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Großer Bettelwurf, 2.726m – Sylvester 2016

Liebe Leser,

leider nichts Neues, die Jahreszeit eignet sich – trotz des perfekten Wetters – nicht wirklich für noch nicht beschriebene Touren, die Tage sind zu kurz und oberhalb von 2.000m muss immer mit Eis am Grat gerechnet werden, ganz sicher auf der Nordseite jeden Grates.

Großer Bettelwurf, 2.726m am 31.12.2016

Großer Bettelwurf, 2.726m am 31.12.2016

Also begnügen wir uns derzeit mit der multiplen Besteigung des Zunterkopfes, um ein wenig im Training zu bleiben.
Für heut jedoch habe ich mir das Ziel des Großen Bettelwurfes gesetzt und diesen in schlappen 3:45 erreicht.

das Zeil nach 8 Uhr im Morgenlicht beleuchtet

das Ziel nach 8 Uhr im Morgenlicht beleuchtet

Vorweg sei gesagt, daß ich die Eisen umsonst hinaufgeschleppt habe, sie sind nicht notwendig. In den harten Schneefeldern wurde gut gespurt und eigentlich ist es von der Abzweigung am Weg zur BW-Hütte bis zum Eisengatterergrat fast rutschiger als oberhalb, dort wo man es erwarten würde.

die Bettelwurfhütte schläft über dem Halltal

die Bettelwurfhütte schläft hoch über dem Halltal

Die Südhänge bei uns zulande sind derzeit eine Wucht was die Temperatur anbelangt. So konnte ich mich ab dem Sonnenaufgang (derzeit ca. 10min nach der Katzenleiter bei Start um 8 Uhr am Hackl) bis zum Gipfel in nur einem langärmeligen Shirt bewegen, die 20min ab der Abzweigung bis zum Eisengatterergrat ausgenommen, wo der fehlende Bewuchs Thermik entstehen ließ und der sehr spitze Winkel der Sonne um Gelände keine ausreichende Erwärmung zustande brachte.

Anstieg vom Eisengatterergrat aus gesehen

Anstieg vom Eisengatterergrat aus gesehen

Ab dem Stöckedepot (ca. 2.300m) besteht innerhalb der Rinne durchwegs griffiger Schnee und an Kuppen und Abbrüchen Eisbildung, jedoch ungefährlich, wenn man etwas aufpaßt. Eisen wären eher hinderlich.

Passage innerhalb der Rinne

Passage innerhalb der Rinne

Kurz vor dem Gipfel gehe ich immer nur rechts weg, um unterhalb des trigonometrischen Punktes aufzusteigen. Diese Route war nicht gespurt, jetzt ist sie es, jedoch ist dort so wenig Schnee, daß es auf ein paar geschlagene Tritte nicht ankommt, man steht fast durchwegs am Fels.

150m unterhalb des Gipfels

~150m unterhalb des Gipfels

Am Gipfel kein Lüftl, Wolken auf der gesamten Rundumsicht nicht auszumachen und warm genug um im sommerlichen Windstopper wieder abzusteigen.

Das Gipfelbuch verrät, daß in den Weihnachtsferien doch einige Bergsteiger am Gipfel waren. Kein Wunder bei den guten Bedingungen für diesen Gipfel.

am Gipfel des Großen Bettelwurfes am 31. Dezember 2016

am Gipfel des Großen Bettelwurfes am 31. Dezember 2016

Sicht weit über 100km, von den fernen Lechtalern bis zum Glockner, die fehlende Gesamtfeuchtemenge in der kalten Luft macht’s möglich.

Glocknergruppe vom Großen Bettelwurf aus gesehen 31.12.2016

Glocknergruppe vom Großen Bettelwurf aus gesehen 31.12.2016

Allen wäre wahrscheinlich lieber, wenn die Schneelage eine Besteigung des Großen Bettelwurfes gar nicht zulassen würde, aber wir müssen uns damit abfinden, daß die Tourenschi noch länger im Keller warten müssen. Ein Traumtag wie der heutige entschädigt aber vollauf und man lasse die Bilder wirken!

Fallbachkartürme vom Großen Bettelwurf aus gesehen 31.12.2016

Fallbachkartürme vom Großen Bettelwurf aus gesehen 31.12.2016

Berg Heil und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017!

Rainer
31. Dezember 2016

 

 

Fallbachkartürme – Überschreitung von Hoher Fürleg bis Großer Bettelwurf

Das vom Tal wenig einsichtige Fallbachkar findet seine nördliche Begrenzung in einer gewaltigen Felsmauer, den Fallbachkartürmen. bis zu 200m ragen sie – im Bogen geschlossen – über den hinteren Karboden auf und stellen somit die fortlaufende Halltalkette sicher, die durch das Kar eine jähe Trennung erfährt.

Der Walderkampturm in den Fallbachkartürmen

rechts der Walderkampturm in den Fallbachkartürmen

Die Überschreitung der Fallbachkartürme stellt für den Bergsteiger auch die elegantere Methode dar, vom Hundskopf auf die Bettelwürfe zu gelangen. Die Alternative hierzu stellt nur der fast völlige Abstieg von der Hohen Fürleg in das Fallbachkar und ein sehr mühsamer Aufstieg von diesem auf die Scharte bis Pkt. 2.625m dar. Diese Alternative ist jene, die als Normalweg für dieses Vorhaben im AV-Führer beschrieben ist.

Die Fallbachkartürme vom Osteck des Großen Bettelwurf aus gesehen

Die Fallbachkartürme vom Osteck des Großen Bettelwurf aus gesehen

In Bergsteigerkreisen kursiert noch eine Variante die zwischen den beiden Routen liegen soll. Beim Anblick der Türme fällt es jedoch schwer sich auf halber Höhe eine Passage auszumalen. In jedem Fall aber kommt man bei jeder anderen Variante, als der Direktüberschreitung, um das Hinaufwühlen zu Pkt. 2.625m, über steilste Schutthänge nicht herum.

in den Tratten

in den Tratten

Die Fallbachkartürme sind im Ostteil teilweise sehr brüchig (vor allem am Walderkampturm) und abgesehen von einigen typischen gelbbraunen Störzonen sowie einem Bereich im Mittelteil bei dem das Gefühl aufkommt, es handle sich beim Fels um Hauptdolomit, akzeptabel fest. Man traue dem einladend griffigen Fels generell aber nie wirklich und prüfe bevor man sich bindet…

Aufstieg zur Tratenspitze

Aufstieg zur Trattenspitze

Unsere Anreise erfolgte über die Hinterhornalm. Andi und ich verließen die Alm knapp vor halb acht Uhr, durften uns daher noch auf einen kühleren Aufstieg freuen.

Andi am Gipfel der Trattenspitze

Andi am Gipfel der Trattenspitze

Wie immer im Karwendel ist der Wasservorrat ein zentrales Thema, oberhalb der Alm gibt es keine Möglichkeit zur Tankung. Meine große Aluflasche würde daher nur sehr knapp ausreichen, aber im Hinblick auf die nahegelegene Bettelwurfhütte konnte dieser Minimalismus eingegangen und mit leichtem Rucksack auf Hundskopf, Trattenspitze und über die Walderkampspitze zur Hohen Fürleg angestiegen werden.

Rückblick auf die Tratten und Hundskopf

Rückblick auf die Tratten und Hundskopf

Den Hundskopf erreichten wir um halb 9 Uhr, die Hohe Fürleg knapp nach 10 Uhr; bis dorthin ein gutes Tempo.

der Autor am Gipfel der Hohen Fürleg

der Autor am Gipfel der Hohen Fürleg

Während einer recht ausgiebigen Rast, für die bis dorthin kurze Strecke, studierten wir nochmals die spärlichen Führerangaben zur Überschreitung. Andi hat die Überschreitung schon einmal teilweise zu beiden Seiten ausgeführt, daher konnte auch auf etwas Vorwissen zurückgegriffen werden. Immer wieder blickten wir zu den scharfen Zähnen hinüber und malten uns die einzelnen Aufstiegsmöglichkeiten aus. Und wie immer kam es dann meist irgendwie anders als man denkt.

Überblick über die vor uns liegenden Fallbachkartürme

Überblick über die vor uns liegenden Fallbachkartürme

Gegen halb elf Uhr machten wir uns dann an die Kante, die den Walderkampturm der Fallbachkartürme vom Gratverlauf zur Hohen Fürleg trennt. Dieser erste Absatz erscheint von oben senkrecht, brüchig und die kleine Verschneidung in der es hinabgeht dermaßen uneinsehbar, daß wir beschlossen nicht schon am Anfang ein zu großes Risiko einzugehen und stiegen die ca. 30Hm über den Normalweg zur Fürleg vom Kar aus ab und querten bei einem Steinmann am Normalweg knapp unterhalb von Felsen zur Scharte über ein akzeptables Schuttband auf dem plattigen Abhang zur kleinen Scharte hinauf.

der Walderkampturm vor uns, rechts in der Verschneidung geht es hinauf und dann oben links wendend

der Walderkampturm vor uns, rechts in der Verschneidung geht es hinauf und dann oben links wendend, sodann am Grat weiter

Im Rückblick konnten wir nun erkennen, daß dieser Abbruch eigentlich mit mäßigen Schwierigkeiten, jedoch unter relativ großer Brüchigkeit erklettert werden kann, jedoch stellt sich eine solche Sicht im gleißenden Gegenlicht der Vormittagssonne leichter dar, als sie im Abstieg wirklich sein wird.
Also im Aufstieg würden wir sie jedenfalls nehmen, im Abstieg dürfte eine Sicherung von oben die sinnvollste Taktik sein, beschlossen wir für weitere Begehungen.

Rückblick auf den ersten Abbruch den wir umgangen haben

Rückblick auf den ersten Abbruch den wir umgangen haben

Nun lag der Walderkampturm vor uns. Von der Scharte aus kein hoher Turm, jedoch ist der Aufstieg klettertechnisch nicht einfach. Der Führer beschreibt ihn mit –IV , die kleine Verschneidung in der man ihn genau rechts oberhalb der Scharte und nahe an den Abbrüchen ins Vomper Loch ersteigt ist jedoch mit vielen festen griffen und Tritten, sowie guter Spreizmöglichkeiten gespickt, sodaß er diese Bewertung eigentlich nicht verdient, er ist weit nicht so schwierig als es der Ausstieg über eine sehr brüchige Wand knapp vor Erreichen des Pkt. 2.625m ist.

Anstieg zum Walderkampturm

Anstieg zum Walderkampturm

Knapp oberhalb der schwierigeren Stelle, ca. in 8-9m Höhe, wendet sich der weitere Aufstieg in einer kleinen Scharte im Turm über nochmals die eineinhalbfache Höhe nach links (Westen). Bereits dann steht man am Walderkampturm. Ein Leckerbissen in festem Fels gleich zu Anfang, der dann, auf seiner Nordseite, völlig anders wird. Man erreicht diesen nach kurzer Strecke am Grat mit Steinmann.

am Grat am Walderkampturm

am Grat am Walderkampturm

Die Nordseite ist geprägt von großer Brüchigkeit und man lasse sich wirklich genügend Zeit und prüfe jeden einzelnen Griff und Tritt mehrfach, bevor man ihn verwendet. Der Abstieg ist klettertechnisch nicht sehr schwer, aber die Tücke liegt in der Festigkeit des Felses und auch der geschulte Blick wird manches Mal betrogen. Ohne wirkliche Dreipunkttechnik ist ein sicherer Abstieg hier nicht möglich.

Nordabbruch am Walderkampturm; über die kleinen Türmchen gibt es keine Passage

Nordabbruch am Walderkampturm; über die kleinen Türmchen gibt es keine Passage

Warum man dort absteigen muß ist einem sofort klar, wenn man die grazilen brüchigen Türmchen im weiteren Gratverlauf erblickt. Es gibt auf jenen am Grat kein weiteres Fortkommen und in der grausigen Schlucht zur Rechten der Türmchen, tief unten, nach ca. 40m Abstieg erkennt man kaum den Steinmann von oben, weiß aber, daß die Schlucht die einzige Möglichkeit darstellt.

Abstieg vom Walderkampturm

Abstieg vom Walderkampturm

Eine Alternative ist ein Haken mit Schlinge (letztere ist nicht empfehlenswert, weil man ihr Alter nicht kennt, wenn dann der Haken selber) zum Abseilen. Hierzu würde man ein Seil mit gut 25m Länge benötigen, um auf halbwegs günstiges Terrain zu kommen, um selbiges bei gutem Stand wieder abziehen und verstauen zu können.

unteres Abstiegsgelände vom Walderkampturm

unteres Abstiegsgelände vom Walderkampturm

Es geht aber auch ohne Hilfsmittel, wobei der erste Absatz der entscheidende ist. Hat man ihn ober sich, erfolgt der weitere Abstieg „nur“ in brüchigem, schuttigen, plattigen Fels.

Rückblick auf die Abstiegsroute vom Walderkampturm

Rückblick auf die Abstiegsroute vom Walderkampturm

Beim Steinmann endet die Herausforderung jähe, scharf links davon erkennt man den nächsten Steinmann der ein paar Meter höher wieder auf den nun sanften Grat hinaufführt.

Querung auf den Grat hinaus zur Fallbachkarscharte

Querung auf den Grat hinaus zur Fallbachkarscharte

Somit steuert man auf die weite Fallbachkarscharte zu und für die nächste Viertelstunde am Grat begegnet man keiner weiteren Schwierigkeit bis auf den nächsten abgeflachten Turm. Ab hier ändert sich der Fels hin zu weniger bizarren, spitzen Felsgestalten, zu eher bankigem Schichtgebirge, das, sedimentartig flach geschichtet, mit teilweise breiten und schuttigen Bändern ausgestattet, einen perfekten Stock bildet und dessen Bänder für die Überschreitung nun häufig genutzt werden.

am Weg zur Fallbachkarscharte

am Weg zur Fallbachkarscharte

Diesen abgeflachten Turm muß man gar nicht vollständig begehen, die Route führt, von Steinmännern begleitet, auf seiner Südflanke am Höchstpunkt vorbei. Wir begehen ihn zwecks Begutachtung zähen pflanzlichen Lebens auf über 2.500m Höhe am steinernen Grat (Andi hatte diese in Erinnerung, wir konnten die krautige Pflanze, die an Lorbeer erinnert jedoch nicht klassifizieren) und einiger schöner Fotos über den Rückblick der bewältigten Strecke aber trotzdem und steigen dann über Schutt in Richtung der nächsten Scharte wieder ab.

Rückblick von der Fallbachkarscharte

Rückblick von der Fallbachkarscharte, zwischen den Türmen steigt man von oben ab

Die Scharte ist leicht zu begehen, jedoch sehr schuttig und wiederum ist Vorsicht geboten. Der folgende Turm erscheint in der Frontalansicht schwieriger als er ist. Die zuvor erwähnte Bankigkeit schafft gut und leicht zu erkletternde Stufen, deren Außenseite zumeist aus festem, griffigem  Wettersteinkalk besteht.
Ein Steinmann auf der Gegenseite ist bereits im Abstieg zur Scharte sichtbar und gibt den Beginn der Aufstiegsroute vor.

weiterer Gratverlauf nach dem ersten Kopf, nordwestlich der Fallbachkarscharte

weiterer Gratverlauf nach dem ersten Kopf, nordwestlich der Fallbachkarscharte

Am folgenden Grat bewegen wir uns auf den höchsten Turm mit 2.548m Höhe zu. Am Weg dorthin erleben wir über einen weitgehend bis zum Grat hinaufziehenden Einschnitt einen gewaltigen Tiefblick in die Au im Vomperloch.

Abstieg zur nächsten kleinen Einschartung in den Fallbachkartürmen

Abstieg zur nächsten kleinen Einschartung in den Fallbachkartürmen

Die folgende Scharte ist etwas schwieriger im Abstieg, es sei denn man umgeht sie auf tiefliegendem Schuttband unter Einbuße von ca. 20m Höhenverlust.
Wir entscheiden uns für eine höher gelegene Variante mit dem Nachteil der Brüchigkeit in einer fast senkrechten Passage, die man nicht nur absteigen, sondern auch nach Norden hinaus queren muß, um zum schmal ausgeprägten Schärtchen zu gelangen. Mit Einsatz von Zeit nehmen wir die heikle Stelle ohne große Probleme, empfehlenswerter im Abstieg ist die Umgehung unten.

der nächste Turm ist der höchste

der nächste Turm ist der höchste

Jenseits geht es südseitig über Schuttbänder nicht auf die volle Höhe des Turmes empor, man quert ihn im Aufstieg sozusagen und schneidet den Höchstpunkt ca. 20m unterhalb in den Felsen ab, um zur nächsten Scharte zu gelangen, die auf der Gegenseite nun erstmals mit wirklich grausiger gelbbrauner Störzone zur Durchquerung aufwartet. Jedoch auch dieser Bereich ist halb so schlimm.

im etwas heiklen Abstieg zum höchsten der Fallbachkartürme

im etwas heiklen Abstieg zum höchsten der Fallbachkartürme

Von unserer Seite aus zeichnete sich schon die Routenführung ab, indem südseitig mit senkrechten, teils überhängenden Wänden ein Fortkommen auch schon optisch sofort erkennbar ausfällt und man nur ungern ein rechts auf die Nordseite hinaufziehendes schmales Band inmitten der Störzone erkennt, das, und nur jenes, für den weiteren Verlauf in Betracht kommt.

Aufstieg in der südseitigen Flanke des höchsten der Fallbachkartürme

Aufstieg in der südseitigen Flanke des höchsten der Fallbachkartürme

Zunächst sind wir über eine nicht fein zu begehende Schartenausbildung darüber gesprungen und fanden jenseits wenig feste Haltepunkte, jedoch ausreichend für das Erreichen einer besseren Stelle zur Beobachtung des schmalen brüchigen Bandes in dem so gemiedenen ockerfarbenen Material.

die erste massivere Störzone und der Anstieg wendelartig in die Nordseite

die erste massivere Störzone und der Anstieg wendelartig in die Nordseite

Mit Vorsicht läßt sich auf diesem schmäler werdenden Band ein breiteres, komfortableres Band erreichen, das geheimnisvoll um die Nordkante des Turmes herumführt und mit einiger Spannung ob der Entdeckungen, die man jenseits machen würde, schreitet man unter Prüfung der Tritte vorwärts.

Andi im Anstieg auf die Nordseite

Andi im Anstieg auf die Nordseite

Nordseitig angekommen weicht unerwartet plötzlich alle Spannung und man findet sich auf dem bequemsten, flachen Felsband wieder das man nach den Metern vorher nie erwarten würde.

nordseitig Ausbildung der Route nach der Störzone in den  Fallbachkartürmen

nordseitig Ausbildung der Route nach der Störzone in den Fallbachkartürmen

So ist eben das Karwendel, nach bedrohlichen zugespitzen Engstellen können sich Autobahnen auftun und nach ebensolchen können sich schmalste senkrechte Abbrüche befinden, deren erster Anblick einen erschaudern lassen.

Aufstieg wieder zum Grat auf die Türme

Aufstieg wieder zum Grat auf die Türme

Nun führt der logische Weg wieder im Aufstieg auf den Grat. Von oben ein toller Blick in die Tiefen des Vomperloches. Am Grat geht es nun einmal etwas mehr, einmal etwas weniger scharf weiter.

Tiefblick in das Vomperloch

Tiefblick in das Vomperloch

Wer keine Kletterhandschuhe benutzt, so wie ich, hat spätestens hier Reibeiseninnenflächen der Hände. Der Erosion ausgesetzter Kalk entwickelt an der Oberfläche nadelartig spitze Oberflächen, die den Innenflächen der Hände gewaltig zusetzen und sie in eine Schruppfeile verwandeln. Man wird in seiner Konzentration dessen aber nur gewahr, wenn man zwischendurch einmal andere Hautflächen berührt, beispielsweise beim Auftrag von Sonnencreme im Nackenbereich, welches selbst bei mir als notorischen Verweigerer von Sonnencreme, an diesem bilderbuchartigen, wolkenlosen Tag unbedingt erforderlich war.

Abstieg in die nächste Einschartung etwa auf 2/3 der Überschreitung

Abstieg in die nächste Einschartung etwa auf 2/3 der Überschreitung

Nach einigen Minuten ist die Stelle erreicht über die im Führer zu lesen ist „einen plumpen Felsklotz umgeht man auf der Südseite“. Nach diesem eröffnet sich erstmalig ein schöner Tiefblick auf den Halleranger und das Überschalljoch.

südseitige Umgehung des plumpen Felsklotzes

südseitige Umgehung des plumpen Felsklotzes

Am Grat wechselt man nun immer wieder zwischen Nord- und Südseite, wobei am Schluß seines deutlich ansteigenden Verlaufes der Schwerpunkt auf der Nordseite liegt. Auch noch dort, wo der Grat wirklich scharf wird und man versucht ist ihn – zwecks Aussicht auf den Verlauf – immer wieder direkt zu begehen.

nordseitige Umgehungen des schärfer werdenden Grates in den Fallbachkartürmen

nordseitige Umgehungen des schärfer werdenden Grates in den Fallbachkartürmen

Wir versuchten auch aus Gründen der richtigen und bergsteigerisch ehrenvollen Begehung immer wieder Stücke direkt an der Schneide zu bewältigen, wurden aber immer wieder – auf den einfachen Pfad – in die Nordseite gezwungen.

in den nordseitigen Umgehungen

in den nordseitigen Umgehungen

Bei einer markanten Stelle mit kleinem Felsenfenster und glatter, aber rissdurchzogenen Wand steigt man dann ca. 6m auf den schmalen Grat, beschreitet diesen einige Meter bevor man wieder in die Nordseite gezwungen wird und findet sich dann wiederum nur einige Meter später in einer ähnlichen Situation wieder, jedoch mit deutlich höherer Wand zum Grat. Auch hier ist der Aufstieg relativ problemlos, vor allem nach den Passagen, die man bis hierher geklettert ist.

Andi beim Aufsteig aus der Nordseite auf den Grat der Fallbachkartürme

Andi beim Aufstieg aus der Nordseite auf den Grat der Fallbachkartürme

Die nun folgende Passage ist klettertechnisch der schwierigste Teil der Überschreitung. Nach einer Scharte – die letzte in der Überschreitung – sieht man sich vor einer Wand, die über gut 10m fast senkrecht vor Ihrem Bezwingerkandidaten steht und wenig Flächen aufweist, die nicht sehr brüchig erscheinen. Wir befinden uns hier in einem Gebiet in dem es von gelbbraunen Störzonen in der Mittagssonne nur so leuchtet.

am Grat in den Fallbachkartürmen noch vor dem schwierigen Teil

am Grat in den Fallbachkartürmen noch vor dem schwierigen Teil

Die gute Nachricht für all jene, die diese Wand nicht mehr mitmachen wollen sei, daß es einen Ausweg auf die Schuttreise, die sich auf den Pkt. 2.625m hinaufzieht gibt. Ein ockerfarbenes Band führt direkt über 20-30Hm in die mühsame Rinne hinunter und würde dem Grat ein Ende bereiten.

letzte Einschartung mit schwieriger Wand folgend; links wäre das Störzonenband hinab zur Schuttrinne

Steinmann in der letzten Einschartung mit schwieriger Wand folgend; links wäre das Störzonenband hinab zur Schuttrinne

Der Führer beschreibt diese Stelle als Abseilstelle (in der umgekehrten Richtung begangen) und in dieser Richtung ist das angesichts der Aussicht von unserer Seite auch die einzig sinnvolle Möglichkeit sie zu bewältigen. Allerdings gehört für uns diese Wand mit zur vollständigen Überschreitung und wir denken gar nicht daran sie auszulassen.

letzte schwierige Stelle bei der Überschreitung der Fallbachkartürme; zwischen Nordkante und Riss links geht es hinauf

letzte schwierige Stelle bei der Überschreitung der Fallbachkartürme; zwischen Nordkante und Riss links geht es hinauf

Nach sorgfältiger Untersuchung – die generelle Route hat man schnell entdeckt, aber die Suche nach Griff/Trittmöglichkeiten braucht ein paar Minuten – des bestmöglichen Aufstieges steigt Andi als erster ein und in fast völligem Gegenlicht gelingt mir mit einer lichtabschirmenden Hand ein kleiner Eindruck dieser letzten Prüfung, siehe Foto.

Andi im unteren Teil der schwierigen Wand

Andi im unteren Teil der schwierigen Wand

Weiter rechts (nördlich) ist die Wand überhängend, weiter links noch brüchiger als in der wenig ausgeformten rinnenartigen Verschneidung, die oben in schuttigem Gelände abflacht und leichter fortführt.

RÜckblick vom Mittelteil der schwierigen Wand; Aufstieg nicht sichtbar darunter

Rückblick vom Mittelteil der schwierigen Wand; Aufstieg nicht sichtbar darunter

Schon von der Hohen Fürleg aus sieht man die bedrohliche Situation am Ende der Überschreitung. Nun aber, da ich davorstehe und eine fest entschlossene Route mit allen Möglichkeiten der Haltpunkte ausgekundschaftet habe, erscheinen diese rd. 10m Wand gut machbar.
Sie waren es auch und die Griffe und Tritte haben alle gehalten.

Schutttrichter von oben gesehen; links unten befindet sich der senkrechte Aufstieg

Schutttrichter von oben gesehen; links unten befindet sich der senkrechte Aufstieg

Von oben, am oberen Ende der Wand, an der sich ein Schutttrichter mit dem braunen Störzonenmaterial kann nur ein schwacher Eindruck von der Wand gegeben werden, aber es sei erwähnt, daß auch der Aufstieg in diesem unangenehmen Trichter bis hin zu festem Fels nicht zu unterschätzen ist, das Terrain ist trügerisch.

nach der schwierigen Wand

nach der schwierigen Wand, man kommt von unten links vom schattigen Grat

Die folgenden rd. 10Hm bis zur letzten Einschartung im Grat sind Routinearbeit und ein letztes Köpfchen wird überstiegen bevor man hinten mit wenigen Metern Abstieg von diesem die Scharte bei Pkt. 2.625m erreicht und die Überschreitung der Fallbachkartürme geschafft hat.

letzter Aufschwung am Grat in den Fallbachkartürmen  vor Pkt. 2.625m

letzter Aufschwung am Grat in den Fallbachkartürmen vor Pkt. 2.625m

Wir haben für die Überschreitung gesamt 2:15 benötigt, hatten aber nie vor sie eiligst zu erledigen. Ohne große Foto- und Trinkpausen könnte man auch eine halbe Stunde eher ankommen, jedoch sicher nicht bei einer Erstbegehung.

Rückblick auf die Überschreitung der  Fallbachkartürme

Rückblick auf die Überschreitung der Fallbachkartürme

Der weitere Aufstieg auf das Osteck und den Großen Bettelwurf ist einfach und in dem Link zu Beginn dieses Berichtes nachzulesen.

Andi unter der Wand mit der Aufstiegsrinne dahinter

Andi unter der Wand mit der Aufstiegsrinne dahinter

Erwähnt sei nur die etwas versteckte Verschneidung hinter einer markanten glatten Felswand, bei der man geneigt ist am Steinmann ostwärts weiterzugehen, anstelle schräg hinter sich auf ca. 120° drehend die Aufstiegsrinne zu entdecken.

Aufstiegsrinne zum Osteck des Großen Bettelwurf

Aufstiegsrinne zum Osteck des Großen Bettelwurf

Am Osteck beim der Holzpflockmarkierung bietet sich nochmals ein toller Tiefblick auf den gesamten faszinierenden Grat mit den einzelnen Fallbachkartürmen, der gerade gemeistert wurde.

Die Fallbachkartürme, Rückblick vom Osteck des Großen Bettelwurf

Die Fallbachkartürme, Rückblick vom Osteck des Großen Bettelwurf

In weiteren 10min ist der der Gipfel des Großen Bettelwurfes erreicht.

Großer Bettelwurf, 2.726m

Großer Bettelwurf, 2.726m

Weil es so schön und zeitig am Tag war nahmen wir auch noch den Kleinen Bettelwurf mit und Andi besuchte auch das kleine Gipfelkreuz am Kleinen Bettelwurf bevor wir zur Bettelwurfhütte abstiegen.

Kleiner Bettelwurf, 2.650m

Kleiner Bettelwurf, 2.650m

Von der Hinterhornalm bis zur Bettelwurfhütte benötigten wir 8 Stunden. Für die Rückkehr zum Parkplatz beim Hackl weitere 1 ½ Stunden.

Andi im Abstieg vom Kleinen Bettelwurf

Andi im Abstieg vom Kleinen Bettelwurf

Es empfiehlt sich ein Fahrzeug dort abzustellen und mit diesem dann das andere auf der Hinterhornalm zu holen. Alternativ kann man auch in der Bettelwurfreise nach Südosten abzweigen und über die Alpensöhnehütte zur Hinterhornalm zurückzukehren.

Bettelwurfhütte, 2.077m

Bettelwurfhütte, 2.077m

Die Strecke von Hinterhornalm bis zum Parkplatz beim Hackl beträgt kurze 13km und 1.400m geodätischer Höhenunterschied über Gipfel und Scharten und wahrscheinlich nochmals ca. 300hm für die Abstiege und Aufstiege vom Hundskopf in die Mannl u. Weibelescharte und dieselben in den Türmen.

Mils, 27.08.2016

Bild

Großer Bettelwurf – Lage per 09.05.2015

Ja, der Große Bettelwurf ist momentan schon recht leicht machbar.

Heute hat uns allen das Wetter ein Schnippchen geschlagen, vergleicht man die Verhältnisse mit gestern.

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Gamaschen sind wahrscheinlich noch ein paar Wochen unabdinglich und heute war der Aufstieg eine grenzwertige Angelegenheit hinsichtlich der Sicht- und Niederschlagsverhältnisse.

???????????????????????????????Nach unspektakulären 3 3/4 Stunden stand ich, nach einem recht leichten Aufstieg  – bis ca. 50Hm vor dem Gipfelgrat – am Gipfel und erntete auf 2.725m sogar ein paar schnelle Sonnenstrahlen, bevor die Nebeldecke wieder zuzog.

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Die letzten Höhenmeter waren fatal, eingesunken bin ich zwischen Schneedecke und Fels bis zum Bauch und der Winter hat viel Frostsprengschäden verursacht, eine Felsplatte in Aktenkoffergröße brach vor mir aus, verursachte einen Rückwärtssturz und löste bei mir kurze Panik aus, weil der Sturz prekär hätte enden können, wenn sich nicht ein Bein in dem zuvor betretenen Loch verankert hätte.
So blickte ich, am Rücken liegend, kopfüber die steile Rinne hinab und war doch gesichert geblieben.

Die Situation der Schneedecke ist im gesamten Aufstieg wesentlich besser, als in diesem letzten Teilstück zum Gipfel. Man spürt die Kraft der Sonne dort recht deutlich, und der Schnee ist davon recht beeinflusst.

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Heuer wagten schon acht Kollegen vor mir den Aufstieg, einige bereits im Winter, andere im April.
Darunter auch die bekannten und gut ausgebildeten jungen Freaks der Mountain Maniacs, die den Abstieg sogar über das bereits begehbare BW-Osteck vollzogen haben. Tolle Bergsteiger!

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Die Bettelwurfhütte ist bereits schneefrei:

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Am Weg über den Jagersteig sind noch ein paar größere Schneefelder, weswegen man die Gamaschen am Abstieg vom Bettelwurf nicht schon am Eisengatterergrat ablegt.

Mils, 09.05.2015

 

 

 

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Bettelwurf Osteck über Fallbachkarspitze

Die Königsklasse unter den von der Südseite durchführbaren Anstiege zum Großen Bettelwurf ist zweifellos die Route über die Fallbachkarspitze auf das Bettelwurf Osteck. Sie ist dem versierten Bergsteiger vorbehalten und erfordert einiges Kletterkönnen, sowie auch Mut oder Vertrautheit mit ausgesetzten, längeren Passagen in Fels um 75° Steilheit und mehr.

am Grat zum Bettelwurf Osteck

am Grat zum Bettelwurf Osteck

Einige Jahre kokettierten wir schon mit dem Vorhaben diese Bergfahrt zu unternehmen und nach dem guten Verlauf der heurigen Saison mit mehreren Gratüberschreitungen im Karwendel wagten wir das Abenteuer. Mit von der Partie war ein weiterer Milser und Bergkollege, Thomas, ein ausgezeichneter Kletterer und ebenfalls einer, der von der Tour generell begeistert ist und sie noch nicht durchgeführt hatte.
Die Berichte, die man über diesen Anstieg im Internet recherchieren kann sind großteils recht detailliert und bieten gute Eindrücke, was einen erwartet. Wir empfehlen sie alle zu lesen, bevor man sich ernsthaft an die Aufgabe heranwagt (unter „Bettelwurf über Osteck“ gut zu googeln).

Die Fallbachkarspitze

Die Fallbachkarspitze

Unser Bericht befaßt sich weniger mit dem unteren Teil bis zur Fallbachkarspitze. Die Beschreibung dieses Teiles kann man in unserer Seite hier gut mittels der Suchfunktion finden. Wir befassen uns mehr mit dem eigentlichen Teil, den wir, bereits mehrmals auf der Fallbachkarspitze gestanden, noch nicht durchgeführt haben.
Der Vollständigkeit halber sei die Route von ganz unten kurz gestreift: vom Parkplatz bei der Sprungschanze geht es vorbei an der Wasserfassung und nach ca. 500m, vor dem Klettergarten, rechts auf unbezeichnetem Steig zur Halltaler- und Alpensöhnehütte hinauf. Bei der Alpensöhnehütte gibt es die einzige und letzte Möglichkeit Wasser zu bunkern, also nutzten wir den kurzen Umweg auf dem Steig zur Hüttenspitze.

Brunnen bei der Alpensöhnehütte

Brunnen bei der Alpensöhnehütte

Nach der Hüttenspitze, die guten Einblick in den weiteren Tourverlauf bietet, steigt man ca. 100Hm zur Wechselscharte hinab, um nordseitig der Scharte den seilversicherten Steig auf den Rücken des Gratausläufers der Fallbachkarspitze wieder aufzusteigen.

Fallbachkarspitze mit Bettelwurf-Osteck im Hintergrund links

Fallbachkarspitze mit Bettelwurf-Osteck im Hintergrund links

Auf 2/3 des Weges zur Steigmarkierung (ein Holzstab in einem Steinhaufen) zweigt rechts der Steig auf die Wechselspitze und ins Fallbachkar ab. Diesen passieren wir und nach ca. 100Hm erreichen wir am latschenbewachsenen Rücken den Steig durch die Rinne zur Fallbachkarspitze der genau hinter der Markierung links abzweigt (man kann auch den Grat zur Fallbachkarspitze nehmen, dann zweigt man nicht links auf den jüngst neu markierten Steig in die Rinne zur Scharte vor der Fallbachkarspitze auf).

Steigmarkierung auf die Fallbachkarspitze

Steigmarkierung auf die Fallbachkarspitze

Am oberen Gipfelaufbau der Fallbachkarspitze erreicht man dann eine flache, wenig geneigte größere Wiesenfläche, von der aus man östlich des sich nun weiter bietenden Aufstiegsverlauf über eine schmale Rinne zum Gipfel empor steigt (es gibt auch noch eine andere Route auf der Westseite, diese kenn wir jedoch nicht). Einige Klammern im steilsten Teil erleichtern etwas den Aufstieg. Der Ausstieg ist links (westlich) und um einen großen Felsblock herum, erreicht man den Grat und zwei Minuten später Gipfel.
Wer in der Rinne bereits Probleme hat ungesichert frei zu klettern, dem sei geraten dort umzudrehen und die Tour nicht weiter zu machen (es sei denn man unternimmt die Tour mit einem Profi der im weiteren Verlauf im Vorstieg die Sicherung übernimmt).

Gratverlauf Fallbachkarspitze zum Bettelwurf Osteck

Gratverlauf Fallbachkarspitze zum Bettelwurf Osteck

Der Grat nach der Fallbachkarspitze wird in den eingangs erwähnten Berichten im Internet wenig detailliert beschrieben. Also möchten wir hierzu ausführen, daß knapp nach dem Gipfel, nach einigen Spitzchen die man überschreitet, der weitere Verlauf der Route hauptsächlich in der dem Fallbachkar zugeneigten Ostseite zu finden ist, als auf der dem Bettelwurfkarl zugeneigten Westseite. Dies teilweise mit recht tief unter den Gratspitzen und mit Steinmännchen ausreichend gekennzeichnetem Verlauf.
Dabei ist erwähnenswert, daß das Wiesengelände so steil ist, daß es an vielen Stellen einen Fehltritt nicht verzeihen würde. Die Hänge stürzen ungemein steil ins Fallbachkar ab.
Eine interessante Stelle ist hier ein ca. 10m langes grasdurchzogenes ca. 20cm schmales Band in einer Platte mit ausreichender Griffmöglichkeit und festem Trittbereich, aber sehr ausgesetzt (leider kein Foto davon).
Teilweise ist dann wieder, immer ca. 20-30Hm unter dem Gratverlauf, ein regelrechter Steig zu erkennen, der um die einzelnen Rücken herumführt und auf der Nordseite nicht ungefährliche Passagen bietet.

Gratverlauf mit Steinmandl und Steig links, ostseitig; Passage  im Norden der Rippe mit Steilabbruch

Gratverlauf mit Steinmandl und Steig links, ostseitig; Passage im Norden der Rippe mit Steilabbruch

In dieser Manier geht es – mit wenig Höhengewinn – an den Bergkörper des Großen Bettelwurf dichter heran und erst nach ca. 30 – 40min wird der wilde Grat sanfter und verschmilzt mit dem Bergmassiv.
An dieser Stelle wird dann auch ein mächtiger Turm sichtbar, den man immer ostseitig bleibend passiert und vor dem die Route deutlich steiler wird.

kühner Turm und rechts hinten der beginnende Grat des Bettelwurf-Ostecks

kühner Turm und rechts hinten der beginnende Grat des Bettelwurf-Ostecks

Man läßt den Turm hinter sich und nach ca. 10min im Grasgelände aufwärts erreicht man den Gipfelaufbau des Bettelwurf Ostecks und wechselt links in diesen hinüber. Die Sicht ins Fallbachkar endet hier.

der Anstieg zum Grat des Ostecks

der Anstieg zum Grat des Ostecks

Weiter geht es nun in Reibungskletterei über eine harmlose, ausgewaschene Rinne hinauf. Es geht auch links davon in griffigerem, jedoch eher schuttbeladenem Fels. Unterwegs erfreuen wir uns an ungewöhnlichen Formationen westlich der Aufstiegsroute, einem riesengroßen Steinmandl gleich. An ihrem oberen Ende querten wir nach links (nordwestlich) und stiegen nun in einer kleinen Schlucht weiter.

Reibungskletterei in der ausgewaschenen Rinne

Reibungskletterei in der ausgewaschenen Rinne

Die Schlucht verengt sich deutlich und formt sich an ihrem oberen Ende zu einer Verschneidung, die man rechts, sehr bequem auf leicht griffigem Fels mit Reibung und wenig wirklichen Griffen ausgestattet, umgehen kann. Unten am Beginn der Verschneidung befindet sich eine vergilbte Pfeilmarkierung.

im oberen Teil der Verschneidung, rechts geht es stets gut voran

im oberen Teil der Verschneidung, rechts geht es stets gut voran

Wir hielten uns im weiteren Aufstieg rechts auf gut griffigem Fels, teilweise schotterdurchsetzt, bis  zu einer kleinen Scharte mit atemberaubendem Blick in das Fallbachkar und auf die gleichnamigen Türme mit den Gipfeln der Vomperkette. Von Verlassen des Grasgeländes unten bis hierher benötigten wir 20min.

Scharte vor der schwierigen Passage, Beratung wie es am besten weitergeht

Scharte vor der schwierigen Passage, man berät sich wie es am besten weitergeht

Diese kleine Scharte eröffnet nun den Blick auf den weiteren Aufstieg, des schwierigsten Teiles mit der Schlüsselpassage. Die Wortwahl „Passage“ haben wir deshalb getroffen, da dieser schwierige Teil lang ist, von unten, in seinem gesamten Verlauf, nicht einmal zur Gänze einsehbar.

die Aufstiegsroute; erster Teil und Querung gut sichtbar; oberer Teil kaum detailliert sichtbar

die Aufstiegsroute; erster Teil und Querung gut sichtbar; oberer Teil kaum detailliert sichtbar

Der untere Teil ist geprägt von einem Riss rechts einer Rinne, die wir als überraschend fest und nicht brüchig, oder splitterig wahrgenommen haben. Der Riss bietet ausreichend gute Griffe, um sicher aufzusteigen, jedoch muß man nach ca. 15m an seinem oberen Ende ca. 2-3m nach links hinausqueren (ausgesetzt mit ordentlichem Tiefblick) und kommt dabei durch die weniger griffige Rinne, bis man schlußendlich nach einem weiteren fast senkrechten Aufstieg über ca. 2-3m auf ein bequemes Podestchen kommt auf dem man sich sammeln kann.

schwierige Passage unterer Teil

schwierige Passage unterer Teil

Wer den ausgesetzten Blick nicht erträgt bleibt etwas weiter in der Wand drin – wir reden von weniger als einem Meter-, büßt jedoch den guten Standplatz ein und hat auf den nächsten paar Metern ein schwierigeres Gelände vor sich. Manuel hat es so gewählt.

am Podestchen am Ende des unteren Teiles, Manuel zu weit rechts für einen guten Stand

am Podestchen am Ende des unteren Teiles, Manuel zu weit rechts für einen guten Stand

Diesen ersten Teil schätzen wir auf knapp 20Hm und spätestens beim Rückblick zur Scharte erkennt man die Schwierigkeit von III+/IV- an, von der in den diversen Beschreibungen gesprochen wird. Das Gelände fast senkrecht, die Tritte und Griffe im oberen Teil bei der Querung eher klein, jedoch fest und ohne Dreipunktmethode an keiner Stelle begehbar.

Thomas bereits im oberen Teil der schwierigen Passage, in der griffigen festen Platte

Thomas bereits im oberen Teil der schwierigen Passage, in der griffigen festen Platte

Nun wechselte die nicht nur die Richtung, es wird nach rechts oben weitergestiegen, sondern auch die Felsqualität, im Foto gut zu sehen. Man kommt auf eine feste Platte, Rillenkalk,  die eine rissartige Störung mit guten festen Griffen und Tritten als Aufstiegshilfe und –richtung bietet. Die Steilheit setzt sich unvermindert fort und auch in der folgenden Verschneidung geht es in gleicher Manier voran.

der obere Teil der schwierigen Passage mit guten Haltepunkten

der obere Teil der schwierigen Passage mit guten Haltepunkten

Die einzige Erleichterung, die sich in der Verschneidung bietet ist mental vermeintliche Sicherheit durch den Felskörper, den man nun rechts neben sich und dem Fallbachkar hat. An eine Rücknahme der Konzentration und Angespanntheit ist jedoch erst zu denken, wenn man den oberen Ausstieg der sich verjüngenden Verschneidung überklettert hat.

Manuel am Beginn der Verschneidung, Thomas mitten drin

Manuel am Beginn der Verschneidung, Thomas mitten drin

In der Verschneidung gibt es zwar wieder die Felsbeschaffenheit die auch im unteren Teil nach der Scharte angetroffen wird, jedoch etwas brüchiger, wie man anhand des Schotters darin erkennt. Man kann nach gut 2.000Hm und der doch anstrengenden Passage hier die Wadeln ein wenig entlasten, indem die Möglichkeit besteht sich zu verspreizen, jedoch strebt man eher lieber dem Ende der Verschneidung zu.
am Beginn der Verschneidung unten gibt es einen älteren, festen Haken, der zur Sicherung von Nachsteigenden vertrauenswürdig erscheint. Schätzungsweise braucht man dafür gut 30m Seil bis zur Scharte hinunter. Wir hatten ein 50m Halbseil, Friends (dafür gibt es kaum Möglichkeiten) und genügend Sicherungsmittel mit, verwendeten es jedoch nicht.

der Ausstieg aus der Verschneidung

der Ausstieg aus der Verschneidung

Mit dem Ausstieg hat man eigentlich den Höhepunkt an Schwierigkeiten dieser gewaltig schönen Tour gemeistert, der restliche Gratverlauf ist aber dennoch für weitere knapp 10min IIer Gelände mit steilen Abstürzen zu beiden Seiten nicht ohne Konzentration zu begehen bevor man das Bettelwurf-Osteck erreicht.

Gratverlauf zum Bettelwurf-Osteck

Gratverlauf zum Bettelwurf-Osteck

Von dort sind es nochmals knapp 10min zum verdienten Gipfel des Großen Bettelwurfes. Für den gesamten Aufstieg bis zum Gipfel haben wir 5 Stunden gebraucht.

Gipfel Großer Bettelwurf

Gipfel Großer Bettelwurf

Leider hatten wir just an diesem Samstag eine Wetterstörzone in dem gerade angebrochenen stabilen Altweibersommer und deshalb sind die Fotos für all jene, die, so wie wir auch in der Vorbereitung zu dieser Tour, versuchen die Griffe und Tritte auf den Fotos zu erkennen, nicht so perfekt geworden. Wir können jedoch allen die sich mit der Frage ob ja oder nein zur Tour versichern, daß die Anzahl, Verteilung und Qualität von Griffen und Tritten über die gesamte Schlüsselpassage akzeptabel ist und, vielleicht als subjektivem Eindruck des Verfassers, nur die Querung im oberen Teil unten etwas schlechter damit ausgestattet ist.
In Summe ist jedoch bei der seilfreien Erstbegehung die Anspannung vor der Wand als solches größer, als es die Suche nach Haltepunkten in Zwangshaltung wirklich erfordert. Zu dieser Erkenntnis gelangt man aber – wie immer –  leider erst hinterher, wenn die Schwierigkeiten bereits gemeistert sind 🙂
Wie man an den Fotos erkennt gibt es durchaus die Möglichkeit an ein paar Stellen in halbwegs bequemer Haltung und sicherem Stand Aufnahmen zu machen und daher ist klar, daß die gesamte Passage nicht ununterbrochen zu durchklettern ist und man sich nicht auch einen strategischen Überblick über die nächsten Teile machen kann.

Hingewiesen sei, wie auch in anderen Beschreibungen auch, darauf, daß eine Rückkehr ab der Scharte mit einem sehr beschwerlichen Abstieg verbunden wäre und daß man sich bei der letzten schwierigen Passage nach mehr als 2.000 zurückgelegten Höhenmetern schon in einem nicht mehr taufrischen Zustand befindet. Daher empfehlen wir dringend diese Tour nicht alleine sondern mindestens mit einem oder mehreren Partnern zu unternehmen und ausreichend Sicherungsmittel dabei zu haben. Mehrere Augenpaare sehen mehr und der Austausch über Einschätzungen von schwierigen Stellen sind am Berg immer sinnvoll.
Die Aufstiegszeit mit 5 bis 6 Stunden, je nach Leistungsvermögen, sollte man in Betracht ziehen, wenn man die Startzeit wählt und das Wetter nicht als einwandfrei niederschlagsfrei über den Tagesverlauf vorausgesagt ist, denn, Nässe kann man speziell am Ende der Tour nicht brauchen.
Eine weitere Empfehlung ist es die Tour erst im Herbst zu unternehmen, da sie auf fast der gesamten Strecke nie richtig Schutz vor der Sonneneinstrahlung bietet und somit ein immenser Wasservorrat mitgeführt werden müßte. Wir haben die Erfahrung gemacht im Juli und August selbst nur auf die Fallbachkarspitze nahezu unsere gesamten Trinkvorräte verbraucht zu haben.

der obere Teil des Grates zum Bettelwurf-Osteck

der obere Teil des Grates zum Bettelwurf-Osteck

Den Abstieg vom Großen Bettelwurf wählten wir über den Klettersteig zum Kleinen Bettelwurf und direkt vom Sattel zwischen beiden zur Bettelwurfhütte. Für diesen Teil rechne man mit eineinhalb Stunden, gefolgt von weiteren gut eineinhalb Stunden von der Hütte bis zum Parkplatz zurück.
Die Suunto Vector zeichnete den gesamten Aufstieg mit 2.040Hm auf, wobei wir am Gipfel eine Höhenkorrektur von rd. 60m wegen des sich ändernden Luftdruckes verzeichneten. Also rechne man mit 2.100Hm gesamt.

Die Wettervoraussage mit der Niederschlagssimulation der ZAMG (können wir zur Tourenplanung sehr empfehlen) stimmte dieses Mal fast auf die Minute und es erwischte uns der mit 50% Wahrscheinlichkeit vorausberechnete Regen zwischen 16 und 17 Uhr in der gemütlichen Bettelwurfhütte nicht.

Aufklaren nach Kurzregen aus  dem Fenster der Bettelwurfhütte

Aufklaren nach Kurzregen aus dem Fenster der Bettelwurfhütte

Unser gelungener Tag endete diesmal allerdings erst gegen Mitternacht und mit der Stirnlampe im Abstieg. Vorher erlebten wir noch einen schönen Abend mit Freunden auf der Bettelwurfhütte bei der bedauerlichen Verabschiedung unserer beliebten Wirtsleute Robert und Gabi, die nach vielen Jahren die Hütte leider nicht mehr weiterführen können.

Ansprache den Wirtsleuten

Ansprache der Stammgäste an die Wirtsleute

Mils, 11.10.2014

Die Bettelwurfrunde, Kleiner Bettelwurf und Großer Bettelwurf

Die Runde um die Bettelwürfe empfiehlt sich normalerweise mit dem Anstieg auf den Kleiner Bettelwurf und dann den Übergang, teilweise als Klettersteig ausgeführt, zum Großer Bettelwurf.
Ich habe die Runde heute umgekehrt gemacht, weil der Abstieg zum Bier in der Bettelwurfhütte vom kleinen Bettelwurf schneller und etwas bequemer ist, als vom großen Bettelwurf. Dafür muß man die senkrechten Partien des Klettersteiges im Abstieg machen. allerdings sind diese nur kurz, jedoch muß man die Oberarme strapazieren.

Wenn man den Übergang geht, egal in welche Richtung, dann ergreift einen von selbst Respekt vor dem Erstbegeher des Überganges, Carl Gsaller. Er hat das damals ohne Wegbeschreibung oder Aufstieghilfen geschafft, ja nicht einmal genau gesehen haben kann er den Übergang in seiner gesamten Länge . Er hatte, im Versuch den großen Bettelwurf zu ersteigen, irrtümlich den kleinen Bettelwurf erwischt und seine kämpferische Bergsteigernatur ließ es nicht zu, daß er „unverrichteter“ Dinge wieder ins Tal abstieg, nein er hat am Gipfel des Kleinen beschlossen, den Übergang zum Großen sofort anzugehen.

Wenn man sich das Foto von heute ansieht, dann muß man schon Respekt haben, denn der nächste Zufluchtsort oder Hilfe ist nämlich nur gute 1.100Hm tiefer zu finden und niemand würde ihn am 18. Juni 1878 auf diesem Gebirgszug vermissen:

Blick vom kleinen Bettelwurf zum Übergang auf den großen Bettelwurf

Der Übergang vom Großen Bettelwurf zum Kleinen vom Großen aus gesehen

Die wortgewaltige Beschreibung Carl Gsallers, den Übergang betreffend, hier als Zitat seiner Schriften in kursiv (Start des Originaltextes ist die Beschreibung der letzten Meter des Aufstieges des Kleinen Bettelwurfes):

…Gipfel herabziehende Felsrippe, jetzt von Ost nach  West, querend, sah ich plötzlich eine weite, schneeerfülltc, mässig geneigte Rinne vor mir, die gerade zum Scheitel emporwies. Rasch wurde durch sie hinangestiegen, noch eine kurze, harmlose Kletterei und ich betrat um 12 h mittags in athemloser Spannung den Gipfel. Ein Blick nach Osten und da gab’s eine wahre Ueberraschung. Dort ragte ja pyramidenförmig ein weit höherer Felsscheitel empor, ja dort stand sie, die Grosse Bettelwurfspitze, während ich im blinden Eifer die bisher unerstiegene Kleine Bettelwurfspitze erobert hatte! Statt Freude über die unvermuthete Errungenschaft, bemächtigte sich meiner ein lebhafter Unmuth, der mich auf Alles vergessen und nur nach der grossen Spitze starren liess.
Was nun thun? Diese zweifelhaften, beim Aufstieg überwundenen Felsen gefielen mir für den Rückweg gar nicht, doch im nahen Osten senkten sich von der Scharte zwischen beiden Gipfeln zum Abfahren so recht einladende Schneefelder gegen das Speckkar hinab. Also vorerst dort hinüber, das Weitere wird sich finden! So fing ich denn an, den Quergang zu der gedachten Scharte unter dem etwas niedrigeren Ostkopf der Kleinen Bettelwurfspitze durch zu bewerkstelligen. Angenehm war dieses Kreuzen steiler, mit tiefem Schnee bedeckter Platten keineswegs. Weil ohne Stock, musste ich stets die linke Hand tief in den Schnee vergraben, eine nicht ganz überflüssige Art des Festhaltens, denn mehrmals rutschte die ganze weiche Masse unter meinen Füssen ab. Zudem äusserte sich an den Fingern ein starker Schmerz, der mir erst später klar werden sollte. Ueber trümmerbedeckte Felsen ging’s schliesslich hinab zur angestrebten Scharte zwischen der Grossen und Kleinen Bettelwurfspitze, nach einer von mir vom höheren Zunderkopf bei Hall vorgenommenen halbtrigonometrischen Messung 2564 Meter hoch. Ihre mässig geneigte Schneefläche erschien im Norden von einem fast senkrechten Absturz begrenzt, aus dem ein spitzer Fels, ganz überzogen von Moos und Flechten grüner und gelbgrüner Farbe aufragte und vom Weiss der Umgebung seltsam sich abhob.
Nun hätte ich, wie gewollt, über die lange tiefverschneite Plattenrinne zum Speckkar absteigen können, die Bahn war ja frei. Doch haIt! Da stand der Westabfal1 der Grossen Bettelwurfspitze zu verlockend vor mir, eine prächtige Pyramide, von zahlreichen Querstufen weiss und grau gezeichnet. Ich blickte verlangend hinauf und beschloss, dieselbe sofort anzugreifen. Ein Trümmerband führte auf den Nordabfall des Gipfels, woselbst eine sehr steile Rinne ohne Schwierigkeit erklettert wurde, da ihr Boden mit förmlichen Spitzhöckern sich überzogen erwies. Sodann fortsteigend, wie es eben ging, gelangte ich etwas später durch eine enge Schlucht von Süden her auf eine grössere Felsstufe. Während einer kurzen Rast wurde mit Eislimonade der brennende Durst gelöscht und die im Rücken stehende glatte Wand nach einer Ersteigungsmög1ichkeit studirt. Da sich wenigstens an dieser Stelle keine solche erkennen liess, drang ich auf dem Trümmerbande am Fusse der Wand gegen Süden vor. Bald trat ein Kamin entgegen, freilich mit überhängendem Fels in der Mitte, was mich aber nicht abschreckte, den Aufstieg durch ihn erzwingen zu wollen. Doch der Erfolg blieb aus, die überhängende Stelle war trotz hartnäckiger Versuche weder gerade hinauf, noch seitlich zu bewältigen , ich glitt einfach wieder herab. Zornig ging ich auf das Trümmerband am Fusse der Wand zurück, um weiter südlich einen Anstieg zu suchen. Und wirklich öffnete sich der Fels schon nach wenigen Tritten zu einem ersteigbaren Kamin, oben von einem Felsloch geschlossen. An letzterem wurde nun der Unmuth über den früheren Misserfolg ausgelassen, indem ich mich trotz seiner Enge sammt dem Rucksack hindurchzwang. Hinter dem Loch führte eine mit weichem Schnee erfüllte Schlucht gegen Norden auf eine zweite, der unteren ganz ähnliche Felsstufe. Von hier aus auf schwindligen Trümmerbändern der Nord-(Vomperloch-) Seite vorgehend und zuletzt gerade emporkletternd, wurde der westliche Eckpunkt der Grossen Bettelwurfspitze erreicht. Nun galt es noch den Gratübergang zum höchsten Punkt zu bewerkstelligen. Ein spitzer Kammeinschnitt bot zwar keine Schwierigkeit, unangenehmer waren aber die über den 10001100 Meter hohen nördlichen Steilabsturz ins Vomperloch vortretenden Schneewächten, die Vorsicht erforderten und mangels eines Stockes zu häufigem Kriechen zwangen. Endlich tauchte das Steinmännchen des höchsten Punktes auf gleichzeitig hüllte mich aber Nebel ein. Schnee begann zu fallen und Wie durch einen Schleier  winkte das nahe Ziel.
Um 5h 20m abends war die Grosse Bettelwurfspitze erstiegen. Von Schneeflocken umwallt, kauerte ich mich müde neben dem Steinmännchen nieder, um vor Allem den heftig knurrenden Magen zu befriedigen. Und während dieser Thätigkeit flogen die Blicke im Kreise umher, die Fernsicht zu mustern. Ich war von ihr wahrhaft überrascht und fand sie ebenso grossartig als prächtig. In der Tiefe das grüne, schöne ThaI des Inn, besäet mit Städten und Dörfern, darüber die üppigen Terassen des liebreizenden Mittelgebirges, fernerhin der dunkle Wald, umsäumt von der helleren Region der Alpenmatten, und das Ganze schliesslich gekrönt von der mächtigen, weissblinkenden Gletscherkette, die im fernen Osten auftaucht und quer durch Tirol ziehend, im Westen verschwindet, ein Bild von gewaltiger Wirkung.

 

Natürlich ist der heutige Klettersteig anders angelegt als Gsaller seine Erstbegehung beschreibt (sie dürfte auch etwas weiter südlich des heutigen Klettersteiges gelegen haben, denn er erwähnt, daß erst oben die Abstürze ins Vomperloch bedrohlich waren). Das Ziel war jedoch das gleiche und wer den Übergang heutzutage geht, der muß unweigerlich die hohe Leistung eines Alleingehers mit mittelmäßiger Ausrüstung erkennen.

wenig oft fotografierter hinterer Gipfel des Kleinen Bettelwurf

In einem weiteren Artikel werde ich mich mit Gsallers Anstieg von den Herrenhäusern auf den Kleinen Bettelwurf befassen. Soviel sei vorweggenommen, er hatte mit den selben Problemen wie H. v. Barth mit der Erstersteigung des Großen Bettelwurfes zu kämpfen und die Schwierigkeiten sind geleitet von der Sicht im spitzen Winkel auf die beiden Gipfel.

Mils, 13.07.2013

Erstersteigung Großer Bettelwurf – Hermann von Barth

Angesichts des nun schon seit Wochen anhaltend schlechten Wetters bleibt einem Bergbegeisterten nicht viel anderes übrig, als sich an alternativen Aufgaben zu versuchen, was ich mit dem Artikel Erstersteigung Großer Bettelwurf – Hermann von Barth  unternehmen möchte. Während ich diese Zeilen niederschreibe prasselt der Regen vor meinem Fenster in Mils auf die Landschaft nieder.

Ja, ich kokettierte heute damit meine Leserschaft auch einmal mit der Geschichte der Ersteigung der „Riesen hinter’m Haus“ zu konfrontieren und wage dies nun, großteils unter Zuhilfenahme einer alpingeschichtlich hochwertigen Webseite von Herrn Ulrich Kretschmer aus München die ich schon vor Jahren im Internet gefunden habe, sehr hervorragend finde und die sich weit mehr Besucher erfreuen sollen dürfe, als es der Besucherzähler momentan verrät.

Nun, Hermann von Barth ist den meisten Bergfreunden bekannt, hat er doch beispielweise im Sommer das Jahres 1870 nicht weniger als 88 Gipfel im Karwendel bestiegen, 12 davon als Erstbesteiger. Der gebürtige Oberbayer aus dem Tölzer Land ist der Erschließer, Entdecker und Ersteiger des Karwendels schlechthin und für weitere Details empfehle ich seinen Namen in Wikipedia einzugeben, da muß ich mich hier nicht hervortun.

Barth Denkmal

Als Sohn aus begütertem Hause mit fundierter Ausbildung als Jurist und dann als Naturwissenschaftler hatte er auch kaum Druck für sein täglich Brot sorgen zu müssen uns so konnte er seinem Drang nach den Gipfeln der nördlichen Kalkalpen recht freien Lauf lassen und sich der Bergsteigerei widmen und tat dies mit dem durchaus wissenschaftlichem Hintergrund der Erschließung, wie man in den Schriften seines Werkes „Aus den Nördlichen Kalkalpen“ mit der schriftlichen Niederlegung der „Recognoscirungen“ (Erkundungen) lesen kann.
Bei seinen Ersteigungen kann es auch dann und wann zu direktem Kontakt mit der tiroler Bevölkerung und weiter unten möchte ich seine Beschreibung des skurrilen Treffen und die daraus gezogenen Schlüsse zur Aufheiterung dieses Artikel wiedergeben.

Zunächst aber zum Hauptteil dieses Artikels, der Erstersteigung Großer Bettelwurf.
wie eingangs erwähnt entnehme ich Zitate und Textstellen aus der Webseite von Herrn Kretschmer, die unter folgender Internetadresse zu finden sind: http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/
Bei den nachfolgenden, aus dieser Seite entnommenen Textstellen füge ich die Quellenbezeichnung als Internetadresse an. Hier die Inhaltsübersicht:

Inhaltsübersicht Webseite: http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz.html. Die Karten sind im „Vertikal- und Horizontalprofil“ abrufbar

Am 13. Juni 1870 reiste Hermann von Barth – vermutlich mit der damals jüngst erbauten Eisenbahn nach Hall an (auch in den Berichten der Wilden Bande ist von der Localbahn die Rede, die die Mitglieder auf dem Rückweg von deren jährlichem Gründungsfest am Stempeljoch von Hall nach Innsbruck genommen haben; die Eisenbahn war damals also das Reisemittel).

Von Hall zu Fuß bis zu seinem Domizil – den Herrenhäusern – beeindruckte ihn die Landschaft nach der Einmündung ins Halltal und er beschreibt sie wortgewaltig, ähnlich wie man schmale, steile Tallandschaften unter der Stimmung eines herannahenden Gewitters empfindet. Ab diesem Kapitel „Das Haller Salzthal [1870]“ beginnt die äußerst empfehlenswerte Beschreibung seiner Erlebnisse und ich lege euch, liebe Leser, diesen Einstieg ans Herz http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz.html

Angekommen an seinem Ziel beschreibt er die Aufnahme als Gast bei den Knappen in den Herrenhäusern und sein Interesse für die handgefertigten Zeichnungen von der, das Bergwerk, umgebenden Landschaft, worin er aber grobe Widersprüche bzw. Ungenauigkeiten sieht.
Er übernachtete mit zeitiger Bettruhe und machte sich, wie auch so oft in den Berichten über die Wilde Bande zu lesender Tageszeit, um knapp vor vier Uhr auf seine erste Tour; es waren dies die Gipfel rund um das Bachofenkar, die er in einer Gewaltstour  an einem Tag erledigt (ich habe sie schon mehrmals unter Auslassung des Großen Lafatscher, den er fälschlich den Westlichen Lafatscher nennt, selber ausgeführt und kann seine Leistung daher gut einschätzen).

In diesem Kapitel „Die Herrenhäuser“ wird es geschichtlich interessant, taucht doch erstmals die von ihm irrtümlich angenommene falsche Bezeichnung „Speckkar-Gebirge“ auf, wobei es sich hier um den Zug von der Speckkarspitze bis zum Großen Bettelwurf handelt. Beim Bettelwurf, den Barth als solchen zu erkennen glaubt, muß es sich, nach reiflicher Überlegung was man denn von dem von ihm beschriebenen …eisernen Balcone des 1. Stockes gegen Osten… aus überhaupt sehen kann, um die Winklerspitze, bzw. Hüttenspitze handeln.

Hüttenspitze von St. Magdalena aus, dem selben Sichtwinkel wie von den Herrenhäusern aus; dies war für Barth (fälschlicherweise) der Bettelwurf

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_herrenhaeuser.html:
…Eine eigenthümliche Felsgestaltung zeigt sich, nahe dem Fusse des Gebirges, an diesem Wandmassive; ein ziemlich voluminöser, scharf ausgespitzter Zacken hat sich vom Bergkörper völlig losgerissen und eine breite, beiderseits von senkrechter Mauer eingefasste Kluft gegen jenen gebildet; ein steiles Schuttfeld erfüllt diese Tiefe, welche im Hallthale unter dem Namen Bettelwurf bekannt ist…

Wer sich die Beschreibung derselben durchliest und den Blick, den er nach Osten beschreibt, kennt, kann nur zu diesem Schluß kommen.
Möglicherweise war diese Verwechslung auch wieder einmal eine von jenen Geschichten, die beim Befragen der ortsansässigen Bevölkerung entstanden ist. Man kann sich das gut so vorstellen, daß Hermann von Barth nach dem Bettelwurf fragt und jemand deutet ungenau mit dem Finger auf die Hüttenspitze, die er mit seiner Akribie natürlich dann falsch zuordnet. Für die Mehrzahl der Bewohner waren zu diesen Zeiten der Menschheitsgeschichte die Namen der Berge völlig uninteressant und sie sind, ob großteils mangelhafter Kenntnis darüber, sicher teilweise auch falsch zugeordnet worden, bzw. hat es sicher nur in Kreisen, die beruflich mit der Bergwelt zu tun gehabt haben (Bergleute, Jäger, Vermesser), Kenner der Detailnamen der Berge gegeben und für die  – zumeist – Bauern in der Bevölkerung waren die Bezeichnungen eher einerlei. Ich könnte mir sonst die so grundfalsche Zuordnung nicht erklären, handelt es sich doch beim Bettelwurf um den auch vom Tal aus sichtbaren höchsten Gipfel im gesamten Gebirgszug.

Am darauffolgenden Tag, es muß der 14. Juni 1870 gewesen sein, wollte Hermann von Barth sein Hauptvorhaben, den Großen Bettelwurf (in einen Schriften immer der Große Speckkarspitz) erst zu ersteigen umsetzen und beschreibt im Kapitel () zunächst den aufstieg auf den Östlichen Lafatscher (der echten Speckkarspitze). Er verließ die Herrenhäuser um 4:45 Uhr und erreichte den Gipfel um 8:25. Hier möchte ich erklärend einfügen, daß die rund 1.100Hm von den Herrenhäusern auf den Gipfel in normalerweise 1 ½ bis 2 Stunden leicht zu bewältigen sind. Barth hatte 3 ½ Stunden gebraucht. Man muß sich hierzu vorstellen, daß der Aufstieg vom Lafatscher Joch bis zum Gipfel in keiner Weise markiert war und er natürlich auch nicht den direkten Gratsteig sofrot gefunden haben kann, immer den leitenden Gipfel vor Augen. Wer den Aufstieg kennt, der weiß, daß man zuerst den Vorsprung auf knapp halber Höhe erreichen muß bevor man den ausgeprägten Grat vor sich hat. Die Karte mit den von ihm eingezeichneten Aufstiegsrouten (ich weise später darauf hin) zeigt auch, daß er eher die südlichen Hänge genommen haben muß, bis er auf den Grat gekommen ist. Auf diesen sieht man den Gipfel auch nicht oft und ist gezwungen Varianten zu suchen.

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_lafatscher.html
Soweit vom Joche aus der Blick reichte, zeigte die Westkante meines Gipfels sich gut gangbar; doch hatte der gestrige Tag mich belehrt, dass sie in etwa der Mitte ihrer Erhebung eine glattwandige, ziemlich hohe Abstufung berge, deren Umgehung, und zwar der in der Karwendel-Gruppe geltenden Regel zufolge gegen Süden, als unmittelbar geboten erschien. Ich lenkte daher auf der Jochhöhe alsbald vom gebahnten Wege ab und liess den Scheitel des wasserscheidenden Bergrückens zur Linken; immer darauf bedacht, in thunlichst hoher Zone mich zuhalten, und nicht weiter, als der beabsichtigten Umgehung halber erforderlich, in die tief zerfurchte Südflanke der Pyramide mich zu verlieren.

Er ahnte damals noch nicht, daß er die Ersteigung der Speckkarspitze hätte vermeiden können, denn das was ihn nun nach dem Gipfel erwartete war auf das Wort hin exakt das gleiche das Manuel und ich, beim ersten Versuch der Überschreitung zum Kleinen Bettelwurf hin, erlebt haben. Eine echte Tragödie! Wer den Blick von der Speckkarspitze in Richtung Kleiner Bettelwurf hin kennt der muß beim Lesen der folgenden Textpassage schmunzeln, denn wenn man nicht ganz heroben am Grat sofort auf die nördliche Gratseite wechselt und die ersten schräg und überhängenden Rippen so umgeht (vgl. Artikel „Speckkarspitze, Gratüberschreitung Großer Bettelwurfhttp://spitzentreffen.at/speckkarspitze-gratuberschreitung-zum-groser-bettelwurf ), der endet im Desaster, das Barth so beschreibt:

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_lafatscher-abstieg.html
in östlicher Richtung ging’s vom Gipfel hinunter dem ersten Schuttbecken des Grossen Speckkars entgegen; der Gestalt meines Gipfels zufolge erwartete ich nach dieser Seite hin wenig Schwierigkeiten, zum mindestens keine bedeutenderen, als der Anstieg sie mir geboten. Ich fand mich abermals getäuscht; die Schneide des Hauprgrates war bei aller sanften Neigung ihrer Schärfe und sägenartigen Zerschartung wegen nicht zur verfolgen, und einmal in die südöstliche Flanke der Pyramide abgewichen, wurde ich durch seitliche, unübersteigbare Mauerschranken immer weiter abwärts gedrängt, in plattigen, steilein Rinnen mit schwachen und sehr unzuverlässigen Stufen kletterte ich langsam und mit Mühe hinab, oft minutenlang nach einem folgenden Tritte spähend und erst nach mehrfachen Versuchen endlich wieder einige Zolle Terrain gewinnend. Als schliesslich die Ausmündung des Felsgrabens gegen das Grosse Speckkar erreicht war, befand ich mich bereits so tief, dass eine Umgehung der nächstfolgenden schroffen Abdämmungen der Geröllmulden nur in grösserer Tiefe mehr möglich war. Ohne langes Besinnen fuhr ich das nächste Schneefeld hinab, sprang im losen Geschütte rasch zu Thal, querte Sandreissen und Schneelehnen, wandte mich auf schmalen Grasbändern um steil absetzende Mauerstufen; neue Kessel thaten vor mir sich auf, der Kleine Speckkarspitz, allen weiteren Ausblick verdeckend, war wieder in Sicht getreten, an seinem westlichen Fusse berühren die plattigen, schuttbedeckten Hänge auf weite Strecken hin den Hauptgrat. Tief unten führte mein Weg durch den hügeligen Kesselboden, theils durch Trümmerbecken, theils über wellige Grasplätze,…

die Gratroute wollte Hermann von Barth nehmen, am unteren Rand sieht man eine der schrägen Rippen die ihn -wie auch uns schon – zum totalen Abstieg ins Speckkar zwangen

Auch ihm sind somit die tückischen schrägen Rippen zum Verhängnis geworden und er mußte bis ins große Speckkar absteigen, wahrscheinlich nahezu bis dorthin wo heutzutage der Weg zur Bettelwurfhütte ist, den und auch die Hütte es ja bei ihm noch lange nicht gegeben hat.

Was nun folgt ist wiederum eine logische Folge der Aussicht vom Gelände in dem Barth sich befand. Man kann von keinem der Speckkare (kleines und großes) aus den Großen Bettelwurf nicht sehen, nicht einmal den westlichen Gipfel des Kleinen Bettelwurfes. Der Grund dafür ist einfach, man ist zu tief und selbst wenn man einen der vielen kleinen, nicht sehr ausgeprägten Kämme am Weg in Richtung Bettelwurfhütte an deren südlichstem Punkt erreicht, reicht das noch nicht, um einen Gipfelblick zu erheischen. Sehr wahrscheinlich ging er sogar bis weiter östlich der heutigen Bettelwurfhütte. Darauf deuten seine Worte hin, daß er sich im „kahlen Geplätt“ eines Zwischenkammes mit nur äußerster Kraftanstrengung bis zu bewachsenen Plätzen emporarbeiten konnte. Dies muß der trennende Abbruch der Speckkare und dem Südausläufer des kleinen Bettelwurf gewesen sein, mehr oder weniger weit oberhalb der heutigen Bettelwurfhütte.

Barth hatte also den Überblick verloren, beschreibt die ärgerliche Situation im Kapitel „Am Fusse des Kleinen Speckkarspitzes; Anblick des Grossen“ und beschließt umzudrehen.
Hierbei durchlief er noch das Abenteuer des Abstieges durch die Latschen über die Platten, ein Abenteuer das wir auch schon durchmachen mußten und das man nicht wieder vergißt:

Text aus: http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_umkehr.html
…je tiefer ich aber kam, um so seltener boten sich die freien Plätze, immer dichter tauchte ich in’s Krummholz ein, und versank endlich in ein Meer undurchdringlichen Gefilzes, in welchem ich nur in seltenen Zwischenpausen den Kopf aus der glühend heissen, mit betäubendem Harzdufte geschwängerten Atmosphäre über die Spitzen der Nadelholzzweige zu erheben vermochte und dann im weitergedehnte Felder der schwarz-grünen Dickungen überblickte. Als es mir endlich gelungen war, zur Sohle des vereinigten Felsgrabens hinabzudringen, hemmten jeden Augenblick seine Plattenabschüsse den Hinunterweg, drängten mich zurück in die dichtbestockte Bergflanke und hier gerieth ich zuletzt an den Rand der riesigen Platten, welche in breiten, abgeschliffenen Tafeln, in einer allseitigen Ausdehnung von mehreren hundert Schritten mit 40-45º Neigung zu Thal fallen…

Eine literarische Sonderleistung diese Beschreibung, man kann sich die Situation in den heißen und klebenden harzigen Latschen lebhaft vorstellen, man genieße diese Texte!

Schlußendlich hat er es geschafft die Halltalstraße zu erreichen und zieht hinauf zu seinem Domizil, den Herrenhäusern, wobei er noch einen Abstecher zu einem Berater in St. Magdalena macht.
Franz Posch heißt der Mann, er ist Jagdaufseher und Barth beschreibt ihn in seiner unverwechselbar charakterisierenden Art als einen „rüstigen, ziemlich intelligent aussehenden Mann…der vom Gipfel ziemlich genaue Kenntnis“ hatte und mit dem er die Besteigung wagen wollte. Die kirchlichen Pflichten am nächsten Tag (Fronleichnam) ließen den Traum jedoch zerplatzen und Barth kehrte voller Ungeduld es am Fronleichnamstag alleine probieren zu wollen zu den Herrenhäusern zurück.

Am 16. Juni 1870 um 4 Uhr begann nun der erfolgreiche Tag.
Barth änderte seine Route und mied,  nach den leidvollen Erfahrungen des großen Höhenverlustes nach der Gipfelersteigung der Speckkarspitze und verfolgte einen Pfad der ziemlich genau jenem entspricht wie er heute als Verbindung Lafatscher Joch bis Bettelwurfhütte angelegt ist.
Allerdings, und das muß man erwähnen, riet ihm Posch offenbar die Ecke, die der Normalweg auf das Joch und dann scharf rechts, also östlich weiter, beschreibt, abzukürzen und über die Latschen, nahe der hohen Wand, den Scheitelpunkt der hohen Wand zu suchen, über den kein Weg vorbeiführt. Er mußte diesen oben überqueren, es gibt keine andere Möglichkeit. Diese Mühen beschreibt er im Kapitel „Zweiter Irrgang im Krummholz“.

die vermutliche Abkürzung grün markiert

Nun war es leicht den richtigen Pfad zu finden, denn er wußte vom Vortag, daß es hinter der trennenden Rippe (hinter der die heutige Bettelwurfhütte steht) noch einmal in ein großes Kargebilde hineinging, das durchwandert werden mußte. Diese Passagen beschreibt er im Kapitel „Vom Grossen in das Kleine Speckkar“, wobei er natürlich fälschlicherweise vom kleinen Speckkar sprach, das ja westlicher davon liegt (siehe heutige Karte, es handelt sich um das karartige Gelände im heutigen Normalweg auf die Bettwelwurfhütte).

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_speckkar.html
Dem östliche Abschlusse des Kares*) nahe gekommen, sah ich mich nach der Wendung und die erste vortretende Bergecke in einer von zackigem Gemäuer geschlossenen, steilgehobenen, grünen Sinke. Links abschwenkend strebte ich auf der vorgezeichneten Bahn geradenwegs dem ersten Höhenziele zu.

Nun war er also auf der Rippe die oben im heute so bezeichneten Eisengatterergrat endet und hat somit einen Meilenstein in der Ersteigung erreicht. Er sieht das Bettelkar östlich von sich und beschreibt den jenseitigen Grat von der großen Wechselspitze bis zum Ostgipfel des Großen Bettwelwurf im Kapitel „Auf den Scheiderücken gegen das Bettelkar“.

Nun beschreibt er zunächst den Aufstieg in der Rinne des Eisengatterergrates und mittendrin dürfte er plötzlich in die unverwechselbaren und charakteristischen „mannshohen Stufen“, die geröllbedeckt waren wie er schreibt (und auch heute noch sind, wir kennen sie gut), abgewichen sein. Ein für mich nicht notwendiger Schritt, denn die Furche des Grates ist eigentlich die logische und sehr weit sichtbare Normalroute die jeder Bergsteiger wählen würde. Möglicherweise sah er sich durch den Schnee eines starken winters genötigt seitlich, vorwiegend links also bergseitig, auszuweichen, anders ist mir diese Taktik nicht erklärbar. Andererseits erwähnt er lobend die Hilfe des Schnees und ich weiß was er damit meint, denn der kleinstückige Schutt abseits der Gratrinne ist dort tückisch und rutschend bei Belastung.

Im letzten Viertel des Anstieges durch die Rinne ändert sich die Topographie leicht nach links, nordwestlich und diese Wendung dürfte der Grund sein warum er im Kapitel „Grat und Gipfel [der Großen Speckkarspitze]“ schreibt, daß er westlich stieg. Dies ist aber ein Trugschluß, denn der Grat zieht sich nordöstlich hin, nur oben eben  wendet er leicht nach Nordwest und das ist auch die Höhe, ab der man wieder den Kleinen Bettelwurf (für Barth die „westliche Speckkar-Kuppe“)sehen kann und die Tiefe der Aufstiegsrinne zurücktritt.
Allerdings dürfte er dann wirklich etwas sehr weit westlich gekommen sein, denn beim heutigen Anstieg ist die beschriebene Situation der Topographieänderung dermaßen nahe am Grat, daß man einen Umweg scharf westlich nicht machen würde. Die blumige Beschreibung des Gratverlaufes bis zum Gipfelpunkt deutet jedoch auf eine Ankunftsposition am Grat hin, die weiter westlich vom Gipfel sein müßte als die heutige:

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_grosser_speckkarspitz_gipfel.html
Und nun in eilenden Sprüngen die ostwärts noch steigende Schneide hinan, ihre Blöcke, ihre Thürmchen und Klippen übersetzend, erklimmend, auf engen Galerieen umgehend, – in sicherer Balance aufgewehte Schneefirste überschreitend –jetzt oben! ……. nein, noch eine Strecke verwitterter Zacken, abgerissener, geborstener Schrofen, gesprengter Treppenabsätze– will etwa der widerhaarige Geselle auch jetzt noch gegen das aufgezwungene Joch sich sperren? – Vergebens, unter den unerbittlichen, kreitschenden Einstossen der Eisenklauen sinken seine morschen Bollwerke eins nach dem anderen zurück in die Tiefe – ist das wohl endlich dein letztes, Unbezwinglicher?– Die rissige Klippe hinauf – ja, es ist’s.

leicht rot die Markierung seiner Route in seiner eigenen Grafik (die originale Markirung besteht aus einer schwarz punktierten Linie die nicht durchgehend erkennbar ist

Nun, wie dem auch gewesen sein mag, er hatte den Gipfel erreicht und ich empfehle die weiteren  Kapitel mit der Errichtung eines Steinmannes und des Abstieges mit der stolzen Präsentation seiner Trophäe an den Franz Posch zu lesen.

Wenn man in dieser Gegend nahezu jeden Stein kennt und sehr treffenden, exakten Schilderungen Barth’s liest, dann kann man sich gut die Taktik und den Routenverlauf vorstellen. Ich hoffe, ich konnte mit den Kommentaren und Bildern dem nicht so ortskundigen diese Lektüre auf diese Weise etwas mehr verständlich machen.
Wenn wir uns heute auf diesen Pfaden bewegen, dann ist es für uns selbstverständlich, daß er auf dem direktesten Weg zum Ziel führt und das ist auch so. Wer oft selber Pfade sucht (im Karwendel muß man das durchaus im weglosen höher gelegenen Gelände, das nicht mehr häufig begangen wird, selber tun, ein auf und ab im Pilgerschrittverfahren) der versteht die alpinistische Leistung Barth’s bei dieser Ersteigung. Das Kartenwerk, damals entstanden vom Blickwinkel des Tales aus,  an dem man wahrscheinlich am Bergstandort ständig zweifeln mußte, hat sicher auch die eine oder andere missweisende Richtung in seiner Routenwahl hervorgerufen und die Qualität sowie das Gewicht der Ausrüstung der damaligen Zeit in Betracht gezogen, muß man nochmals mehr die Leistung Hermann von Barth’s würdigen.

Route vom Speckkar bis zum Gipfel

 

Weiter mit einem Auszug seiner Erzählungen gehen wir mit einer Begegnung mit einem Hirten in den Almwiesen der Höttinger Alm, anläßlich seiner Ersteigung des Höttinger Solsteines, der heutigen Vorderen Brandjochspitze, dem knappen Dialog und dem Eindruck, den der Hirte als Stellvertreter der Tiroler Bevölkerung bei Barth hinterlassen hat. Man genieße die unverkennbare Barth’sche Ausdrucksweise:

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_hohes_brandjoch_hoettinger_schaeferhuette.html
Einige Minuten später trat ich auf die abschüssige Wiesenterrasse hinaus, deren äusserster Vorsprung die Schäferhütte trägt; ein kümmerliches, kaum mannshohes, etwa 12′ [4 m] im Geviert haltendes Bauwerk. Der verwildert aussehende Hirt begegnete mir, seinen Schafen nachspürend, bereits am Saume der Kluft. Ich richtete einige Fragen an ihn bezüglich der nächstgelegenen Berggipfel und erhielt, wie zu erwarten stand, nur höchst mangelhafte Auskunft; ich deutete endlich auf den Gipfel des Höttinger Solsteins, der mächtig gross im Nordwesten sich emporbaut, fragte nach dessen Ersteigung und bekam zur Antwort „da kommt man gar nicht hinauf …… dahinter steht noch ein höherer“ …… damit verabschiedete sich der Sohn der Berge. Die plumpen Klötze, die vom Brandjoch-Grat auf mich niederschauten, mutheten mich vertrauter an, als er.

Abschließen möchte ich mit noch einer kleinen Auflockerung und zwar mit Barth’s Einschätzung der optimalen Nächtigungssituation bei Touren mit gesteigerten Gehzeiten und Höhendifferenzen. Sein bergsteigerischer Wunschtraum zerschellt jäh am bornierten Einheimischen:

Text aus http://www.bergruf.de/alpinhistorie/barth/kalkalpen/karwendel_hohes_brandjoch_hoettinger_alpen.html
Die Bergtouren, welche vom Innthale aus auf die Gipfel der Kalkketten unternommen werden, leiden an dem grossen Uebelstande einer unverhältnissmäßig tiefen Lage ihres Ausgangspunktes (Innsbruck 1796′ 583 m. Trinker.). Nach zwei Stunden angestrengten Bergmarsches befindet sich der Wanderer auf der Höttinger Alpe (4707′ 1529 m. Trinker), in einer Höhe erst, von welcher aus unter gewöhnlichen Umständen die Gipfelersteigung schon angetreten zu werden pflegt. Es wäre daher sowohl mit Rücksicht auf die relative Höhe, wie auf die topographische Situation der Höttinger Alpe für manche Hochtour im Innsbrucker Gebirge sehr wünschenswerth, auf ihr Nachtquartier zu beziehen; der mehr als tirolerische Schmutz und der ungastliche Charakter ihrer halbwilden Bewohner jedoch, der nur durch reichliche Branntweinspende zu besänftigen sein soll, lässt ein solches Vorhaben als nicht wohl ausführbar erscheinen. Es wird daher ein künftiger Besucher jener Gebirge besser daran thun, sich für diese Excursionstage eine etwas stärkere Anstrengung zuzumuthen, meinem Beispiele und dem eben beschriebene Wege folgend, der bei der Tour des 31. Mai allerdings nicht der meinige war.

Das Buch „Aus den Nördlichen Kalkalpen“ kann man um rund €50.- bis €60.- (gebraucht/neu) im Handel erwerben, oder bei mir ausleihen.

Mils, 30.05.2013

Großer Bettelwurf

Großer Bettelwurf, 2.726m ab Parkplatz bei der Sprungschanze, 1.950Hm, 3:15h

Der Klassiker im Halltal, etwas Schwäche ab dem Grat bis zu den Seilen verhinderte die Einstellung des Rekordes von 3:05h.
Sehr warm bis zum Gipfelaufbau und dann eisiger Wind aus Thermik am Gipfel. Keine 5min oben geblieben. Grat bereits nicht ungefährlich vereist.

stabiles Herbstwetter mit enormen Sichtweiten vom Großer Bettwlwurf

Der Herbst regt zum Denken an und so könnte man unter dieser Stimmung am Großer Bettelwurf den ebenso großen Hermann von Barth zitieren:

„Rase der Sturm mit zehnfacher Gewalt, ich schleudere ihm frevelmutig meine gellenden Jauchzer entgegen“

Aus dem Kawendelführer von Klier:
Das war Hermann von Barth, dem Erschließer des Karwendels. Wie man nicht oft genug und mit immer neuem Staunen festzustellen hat, erstieg er im Sommer 1870 in Summe 88 Gipfel, vermutlich zwölf davon erstmals. Barths Schilderungen liest man in seinem auch heute noch bemerkenswerten Buch „Aus den Nördlichen Kalkalpen“. Er ging allein.
Aus dem Umstand, dass es hier so gut wie keine Führer gab und die Einheimischen oft nur sehr verschwommene Vorstellungen von »ihrem« Gebirge hauen, destillierte er die Ideologie des Alleingängers: »Rase der Sturm mit zehnfacher Gewalt, ich schleudere ihm frevelmutig meine gellenden Jauchzer entgegen! Im Kampf mit den entfesse lten Gewalten bin ich der Stärkere – und bin allein!«

Mils, 18.11.2012

 

Großer Bettelwurf Trainingstour

Großer Bettelwurf Trainingstour, 16.06.2012
ab Mils, 6:30Uhr

Das zweite Training heuer mit über 2.000Hm, genau müßten es incl. Jagasteig 2.200Hm gewesen sein, auf den König im Halltal Großer Bettelwurf. Leider keine Aufzeichnungen darüber, weil Manu mit seinem Suunto Vector nicht mit dabei war. Dafür hatte ich die Pulsuhr dabei und mit dieser 3:35h für die Ersteigung von Mils 630m bis Bettelwurf Gipfelkreuz gemessen. Für Freaks sei erwähnt, daß die Pulsuhr incl. Abstieg zur Bettelwurfhütte 4.180kcal errechnet hat, ohne weiterem Abstieg über den Jagasteig. Die Reise am Ende versuchte ich diesmal gleichzeitig mit einem sehr fitten jungen Burschen aus Mils abzulaufen, hatte Mühe mitzuhalten und verlor ihn im unteren Teil. Dokumentiert per Uhr beim Reisenlaufen mit einem Puls-Spitzenwert von 181.

Details am Aufstieg: Am beginnenden Eisengatterergrat (der neue Teil) fand ich auf ca. 2.200m eine tolles Szene. Inmitten eines großen Blumenpolsters frühstückten Schmetterlinge. Dieser Anblick muß geteilt werden:

Der weitere Gratsteig ist bereits nahezu vollkommen schneefrei. Ein kleines Schnneefeld muß man auf ca. 2.450m überqueren (ca. 15Hm), dieses, schätze ich, wird nächste Woche weg sein. Der Gipfel ist noch mit viel Schnee umrahmt und unten beim Eisengatterergrat kann man parallel zum Weg auf den Schuhen abfigeln, da hat sich auf der Leeseite des Grates (ostseitig) ein mächtiger Schneekeil erhalten, der im Winter Wächte war. Sieht toll aus, links und rechts davon blüht es und mittig der 3-4m breite und schätzungsweise immer noch 2m hohe Schneekeil. Er ist, daumengepeilt, 200-300m lang und beginnt knapp nach dem Blumenpolster mit den Schmetterlingen.

Da ich um 16 Uhr in Namlos sein mußte (Markus‘ Geburtstag) konnte ich mich nicht lange aufhalten und genoss ein schnelles Bier auf der Bettelwurfhütte (liebe Hüttenwirtin danke für die Einladung, ich komm wieder), schlug den unvermeidbaren Absteig über den Jagersteig ein und genehmigte mir ein noch schnellers Bier bei Werner und ab mit dem Radl nach Mils ab 2. Ladhütte.