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Wildkopf, 2.718 m – Überschreitung bis zum Schwarzhorn

Der Südöstliche Sellrainkamm bietet eine lange und leichte Kammbegehung vom Wildkopf, östlich des Schaldersjoches gelegen, bis zum Sendersjöchl, bei der mit dem Schwarzhorn ihre höchste Erhebung erreicht wird. Die Strecke von der Wildkopfscharte zum Wildkopf wird dabei am Steig doppelt begangen, da es leider keinen direkten Anstieg von der Seducker Hochalm auf den Wildkopf gibt. Der Direktanstieg im steilen Schrofengelände ist jedoch möglich.

Wildkopf Kreuzgipfel, 2.718 m

Genauer genommen muß man den Wildkopf, auf dem das Gipfelkreuz errichtet wurde, als einen Vorgipfel verstehen, denn der eigentliche Gipfel mit 2.738 m Höhe befindet sich westlich vom Kreuzgipfel und die Schartenhöhe (zwischen beiden) des Kreuzgipfels erreicht nicht die Kriterien für die Bezeichnung als Doppelgipfel.

am Weg zur Seducker Hochalm, Parkplatz links unten

Diese topographischen Verhältnisse werden den meisten Besteigern des Kreuzgipfels einerlei sein, jedoch lohnt es sich für den Erfahrenen die mäßig schwierigen, recht kurzen und netten Klettereien in durchwegs festem Glimmerschiefer zum westlich gelegenen Hauptgipfel zu unternehmen. Diese kleine Extratour stellt dem Gratkletterfreund auf der durchwegs über Steige verlaufenden Kammüberschreitung eine kleine Prise Salz in der Suppe dar, die er nützen sollte. In der Bildergalerie befindet sich ein Profil aus TIRIS entnommen.

Weggabelung; Empfehlung: links weiter

Der Start der bärigen Runde erfolgt im Oberbergtal am Parkplatz in Seduck, dass die Einheimischen auch so schreiben, entgegen den touristischen Wegweisern, auf welchen sich die Schreibweise „Sedugg“ findet. Vom Parkplatz aus kann auch ein Spitzl des Wildkopfs gesichtet werden.

unglaubliche Farben am Zenit des Frühlings

Über den Oberbergbach auf der Asphaltstraße bis zum Gasthaus Alpenfrieden zweigt gleich rechts vor dem Gasthaus der Steig zur Seducker Hochalm ab, der steil beginnt und nach dem Passieren einer Materialseilbahn im Wald verschwindet.

am Steig an der Waldgrenze

Im Aufstieg trifft man alsbald im Wald einer Gabelung des Steiges an der der Verfasser die linke Möglichkeit empfiehlt, nachdem er die rechte Seite im Abstieg beging. Links führt der Steig hinaus auf eine Weidefläche, die vom Issebach durchzogen wird und es danach sehr steil weitergeht.

herrliche Ausblicke auf den Alpeinerkamm

Die Möglichkeit rechts führt im oberen Teil ebenfalls über die Weide und ist durch Nutzung der Steige durch das Almvieh über längere Teilstrecken in Letten und unwegsames Gelände verwandelt. Oberhalb der Waldgrenze endet die Weide und die Steige vereinen sich wieder.

kurz vor der Almhütte wendet der Steig nach Nordosten zum rechts von der Gabelung abgehenden Steig

Der Steig links führt sodann an eine Almhütte heran, zweigt aber kurz vorher rechts ab und führt bis zur Vereinigung mit dem rechten Steig kurzzeitig in die Gegenrichtung des bisherigen Anstiegs. Ein einziger Steig führt anschließend in westlicher Richtung zur Seducker Hochalm weiter.

Oberbergtal mit Tuxer Alpen im Hintergrund

Das makellose Spätfrühlingswetter mit der ungetrübten Sonnenbeleuchtung zauberte am frühen Vormittag bereits unglaubliche Farben in den Jungwald und auf die Zwergstrauchmatten durchzogen mit blühenden Alpenrosen. Im Hintergrund dazu die noch weißen Gletschergipfel des Alpeinerkamms.

an der Seducker Hochalm

Die Seducker Hochalm war bei unserer Begehung bewirtschaftet, jedoch mußte der Almwirt noch viele Stunden auf unsere Einkehr warten, denn die weite Runde über den Kamm wollte erst begangen werden. Später plauderten wir über die Schitour auf die Wildkopfscharte, von der man hört, sie aber nie sieht und die von Seduck aus manchen Winters möglich ist, wenn die Südhänge im Frühjahr noch genügend Schneebedeckung aufweisen.

an der Wildkopfscharte

Der Steig führt an der Seducker Hochalm weiter gegen Norden auf die Wildkopfscharte. Bis zur Hütte rechne man mit etwa eineinhalb Stunden und von der Alm bis zur Wildkopfscharte mit einer Dreiviertelstunde. Von der Scharte bis zum Wildkopf eine weitere Dreiviertelstunde, sodaß vom Tal bis zum Wildkopf Kreuzgipfel drei bis dreieinviertel Stunden angesetzt werden können.

Blick auf den von der Hohen Villerspitze nordwärts ziehenden Kamm mit bärigen Schitourenzielen

Nach der Wildkopfscharte muß zweimal abgestiegen werden, um Gratköpfe zu überwinden. Die Abstiege sind moderat in der Höhe. Zuletzt möchte man gern über eine recht glatte Plattenflanke zum Gipfel aufsteigen, der Steig führt jedoch unterhalb um dieselbe herum und berührt nur leicht die Felsflächen.

vom höchsten Gratbuckel aus auf den Wildkopf geblickt; ein paar wenig tiefe Scharten sind auf ihn abzuschreiten

Das Holzgipfelkreuz am Wildkopf wurde eindrucksvoll zimmermannsmäßig gefertigt und dient seit wenigen Jahren dem Schmuck des Vorgipfels.
Der beeindruckende Ausblick vom Wildkopf reicht vom Blick auf die nächste Etappe im Nordosten mit Hoher Schöne, Schwarzhorn und Schwarzer Wand über die Kalkkögel und auf das Stubaital im Osten.

Wildkopf Kreuzgipfel am Rückweg vom Westlichen Wildkopf gesehen

Im Süden beeindruckt der Alpeinerkamm, stets an Höhe zunehmend, von der Seblasspitze über Brennerspitze – in der Ferne Wilder Freiger – und Knotenspitzen bis zu den Seespitzen und schließlich, fast verdeckt von der Östlichen Seespitze, die Ruderhofspitze.

Wildes Grübl im Vordergrund, hinten der Alpeiner Gletscher mit den Schwarzenbergspitzen; rechts Hohe Villerspitze

Am Ende des Alpeiner Ferners thronen die Schwarzenbergspitzen im Südwesten  und nach Westen aufschließend der mächtige Schrankogel bevor die Dreitausenderschau im zentralen Stubai durch die schroff aufragende Flanke der Hohen Villerspitze im Vordergrund unterbrochen wird.

Hohe und Lüsener Villerspitze, Hohe Röte und Gallwieser Mittergrat

Vor der Hohen Villerspitze, im unmittelbaren Vordergrund befindet sich der eigentliche Gipfel des Wildkopfs, kaum 200 m vom Kreuzgipfel entfernt. Er behindert die Sicht auf den Grat zwischen Hoher Villerspitze und Lüsener Villerspitze, einem sagenhaft schönen Abenteuer, beschrieben im obigen Link.

Kammüberschreitung der Südöstlichen Sellrainer Berge vor uns, hinten Kalkkögel

Gegenüber im Nordwesten befinden sich im Kamm, den die Villerspitzen nach Norden bilden, bärige Schitourengipfel, unter anderem: Gallwieser Mittergrat, Roter Kogel, Sömen und das Fotscher Windegg weit nördlich.

Abkletterstelle am Weg zum Gipfel des Westlichen Wildkopfs

Der Übergang auf den eigentlichen Wildkopf besteht im Abstieg in eine kleine Senke, einem Aufstieg auf einen schrägen Zahn und einem Senkrechtabbruch über ein paar Meter, der im festen Fels leicht abgeklettert werden kann.

Rückblick über die Grat vom Kreuzgipfel auf den Westlichen Wildkopf

Auf diese Passage folgt eine nächste schräg gerichtete Schuppe, die etwas an Schärfe gegen oben hin zunimmt. Vorwiegend südlich wird sie genommen. Nach dieser Passage wird der Gipfel in wenigen Minuten erreicht.

inneres Fotschertal mit Potsdamerhütte vom Westlichen Wildkopf gesehen

Ein abgebrochener Skistock mit Aufdrucken aus den achtziger Jahren war das einzige Markierungsmaterial, das auf dem flachen Gipfelplateau vorgefunden werden konnte. Mit einem kleinen Steinmann als Fundament ließ sich daraus eine schnelle Gipfelmarkierung basteln.
Ein Foto des Kreuzgipfels aus ansprechender Perspektive sowie ein eindrucksvoller Blick auf die schneidigen Grate der Villerspitzen kann sonst noch vom Wildkopf Hauptgipfel mitgenommen werden. Knappe 40 Minuten ohne Hast dauerte der kleine Ausflug vom Kreuzgipfel.

Alpeiner Ferner mit umliegenden Gipfeln, mittig die Schwarzenbergspitzen, links Seespitzen, Ruderhofspitze, rechts Schrankogel, Schrandele und Hinterer Wilder Turm

Zurück beim Gipfelkreuz traten wir sogleich die lange Überschreitung an mit dem ersten Abschnitt über die beiden Graterhebungen zurück in die Wildkopfscharte und begleitenden Schönheiten an Alpenblumen neben dem Steig.

die Zottige Primel am Weg zurück zur Wildkopfscharte

Zunächst führt die Route mit moderatem Auf und Ab in eine kleine Grateinsenkung vor einem signifikanteren Anstieg von etwa 100 Hm, der den Westanstieg zur Hohen Schöne einleitet. Vor der Senke zum Anstieg wechselt das Gestein über von der extremen Ausbildung der Glimmerschiefer in einen Schiefergneis mit Ausbildung deutlich größerer blockiger Schollen am Grat.

östlich der Wildkopfscharte bleibt der Steig zunächst südostseitig unterhalb der Kammhöhe

Der Anstieg führt über unerwartet steiles Gelände auf eine Art Hochfläche, durchzogen mit kleinen Senken von Bergzerreissungen sowie mit der massivsten Ausprägung an der Hohen Schöne selbst.

dann wechselt der Steig auf die Nordwestseite

Die Route führt hinab in eine breite Mulde, die noch Mitte Juni mit tiefem Schnee gefüllt ist, zwischen dem Hochplateau und der Hohen Schöne. Die Gesteinsbrocken werden größer und ändern auch die Farbe, dunkles Amphibolitgestein tritt auf.
Links in der Mulde, nordwestlich, führt ein Steig hinab zur Potsdamerhütte.

in den Mulden am Kamm halten sich auf 2.600 m im Juni noch leeseitige Einwehungen des Winters, hier mit der Höhen Schöne im Hintergrund

Schenkt man neugierigen Schafen am Kammverlauf zur Hohen Schöne, die sich auf den Weg machen den Neuankömmlingen entgegenzuströmen, keine Beachtung, dann ist man sie und ihr manchmal herzzerreißendes Geblöke nach wenigen Minuten wieder los.

schönes Beispiel von Bergzerreißung, Hohe Schöne rechts, links ein unbenannter Gratkopf

Die Hohe Schöne stellt keinen Gipfel dar, den man sich klassisch vorstellt. Ein recht runder Blockgesteinshöcker mit einer wettergepeitschten schiefen Markierungsstange, die nicht einmal am Hochpunkt errichtet wurde, enttäuscht als bezeichneter Gipfel.

Aufstieg vom Tälchen zur Hohen Schöne

Höchstwahrscheinlich handelt es sich hierbei bestenfalls um einen Signalgipfel für die Almwirtschaft, topographisch kann der Hohen Schöne jedenfalls kein Gipfelstatus zuerkannt werden, da keine Schartenhöhe zum Schwarzhorn hin vorhanden ist, im Gegenteil, der Grat steigt stetig weiter an.

enttäuschende Markierung des Hochpunktes der Hohen Schöne

Ohne zu verweilen, verließen wir die Hohe Schöne in Richtung Schwarzhorn. Von der Hohen Schöne führt der Steig aus der Mulde nordwestlich auf eine Grathöhe, die etwas schmaler weiterführt. Dabei passiert man beim Grataufstieg noch eine Linse mit sogenanntem Muskovitgranitgneis.

Ausblick auf das Schwarzhorn und links davon der Gipfel der Schwarzen Wand

Nicht lange bleibt die Route auf der Grathöhe, nach zwei Minuten Gehzeit führt sie in die westliche Flanke hinab. Nicht sehr weit, jedoch gut 20 Hm.

kurz vor der Scharte zum Schwarzhorn in der steilen Nordwestflanke (Biotitgranitgneis)

Im Abstieg wird die Flanke wird und führte bei unserer Begehung noch ein bemerkenswertes Schneefeld, das wir am oberen Rand, unterhalb der Felsen, durchschritten. Diese Flanke, bis kurz vor die Scharte, wird von einem Band von Biotitgranitgneis gebildet.

Abstieg in der steilen Flanke zur Scharte zum Schwarzhorn; Schneereste an der Grenze zum Steig

Das Ende des Abstieges befindet man sich wenige Meter unterhalb der Verbindungsscharte zum Schwarzhorn, zu der der Steig hinaufführt. Dort wechselt das Gestein wieder in den Glimmerschiefer. Wenige Steigminuten führen über die breite steinige Flanke auf das Schwarzhorn.

Aufstieg von der Scharte zum Schwarzhorn

Ein kleines Holzgipfelkreuz schmückt das Schwarzhorn und sein Gipfelbuch fanden wir leider in schlimmem Zustand, völlig durchfeuchtet, zerfallen und teilweise schimmlig. Nicht gerade würdig als Zierde der höchsten Erhebung im Kamm.

Schwarzhorn, 2.812 m, höchste Erhebung in der Rundtour

Vom Schwarzhorn genießt man eine sehr schöne Rundumsicht und auf die Nennung aller bedeutenden Gipfel im Umkreis wird hier verzichtet. Eine ausführliche Benennung findet man im Bericht zum Schwarzhorn dazu.

atemberaubender Blick auf die zentralen Stubaier Alpen

Interessant am Nordgrat, den das Schwarzhorn entsendet, ist die Würdigung des Gipfels der Schwarzen Wand, auf dem ein schönes großes Gipfelkreuz errichtet wurde. Der Grat dorthin wäre sicher eine Begehung wert, im Rahmen dieser Überschreitung jedoch zu viel des Guten.

Schwarze Wand und Trennkamm zwischen Fotscher- und Senderstal im Norden

Derr Abstieg vom Schwarzhorn beginnt auf schmalem Grat und führt hinab in eine sehr breite seichte Mulde, von der aus der Steig allmählich in den steilen Südhang hinab zur Marchsäule führt. Beherrschendes Gestein auf diesem Abstieg ist der Biotitgranitgneis.

im Osten die Kalkkögel – Nordostgrenze der Stubaier Alpen

Im Bereich der Mulde kann direkt am Steig, inmitten der großen Blöcke und Platten, die mineralische Form von Biotit beobachtet werden.

Biotitkristalle

Marchsäule, so nennt sich die Gratabflachung im Westgrat zum Schwarzhorn, die im Abstieg als nächster Meilenstein der Rundtour erreicht wird. Sie stellt keinen eigenständigen Gipfel dar, vielmehr muß man ihre Würdigung als „March“ (stubaierisch für Markpunkt, Markierung) durch die Besteigung vom Sendersjöchl aus verstehen. Von dort aus ist die Marchsäule der erst Flachpunkt eines steilen Anstieges und erring dadurch ihre Bedeutung, die im Abstieg vom Kamm nicht nachvollzogen werden kann.

Holzkreuz auf der Marchsäule

Das hölzerne Gipfelkreuz ist wohl ob der untergeordneten Rolle des Punktes in der Neuzeit ziemlich verwahrlost worden, die Halteseile sind längst abgerissen, beeindruckender Flechtenbewuchs zeugt vom Alter der Balken und es gibt kein Buch. Punkten kann die einst wichtige Marchsäule heute nur noch als Fotomotiv des Kreuzes vor der Kulisse der gewaltigen Kalkkögel im Osten.

Blick über den Rückweg mit dem Oberbergtal und Alpeinerkamm

Den eben erwähnten steilen Abstieg kostet der Absteigende sofort nach dem kleinen Plateau mit dem Kreuz aus, indem über sehr steile, schroffige Bergwiesen abgestiegen werden muß. Stöcke sind dabei von Vorteil, es sei denn, man erfreut sich blühender Jugend oder unversehrter Gelenke im Alter. Tröstend dabei ist, daß das Sendersjöchl nicht viel tiefer liegt und die Mühen in wenigen Minuten erledigt sind.

Sendersjöchl sowie Übergang zum Gamskogel von der Marchsäule aus

Das eigentliche Sendersjöchl wird auf der Rundtour nicht betreten, der Steig zurück zur Seducker Hochalm kehrt unterhalb des Grates bereits nach Westen um. Am Grat vor der Umkehr kann das einsame Senderstal gut überblickt werden. Im Winter ein großartiges Schitourenziel und ganzjährig ein Gamsrevier.

nach dem Abstieg von der Marschsäule am Rückweg zur Seducker Hochalm

Der Weg zurück ist nicht – wie man meinen könnte – ohne Aufstiegshürden, kleine Zwischenaufstiege sind hier zu bewältigen und wem die Tour bisher schon in die Füße gegangen ist, der möge sich spätestens an dieser Textstelle bewußt werden, daß die Runde zwar bergsteigerisch leicht ist, jedoch konditionell eine gewisse Herausforderung stellt. Von der Gesamtstrecke wurden hier erst etwa 60% gewonnen.

Alpenmargarite

Ebenfalls könnte man meinen, daß der Rückweg angesichts der schönen und abwechslungsreichen Gratstrecke nun eine langweilige Pflichtübung auf einem ausgetretenen Steig erwarten ließe.
Nun, die Topographie des Steiges zurück zur Seducker Hochalm kann wie folgt beschrieben werden:

am Rückweg sind schroffige Rippen unten zu umgehen, daher leichtes Auf und Ab des Steiges im ersten Teil

Zunächst führt die Route – zum Ärgernis des Begehers – tief hinab. Zu tief, um den schwindenden Höhenunterschied zur Alm als einen angenehm abwärts gerichteten Steig wahrzunehmen. Dann geht es unterhalb von einigen Schrofenrippen – die ursächlich für den tiefen Steig verantwortlich sind – um dieselben herum, um dann über eine moderate jedoch merkbare Strecke wieder anzusteigen.
Anschließend hat man die Auf und Ab Strecke größtenteils überwunden und der Steig wird gegen die Alm hin zahm. Eine Stunde mag man schnellen Schrittes dafür ins Kalkül ziehen.

der Lichtpunkt am Ende des linken Bilddrittels markiert die Seducker Hochalm

Alte Karten zeigen auch einen Steig – etwa oberhalb der schwer im Kartenwerk zu findenden „Steininger Alm“ – von der Hohen Schöne hinab. Naheliegend als kürzeste Verbindung vom Fotschertal ins Oberbergtal und parallel zum Übergang über die Wildkopfscharte, jedoch etwas weiter talauswärts im Oberbergtal gelegen. Die Abzweigung ist vom bezeichneten Steig zur Seducker Hochalm aus sichtbar und befindet sich nach zwei kurz aufeinander folgenden Wasserrinnen unterhalb des Schwarzhorns. Wir haben das Abenteuer nicht unternommen, da auch das Ende des Steiges nicht direkt in Seduck liegt, sondern etwas östlich davon.

Abstieg von der Seducker Hochalm

Auf der Seducker Hochalm trafen wir gerade noch die Wirtsleute an und es ging sich bei einem netten Plausch über die Möglichkeiten des Winters auf dem Kamm um den Wildkopf eine Dose Bier aus. Der Abstieg zieht sich in zügigem Marsch von der Alm noch gut eine Stunde bis zum Parkplatz.
Wir unternahmen ihn über die besagte längere Stecke durch die große Weide und den Wald, welche, wie oben erwähnt, nicht empfohlen werden kann.

am Weg zum Parkplatz in Seduck

Auf 16,6 km Streckenlänge werden auf der Rundtour gesamt 1.780 Hm zurückgelegt. Den Abstieg vom Sendersjöchl sollte man wie erwähnt nicht unterschätzen. Natürlich wäre es auch möglich vom Sendersjöchl direkt über schroffige Bergwiesen auf den Steig abzusteigen, jedoch ist diese Variante nur dem Spezialisten empfohlen, der Erfahrung mit weglosem Gelände besitzt. Gesamt benötigten wir für die Rundtour 10:20 Stunden, wobei hier etwa 90 min Pausen enthalten sind, sowie die Gratstrecke zum Westlichen Wildkopf.

Mils, 12.06.2022

Schitour Schafgrübler, 2.922 m

Im Sommer ein unspektakuläres Ziel das ohne Mühen bei einer Besteigung auf die Hohe Villerspitze vom Großen Horntaler Joch aus mitgenommen werden kann, bietet der Schafgrübler im Winter einen rassigen Grataufstieg auf der Gegenseite, vom Kleinen Horntaler Joch aus, nach einem längeren wunderschönen, südseitigen Aufstieg in mäßig steilem Gelände. Der Aufstieg mausert sich speziell im Frühjahr, nach einem schattigen und kalten Beginn durch das lange Tal von Seduck bis zur sonnigen Steilstufe, zu einem jener Schitourenerlebnisse, die sich nicht nur bis zum Abend durch ein heißes Gesicht auszeichnen, wegen der schönen Sonnenhänge aber vor allem in der Erinnerung haften bleiben.

Abmarsch zum Schafgrübler

Der Start bei unserer Begehung am Parkplatz in Seduck zeichnete mit zehn Grad unter null wahrlich noch ein Restbild der kalten Jahreszeit, obwohl es Wochen vorher bereits deutlich wärmere Morgen gegeben hat, auch in schattigen Tälern.

Start um 7 Uhr in Seduck

Zunächst steht ein recht flacher Anstieg über 4 km und 300 Hm zur Oberissalm an, der durch leichte Thermik talauswärts  tatsächlich die Winterhandschuhe erforderte. An den Südhängen sinkt der Schatten durch die Sonne gar zwar stetig herab, bis über die Alm hinaus bewegten wir uns aber in der Kälte, die mit zunehmender Höhe jedoch abnahm.

Stöcklenalm

Dieser lange Anstieg dient dem Autor immer zur erweiterten Einstimmung auf die Eigenheiten der Natur, nach einer Woche völliger Entfernung von naturbehafteten Erlebnissen. Es mag die lange Distanz bis zum interessanten Teil der Tour auch genau jene sein, die im Frühjahr keine Ungeduldigen mehr anzieht, denn überlaufen ist das Oberbergtal gerade nicht.

die Sonne geht auf dem Winterweg auf

Am Winterweg zur Franz Senn Hütte, etwa auf 1.850 m erreichten uns nach knapp eineinhalb Stunden Schatten die ersten Sonnenstrahlen an den zwei klassischen aperen Stellen beginnend am kleinen Sturzbachl einer darüberliegenden Quelle.

Almgelände Alpein Alm – im Hintergrund der noch schneebedeckte Weg auf den Rücken

Nun in der Sonne, erreichten wir nach weiteren 20 min die Alpeiner Alm, wo sich die Schitour erstmals von der taleinwärtigen Richtung wendet und zwar fast genau in die Gegenrichtung, dem ersten Hang auf den Schafgrübler zu, von dem noch lange nichts zu sehen sein wird. Bis hierher beträgt der Anstieg 6 km.

Alpein Alm und im Hintergrund die Franz Senn Hütte

Vom hinteren Ende des Plateaus der Alpein Alm zieht ein Weg gegen Nordosten auf den Rücken hoch, der in direkter Verlängerung auf den „Maurnleger“ führt, ein Hang, der durch eine Felsrippe mittig geteilt wird. Wir benutzten zum Aufstieg den linken, westlichen Teil und für die Abfahrt den östlichen Teil, was empfohlen werden kann. Auf beiden kann der Anstieg erfolgen, der rechte, östliche ist der steilere und über ihn erfolgt der Anstieg auf das Große Horntaler Joch.

Alpeinertal vom Bergrücken zum Schafgrübler gesehen

Spätestens einige Minuten nach dem Rücken im Maurnleger wirkt sich die Frühjahrssonne so richtig aus, selbst vormittags um neun Uhr. Die leichte eiskalte Thermik hielt uns aber noch eine knappe Stunde vom Ablegen der Jacken ab.

Trenngrat des Tales oberhalb des Maurnlegers in Bildmitte

Unterhalb des niederen und wiesendurchzogenen Felsenhangs führt der Aufstieg durch das breite Tal „Im Blechner“ hinauf, mehr und mehr den Blick auf den schönen Südgrat des Blechnerkamps freigebend.

Rückblick auf das Oberbergtal

Tolle Blicke ergeben sich mit zunehmender Höhe auf den südlich gelegenen Alpeiner Kamm mit tollen Tourenzielen, von der Mittergratspitze bis zu den Knotenspitzen. Gegen zehn Uhr war es dann auch Zeit die Jacken abzulegen und nach 300 Hm Aufstieg vom Rücken nach der Alpein Alm wurde das Tal auf 2.400 m flacher und bald vollständig einsehbar.

Anstieg auf dem Maurnleger

Am Ende des Hochtales trennt das Kleine Horntaler Joch den Fast Dreitausender des Blechnerkamp vom Schafgrübler und ist mit seiner Höhe von 2.794 m ein Markstein für die noch fehlenden 400 m Aufstieg auf den Schafgrübler, dessen Grat rechts vom Joch beginnt und dessen Gipfel noch nicht einsehbar ist.

ab 2.400 m wir das Gelände flacher, Stelle im Hintergrund

Gegen Ende des recht flachen Aufstiegs wird der Schafgrübler dann sichtbar. Ein zunächst unspektakulärer Rücken mit einem von unten sich nicht besonders abzeichnenden Gipfelaufbau.

kurz vor der Abflachung

Nun muß der Vorteil der Steilheit der linken Talseite vom Maurnleger mit einem steileren Aufstieg nach rechts, gegen Osten, ausgeglichen werden, der etwa von 2.550 m auf eine flachere Stelle auf etwa 2.650 m führt und mit der Route östlich der Felsrippe zusammentrifft.

Blick von der Abflachung auf den Talkessel mit dem Kleinen Horntaler Joch

Dort beginnt ein steilerer Aufstieg auf ein letztes kleines Plateau, bevor die steile Querung auf einen Gratpunkt wenig vom Kleinen Horntaler Joch entfernt, beginnt. Für die Querung können Harscheisen vorteilhaft sein.

Gipfel des Schafgrüblers im Hintergrund

Wir versuchten die Gratstelle, die eine Gruppe vor uns als Rast- und Abfellplatz benutzte  gleich zu umgehen und etwas direkter vor dem Gipfel auf den Grat zu gelangen.

wunderbare Hänge zum Schafgrübler

Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an dem in der steilen Flanke bereits sehr aufgeweichtem Schnee und der Steilheit der Flanke unterhalb des Grates.

steigende Querung voraus, die Steilheit ist größer als am Bild zu erkennen

Somit mußten wir in einen flacheren Teil der Flanke zurück, in dem es die letzten 30 bis 50 Hm auf aperem Schrofengelände zum Grat möglich war aufzusteigen.

rechts alte Lawinenreste sichtbar, die Hangneigung bereits beträchtlich – oberhalb rechts die Wechten, die uns stoppten

Wir erreichten den Grat genau am Punkt der dritten Wetterstation am sogenannten Horntalerspitzl, eine Graterhebung von der ein Nordgrat in das Horntal entsandt wird, der das Kleine Horntal im Südwesten vom Großen im Nordosten trennt und der die höchste der drei Wetterstationen von der Alpein Alm herauf folgend trägt.

oberste Wetterstation am Horntalerspitzl

Die drei Wetterstationen der Tiwag und des LWD (Alpeiner Bach – Tiwag, Franz-Senn-Hütte Kl Horntal – LWD und  Franz-Senn-Hütte Horntaler Spitzl – LWD: alle AT-07-14), eignen sich übrigens hervorragend für die Tourenplanung, da sich an ihnen über eine Höhendifferenz von 800 Hm ein Bild über die Verhältnisse entlang der Aufstiegsstrecke ablesen lässt, bequemer geht es nicht (im Kleinen Horntal oder an der Franz Senn Hütte liegen sie aber nicht, siehe Bildergalerie).

Lüsener Fernerkogel mit der gewaltigen „Mauer“ davor

Am Grat machten wir uns auf den Schafgrübler in Angriff zu nehmen, der vom Spitzl aus nicht besonders schwierig aussah. Die Schi am Rucksack schritten wir hinab zum Grattiefsten und zur Stelle an der wir kurz vorher im butterweichen Schnee aufgeben mußten.

im Westen der Blechnerkamp (2.994 m), am Rastplatz unten die Gruppe vor uns

Die Stelle von oben betrachtet mußten wir ein häufiges Graterlebnis feststellen, bei dem keine zehn Meter zum Erfolg fehlten.

am zunächst breiten Gratrücken

So signifikant die Auswirkung auf die Schneekonsistenz wie im Frühjahr kann der Sonnenwinkel kaum erlebt werden. Am flachen Gratkamm sanken wir im harten Schnee kaum ein und über die Eiszapfen der breitesten Wechten auf der Südseite unter uns rann ein durchgehender Strahl an Wasser in die aufgeweichte Flanke.

Schafgrübler vom Grattiefsten gesehen

Vor uns lag die Spur eines Einzelnen der wir folgten und an der später sichtbar wurde, daß er mit Steigeisen unterwegs war. Es sollte sich später herausstellen, daß es sich um Holger handelte. Offenbar hat er seine Tour bis jetzt noch nicht zu Papier gebracht.

Anstieg auf harter Schneeoberfläche

Die Steigeisen sollten sich gleich darauf als unbedingt notwendig für den Schafgrübler erweisen, will man nicht ein zu großes Risiko eingehen. Die kalte Lufttemperatur hatte die vormittags noch weniger gut angestrahlten Schneepartien am Grat mit einer zu dicken vereisten Panzerung versehen, sodaß das Stufenschlagen nicht so zufriedenstellend möglich war, daß der Halt auf den hartgefrorenen Stufen möglich gewesen wäre.

über die steile Wechte zum Gipfel geblickt – es fehlen kaum 50 m

Somit mußten wir kaum 50 m unterhalb des Gipfels der Sicherheit wegen aufgeben und umdrehen. Die Stelle an der das Risiko begonnen hätte liegt an einer Wechte mit südlicher Ausrichtung, die nach Norden hin steil abfällt und über ca. 2m unter gut 60° hätte erklommen werden müssen.

Leider Endstation ohne Steigeisen, der Schnee der Wechtenkuppe zu hart zum Stufenschlagen

Da die Stufen kaum den Vorderfuß tief eingeschlagen werden konnten unterliesen wir die Übung den Pinggl zu überklettern, zumal auch eine sichere Rückkehr nicht gewährleistet gewesen wäre.

weiterer Aufstieg ohne Steigeisen zu riskant, Rückzug ist angesagt

In der Gratsenke erfolgte die Ersatz-Gipfelrast mit genauso guter Laune als wäre es der Gipfel gewesen, der nachgeholt wird und den Grund für eine Wiederholung der schönen Tour bildet.

die Gipfelrast diesmal am Grat

Phantastisch die Abfahrt über die steile Südflanke mit tollen Firnoberflächen unterhalb der Lawinenreste über den breiten Hang hinab. Nach dem kleinen Plateau entschieden wir uns über das westliche Tal hinauszufahren, wie eingangs beschrieben.

Abfahrt über die steile Südflanke des Grates zwischen Kl. Horntaler Joch und Schafgrübler

Schön kupiertes Gelände führt hinab bis zur ausgeprägten Kante der Geländestufe hinab ins Oberbergtal. Nach der Kante führt der Hang über recht steiles Gelände hinab, bis zum Rücken nach der Alpein Alm.

Wir entschieden uns entlang des Sommerwegs über den sehr steilen Waldhang abzufahren, um den nicht so wünschenswerten Winterweg zu vermeiden.

im östlichen Tal zum Maurnleger hinab

Trotz des sehr weichen und faulen Schnees kamen wir gut durch den Steilhang, der in der Steilheit an den Gipfelhang herankommt und ohne Tragen konnten wir über die mächtige Grundlawine, die in der Schlucht links neben dem Steilhang abgegangen war.

im Hintergrund das Basslerjoch

Bei dieser Abfahrt ist trotz eventuell vorhandener Spuren ein wenig Orientierungssinn gefragt. Oder besser noch, man prägt sich die offenen Flächen und markante Baumgruppen beim Aufstieg ein.

steile Abfahrt durch den bewaldeten Schlußteil vor der Oberissalm

Der Hang ist aufgrund der Steilheit nicht genügend einsehbar und eine zu weite Abfahrt hätte einen mühsamen Wiederaufstieg zur Folge, sollte man plötzlich vor einem schwer überwindbaren Hindernis stehen.

oben links die Einfahrt mit Querung – hier ist Orientierungsgabe gefragt

Der sonnigen Abfahrt folgt des Nachmittags auch eine sonnige Talausfahrt, bei der man die Marterln der Edelweißpflücker nicht missen sollte. Sie befinden sich am obersten Almgebäude in der ersten Kurve von oben.

Rückblick auf die steile Abfahrt

Ein Strauß, oder auch nur das einzelne Edelweiß seiner Liebsten zu bringen hielt sich bis weit ins vorige Jahrhundert und wurde mit Mut und Männlichkeit verbunden – leider hat es dabei viele unerschrockene Burschen erwischt. Auf dieser Seite des Alpenvereins findet sich eine nette Zusammenfassung von Mythen und Tatsachen über die Pflanze.

Marterln der Edelweißpflücker an der Stöcklenalm

Die Tour führt über 9,5 km zum Gipfel und sie nimmt 6:30 Stunden mit allen Pausen in Anspruch. Der Anstieg beträgt 1.520m.

Mils, 04.04.2021