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Gerschaffltal

Haller Zunterkopf über Gerschaffl und Guggermauer

Vom Parkplatz vor dem Absamer Tennisplatz aus kann man eine wunderschöne Tour über das Gerschaffl, oder Gerschaffltal zum Haller Zunterkopf unternehmen.

Aufstieg zur Guggermauer durch das Gerschaffltal

Aufstieg zur Guggermauer durch das Gerschaffltal

Uneinig ist man sich in der, dem Internet entnehmbaren Literatur über die Flurbezeichnung „Gerschaffl“, die auch als „Kaschaftltal“ publiziert wird (APK Magazin 3/2005 Seite 15). Die AV Karte, Stand 2000 erwähnt den Wald- und Felsrücken, der sich vom Heiligkreuzer Zwickel ostwärts zum Lippenkopf emporzieht Gerschaffl.
In diesem Bericht verwende ich – mangels genauerem – den Begriff Gerschaffltal für das Tal, das sich nach dem Heiligkreuzer Zwickel von einer Klamm im unteren Teil in ein naturbelassenes, wild geformtes, geologisch interessantes und nach oben hin sehr steilen Abbruch von der Guggermauer entwickelt.

Höhe Lippenkopf, Rippe zur Guggermauerhütte

Höhe Lippenkopf, Rippe zur Guggermauerhütte

Es hat seine Schönheiten nicht nur im engen begeisternden Klammteil, sondern vor allem oben, nachdem sich die, vom Haller Zunterkopf herunterschießenden Reisen wieder zu einem „Klamml“ formen. Im Aufstieg rechts die steil aufragenden Felsen im Hauptdolomit von guter Qualität und links die, von der Felsqualität her schlechten, brüchigen  Raiblerschichten (Sedimente mit einem mehrfachen Wechsel von Kalk, Dolomit, Mergel, Schieferton und Sandstein). Teilweise sind – auf Höhe Lippenkopf – in der Trennlinie der Formationen Breccien zu finden, die eindrucksvoll mit Wurzeln der Buchen umwachsen sind, dem Beutegriff des Adlers gleich.

Breccien fest umklammert

Breccien fest umklammert

Auf Höhe der Breccien findet sich eine Gruppe von mächtigen alten Buchen und hangaufwärts davon wird die Brüchigkeit der Raiblerschichten weithin sichtbar, der gesamte Buchenwald ist von jungen Abbrüchen der Felsen mit großen Brocken übersät. Die sogenannte „Thaurer Schuppe“ zieht sich von weit im Innsbrucker Westen bis nach Gnadenwald und hier in diesem Tal ist die Zusammenlagerung dieser beiden Gesteinsarten sehr schön sichtbar, steigt man doch fast exakt in der Trennungslinie hinauf.

Breccie in der Trennlinie der geolog. Formationen

Breccie in der Trennlinie der geolog. Formationen

Verlaufen kann man sich nicht, man sieht von weit unten schon das Ziel in Form von einer sehr hellen – weil brüchigen und mit jung freigelegten Felsflächen – gratartigen fast ebenen Geländerippe, die mit Zuntern bewachsen ist und sich Guggermauer nennt. „Mauer“, eine treffende Benennung sowie Fels und Zuntern ein optisch schöner Kontrast beim Aufstieg.

eindrucksvoll, ohne Worte

eindrucksvoll, ohne Worte, die Klamm die nördlich der Aufstiegsroute emporzieht

Im oberen Teil wird das „Klamml“ kletterbar, jedoch nicht mit echter Schwierigkeit behaftet, man könnte für die Schwierigkeit I+ oder II- vergeben. Imposant sind die Hänge links und rechts allemal und so kann man es sich nicht verkneifen über fast jeder der natürlichen Kaskaden ein Fotos zu schießen, um diese wilde, romantische Landschaft einzufangen.

der obere Teil des Aufstieges beginnt

der obere Teil des Aufstieges beginnt

letzter Teil des Klammls

letzter Teil des Klammls

Die obersten ca. 50Hm sind dann geprägt von schlechterer Felsqualität und der Fels wird griffärmer und kleinsplitterig. Recht oft muß man die Stellen mit bloßer Reibung überwinden, die Steilheit hält sich dabei aber in noch akzeptablen Grenzen.

fast ganz oben im schlechter werdenden Fels

fast ganz oben im schlechter werdenden Fels

Etwas unterhalb der Latschenfront der Guggermauer erblickt man linkerhand eine steigartige Öffnung der Zuntern. Dieser folgend würde man unter dem Spitz im Guggermauergrat auf gut gangbarem Gelände wahrscheinlich zur Hütte kommen, ich hielt die gleich enger werdende Gasse eher als Gamswechsel und bin ihr nicht weiter gefolgt.

die lichte Stelle in Bildmitte wäre der Normalausstieg auf den Guggermauerrücken (ganz links der Gamswechsel)

die lichte Stelle in Bildmitte wäre der Normalausstieg auf den Guggermauerrücken (ganz links der Gamswechsel)

Einige Meter oberhalb dieser Stelle fand ich dann wieder links einen Hauch von Ausstieg aus dem brüchigen steilen Abbruch unter dem Grat, folgte diesem durch überwinden des Abbruches und Erreichen des flachen Zunternwaldes und fand mich schnell wieder im Dickicht wieder.

kleinsplittriger schlechter Fels

kleinsplittriger schlechter Fels

 

am Ausstieg auf die Guggermauer (meine Variante, nicht der originale Ausstieg)

am Ausstieg auf die Guggermauer (meine Variante, nicht der originale Ausstieg)

Rein gefühlsmäßig steuerte ich, fast krabbelnd, unter massivem Zunterngehölz ca. 15 bis 20m nach oben. Aufrecht gehend hätte man keine Chance, krabbelnd jedoch war es halbwegs gut möglich.

Latschengasse nach dem Ausstieg, am Ende im Unterholz nach oben weiterzukrabbeln

Latschengasse nach dem Ausstieg, am Ende im Unterholz nach oben weiterzukrabbeln

Tatsächlich fand ich nach der kurzen Strecke den Steig von der Guggermauerhütte zum Haller Zunterkopf führt und der in der AV-Karte eingezeichnet ist. Dies war auch mein Ziel.

ein Baum mit roten Beeren, man beachte die Höhendistanz zum originalen Ausstieg im nächsten Foto

ein Baum mit roten Beeren, man beachte die Höhendistanz zum originalen Ausstieg im nächsten Foto

sichtbare Höhendistanz zum Baum mit roten Beeren

sichtbare Höhendistanz zum Baum mit roten Beeren

Angenehm ging es nun weiter und nach wenigen Metern erreichte ich eine Stelle, die mir als die eigentliche Einmündung meines Aufstieges durch das Gerschaffltal erschien. Also folgte ich ca. 10 bis 15m weit dem Zweig und fand tatsächlich den Aufstieg hinter der Abbruchkante.

das ist der originale Ausstieg

das ist der originale Ausstieg

Der Blick hinunter sagte mir aber, daß ich mit dem Ausstieg weiter unten eher die bessere Wahl getroffen habe, denn dieser Aufstieg ist noch steiler und brüchiger als der untere. Somit möchte ich jedem die kurze Krabbelei durch das Unterholz gegenüber dem höheren Ausstieg der Sicherheit wegen empfehlen.

originaler Ausstieg

originaler Ausstieg

Der nun folgende Steig ist ein kraftraubender und anregender Steig, den ich sehr genossen habe, weil er etwas herausforderndes an sich hat. Völlig auf seiner gesamter Länge führt er durch Zunterngassen und dürfte im Sommer bei Sonnenbestrahlung eine wahre Herausforderung für den Kreislauf sein. Allerdings: Vorsicht Eltern! Junges vorausstürmendes Volk muß man hier einbremsen und sollte es eher hinter sich haben. Der Steig führt an einigen Stellen direkt an eine vom Gerschaffltal nordwärts ziehende und von unten sehr imposant aufragende, gewaltige  Klamm heran und bricht senkrecht neben dem Steig mit zig Metern jäh ab. Diese stellen sieht man im Aufstieg dann, wenn man direkt vor dem Abgrund steht!

die Klamm im oberen Teil, noch nicht ganz am Klammende

die Klamm im oberen Teil, noch nicht ganz am Klammende

Ein kleines Köpfl in der Geländerippe auf halbem Weg des Steiges verspricht einen Moment des Verschnaufens und bietet, wegen eines Steilabbruches wieder genau neben dem Steig eine phantastische Sicht auf das Gerschaffltal. Umgeht man die Stelle etwas weiter im links (die Zuntern sind zu diesem Zweck weitläufig ausgeschnitten und wahrscheinlich ist das auch eine Vorarbeit zur notwendigen Verlegung des Steiges in den sicheren Bereich) und blickt zurück, dann kann man die bizarren Abbrüche – möglicherweise mit Schaudern – gut erkennen. Ein schönes Stück Landschaft, sehr zu empfehlen.

bizarre Abbruchkanten

bizarre Abbruchkanten

der Klamm oberes Ende

der Klamm oberes Ende

Ab dort bewahrt den Besucher dichter Bewuchs im weiteren Verlauf des Steiges vor den noch länger vorhandenen Steilabbrüchen zu seiner Rechten bevor sich, nach ca. 10min, die Steigrichtung noch nördlicher ändert und man zur Meisterung der letzten ca. 150Hm auf dem sanfter geneigten Platteau des Haller Zunterkopfes ankommt. Der Steig trifft oben auf den Verbindungssteig zwischen den beiden Zunterköpfen und die letzten ca. fünfzig Meter des Weges folgt man in östlicher Richtung.

ca. 100Hm unter dem Gipfel

ca. 100Hm unter dem Gipfel

Haller Zunterkopf

Haller Zunterkopf

Zur Rundwanderung kann man den Abstieg ausdehnen, es gibt die Möglichkeit entweder zum Hochmahdkopf und nach Absam abzusteigen oder, empfehlenswerter, am phantastisch schönen Grat zum Thaurer Zunterkopf und weiter über das Törl ins Halltal abzusteigen.
Beide Möglichkeiten enden am Parkplatz beim Hackl und von dort kommt man über das Frauental, zum Ausgangspunkt zurück.

links das "Köpfl" und am Rücken dahinter unsichtbar der Steig, unten die Guggermauer

links das „Köpfl“ und am Rücken dahinter unsichtbar der Steig, unten die Guggermauer (vom Thauerer Zunterkopf aus gesehen)

Für den Aufstieg vom Parkplatz bis zum Gipfel habe ich 2 ½ Stunden gebraucht, für eventuelles Orientieren rechne man 3 Stunden. Es handelt sich bis zum Erreichen des Steiges von der Guggermauer bis zum Gipfel um eine anspruchsvolle Alpinwanderung auf Schuttreisen und im felsigen Wassergerinne mit fallweise kurz notwendiger Dreipunkttechnik in den kletterbaren Passagen. Wer keine Klettererfahrung hat und sich schwer orientieren kann, soll von diesem Aufstieg Abstand nehmen und über den Steig von Thaur über den Ochsner aus zur Guggermauerhütte aufsteigen.

Mils, 16.11.2014