Schitour Hinterer Daunkopf, 3.225m

Mit der Seilbahn um €22.- für die Tourengeherkarte bis zum Gamsgarten hochgeschwindelt ist die Schitour auf den Hinteren Daunkopf sozusagen eine Spazierfahrt nach einer anstrengenden Tour am Vortag. Knapp über 600Hm Aufstieg sind in kurzer Zeit geschafft und bei zweifelhafter Wetterlage würde man sich mit dem Abbruch der Tour nicht schwer tun. Im gegenteiligen Fall kann man ad hoc umentscheiden und wenn Wetter und Kondition stimmen, kann vom Parkplatz Mutterberg aus gestartet werden, in diesem Fall mit 1.460Hm Aufstieg. Der Hintere Daunkopf daher eine ideale Schitour für Erholungszwecke und ungewisse Zustände.

Hinterer Daunkopf, 3.225m

Das Klavier auf dem gespielt werden kann wird allerdings nicht nur mit einer besonders preiswerten Liftkarte, sondern auch mit der Tatsache mitten im Schigewühl der Stubaier Gletscherbahnen zu starten erkauft. Für mich war das Gewühl akzeptabel, denn nach den ersten 15min im Gelände wird man dem Trubel nur mehr beim Blick dorthin gewahr.

Hinterer Daunkopf von der Station Gamsgarten aus

Von den eingangs erwähnten Möglichkeiten den Hinteren Daunkopf als Tourenziel zu erwählen lag bei mir die erste der beiden vor. Am Vortag unternahm ich einen Gewaltmarsch von Seduck im Oberbergtal mit der Ausrüstung am Rucksack als Tragestrecke bis knapp unterhalb der Franz Senn Hütte und dann eine Tour bis zum Fuße des Schrankogels und zurück.
Also mußte am heutigen Tag eine Spazierfahrt her.

am Daunjoch, Rückblick auf das Stubaier Gletscherschigebiet

Im Gedränge der Trainierer – die Frage drängte sich mir als ehemaligem Schirennläufervater auf warum polnische, italienische und Südtiroler Kinderläufer am Ende der Saison trainieren und Tiroler Kinder das nicht tun müssen – kam ich kurz nach der Öffnung des Garagentores in den Einstiegsbereich der neuen Gondelbahn und ab der Mittelstation mit der alten Bahn auf 2.600m zur Station Gamsgarten.

Direkt am Ausstieg aus der Seilbahn blickt man in Richtung Hinterer Daunkopf. Das Wetter war um neun Uhr noch recht akzeptabel, wenngleich von Süden her alle Gipfel dauerhaft in Nebel gehüllt waren und eine stabile durchgehende Wolkendecke über den Spitzen schwebte.

am Daunjoch, Blick Richtung Nordwesten

Begleitet von böigem Südostwind trat ich die Tour auf den Hinteren Daunkopf über den zunächst flachen Rücken zum Daunferner an. Über den stetig steiler werdenden Daunferner flaute der Wind leider nicht besonders merklich ab, jedoch wurden die Pausen zwischen den Böen relativ schweißtreibend im endenden April. Die Schneequalität kann man sich vorstellen – bereits um zehn Uhr vormittags sehr tief aufgefirnt, glücklicherweise jedoch auf tragendem Untergrund.

Blick vom Daunjoch Richtung Wilde Leck

Oben am Daunjoch auf rd. 3.000m änderte sich die Situation schlagartig. Durch die Düsenwirkung des Joches war der Wind dauerhaft zu spüren und die Schneedecke nun hart gefroren – ein Glück für den weiteren Aufstieg.

Da sich nun die Aufstiegsrichtung im Halbrund um die Hinterseite des Hinteren Daunkopfs herumwindet kann ich in den Genuß im Windschatten des Gipfelaufbaues ohne Böen in fast windstiller Umgebung aufzusteigen.

Rückblick auf die Gipfelumrundung

So hoch wie möglich am unteren Rand der bereits zum Großteil abgewehten Felsbruchflanke entlang versuchte ich mit wenig Höhenverlust den unbekannten Bogen zu umrunden und ich landete recht hoch über der hinter dem Gipfel gelegenen ehemaligen Gletschergrube.

Der folgende Teil des Aufstieges beschreibt einen Bogen in die Gegenrichtung in der immer steiler werdenden Nordostflanke des Hinteren Daunkopf.
Mittig in dieser Flanke beschloss ich, daß es höchste Zeit zum Anlegen der Harscheisen sei und eigentlich wäre – bei genauer Beobachtung der Flanke zu Beginn nach dem Rechtsbogen – es 100m vorher noch viel unakrobatischer abgegangen, mußte ich mir eingestehen.

Schlüsselstelle im Nordwesten des Gipfels, durch die Schrofen hindurch wird angestiegen

Das sichtbare Ziel im Aufstieg stellt ein Buckel dar, der sich Ende April bereits recht felsdurchsetzt präsentiert und der geschätzte 20Hm mit großer Steilheit weit über 35° aufwartet (siehe hierzu Bildergalerie mit TIRIS-Ausschnitt).
Dieser kurze Aufstieg stellt die Schlüsselstelle dar und bei vereisten Bedingungen mag er anspruchsvoll sein, bzw. bei entsprechender Lawinenwarnstufe auch riskant.
Ohne Harscheisen wäre er am Tage meiner Begehung nicht machbar gewesen.

Durch die aperen Felspartien auf den Rücken hindurchgeschlüpft kann sogleich das Gipfelkreuz eingesehen werden. Der Restaufstieg erfolgt auf der Nordwestflanke des Hinteren Daunkopfes.

Ein schönes Aluminium-Gipfelkreuz, errichtet von der Bergrettung Gries im Sulztal findet sich auf leicht abschüssigem Gipfelplateau.

Blick ins Sulztal über den mächtigen Sulztalferner

Am Tage meiner Begehung war der sonst als aussichtsreich beschriebene Gipfel von Ost bis West über Süd in der Sicht total eingeschränkt – kein einziger Gipfel konnte eingesehen werden, nicht einmal die unmittelbaren Nachbargipfel der zahlreichen Daunkögl.

Blick Richtung Kuhscheibenspitze

Im Westen hätte ich zu gerne die nur knapp mehr als 2km entfernte Wilde Leck gesehen, jedoch war mir auch diese Sicht verwehrt.
Einzig der Sektor von Nordwesten bis Nordosten taugte für ein paar Landschaftsfotos und hier konnten die Kuhscheibe und der Wannenkogl, sowie weit im Nordwesten die Sulzkögl gesichtet werden.

mein unvermitteltes Ziel von gestern, der Schwarzenbergferner, links davon der Schrankogl

Östlich des Sulztales die mächtige Pyramide des Schrankogels mit dem Schwarzenbergferner (meine Vortagestour) und als hintere Begrenzung desselben das spitze Schrandele.

Gletscherschigebiet

Hinter mir stieg ein gutes Dutzend Bergsteiger auf, die mit mir in die Seilbahn eingestiegen sind und zunächst in die Nebelsuppe Richtung Süden – vermutlich zur Schaufelspitze – unterwegs waren. Wahrscheinlich haben sie am Weg dorthin eingesehen, daß angesichts der Sichtverhältnisse diese Ziele am klassischen Apriltag nicht sehr lohnend sind. Ich traf auf sie bei der Abfahrt unterhalb der Schlüsselstelle. Weitere Bergsteiger unternahmen die Besteigung mit Schidepot am Daunjoch über den aperen Gratanstieg.

Somit hatte ich Glück, den Gipfel zuvor ein wenig für mich alleine zu haben.

bei der Abfahrt unterhalb der Liftstation

Vom Gipfel erfolgt die Abfahrt zum Daunjoch zunächst über die Aufstiegsroute und anschließend über das Pistengelände.
Über die schöne Abfahrt der „Wilden Grubn“ konnte fast bis zum oberen Parkplatz abgefahren werden, mit sehr geringer Tragestrecke über ca.300m am Schotterweg.

nebelverhangen der Süden des Gletscherschigebietes

Es gibt eine Abfahrtsvariante über den Daunkopfferner und die Glamergrube – darüber kann auch von der Mutterbergalm aufgestiegen werden. Hierzu liefert der Blog „Almenrausch“ eine Beschreibung.

Rückblick auf den Hinteren Daunkopf

Zeitbedarf incl. Gondelfahrt bis Rückkehr zum Parkplatz betrug knapp viereinhalb Stunden mit einem halbstündigen Gipfelaufenthalt, 700Hm Aufstieg und 1.600m Abfahrt und reiner Aufstiegszeit eineinhalb Stunden.

Lawinenstrich Mutterberger Leger, darüber der Ruderhof

Die Tour eignet sich hervorragend für Tage an denen die Zeit für eine Ganztagestour fehlt, oder an denen das Wetter – wie in meinem Fall – nicht besonders geeignet für eine größere Unternehmung ist, oder ein langer Anstieg aus dem Tal vermieden werden soll. Ebenfalls für Einzelne, die nicht das große Vertrauen in abgelegenes Gelände haben.
Die Schlüsselstelle oberhalb der nordwestlich vom Gipfel gelegenen Mulde ist jedenfalls zu beachten und bei entsprechender Lawinenwarnstufe – oder fehlender Technik – gegebenenfalls durch den Gipfelanstieg über den Nordrücken einzutauschen und am Daunjoch das Schidepot zu errichten.

Mils, 29.04.2018

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