sandstein der Muttekopfgosau ist dabei

Bei der Querung Brandbach erreicht der Steig, der sich übrigens in hervorragendem Zustand befindet und offensichtlich kürzlich saniert wurde, seinen Tiefpunkt direkt am Larsennbach. Der Schuttkegel, der mit der Zeit dort abrutscht legt interessante geologische Details frei. Zwischen feinen Schotterpartien liegt eine Schicht von großen Felsbrocken, was auf ein umfassendes kurzes Ereignis zwischen langen Zeiten von geringer Aktivität hindeutet, beispielsweise ein größerer Felssturz, zwischen langen Zeiten mit wenig Felsabtrag.

Rückblick auf das Innerste im Larsenn

Betrachtet man die Brocken genauer stellt man fest, daß es sich zum Teil um Breccien mit Kalk- aber auch Sandsteinanteilen handelt. Diese hier zunächst völlig überraschende Entdeckung hat ihren Ursprung gut 1.000Hm oberhalb des Bachlaufes im Larsennkar. Dort  haben sich vor etwa 90 bis 40Mio Jahren in den flachen Lagunen des Meeres die Gosaugruppen durch Ablagerungen von Sedimenten auf den heutigen Bergspitzen gebildet.
Im Larsennkar ist eine solche Breccienscholle der Muttekopfgosau vorhanden und im Laufe der Zeit lösen sich Bruchstücke, die talwärts bewegt werden.

toller Steigverlauf über schwierige Passagen im steilen Hang

Nach dem eindrucksvollen Brandbacheinschnitt führt der Steig manchmal kühn über Abbruch- bzw. Hangrutschungszonen zu einem Hockpunkt hinauf, dem Spielhahnbachle. Der Anstieg erfolgt über rd. 80Hm und ist der längste Gegenanstieg talauswärts.

einer der vielen Wasserläufe im Larsenntal, hier mit Kolk

Die Szenerie beim Spielhahnbachle verzaubert den Betrachter und mag der schönste Ort im Larsenntal sein. Einerseits schießen die zerstäubten Wasser des Spielhahnbaches über den Fels geschätzt 50Hm herab, andererseits bildet der etwas tiefere Einschnitt im Fels eine Art  eigenes Vorgebirge zum tiefen Einschnitt des Larsennbaches. Steht man an den Flanken vor oder hinter dem Einschnitt kann man rechtwinkelig zum Gebiet „in der Höll“ steil aufragende Felsen hinab bis zum etwa 200Hm tiefer liegenden Larsennbach bestaunen.

der höchste Wasserfall des Spielhahnbachles (man beachte die Kameraden unten rechts)

Ein weiters Highlight im zauberhaften Larsenntal ist die „schwarze Erde“ lokal um das Arzbachle. Der Steig durchquert eine mehrere Zehn Meter breite und (nach der Erinnerung des Autors) vermutlich an die  10 bis 20m hohe Schichteinlagerung eines in der Umgebung von Hauptdolomit total fremden geologischen Ursprungs. Die farbliche Trennung sticht sofort ins Auge und die Grenzen sind leicht zu verfolgen. Es handelt sich dabei um schwarze Schiefer die, vermutlich durch tektonische Bewegungen, großteils zerrieben sind und die gesamte Schicht im Hang daher wenig Kohäsion aufweist und steil abfällt.

die Gegend um das Arzbachle – schwarzer Schiefer umgeben von Kalkgestein

Nach dem Arzbachle dreht das Tal weit nach Süden. Dieser Teil des Tales bildet im Bachteil die enorm tiefe Klamm aus und ist auch der Grund für den erschwerten Zugang des Tales. Um ins Larsenntal zu kommen mußte zuerst die mächtige und felsdurchsetzte Stufe bis auf die Anhöhe „beim Kreizla“ erstiegen werden. In früheren Zeiten war dies sicher kein alltäglicher Zugang und das Tal blieb lange unberührt.

phantastischer letzter Rückblick vor der Talbiegung im Larsenntal (der Steig hat wieder beachtlich an Höhe gewonnen)

Am weiteren Weg talauswärts bieten sich einige Gelegenheiten für einen Rückblick auf die eindrucksvolle Berglandschaft im Nordwesten. Die bizarren Grate und Gipfel von Schlenkerspitzen und die etwas milder gebaute Brunnkarspitze krönen die steilen Flanken, die alle Energie letztlich auf den Larsennbach niedergehen lassen. Die gegenüberliegende Talseite des Eisenkopfes stellt eine eigene Welt dar – kein Weg, kein Steig säumt die durchgehenden Latschenhänge, je tiefer zur Klamm, desto unwirtlicher, steiler und unnahbar wirkt die Flanke; es muß sich um ein Paradies für das Wild handeln.

schön angelegter Steig im Fels am Ausgang aus dem Larsenntal

Ein letzter Höhepunkt im Larsenntal ist dessen Mündung in das Inntal. Der Steig führt dort durch festen und teilweise fast senkrechten Fels mit Absturzsicherungen hinaus aus der Klamm. „Sankt Antoni“ heißt es am Beginn der Felsstrecke und der schnelle Schritt, den Simon vorgelegt hat nötigte uns zum Umdrehen, weil wir das alpine Wegkreuz fast wie im Flug versäumt hätten gebührend zu betrachten.

das Tal hat sich verschlossen, der tolle Einblick in das Larsenntal ist verschwunden

Die Strecke durch die Felsen vollzieht sich keineswegs nur auf natürlichen Bändern, sie muß zu einem nicht unbedeutenden Teil gehauen, im besten Fall teilweise geschossen worden sein. Allerdings konnte der Autor nirgends Ansätze von Bohrlöchern vorfinden, also dürfte erstere Methode mit viel Anstrengung zur Anwendung gelangt sein – „wofür?“ – die mögliche Ausbeute aus dem Tal erscheint dem Besucher nicht groß genug für die Anstrengungen, die in diese Anlage gesteckt wurden.

beim „Kreizla“ (bis hierher Schotterweg von Güngelgrün, Imst)

Das Larsenntal begeistert von der ersten bis zur letzten Minute und das tut es auch nach der Mündung ab dem „Kreizla“. Diese Position von der Talgegenseite2 betrachtet läßt erst in aller Deutlichkeit erkennen welche Stufe man vom Inntal aus überwinden muß, um ins Larsenn zu gelangen.

Steig durch den steilen Wald nach Mils hinab

Über den steilen Milser Berg zieht sich der Steig direkt in das Dorf hinab und nach der zurückgelegten Strecke stellt dieser Abstieg nochmals eine letzte Anstrengung mit schönem Ausklang mitten im Dorf dar.

mehr als 300Hm vom „Kreizla“ in das Dorf machen das Larsenntal vom Tal uneinsehbar! (siehe Fußnote 1,2)

Die Rundtour führt über 22km fast durchgehend auf Steigen und der Aufstieg beträgt gesamt 1.920Hm. Wir haben für die Runde genau acht Stunden benötigt, incl. ca. 40min Pausen.
Je nach Verfassung orientiere man sich auch an der Zeitangaben aus Tourenplanern, die 11 bis 12 Stunden betragen.
Wollte man eine komplette Runde vom Zentrum Mils daraus machen, dann müßte man für die Strecke nach Starkenbach etwa 4km entlang der Landesstraße und zusätzlich etwa 100Hm eine dreiviertel Stunde hinzurechnen.

Mils bei Hall, 20.10.2019

1, 2 Die Flurnamen hat der Autor nach einem guten Tipp der Milser Dorfchronik entnommen, für mehr Details siehe Link:
http://www.milsimbild.at/2008/01/23/flurnamen/

 

 

Gabelspitze, 2.581m – Überschreitung vom Maldongrat, 2.544m

Vom Hahntennjoch aus stellen diese beiden Ziele eine leichte Gratwanderung dar, deren besonderer Reiz im kurzen Anstieg, in den wenigen und kurzen, etwas pfiffigeren Passagen am Grat und in der grandiosen Herbstlandschaft der Lechtaler Alpen liegt. Ideal für eine etwas ausgedehntere Halbtagestour, für eine Tour ohne langen Anstieg und für solche, die sich von ihrer Verkühlung noch nicht vollends erholt haben, also ideal für des Autors Voraussetzungen dieser Tage.

zunächst leicht über die plattige Flanke bis zur Einschartung

Die beiden Ziele liegen im Gebirgszug der Heiterwand, einer gewaltige Wettersteinkalkkette mit über 7km Länge inmitten dem Hauptgebirgsbildner der Lechtaler Alpen, dem Hauptdolomit.  Anm.: Die Heiterwand wäre laut AV-Führer die längste geschlossene Wand in den Nördlichen Kalkalpen, die eine Mindesthöhe von 2400 m an keiner Stelle unterschreitet. Man muß mit solchen Aussagen vorsichtig sein, denn vom AV-Führer gibt es eine ähnliche Aussage über die Laliderer Wände im Karwendel. Bei der Heiterwand dürfte wohl die „Wand“ im klassischen Sinn über Teile der Gesamtlänge zur „Flanke“ werden, dann scheint der Sinn wieder hergestellt zu sein.

am Steinjöchle angekommen

Den Ausgangspunkt, das Hahntennjoch (1.894m), verließen wir gegen 8:15 bei mäßiger, aber für die Jahreszeit angenehmer Temperatur. Ein wärmender Nebeneffekt der Tour ist die sofortige Sonnenbestrahlung durch den Aufstieg am reinen Südhang und die hohe Ausgangslage.

kurz nach dem Start am Hahntennjoch Aufstieg in den Latschen

Etwa 10min nach Verlassen des Parkplatzes tauchten wir in Sonnenlicht ein und nach einigen Minuten konnten wir uns der Windjacken entledigen. Mit etwas Thermik nahmen Simon und der Autor den Latschenhang und die bräunlich gelben Bergwiesen darüber, hinauf zum Steinjöchle, dem Übergang zur Anhalterhütte und in das Namlosertal.

Blick nach Norden zur Namloser Wetterspitze

Ein toller Blick in das Herz der Lechtaler Alpen gen Norden begeistert am Steinjöchle für die kurze Etappe in der Flanke bis zum sich zaghaft ausbildenden Maldongrat.

Blick zum Falschen Kogl im Westen des Steinjöchles

Ist man einmal am Maldongrat angelangt erfreut man sich stetiger Zunahme der Gratausbildung und der beginnenden leichten Kletterpassagen.

am Felsansatz des Maldongrates

Bald wird auch durch die steile Nordflanke der Gipfel sichtbar. Der Grat wartet mit zwei recht angenehmen leichten Kletterstellen auf. Die erste ist eine steile Wand, bei der man der senkrechten Passage durch eine bandartige Rampe mit einem kleinen Köpfchen rechts hinausquert und somit einige Meter weg vom Grat, das Gehgelände oberhalb wieder erreicht.

der Grat mit seiner ersten steilen Stelle

Die zweite Stelle liegt vor der letzten Einschartung vor dem Gipfel und besteht aus einer etwas luftigen, glatten aber wenig scharfen Schneide über etwa vier bis fünf Meter Länge. Nach Belieben wird das Gratstück nordseitig, südseitig, oder im Reiterstil bezwungen.

nach der ersten Kletterstellen wieder am leichten Grat

Jenseits davon befindet sich eine ideale Stelle für den Spreizschritt zum gegenüberliegenden Teil der Scharte, dem ein etwa drei Meter hoher senkrechter Teil folgt, mit wieder Gehgelände oberhalb derselben.

Simon bereits in der Scharte

Der restliche Aufstieg zum Maldongrat, oder der Maldonspitze (wie er auch genannt wird), besteht vorwiegend aus Gehgelände mit wenigen leichten Kletterstellen – gerade so, daß die Arme ab und zu verwendet werden.

Autor im kurzen senkrechten Teil nach der Scharte

Gleich am Gipfel erspäht das stets abenteuerlustige Gratkletterauge ein nächstes Ziel – jenes der Gabelspitze. Rein optisch von dort aus etwa auf gleicher Höhe wie die Maldonspitze mit einladend aufgerichtetem Gipfelkreuz.

Gipfelbereich Maldongrat

Nicht den Hauch von Zweifel aufkommend lassen, konnten wir nicht widerstehen an diesem so perfekten Bergtag das nächste Ziel im Nordosten mitzunehmen und nach einer nur kurzen Pause die Überschreitung anzutreten.

Rückblick über den Grataufstieg

Vom etwas verwahrlosten Gipfelkreuz des Maldongrates brachen wir über großzügiges Gehgelände am Grat auf in die tiefe Einschartung zwischen den beiden Gipfeln abzusteigen. Als „tief“ empfand der Autor den Abstieg im Bewußtsein der gesundheitlich noch nicht wiedererlangten Leistungsfähigkeit, da dieser auch im jenseitigen Aufstieg sowie ein weiteres Mal am Rückweg  seine Wirkung tun würde. In Wirklichkeit dürfte der Abstieg max. etwa 80Hm betragen. Der Abstieg leitet im oberen Teil knapp neben dem Grat leicht in die Nordflanke, auch weil in der Einschartung unten sich der Grat nach weiter nach Nordosten wendet.

Maldongrat (Maldonspitze), 2.544m

Die tiefste Einschartung ist durch ein auffällig üppiges Wiesenband, das auch beide Seiten der Scharte bedeckt. Von dort geht es wieder die restliche Gratstrecke hinauf, großteils im Gehgelände ohne nennenswerte Kletternotwendigkeit.

der Hauptteil der Überschreitung wird sichtbar

Gegen den Gipfelaufbau hin wird noch einmal ein nettes Köpfchen mit einigen Zacken in der Folge erreicht, die leicht zu begehen sind, sich aber vom bisherigen  Gratgelände optisch eindrucksvoller abheben.

Autor im Abstieg nach dem ersten Teil in der Nordflanke

Der Gipfelaufbau wartet mit einer kurzen Schotterrinne im oberen Teil auf. Bergseitig, im festen Fels, steigt es sich komfortabler darüber hinweg und ab der Scharte oben wartet bis zum Gipfel durchgehend ein etwas anspruchsvolleres Gelände.

tolles Gehgelände im Mittelteil

Von der Scharte aus kann der Gipfel gut eingesehen werden. Um dorthin zu gelangen muß ein gestreckter schmaler Gratteil überwunden werden, der nicht direkt erklettert werden kann (zumindest haben wir allein aufgrund seiner Gestalt nicht versucht).

Aufschwung auf den Gipfelbereich, leichte Kletterei

Im Aufstieg erschien uns die gut einsehbare Nordflanke als der Normalweg um den Gratteil herum. Also stiegen wir über die plattige Flanke zur Scharte hinab und fanden sofort ein breites Band das mit wenig Höhensprung bis knapp ans Ende des zu umgehenden Gratteiles führte.

Scharte nach der Schotterreise – ab hier wird es klettertechnisch etwas interessanter

Dort, kurz vor dem Ende der Umgehung mußten wir nach der schönen Querung nun widerwillig einige Meter absteigen, um auf eine steile Schotterflanke zu gelangen, die wieder zur Schartenhöhe und zum Gipfelaufbau führt. Von der breiten Scharte aus führt großteils leichte Kletterei, weniger Gehgelände, zum Gipfel empor.

Abstieg nach dem Band auf der Nordseite – es sieht steiler aus als es ist

Der Ausblick auf der Gabelspitze, vor allem in Richtung Heiterwand, ist nochmals schöner und intensiver als von der Maldonspitze aus, da nun auf einer einzigen Flucht gelegen.

Simon im Gipfelbereich

Natürlich wäre das Herz nun gerne noch einen Sprung weitergehüpft und zwar auf den Ostgipfel der Steinmannlwand oder auf den Heiterwandkopf – aber das wird eine andere Geschichte mit besserer Verfassung nächsten Sommer.

Gabelspitze, 2.581m

Der Süden wartet hinter der unmittelbar mit einem grandiosen Blick auf den großen Gletscher der 56km entfernten Weißkugel auf und  rechts (westlich) daneben mit dem weniger weit entfernten Glockturm.

Blick gen Süden – von Zuckerhütl bis Weißkugel

Südsüdost lugt zwischen Rofelewand und Verpeilspitze die Wildspitze durch und weiter im Südosten tat sich ein verblüffend offener Blick auf das Herz der Stubaier mit Wildem Pfaff und Zuckerhütl auf sowie links davon eine dichte Packung von Schrankogel und Ruderhofspitze.

Blick gen Süden – Detail Wildspitze und Weißkugel. Im Vordergrund Platteinspitze bis Maldonkopf

Weiters konnte an diesem so klaren Tag – über die Kalkkögel hinweg – auf etwa Ostsüdost der 79km entfernte Olperer deutlich eingesehen werden.

Blick nach Südost – von Olperer bis Zuckerhütl

Im unmittelbaren Süden beeindruckt der wild gezackte Grat von Platteinspitze zum Maldonkopf und im Südwesten der mit Resten von Gosauschichten (Anm.: geolog. junge Formation) bedeckte Muttekopf sowie der Große Schlenker.

Blick ins Bschlabsertal

Gen Westen sticht der einzige Dreitausender der Lechtaler Alpen, die Parseierspitze (3.036m) ins Auge. Ihre Höhe verdankt sie den harten und witterungsresistenten Schichten des Aptychenkalks (Anm.: Reste von Ammonitenskeletten, zu besonders hartem Kalk versteinert) in der Gipfelregion.

Hochvogel rechts und Urbeleskarspitze links von Bildmitte

Von Norden bis Nordwesten bestechen die unmittelbar gegenüber gelegene Namloser Wetterspitze, sowie in weiterer Ferne der markante Gipfel des Hochvogels (bereits Allgäuer Alpen) und in der Kette weiter westwärts den ebenfalls markanten Turm der Urbeleskarspitze bis hin zum Großen Krottenkopf und der Mädelegabel. Der Rundumblick – eine Pracht!

Simon nimmt den weiteren Verlauf des Heiterwandgrates in Augenschein – ein tolles Erlebnis steht noch bevor

Simon widmete sich mit dem Glas dem Studium des interessanten und schärfer werdenden Grates in Richtung Heiterwandkopf. Von Osten her hat er die Heiterwand schon zum Teil überschritten und deren Vollendung wird ein gemeinsames Vorhaben der nächsten Saison sein.

Reuttener Becken, dahinter Forggensee

Am Abstieg probierten wir die Querung in der Südseite des scharfen Gratteiles, da ein ortskundiger Kollege, den wir am Gipfel getroffen haben, bei seinem Abstieg in derselben verschwunden ist.  Knapp hinter der Felskante in der Scharte fanden dort drei Steinmandln vor, die uns die Südseite als die Normalbegehung der steilen Flanken des scharfen Gratteiles auswies.

Querung des scharfen Gratteiles auf der Südseite – Band im Bildzentrum gut erkennbar

Die Kletterei ist dort etwas ausgesetzter als in der Nordseite, der Übergang jedoch schöner zum Klettern und mit etwas weniger Höhenverlust meist auf einem Band durchzuführen. Das letzte Steinmandl zur Scharte hin haben wir beim Aufstieg nicht erkannt und somit beim Aufstieg die Nordseite benutzt.

Querung über Bänder

Dieser Teil stellt den eigentlich einzigen Teil mit vorwiegend Kletterei dar und man kann diesen letzten Bereich des Gipfelaufbaues der Gabelspitze mit II- einstufen. Der Rückweg ist mit Ausnahme der beiden oben beschriebenen Stellen am Maldongrat leichter.

Gelände kurz vor der Scharte – am unscheinbaren Podest endet die Querung mit kleinem Steinmandl

Die Tour kann für Neulinge mit Interesse am Gratklettererlebnis wärmstens empfohlen werden. Sicherungsmittel sollten für den schwindelfreien klettergeübten Felsgeher nicht vonnöten sein.

Gratschneide im Abstieg am Maldongrat

Für unsere gesamte Grattour benötigten wir 5:20 Stunden (bei gemäßigtem Schritt, nicht unsere Normalgeschwindigkeit) bei etwa 950Hm gesamtem Aufstieg.

Mils, 27.10.2019