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Karkopf, 2.469m – Normalweg und Runde über Westseite

Ein leichtes Ziel über den Normalweg und Ausgangspunkt einer interessanten Gratüberschreitung – der Karkopf bietet einen Wanderanstieg und einen Kletterabstieg. Unser Ziel, die Gratüberschreitung zur Hohen Wand, konnte aufgrund des Nebeleinfalls an diesem Tag nicht realisiert werden, also nutzten wir zumindest das nebelfreie Fenster am Grat und erkundeten die erste interessante Stelle am Übergang.

Karkopf, 2.496m

Der Aufstieg zum Karkopf erfolgt vom Parkplatz „Lucke“ ein paar Gehminuten unterhalb des Strassberghauses von ca. 1.180m aus und führt zur Alplhütte, wo er etwa 200m nachher rechts abzweigt.

Wegverzweigung zum Wetterkreuz nach der Alplhütte

Dort beginnt der Steig zum Wetterkreuz, ein Vorplateau auf der hauptdolomitdominierten dunklen Gratrippe, die die Hohe Wand nach Südosten entsendet. Auffallend große Anteile Rauhwacken können in der zu querenden Geschieberinne gleich nach der Abzweigung gesichtet werden.

Blick zur Alplscharte und Hochwand rechts

Am gut gewarteten Steig geht es nun knapp 500Hm unterhalb und seitlich von beeindruckend abbrechenden Türmchen und Köpfchen der Raibler Schichten bis zum Wetterkreuz hinauf.

Auf der Grathöhe der Hintereggenrippe angelangt – Blick ins Inntal

Bei der ersten Berührung des Steiges mit der Grathöhe erblickt man nicht nur von toller Lage das Inntal gen Osten sondern bergwärts auch beachtliche Gehängebreccien, die aus dem Wettersteinkalkschutt des Kars oberhalb bestehen und mächtige Abbrüche in das Tal (AV-Karte „Tiergarten“) bilden.

Blick auf den Karkopf, im unteren Teil des Fotos sind die mächtigen Breccien ersichtlich

Gleich nach ein paar Gehminuten wird das Wetterkreuz auf etwa 1.920m erreicht, das wir in leichtem und kurzem Niesel antrafen.

kurz vor dem Wetterkreuz auf 1.920m

Das Kreuz – ein doppelbalkiges Kardinalskreuz – wurde 2001 von der örtlichen Alpenvereinsgruppe Hohe Munde neu aufgestellt und stellt eine Landmarke auf aussichtsreichem Punkt dar.

Simon studiert die weitere Strecke am Wetterkreuz

Am Wetterkreuz gabelt sich der Steig in den Anstieg zur Hochwand und in den zum Karkopf. Der Zweig zum Karkopf führt in einer großen Rechtskurve über Schutthügel zur Südflanke des Karkopfes.

der schöne Ostgrat zwischen dem Karkopf (rechts) und der Hochwand

In der Südflanke sind zunächst ein paar eher plattige aber feste Wettersteinkalkrinnen ansteigend zu queren. Die Südflanke besteht nun fast ausschließlich aus völlig festem Wettersteinkalk, was der Karwendelfreund erfreut feststellt.

Gipfelkreuz des Karkopfes vom Normalweg aus

Der verheißungsvolle Blick auf den Grat vom Karkopf bis zur Hochwand wurde am Tag unserer Begehung getrübt von sich stetig senkenden Nebelbänken und der Gipfel der Hochwand war schon länger nicht mehr sichtbar, was die Vorahnung auf eher schlechter werdendes Wetter verstärkte.

noch unterhalb des Grates am Weg zum Karkopf

Vom Wetterkreuz zur breiten Grathöhe des Karkopf Ostgrates benötigten wir ein knappe Stunde. Die Nebelgrenze änderte sich nicht mehr wesentlich und blieb bei etwa 2.550m konstant. Beide benachbarten Gipfel zum Karkopf, Hohe Munde im Osten und Hochwand im Westen befanden sich nun dauerhaft eingepackt im Nebel.

auf der Gratrippe östlich vom Karkopf; Hochwand leider bis weit hinab im Nebel

Am Gipfel des Karkopf frischte ein leichtes kaltes Lüftl aus Nordwest ziemlich auf, erforderte Windjacken und ließ die Finger während der Rast ansteifen, Herbst war eingekehrt.

vom Karkopf Richtung Osten zur Hohen Munde geschaut

Für unsere geplante Überschreitung herrschten keine optimalen Verhältnisse. Einen unbekannten Grat im Nebel lehnte der Verfasser ab und Evi uns Simon waren auch dieser Überzeugung. Statt der Überschreitung beschlossen wir alternativ den ersten, vom Karkopf aus den ersten sichtbaren Teil unterhalb des Nebels am Westgrat zur Hochwand zu erkunden.

Evis und Simon am Karkopf, 2.496m

Ein markanter Gratkopf mit einem deutlich sichtbaren Riß mutete sehr interessant an und weil wir ja genug Zeit hatten sollte das erste Stück zur Scharte und darüber hinaus der Anstieg über den ersten Kopf näher untersucht werden.

steiler Gratkopf nach der Scharte im Westen des Karkopfes

Der Abstieg auf der Westseite findet zunächst über etwas schuttiges Gehgelände zu einer Scharte statt, bei der eher der Eindruck entsteht, daß die folgende querstehende Rippe der ideale Abstieg wäre. Nach Erkundung der Westflanke der schmäler werdenden Rippe mußten wir feststellen, daß dies keine gangbare Variante war und versuchten von der Scharte aus den kurzen Abstieg nordseitig, um die Felsen gegen Westen näher einsehen zu können.

zunächst über Schutt zur Scharte vor der querstehenden Rippe, dort nordseitig abgestiegen

Dies stellte sich auch als die bessere Variante heraus, denn nach etwa 12m Abstieg (unter kleinen Schneeresten, die nicht ungefährlich sein können) konnte ein horizontales Felspodestchen erblickt werden, bei dem die weitere Route gleich in wieder in die südliche Flanke der Gratrippen führt und unter etwa 20Hm Höhenverlust zu einem breiten Band zwischen den hohen Felsrippen bequemes Weiterkommen zur nächsten querstehenden Rippe ermöglicht.

Abstieg nach der Scharte bis zum kleinen Podestchen im Westen (oberhalb Simons Rucksack sichtbar)

Dort befindet sich ein Steinmann, der nicht passiert wird sondern noch vor diesem wird die überbaute scharfe Gratschneide überquert. Dahinter befindet sich breites Gehgelände und der tiefste Punkt zwischen Karkopfgipfel und Ostgrat ist erreicht.

vom Podestchen südseitig abgestiegen zu einem breiten Band

Auf der Rampe der Gegenseite wartet schon der senkrecht aufragende Gratkopf mit einem außerordentlich schönen Kletterriss in bombenfestem Wettersteinkalk. Sofort konnten wir erkennen, daß diese Stelle eine Genußpartie sein würde und kletterten sie alle drei aufwärts bis zum oberen flacheren Teil, um die weitere Route einsehen zu können.

Überquerung der scharfen Rippe zur jenseitigen Rampe

Herrlich feste und bequem horizontale Tritte und Griffe finden sich am ersten Teil des Risses von unten.  Ausgeschwemmte Löcher und scharfkantige Felsoberflächen mit etwas weniger Tritten finden sich im etwas schwierigeren und einfallenden oberen Teil des Risses.

tolle Aufstiegsroute im Riss des Gratkopfes

Zwischen beiden Kletterteilen befindet sich Gehgelände über ein paar Meter. Im oberen Teil erschien Verspreizen im enger werdenden Riß als bequemste Aufstiegsmethode, wobei links Löcher im Fels und rechts Rippen zum Klemmen als Griffe dienen.

Simon im unteren Teil des Risses

Der Riss unten wäre mit II- einzustufen, der obere Teil mit III-, eher nicht mehr. Der Abstieg vom Karkopf bis zur Scharte kann in Summe mit II bewertet werden.

oben am Gratkopf – Nebel macht den weiteren Aufstieg am Grat zunichte

Die Aussicht auf weitere Erkundung war wegen Nebels nicht gegeben, worauf wir den Gratkopf wieder abkletterten. Selbst das Abklettern gereichte zum Genuß im wunderbar festen Fels und wir freuten uns schon auf den nächsten Versuch bei besseren Verhältnissen.

Blick zwischen unterem und oberem Teil des Aufstieges vom Gratkopf hinab

Nicht ganz am tiefsten Punkt, sondern gleich nach ein paar Metern ostwärts zieht eine leicht begehbare abgestufte Felsflanke über südfallende Wettersteinkalkplatten zum Normalweg hinunter, die auch als Notausstieg dienen könnte, sollte jemand mit dem ersten Gratkopf Schwierigkeiten haben.

Rückblick zum Karkopf – der Abstieg ist hinter den glatten Platten versteckt

Zuerst über felsiges, dann zunehmen schrofigeres Gelände geht es durch die „Karseite“ etwa 150Hm auf den Normalweg zurück und hinab zum Wetterkreuz.

Abstieg durch die „Karseite“ vom Gratkopf aus aufgenommen

Ein paar Steilstufen mit etwa ein bis zwei Meter Mächtigkeit werden leicht über Durchschlupfe abgestiegen.

Simon beim Studieren welche Route durch die Karseite die leichteste ist

Auf der Alplhütte nahmen wir ein tolles Mittagessen ein, die Mädels dort verstehen ihr Handwerk.

Evi beim Abstieg durch eine Steilstufe

Die gesamte Tour – wegen Nebels ja leider abgebrochen – incl. Pausen nahm knapp sieben Stunden in Anspruch, 1.350Hm waren zu bewältigen.

Mils, 07.10.2018