Die selten begangene Route über den Südostgrat zum Rosskopf im Halltal mußte wieder einmal aufgefrischt werden und da sie den Kollegen unbekannt war, erfüllte die Tour gleich einen zweiten Zweck.
Eine ausführliche Beschreibung über die Routenführung findet sich unter „Rosskopf Südostgrat bis Stempelspitzen“ hier auf diesem Blog, weshalb sich dieser Bericht nur mit augenscheinlich festgestellten Unterschieden bzw. neuen Eindrücken befaßt.

Überblick über den SO-Grat, Vorsicht, die Reise des Vorderen Kälberkares ist verdeckt vom Rücken davor
Ansteigen mag man individuell über den Wilde-Bande-Steig bis kurz hinter das Bachofenkar über den Wilde-Bande-Steig vom Lafatscher Joch her bis zur Stelle bei der sich der letzte kümmerliche Gratverlauf des SO-Grates bis auf den Steig herunterzieht oder, unsere Lieblingsroute und, wie wir glauben, die etwas schnellere Variante, über den Steig zum Stempeljoch und bei der markanten Stelle, die etwas flacher angelegt ist, eine Markierung besteht und rechts ein wenig aber doch sichtbares altes Steiglein mitten im Schotterfeld wegzieht. Dieses Steiglein ist durch die jüngsten Schuttrutschungen teilweise etwas verlegt, doch aufmerksame Geher haben es wieder angelegt und man kann es deutlich erkennen, gleichwohl am Gegenhang in den Bergwiesen eindeutig Serpentinen zum Wilde-Bande-Steig hin erkennbar sind.
Geht man nicht die Serpentinen an, sondern schneidet man den Hang über die Bachreisen in leicht steigender Richtung, erreicht man den ohnehin leicht fallenden Wilde-Bande-Steig etwas später und spart wertvolle Kraft für den folgenden sehr anstrengenden und mühsamen Anstieg zum Rosskopf über den Südostgrat.
Bei dem Bachlauf aus dem Kar herab, genau an der Wegstelle an der die Gratausläufer auf den Wilde-Bande-Steig treffen beginnt der direkte Anstieg zu den Felsansätzen oberhalb der steilen Reisen die sich vom Vorderen Kälberkar herunterziehen.
Andi und Julian entschieden sich für den Anstieg über die rutschenden Reisen, Manuel und der Verfasser nahmen den Gratausläufer in vorwiegend festem Fels und auf Wiesenpolstern. Welche Variante die bessere ist sein dem Auge des Betrachters, vielmehr dem persönlichen Geschmack überlassen, wir trafen, ca. 180Hm höher, annähernd gleichzeitig unterhalb der Felsen ein.
Der letzte Aufstieg fand vor vier Jahren statt und seit diesem hat sich augenscheinlich einiges getan mit den brüchigen Felsformationen in der Steilrinne. Allerdings sind die Veränderungen schwer zu beschreiben für jenen, der die Rinne gar nicht kennt.
Im Überblick sei erwähnt, daß im unteren Teil die Felsstürze aus der brüchigen Rinne, die eigentlich nur eine größere Störzone im Gratverlauf darstellt und die beiden seitlichen Wettersteinkalkformationen mit einer Mächtigkeit von nur einigen Metern Breite im oberen Teil trennt. Das typisch orangebraune lehmige Material innerhalb der Störzone ist im unteren Teil der Rinne im Laufe der Jahrtausende bereits völlig ausgewaschen worden, im oberen Teil, nach der Gabelung, dominiert es die optische Erscheinung teilweise überwiegend und entsprechend steinschlaggefährdet kann sich der Karwendelkenner die Rinne somit vorstellen.
Eine Vierergruppe muß – speziell im oberen Teil dieser Rinne – etwas mehr Bedacht auf kurze Distanzen zwischen den einzelnen Personen achten, jederzeit können sich Brocken lösen, oder man stößt beim Tritt einen solchen hinab.
Bei dieser Begehung haben wir vorwiegend die im Bericht vor vier Jahren orange markierten Routen genommen, unten am Einstieg in die Rinne und oben nach dem Ausstieg das erste Steilstück am Grat.
Die untere Variante ist die schlechtere als die grüne, die obere Variante ist die bessere Wahl.
Im unteren Teil der Rinne, die rechte, orange Variante betrachtet, finden sich wesentlich mehr Steinschlagreste und wenn die Gemsen oberhalb am Gratkopf stehen könnte diese Variante brisant sein. Der Anstieg von der Reise zu den Felsen ist unheimlich anstrengend, denn für jeden Meter Höhengewinn steigt man rund zwei Meter an und fährt den Rest wieder mit dem Schotter ab. Hierbei hat sich im Vergleich zur Situation vor vier Jahren nichts geändert – es ist also nicht besser geworden – und eine Umgehung erscheint nicht möglich, angesichts der fast senkrecht aufragenden festen Wettersteinkalkfelsen oberhalb. Generell haben wir bei der Nachbetrachtung beim Abstieg auf der anderen Talseite Möglichkeiten der Umgehung der Rinne diskutiert und kleine Alternativen gefunden, die aber erst ausgelotet werden müssen, bevor hier darüber spekuliert wird.
Ab der Teilung der Rinne, an der der obere Teil beginnt, scheint es viel neuen Abbruch im Vergleich zu vor vier Jahren gegeben zu haben. Eine markant gelbe Felswand steht plötzlich vor einem und sie sieht wenig standfest aus, weswegen wir sie rechts umgingen. Der weitere, kurze Aufstieg in der Rinne ab dieser Stelle findet in etwas besserem Fels statt.
Es mag sein, daß es bei der Verzweigung der Rinne auch rechts über die recht glatte Platte weitergeht, Andi hat im Rückblick einen Steinmann gesichtet. Dies muß aber erst erkundet werden. Möglicherweise ist diese Variante die schönere, weil sie sich nach der glatten Platte mehr am festen Grat vollzieht.
Am Ende der Rinne ist man jedenfalls froh über die wiedergewonnene Weite des Tales und den festen, jedoch mit viel plattigem Schutt bedeckten Gratrücken. Die Variante grün – aus dem alten Bericht – erschien diesmal zu hoch gegriffen und nicht notwendig, der Aufstieg links im plattigen, flacheren Teil erschien angemessen und war auch ohne Schwierigkeiten zu meistern.
Zum Schwierigkeitsgrad bis hierher ist generell zu sagen, daß vielleicht ein paar Stellen III eingelagert sind, der Großteil der Rinne und der Aufschwung oberhalb verdienen jedoch maximal eine Bewertung von II oder mit + versehen.
Ab dem Aufschwung findet sich auf den ersten ca. 150Hm schroffiges, wiesendurchzogenes Gehgelände, oder Wiesengelände mit felsig, schroffigen Einlagerungen – je nach Position der Begehung und dem Auge des Betrachters – das bis unterhalb eines neuerlichen Felsaufschwunges führt. Bis dorthin steigen wir etwas links des Gratrückens auf.
Der Aufschwung muß dann noch in Gratnähe erklettert werden (II+), um dann oberhalb nochmals in Gelände mit Wiesenpolstern einzutauchen und – je nach Position – entweder am Vorkopf zum Gipfel zu landen, oder mit etwas Glück unterhalb der Scharte, die dieser Vorkopf im Gratverlauf mit dem Gipfelaufbau bildet. Die Scharte gibt die Richtung für die letzten gut 100Hm auf den Gipfel vor. Nach dieser beginnt auch wieder mehr schotteriges Gelände, Rinnen mit Schotter gefüllt müssen passiert werden bevor es, flacher werdend, zum Gipfel leitet.
Im Versuch die Scharte zu treffen hat der Verfasser – mit dem Mangel eines perfekten Erinnerungsvermögens, man kann auch sagen durch mangelhafte Vorbereitung „des hab i eh no im Kopf“ – die Gruppe zu weit nach links (Südwesten) geleitet und somit die Scharte um rund 100m Breite verfehlt. Diese Abweichung vom Grat führte dazu, daß im letzten Teil die originale Südostroute nicht mehr angetroffen wurde und das Gipfelgelände am Normalweg, zu dem hinausgequert wurde, beendet werden mußte.
Die Gewissheit, daß man auch am Berg nie auslernt erfuhr somit eine unliebsame Renaissance und die Schande sitzt tief, zumal auch werte Bergkollegen am Gipfel den Lapsus, der dem Verfasser nicht zur Ehre gereicht, mitbekommen haben. Da Selbsterkenntnis aber der beste Weg zur Besserung ist muß das fehlende Orientierungsvermögen des Führers als Ansporn gesehen werden, wenn auch in diesem Fall nur zur Verklärung des Vorfalles ins Positive.
Nun, trotz dem unoriginalen Ende der schönen Route über den Südostgrat war Gipfelfreude sichtbar und das zufällige Zusammentreffen mit Roman und Jürgen seltenes Pläsier. Bergsteiger kennen sich untereinander nur manchmal gut, meistens aber von den Einträgen in den Gipfelbüchern und äußerst selten sehen sie sich gemeinsam bei der Arbeit.
Die beiden Spezis haben die Runde über die Hintere Bachofenspitze her unternommen und waren an diesem Tag neben uns die einzigen Besucher des Rosskopfes.
Der Sonntag, vorletzter Tag im Oktober anno 2016 war bis spät in den Nachmittag hinein ein wenig sonniger Tag und am Gipfel blies ein leichter schneidend kalter Wind, aber die Sicht war dank des fehlenden Wasserdampfes in der Luft wieder einmal phänomenal und in technischen Bildern aus der „camera obscura“ nicht annähernd mit derselben Farbenkraft und Tiefe wiederzugeben. Trotzdem nutzten wir die Sonnenfenster und lichteten zum etlichsten Male die faszinierenden Grate der Gleirschtal – Halltalkette ab.
Der Aufstieg ab dem Wilde-Bande-Steig hat für die rund 650Hm fast zwei Stunden in Anspruch genommen. Man vergisst ihn nicht schnell, ist er doch sehr anstrengend und schön. Steinmandln gibt es kaum bis nicht.
Unser Abstieg wurde der „Normalweg“ (keine markierte Route!) über die Stempelspitzen. Ein toller Grat mit einigen ganz feinen, leichten Klettereien und Gratumgehungen meist rechts (westlich ins Sonntagskar blickend) und manchmal links (östlich, den Kälberkaren zugewandt) die nach der Schinderei in stiller Genugtuung, Schritt für Schritt ausgekostet werden.
Allerdings beachte man die Anstiege auf die Stempelspitzen auch, sie fordern erneut und in Summe dürften nochmals an die 150Hm zusammenkommen.
Die Strecke vom Gipfel des Rosskopf zur Kleinen Stempeljochspitze muß mit einer knappen Stunde bemessen werden, anschließend folgen noch 1.750m Abstieg und dabei 9km horizontaler Strecke bis zum Ziel beim Hackl am Eingang zum Halltal.
Einziger Lichtblick der Erleichterung sind die Stempelreisen, die sich vorzüglich zum Abstieg eignen sowie Andis Radl am Wasserberg, das aber nur ihm half.
Elektrolyte gibt es bei Werner in St. Magdalena bis zum 8. Dezember auch keine mehr, somit bleibt es dieser Tage beim Ausharren bis zur Walderbrücke.
Gesamt zeichnete der Chronograph 2.035Hm und 9:57 Std. Gehzeit auf.
Red.: um Verzeihung einiger unorthodoxen Wortschöpfungen wird gebeten, manchmal reicht die gewachsene Sprache nicht aus um den luftigen Höhen des Herzens zu genügen
Mils, 30.10.2016
- Anstieg am Steig zum Stempeljoch
- Überblick über den SO-Grat, Vorsicht, die Reise des Vorderen Kälberkares ist verdeckt vom Rücken davor
- Halltal am Vormittag
- Rinne in näherer Position, die Reisen des Kälberkares verdeckt vom Rücken davor
- Aufstieg vom Wilde-Bande-Steig
- Blick vom Wilde Bande Steig Richtung Einstieg in die Rinne
- mühsamer Anstieg bis zum Einstieg
- Rückblick vom Gratausläufer
- Kurzer Abstieg zur Querung
- Querung zum Einstieg
- am Ende der Querung
- knapp unterhalb des Einstieges
- der rechte Teil der Rinne vom Einstieg aus gesehen
- rechter, direkter Rinnenteil
- oberer Teil der rechten Rinne, knapp dahinter vereinigen sich die beiden unteren Teile
- die Gruppe beim Aufstieg durch den rechten Teil der Rinne
- der untere Rinnenteil in etwa mittig
- eine schöne Trainingsstelle
- Julian beim Überklettern des größten Brockens im rechten Teil der unteren Rinne
- die Jungen Wilden meistern die Verschneidung im Handumdrehen
- Andi voraus, dem ungestümen Drang der Erforschung erlegen
- knapp vor der Gabelung und dem Beginn des oberen Teiles der Rinne
- die letzten schlechten Felspartien in Angriff genommen
- durch Erfahrung klettert es sich im festen Wetterstein leichter
- Trinkpause an der Gabelung mit weiterem Verlauf des oberen Teiles der Rinne
- Rückblick in den unteren Teil der Rinne
- brüchigster Teil des oberen Rinnenverlaufes
- schnell durch ist des Kopfes Wunsch
- am Ausstieg aus der Rinne am Gratrücken angekommen
- Rückblick auf die Rinne
- Steilstufe am Gratrücken nach der Rinne
- Aufschwung oberhalb des Rinnenendes, diesmal die leichtere Variante links in den Platten
- leichtes Gelände nach der Steilstufe, allemal mühsam
- phantastischer Rückblick auf knapp 600m Höhenunterschied
- am Südostgrat des Rosskopfes
- Aufstiegsgelände, eher am Grat haltend ist die richtige Wahl
- bereits etwas zu weit links abgekommen
- Rückblick von zu weit vom Grat entfernt
- die letzten Meter bis zum Gipfelaufbau
- nachträgliches Erfassen der originalen Route
- hier unten die Scharte sichtbar die man treffen sollte und weiterer Aufstieg über Reisen
- Blick zum Beginn der Gleirsch-Halltalkette
- Die höchsten Gipfel des Karwendels nicht mehr schneefrei; im Vordergrund unsere hintersten Gipfel im Halltal, die Bachofenspitzen
- im Anschlkuß an die Bachofenspitzen die beiden Lafatscher und mittig der markante Spitz der Südlichen Sonnenspitze
- Roman und Jürgen steigen vor uns vom Gipfel ab
- am Gipfel des Rosskopf, 2.668m
- Abstieg am Verbindungsgrat zu den Stempeljochspitzen
- das Vorköpfl des Rosskopfes im spitzen Winkel erwischt; im Hintergrund der mächtige große Bruder der Lafatscher
- nette Passagen am Grat
- ein feiner kleiner Pfad inmitten der Gratzähne
- Schmnankerln warten hier noch einige…
- aus dem Westen wieder über die Scharte in den Osten
- Aufstiege in leichter Kletterei
- feinste Aufstiege in leichtem Gelände
- die Natur vom besten Platze aus geschaut
- Passage der Reibungskletterei, ostseitig im Rückblick; ein Poet der Berge nennt sie wegen der Rauheit der Haut den „Schlafenden Elefant“
- am Ende der Reibungskletterei
- kleines Schärtchen am Grat zur Auflockerung
- Stellen süß wie türkischer Honig
- Herr Rosskopf grüßt im Nachmittagslichte
- auf die breite Scharte zu
- und noch ein phantastischer Blickfang beflügelt den Geist
- Stilleben im Herbste; im Hintergrund die beiden Stempeljochspitzen
- Aufstieg auf die Große Stempeljochspitze
- ein Füllhorn von Tritten und Griffen läßt Kletterei in überschwänglicher Geschwindigkeit zu
- Gleichgewichtsübungen am leichten Grat zur Kleinen Stempeljochspitze
- über den Grat schweben
- Rückblick auf das Tagesziel
- mit der Stimmung des Tages den letzten Steinwurf zum Abschlußgipfel die Kleine Stempeljochspitze im Visier
- Julian, Andi, Manuel und der Verfasser auf der Kleinen Stempeljochspitze
- vielleicht der schönste Grat der Welt…?
- …oder nicht?
- Samertal zu Füßen
- Kreuzjöchl mit großer Stadt
- der schöne Südostgrat des Roddkopf
- Südostgrat des Rosskopf im Spätnachmittagslicht; ein unvergesslicher Berg
- der gesamte Grat der westlichen Gleirsch-Halltalkette
- Routenverlauf
- Routenverlauf vom Steig zur Stempeljochspitze aus gesehen