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Schitour Rietzer Grieskogel, 2.883m mit Abstecher auf den Mitterzaigerkopf

Viel besucht und eine Standardtour im Kühtai ist der Rietzer Grieskogel. Der Berg ist weit und breit der höchste im mittleren Oberinntal mit direkter Angrenzung an das Inntal, wenigen vorgelagerten Gipfeln, die die Sicht auf ihn beeinträchtigen und daher entsprechend eindrucksvoll von Telfs bis Mieming aus zu betrachten. Selbst von Innsbruck aus fällt er sofort im Gefüge der Sellrainer Berge auf.

Gratanstieg zum Gipfel des Rietzer Grieskogels

So beliebt der Rietzer Grieskogel ist, so wenige Parkplätze stehen zur Verfügung. Die Situation ist jedem bekannt, die aufgereihten Fahrzeuge am Seitenstreifen der Kühtaistraße sind rasch belegt und ebenso der kleine Platz am Portal der Galerie. Daher empfiehlt sich auch bei zweifelhaftem Wetter ein früher Start.

Start oberhalb der Kühtaistraße

Am Tag nach der phantastischen Tour auf den Zwieselbacher Roßkogl war ich alleine unterwegs und weil das Wetter drohte schlechter zu werden mußte eine eher kurze Tour her.

auf den Sömen nach der kurzen Waldpassage

Den Rietzer Grieskogel hatte ich letztmalig vor 38 Jahren mit einem Schulkameraden als Schitour begangen, womit das Erinnerungsvermögen fast vollständig überfordert war und ich mich nur mehr vage an den Gratanstieg und die kleine Felspartie vor dem Gipfel erinnern konnte. Es war also an der Zeit auf das Jugenderlebnis zu wiederholen.

im hinteren Tal der Zirmbachalm

Diesmal ohne schrittbehindernde Tourenbindung, die durch die Scherenkinematik einen Winkel von nicht mehr als etwa 30° zum Schi zuließ und auch keine selbstgenähten Felle, die vorne und hinten einen Quergurt hatte und jede harte Querneigung des Hanges zum Erlebnis erhob.

Blick nach Westen zum Grat vom Hochalter zum Mitterzaigerkopf

Weil aber die Tour doch eine recht kurze ist und ein paar Tourengeher vor mir nicht zu den Narrenböden abbogen sondern geradewegs auf das Kreuzjoch zuhielten, beschloss ich es denen gleich zu tun und mir zumindest das Joch anzusehen. Dies auch deshalb weil das Kreuzjoch ein Schlüsselpunkt für die schöne Runde vom Pirchkogl aus ist, die ich jedenfalls auf dem Schitourenprogramm stehen habe.

Spitzl Rietzer Grieskogel sichtbar im Nordosten

Vom Parkplatz aus – die Fahrzeuge ins Kühtai brausen schon um 7 Uhr früh mit Gedonner wie auf der Autobahn an einem vorbei – wird an der Bushaltestelle über die Steinmauer auf den zunächst östlich angelegten Weg aufgestiegen. Dieser führt in wenigen Serpentinen über ein lichtes Waldstück kaum 100Hm auf eine flachere Fläche oberhalb der Baumgrenze empor.
Dort befindet man sich „auf den Sömen“, die sich mit konstanter Hangquerneigung recht lange im Aufstieg, bis zur Querung des Klammbaches, durch erhöhte Belastung des rechten Oberschenkels bemerkbar machen.

Aufstieg zur Scharte unterhalb des Hochalter

Ist der Bach überschritten verflacht sich die Hangquerneigung zugunsten der Hanglängsneigung, die durch das zunehmende Talende merklich ansteigt, das Gelände dort „obere Zirmbachalm“ genannt. Nach einer langgestreckten Drehung nach rechts (östlich) und weiter aufsteilendem Gelände, muß die Entscheidung für die Richtung fallen.

Rückblick auf die obere Zirmbachalm

Ich entschied mich dort zunächst zum Kreuzjoch aufzusteigen und auch den völlig überwechteten und nett aussehenden Mitterzaigerkopf mitzunehmen. Das Gelände wird dort kurzzeitig noch etwas steiler, bleibt aber unter 35° Neigung.

aufsteilendes Gelände bei der Abzweigung zum Kreuzjoch

In etwa 250Hm führen im breiten Kar zum Joch hinauf und oben quert man links hinaus auf ein kleines Plateau westlich des Joches auf 2.550m. Dort befindet sich das Schidepot. Die letzen 70Hm zum Gipfel des Mitterzaigerkopfes erden sinnvollerweise ohne Schi angestiegen.

Sonne im Norden

Den Mitterzaigerkopf, 2.629m ziert ein nettes kleines Gipfelkreuz in modernem Design. Gegen Norden kann das Inntal, die Mieminger Kette und das Wetterstein frontal, und auf gleicher Höhe eingesehen werden – ein imposanter Blick.

Mitterzaigerkopf vom Kreuzjoch aus

Im Westen die Irzwände, an deren Ende der Pirchkogl und als nördliche Begrenzung der Hochwanner, die bei der Rundtour umrundet werden. Auch die Stamser Alm, in deren Gelände die Umrundung passiert, kann gut eingesehen werden.

Mitterzaigerkopf, 2.629m

Da das Wetter an diesem Tag schlechter werden sollte habe ich mich nach wenigen Minuten des Genusses der Kulisse wieder auf den Weg zum nächsten Ziel gemacht. Bei völlig bedecktem Himmel stieg ich zum Schidepot ab und durfte auf harter Oberfläche mit Geklapper bis zur Querung am Geländeeck in die „Narrenböden“ abfahren. Der Versuch so hoch wie möglich zu bleiben endete mit sehr steilem Gelände und rd. 2.400m als tiefstem Punkt, mit dem ich als Ergebnis zufrieden war. Bei diesem Teil kamen mir die bewölkten Verhältnisse wieder zugute, denn bei nicht gefrorener Schneedecke muß man das in einer Hangneigung von kurzzeitig an die 40° nicht unternehmen.

schöner Blick auf den Rietzer Grieskogel

Die Narrenböden stellt man sich am besten als breiten Talkessel vor, an dessen Ende sich ein mittelsteiler Hang befindet, der entweder nach Osten, oder, steiler, nach Nordosten aufgestiegen wird. Einige der mittlerweile eingetroffenen Tourengeher verwendeten Harscheisen.

bereits in den Narrenböden mit dem Ziel, dem Rietzer Grieskogel im Blick

Oberhalb der Stufe wird das Gelände etwas flacher und bald wird der Blick zur weit westlich gelegenen Scharte frei, von der aus der Grat nach Osten zum Rietzer Grieskogel begangen wird.

nach der Steilstufe den Grat mit der Scharte in Sicht

Am Weg dorthin kokettierte ich mit einer noch steileren Scharte etwas östlich gelegen. Da jedoch so viele Tourengeher unterwegs waren und die Verhältnisse auch nicht optimal unterließ ich den Versuch näher am Gipfel auf den Grat zu gelangen. Die letzten 60Hm waren auch am Normalweg steil genug, ohne Harscheisen und bei harten Oberflächenbedingungen.

Schidepot am Grat

Von der Scharte bis zum Gipfel des Rietzer Grieskogels benötigt man an die 20min und der Aufstieg erfolgt auf breitem Gratrücken. Der Gipfelaufbau ist als Schitour etwas felsig und teilweise gefroren, jedoch bestehen genug Haltemöglichkeiten.

kurz vor dem Gipfel des Rietzer Grieskogel

Um eine Ecke gebogen schwingt man sich aus dem eisigen Nordanstieg in das apere Felsgelände in der Südflanke und steht sogleich schon am Gipfel.

Den Rietzer Grieskogel mit seinen 2.884m würde man gar nicht so beachtlich hoch einschätzen, steigt man ja im Kühtai von einer Höhe von 1.860m auf, hat also sozusagen gerade einmal einen 1.000er erklommen. Betrachtet man aber den Blick nach Norden, dann erscheint die Höhe des Gipfels im richtigen Licht, denn auf dieser Seite steht man knapp 2.250m über dem Talgrund des Inntales. Ein als Schitourenziel einfacher Berg, jedoch in seiner Wirkung auf den Besteiger ein bedeutender.

Rietzer Grieskogel, 2.884m

Die vielen Aspiranten auf den Gipfel sind plötzlich hinter und unter mir verschwunden, ich stand 20min alleine auf dem Gipfel und war dem Erlebnis nicht gram. Das gewaltige Gipfelkreuz aus dem Jahre 2003 ist nach meiner ersten Begehung erneuert worden und leider bereits durch das Wetter gezeichnet.

Autor am Rietzer Grieskogel

Die Sicht nach Norden war die erbauendste an diesem Tag, denn im Außerfern – wo das schlechteste Wetter an diesem Tag erwartet worden war – schien die Sonne. Es schien, daß mit den Kalkalpen im Norden eine scharfe Wettertrennung stattfand, denn alles südlich des Inn war Aprilwetter grau in grau und nördlich davon weitgehend blau.

Aufstiegsgelände unterhalb des Rietzer Grieskogels

Nun, angesichts des schönen Gipfels konnte ich diesen kleinen Makel des Tages im Vergleich zur sonnigen Tour auf den Zwieselbacher Roßkogl am Vortag wegstecken und nachdem die Schneequalität bei der Abfahrt dem rein alpinistischen Erleben nur sekundäre Bedeutung zukommen läßt war auch dieser Umstand für den nichtpulversüchtigen ein leicht ertragbarer.

nach Osten, nach Innsbruck geblickt

Nach dem hinunterklappern bis zu den Narrenböden löste sich auch das Schneeproblem, das für mich nie eines ist, denn es wurde dort am späten Vormittag weich genug.

von rechts, Kreuzjochkogl, darunter links Mitterzaigerkopf und dahinter (leicht links der Bildmitte) in weiß der Pirchkogl

Die Hänge von den Narrenböden bis zur Bundesstraße sind wirklich vielfältig zu befahren, nach Lust und Laune geht es über die Hänge hinab und es gilt noch nicht einmal die Minimierung von Höhenverlust, auch wenn es vom Talende zuerst so aussieht, als wäre dies taktisch klug.

nochmals der überwechtete Mitterzaigerkopf von den Narrenböden bei der Abfahrt

Über das flach erscheinende Stück der „Sömen“ und weiter durch den lichten Baumbestand geht es zurück zur Bundesstraße.

Ankunft bei der Kühtaistraße

Für die kurze Spritztour habe ich bei gesamt 1.360m Aufstieg 4:20 Stunden benötigt und dabei in Summe eine halbe Stunde auf den Gipfeln zugebracht.

Mils, 15.04.2018