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Seejoch, 2.808 m – Flaurlinger Roßkogel oder Haggerspitz

Gleich drei Namen besitzt der schöne Aussichtsberg in den Nördlichen Sellrainer Bergen. Und er ist, mit einem Meter mehr als die schön geformte Peiderspitze, nach Osten hin der höchste Gipfel in der Kette. Seine Besteigung von Haggen eignet sich für späte Herbsttage an denen die Sonneneinstrahlung den Südanstieg erwärmt.

oder direkt auf der leicht zu begehenden Gratschneide

Der Ausgangspunkt auf das Seejoch vom Sellraintal  kann von Haggen, oder von zwei Steigen, die etwas höher in Richtung Kühtai, an der Landesstraße beginnen. Am Rückweg kann somit ein geänderter Abstieg zu einer kleinen Runde ausgebaut, und die Forstfläche mit interessanten Informationen besichtigt werden.

Seejoch vom Parkplatz bei der Schärmeralm aus gesehen

Die vorliegende Tour beginnt am Parkplatz jenseits des Zirmbachs, in Haggen. Von dort ist das Ziel gut sichtbar. Vorbei an der kleinen Kapelle führt der Steig nordostwärts auf den grasigen Hang, der so eigentümlich kahl im hellbraunen, verdorrten Herbstkleid steil nach oben führt.

Andreaskapelle Haggen

Deutlich sichtbar von unten erscheinen die Markierungen auf den Blöcken im Hang. Der Steig führt im unteren Teil durch ein paar sumpfige Stellen, bevor der Hang steiler wird und in zunächst weiten Serpentinen aufwärts führt.

Beginn Steig auf den Haggener Sonnberg

Nach einer etwas weiteren Nordostpassage setzt der Steig auf dem Westrücken einer Wasserrinne fort und die Serpentinen werden enger. Auf diesem Rücken bleibt der Anstieg bis der Steilhang oben zum Haggener Sonnberg, der seinen Namen zurecht trägt, stetig abflacht.

Rückblick nach einigen Minuten Aufstiegs

Im Flachteil kreuzt der Steig mit dem Sellrainer Höhenweg, der östlich zur Sonnbergalm und weiter in Richtung Roßkogel führt. Vorbei an den Resten von Almwirtschaft, die aus Unwirtschaftlichkeit und Mühe aufgegeben wurde, leitet der Steig in mäßig steilem Gelände auf den Rücken hinter dem sich die Roßgrube mit dem kleinen See befindet. Am Hochpunkt des Rückens findet sich eine einsame Bank, die für eine Trinkpause genützt wurde.

am Sellrainer Höhenweg angelangt; zum Seejoch geradewegs nach Norden über eher flache Bergwiesen

Von dort kann die „Haggener Wand“ unterhalb des Gipfels des Seejochs und das davon rechts, nach Ost, sich erstreckende Peiderwandl aus der Nähe betrachtet werden, eine nach Ost ansteigende Wandstufe, die höchstwahrscheinlich durch das Abrutschen der Gneisglimmerschiefermassen gebildet wurde. Oberhalb zeichnet sich das Gipfelkreuz des Seejochs deutlich ab.

an der Inneren Roßgrube angelangt

Das Peiderwandl ist es auch das nun, nach der Umwanderung der innersten Rossgrube mit leichtem Höhenverlust, angepeilt wird, um auf die Peiderscharte im Osten zu gelangen.

alte und junge Steinmuren werden überschritten

Am Weg dorthin durchquert der Steig eine Murenrinne, die viele Eindrücke der in den Felsen darüberliegenden geologischen Einheiten in die Roßgrube gefördert hat und nicht nur Gneisglimmerschiefer sowie Schiefergneis sondern auch den dunkelbläulich feinkörnigen Biotitgranitgneis und den ebenfalls dunklen aber eher schwarzen Amphibolit zeigt.

über ein Blockfeld führt der Steig an die Felslinie heran

Der Steig entlang des Peiderwandls überquert einige Murenrinnen direkt am Felsfuß, sodaß die unterschiedlichen Farben, Muster und Bruchformen der Gesteine schön studiert werden können.

typischer Aufstieg durch Murenrinnen mit jung herabgefördertem Gestein

Kurz vor der Peiderscharte, auf dem letzten felslosen Anstieg zur Scharte, taucht der Steig für eine kurze Strecke in Granodioritgneis ein, der den Grat und die Südabhänge der Peiderspitze bildet. Die kurzen Felspassagen gleich westlich der Scharte bestehen dann bereist wieder aus dem dunklen Amphibolit, der sich bis zum Gipfel fortsetzt.

Rückblick auf die Innere Roßgrube

Auf der Peiderscharte fällt der Blick natürlich auf den schönen Grat zur Peiderspitze, ein eigenes Abenteuer, das man auch mit dem Seejoch verbinden kann, falls man ein zweites Fahrzeug in Gries platziert hat, oder den Anstieg am Rückweg über den Sellrainer Höhenweg nicht scheut.

Peiderscharte, Blickrichtung Ost zur Peiderspitze

Am Gratverlauf wird das Seejoch Gipfelkreuz zum Greifen nahe während im festen Amphibolit entweder am Steig, oder schöner, am direkten Grat zum Gipfelaufbau angestiegen wird. Unter mäßiger Steigung werden die harmlosen Gratspitzln hin zum Fuß überwunden.

Auf dem ersten Gratkopf (dunkler, blockiger Amphibolit)

Die letzten 100 Hm zum Gipfel erfolgen nahe der Kante zwischen Südabbrüchen und Nordosthang in kleinen Serpentinen, teilweise auf einem schuttigem Rutschhang.

entweder am Weg, südlich der Grathöhe

Einen besseren Tag für die Aussicht vom Seejoch als einen Herbsttag gibt es wohl nicht. Zwar steht die Sonne generell tief, treibt sie aber doch ein Licht und Schattenspiel im Süden, das  die Grate richtig zur Geltung kommen läßt. Die trockene Luft erlaubt weite Fernblicke in die restlichen Himmelsrichtungen.

Aufstieg auf der Kante des Osthangs zum Seejoch

Im Nordwesten erhebt sich die schön geformte Pyramide des Rietzer Grieskogels, die, um wenige Meter, nur knapp die 2.900 m Grenze verfehlt und somit den höchsten Berg bis Kufstein, der direkt im Inntal steht bildet.

Seejoch, 2.808 m

Nach Westen hin wird seine Höhe nur von Wildgratspitze und Parseierspitze übertroffen, wobei man ernsthaft darüber diskutieren mag ob erstere in  vorderster Reihe zum Inntal angesiedelt werden kann und letztere noch dem Inntal zuzurechnen ist, bevor der räterromanische Piz Alpetta, westlich von Hochfinstermünz, mit 2.980 m direkt am dort entspringenden Inntal den Rietzer überragt.

Blick vom Seejoch nach Nordwest mit dem Pirchkogel links, dem Rietzer Grieskogel und dem Hocheder in der rechten Bildhälfte

Weit reicht der Blick im Herbst in den Norden auf die Wettersteingipfel mit der schönen Leutascher Dreitorspitze, die den östlichen Teil der Wettersteinhauptkette dominiert, und ins Karwendel im Nordosten, das man an einem langen Sommertag von Absam bis nach Krün durchwandern, und die gesamte Strecke incl. aller Gipfel, bis hin zur Soiernspitze in Bayern, vom Seejoch aus nachvollziehen kann.

Flaurlinger Alm in der Tiefe, links hinten die Leutascher Dreitorspitze, die Ahrnspitzgruppe und die Karwendelvorberge in Bildmitte und rechts das Karwendel

Direkt im Osten, im Seetal gegenüber, reicht der lange und nach Norden hin milder werdende Grat, den die Peiderspitze entsendet, bis zum Rauhen Kopf, bevor er in das Inntal abfällt.

sanft steigender und zerklüftet endender Nordgrat von der Peiderspitze nach Norden mit Karwendel im Hintergrund

Dieser Grat trägt die Schlossköpfe, über die es sich in leichter Kletterei in festem Fels auf die Peiderspitze ansteigen läßt. Genau über der Palderscharte ragt der kühne Turm des Weißsteins auf und links davon der Roßkogel, die man in einer interessanten Runde über den Mitterkogel ab der Inzinger Alm begehen kann.

Schlossköpfe und Peiderspitze – eine bärige Überschreitung

Im Südosten reicht der Blick bis in die Zillertaler Alpen, sowie nach Süd geschwenkt über die famosen Kalkkögel und dem Habicht zu den zentralen Stubaier Gipfeln. Gegenüber, im Tiefsten des Gleirschtals thront der rassige Gleirscher Fernerkogel und östlich davon, im hinteren Lüsenstal, seien die Dreitausender der Hohen Villerspitze und des Lüsener Fernerkogels erwähnt.

Von links: Peiderspitze, Kalkkögel mit Zillertaler Alpen im Hintergrund, Habicht und Hoher Villerspitze rechts

Im gleißenden Licht der flach stehenden Sonne im Herbst finden sich gegenüber die Südlichen Kühtaier Berge, von denen die wohl bekanntesten Gaiskogel, Pockkogel und Neunerkogel eine schöne Überschreitung im Sommer bilden, sowie im Winter der Zwieselbacher Rosskogel und der Sulzkogel sehr beliebte Touren darstellen.

Hohe Villerspitze und Lüsenser Fernerkogel in der linken Hälfte, Schrankogel mittig weit hinten, Grubenwand, Gleirscher Fernerkogel, die spitze Vordere Sonnenwand, der Breite Grieskogel und der Zwieselbacher Roßkogel rechts

Als leichte Tour im Vordergrund kann die Runde über die Freihut empfohlen werden; mit Aufstieg ab und nach Narötz, in der Juifenau.

phänomenaler Blick vom Seejoch auf Gleirsch- und Kraspestal

Den Abschluß des Panoramas im Westen bildet der Blick auf Kühtai mit dem grünen Stausee und dem dahinter aufragenden Stock des Maning- und Acherkogels, die mit einer atemberaubenden Nordostkante aufwarten.

links der Sulzkogel, der Maning- und der Acherkogel, dann Kühtai und rechts der Pirchkogel

Ebenfalls gen West fällt der Grat vom Seejoch zum Metzten und dahinter, zur Flaurlinger Scharte hin ab – eine nächste Tour als Überschreitung von West nach Ost, über die Peiderspitze, bis zum Roßkogel hin und unter Nutzung des Linienbusses möglich.

Grat von Peiderscharte auf die -spitze

Der schöne Grat von der Peiderscharte auf die gleichnamige Spitze kann im Abstieg erforscht werden. Der Führer attestiert für diese mäßige Schwierigkeit, welche auch optisch stimmen sollte, bis auf eine schwierige Stelle, die Roman & Jürgen beschreiben.

Blick von der Peiderscharte auf den Abstieg

Am Haggener Sonnberg kann ein alternativer Abstieg nach Westen erfolgen, der durch die Aufforstungsfläche, die ab dem Jahr 1963 als Reaktion von verheerenden Lawinenabgängen angelegt wurde. Es empfiehlt sich die Informationstafel am unteren Ende des Steigs durch den Wald zu lesen.

südwestlich den Sonnberg querend hinab auf den Sellrainer Höhenweg

Der Abstieg dorthin ist bestens markiert und ein Bankl oberhalb der durch Lärchen bunt gefärbten Forstfläche lädt zum Baumeln der Seele ein, vor den herbstlich goldbraun gewordenen Bergwiesenflächen im Sellraintal.

Abzweig vom Höhenweg Richtung Haggen

Auf der sonnigen Herbstrunde werden 1.380 Hm über eine Strecke von 10,5 km gemeistert. Man rechne incl. Gipfel- und kurze Trinkpausen mit 5 1/2 bis 6 Stunden. Im Sommer empfiehlt sie sich aufgrund der Temperaturen nur bei sehr frühem Start.

am Steig neben der Kühtaistraße bis zurück zur Andreaskapelle, hoch oben das Seejoch

Zur Einkehr eignet sich der legendäre Forellenhof, in dem man immer gut isst, wenn man denn am Nachmittag nach dem Mittagsansturm als Einzelner auf einem Tisch im Garten beachtet wird.

Mils, 30.10.2022

Schitour Weitkarspitze, 2.947m

Die stille Alternative zum viel besuchten Zwieselbacher Rosskogel stellt die schöne Schitour auf die etwas niedrigere, weniger oft besuchte Weitkarspitze dar, die ersterer, in Bezug auf Aussicht und Erlebnis, um nichts nachsteht. Denkbar wäre auch den Bergtag auf beide Gipfel zu erweitern. Die Abfahrt kann über die Anstiegsroute erfolgen, oder, bei unbedenklichen Verhältnissen, Richtung Wildes Kar und über den schräg verlaufenden Steilhang  zur Aufstiegsroute hinab, der aus der Sicht im Anstieg in der mächtigen Felsmauer deutlich hervortritt.

tolles Farbenspiel

Für die unspektakuläre, leichte Schitour auf die Weitkarspitze benötigten wir wetterbedingt zwei Anläufe an aufeinanderfolgenden Wochenenden Ende April/Anfang Mai und dies auch nur, weil bei der ersten Begehung der Gipfelhang während unseres Aufstiegs unterhalb der Wilden Neder mehr und mehr im Nebel verschwand und die Begehung abgebrochen werden mußte.

Weitkarspitze, 2.947m

Um halb sieben in Haggen zu starten war ein guter Plan für die fortgeschrittene Jahreszeit hinsichtlich guter Schneebedingungen für die Abfahrt.

zu Fuß bis kurz vor die markante Kurve

Schlechtes Wetter am Vortag bescherte uns bereits kurz nach Haggen einige Zentimeter Neuschnee, die ausreichten, um die Tragestrecke zu verkürzen. Nach dem Lärchenwald und noch vor der markanten Wegbiegung konnten wir schon unter Schi aufsteigen.

bereits mit mehr Neuschnee auf der linken Bachseite im Aufstieg

Je weiter wir uns gegen die erste Zwinge hin bewegten desto besser wurde die Altschneedecke und nach der doppelten Bachquerung fanden wir uns links neben dem Bach auf einer durchgehenden Schneedecke mit gut zehn Zentimeter Neuschnee.

unterhalb der Zwinge

Unterhalb der Zwinge wurden wir von Eiligen überholt, denen selbst die Zeit zum Grüßen fehlte. Sie festigten uns die bestehende Spur und in Verbindung mit dem Neuschnee wandelte sich der stets imposante Aufstieg neben dem tosenden Bach zu einem Spaziergang, der sich seiner Bezwingung meist etwas herausfordernder entgegenstellt.

wie in der Vorwoche keine Veränderung der Stabilität der Schneebrücke über den Bach

Ein Prachtanblick ohne ein Wölkchen eröffnete sich uns über die angezuckerte Landschaft im flacheren Bereich nach der Zwinge im Aufstieg, vorbei an der Jagdhütte, über den Bach auf Hallehn zu. Die Kaltfront mit den Niederschlägen hat in dieser Höhe auf knapp 2.100m für einen wahrlich winterlichen Anstieg gesorgt und die Klapperei der Schi über harte Partien blieb im weichen Neuschnee unterbunden.

Rückblick mit Schöllekogel und Steintal rechts

Nach der langgezogenen Kehre hinter den Muggenbichl hinein geht es in der Talmulde mit dem meist lange gefrorenen, schön anzusehenden Wasserlauf der südlichen Felsbegrenzung, „Untere Strass“ genannt, gegen den nächsten steilen Hang zu, auch als „zweite Zwinge“ bekannt.

Am Hang oberhalb der zweiten Zwinge, im Hintergrund der Räuhengrat

Die Spur führte oberhalb der zweiten Zwinge auf die nächste Geländestufe und diese Umrundung der Engstelle erscheint etwas eleganter als ihre Durchsteigung in Spitzkehren.

die Engstelle der zweiten Zwinge – wir umgehen sie oberhalb; im Hintergrund die Haidenspitze und unser Ziel die Weitkarspitze

Eingerahmt vom frisch verschneiten Räuhengrat, seiner Scharte und der nach Süden fortlaufende Grat zur Haidenspitze ergab sich mit dem makellos blauen Himmel eine sagenhaft tolle Szenerie in der, um die Morgenstund sonst recht dunklen Passage auf die Talstufe darüber. Bilder zu Anfang Mai wie im Hochwinter.

links unser Ziel, rechts davon die „Nördliche Weitkarspitze“ (gem. AV-Führer 1958), Kraspesspitze und rechts Schöllekogel

Bereits im steilen Teil knapp unter 2.400m, jedoch noch vor der Engstelle konnten wir das Tagesziel schon in voller Beleuchtung erkennen und bei solchen Verhältnissen mußte selbst ein gut bekannter Aufstieg mehrmals abgelichtet werden.

herrliche Szene oberhalb der zweiten Zwinge

Im flacheren Teil darüber, unterhalb der meist lawinenträchtigen Wilden Needer, konnten wir das Eintauchen in die bereits sonnenbestrahlten Hänge kaum erwarten, die im Hochwinter zur normalen Aufstiegszeit bis hinauf zum Kraspesferner völlig im Schatten bleiben – den Aufstieg bis dorthin hat man meist als einen recht kalten in Erinnerung.

herrliche Szene oberhalb der zweiten Zwinge

Entlang der stetig ansteigenden Geländelinie, den Senken ausweichend, steigt man in Richtung Steilstufe zum Kraspesferner an. Die Stelle, an der der fast genau westlich aufziehende Gratkamm zur Weitkarspitze seinen Ansatz hat, ist jene, an der wir eine Woche zuvor durch eine leichte Mulde zum flachen Sattel vor dem steilen Kamm zur Weitkarspitze abgebogen sind und als geeigneter Abzweigepunkt für gut befunden wurde.

Das Ziel schon geraume Zeit rechts von uns, die Weitkarspitze

Mit dem Wissen über diese Möglichkeit sparten wir uns den längeren flachen verlaufenden Anstiegsteil um die Felshügel inmitten des Hochtalkessels herum und damit auch ein paar Höhenmeter Verlust zum Fuß des Gipfelhangs der Weitkarspitze.

im Zentrum des ehemaligen Kraspesferners mit Blick auf die Weitkarspitze

Das weite Gelände am ehemaligen Kraspesferner zeigte sich herrlich verschneit mit deutlich erkennbaren Steigspuren. Der Aufstieg auf die Weitkarspitze verläuft in einem Bogen, der heute gar nicht mehr den heutigen Gletscherrand berührt.

Rückblick auf die lange seichte Mulde am Kraspesferner

Die Reste des ehemalig gewaltigen Kraspesferner beschränken sich auf die Flanke und den oberen Teil (>2.750m) – hierzu gibt es einen gut recherchieren, interessanten Artikel von Kollegen Lukas Ruetz der anhand von Karten- und Fotovergleichen die Rückbildung von etwa 1870 bis 2012 eindrucksvoll veranschaulicht.

toller leicht steigender Anstieg im unteren Teil

Demzufolge befand sich der Anstieg zur Weitkarspitze um 1870 herum noch bis in die Gipfelflanke hinauf vereist (bis über 2.800m) und der zuvor beschriebene Gratrücken noch kaum sichtbar, da völlig von Eis bedeckt (siehe Karte von 1870). Heute kaum vorstellbar, daß die riesige Fläche des ausgeaperten Ferners Dutzende Meter hoch unter Eis lag.

Rückblick zu Rotgruben- und Haidenspitze

Am Hang zur Weitkarspitze nimmt die Steigung langsam zu, wodurch ab etwa 2.800 ein paar Spitzkehren bis zum Schidepot fällig werden. Nach der ersten folgt eine längere Querung, sowie etwa fünf bis sechs Spitzkehren bis zur Grathöhe.

Gipfelhang zur Weitkarspitze voll beleuchtet

Unter voller Bestrahlung am Südosthang bereitete uns der Schlussteil des Aufstiegs Hochgenuss mit einer Schreckenssekunde, als auf der Steilstufe zur Zwieselbacher Rosskogel gegenüber ein Schneebrett abging, das ein zweites schräg darunter auslöste und wir ein paar Personen in der Nähe abfahren sahen (Abgangszeitpunkt zwischen 9:25 und 9:34 Uhr, obwohl nur etwa 800m entfernt haben nichts gehört).

Gipfelhang Weitkarspitze

Wir beobachteten die Entwicklung ein zwei Minuten, aber da sich die Abfahrenden weiter bewegten war offensichtlich, daß niemand erfaßt wurde und alle aus dem Anrissbereich ausfahren konnten. Nachkommende Aufsteiger bewegten sich ebenfalls normal weiter, ohne erkennbare besondere Aktion.

letzte Meter zum Schidepot; links einer der Eiligen bei der Abfahrt

Im Gipfelbereich der Weitkarspitze dürfte die Hangneigung auf kurzen Passagen etwas über 35° liegen – zumindest findet es sich im TIRIS so ausgewiesen – die durchschnittliche Hangneigung bleibt aber unter 35°.

Blick vom Schidepot nach Haggen hinab

Am Schidepot, kaum 20Hm unter dem Gipfel, hatten wir eine kuriose Aussicht durch die umliegende weiße Berglandschaft mit saftig grün leuchtenden Wiesen in Haggen im knapp 1.300m tieferen Tal.

Blick nach Nordwesten; Sulzkogel, Zwölferkogel, Pirchkogel in der Ferne, Kraspesspitze und Nördliche Weitkarspitze

Am Gipfel der Weitkarspitze, mit dem kleinen Steinmandl als Gipfelmarkierung, fällt zunächst der Blick auf die bärigen Schitourenziele der nahen Kraspesspitze, des Finstertaler Schartenkopfs und natürlich des etwas entfernten Sulzkogels ins Auge.

Blick ins Horlachtal mit Umhausen im Tal und der nördliche Geigenkamm im Hintergrund

Der Blick gegen Südwesten, ins Ötztal, bot ein ähnliches Bild als jener auf Haggen, grünes Tal und lange weiße Hänge in alle Richtungen auf die Grate und Spitzen hinauf, ein tolles Farbenspiel.

links Wildspitze, mittig ein weißes Spitzl, das wir als die weit entfernte Weißkugel vermuteten

Mit schwarzen Flanken unverkennbar in 23,5km direkter Linie hinter Umhausen ragt die Rofelewand auf. Rechts davon der Fundusfeiler, erster Dreitausender im Geigenkamm in den westlichen Ötztaler Alpen und mit deutlich sichtbaren Aufstiegsspuren von der Frischmannhütte aus.

Erkunden der Ötztaler Alpen von der Weitkarspitze aus

Weiter südöstlich die Namensgeberin des Geigenkamms, die Hohe Geige (3.393m). Knapp rechts von ihr erregte ein mit dem Glas erkennbarer spitzer und völlig weißer Gipfel in immenser Entfernung unser Interesse. Zunächst tippten wir von Erscheinung und Entfernung her auf die Weißkugel, recherchierten aber später, daß es sich um den Äußeren Bärenbartkogel in 52km Entfernung handelt.

mit einem Trick durch das Fernglas die vermutliche Weißkugel als den Äußeren Bärenbartkogel entlarvt, die Weißkugel ist hinter dem Hohen Kogel versteckt

Er ist um 264m niedriger als die Weißkugel (3.737m), von dieser gerade 2km entfernt und in dieser enormen Entfernung im Gegensatz zur Weißkugel nur deshalb noch sichtbar, weil der  Gepatschferner nicht die Höhe erreicht, um seine Spitze zu verdecken, hingegen die Erdkrümmung die Weißkugel hinter dem Hohen Kogel, der auf gerader Linie und halber Strecke zur Weißkugel im Geigenkamm liegt und um 465m niedriger ist, verdeckt wird. Hier täuscht die App Peak Finder, die unter „sichtbare Berge“ die Weißkugel anführt, denn die Erdkrümmung mit sagenhaften 184m Sichtverlust bis zur Weißkugel läßt den tatsächlichen Sichtwinkel zur Weitkarspitze kleiner ausfallen als jenen zum Hohen Kogel.

Trenngrat zum Zwieselbacher Roßkogel und Blick auf ehemaligen Kraspesferner

Die südlich gegenüberliegende Flanke, die die Weitkarspitze vom Zwieselbacher Roßkogel trennt,  trägt ein Steinmandl und verdeckt um wenige Meter die Sicht auf den Zwieselbacher Roßkogel. Sie bietet eine tolle Steilrinne, die vom Zwieselbacher aus hinunter auf den Kraspesferner befahren werden kann.

Aufstiegsgelände mit Rotkogel und Haidenspitze

Nach einer knappen Rast und Studium der Ötztaler Alpen beschlossen wir abzufahren. Vom Schidepot aus wollten wir eine direkte Linie zum flachen Kar finden, von dem wir eine Woche zuvor nach Abbruch der Tour abgefahren sind. Leider war diese Flanke schon weitgehend ausgeapert, sodaß der Belag und die Kanten arg strapaziert worden wären und wir zur Abfahrt in die Senke vor der Scharte gezwungen waren.

Abstieg zum Schidepot

Wegen des Neuschnees entschieden wir aber dann die Aufstiegsroute abzufahren, um den steilen Hang unten zu vermeiden, der mit zahlreichen alten Lawinen in der Vorwoche kein besonderes Erlebnis mehr bot.

die Schwünge müssen abgelichtet werden

Somit mußten wir ein paar Meter über eine leichte Kuppe, um zu unserer Aufstiegsroute zu kommen. Wir wollten an geeigneter Stelle nach der Kuppe über den Gratkamm abfahren, jedoch war dieser uneinsichtig steil, mit dem Schneebrett von der Stufe zum Zwieselbacher Roßkogel im Hinterkopf unterließen wir auch diese Variante und fuhren zum Abzweigepunkt und über die Normalabfahrt hinab.

nach dem flachen Sattel ein paar Meter aufgestiegen – Rückblick zur Weitkarspitze

Das Abfahrtserlebnis mit der Neuschneeauflage war natürlich entsprechend genussvoll, weswegen wir eine Kostprobe für „Powderfans“ festgehalten haben:

Bis weit unter die Zwinge konnten wir aus dem Kraspestal ausfahren, aber nach den Altschneefeldern mußten wir die Schi schultern, da der Neuschnee um die Mittagszeit bereits vollends geschmolzen war.

kurz vor der ersten Zwinge

Unsere Aufstiegszeit zur Weitkarspitze betrug 3:20 Stunden, bei 1.300Hm. Für die gesamte Tour benötigten wir 5:45 Stunden inclusive Gipfelaufenthalt von einer knappen Stunde. Die Streckenlänge beträgt gut 7km.

Rückblick ins Kraspestal

In der Bildergalerie befinden sich ein paar Fotos vom Versuch in der Vorwoche und dem Steilhang.

Mils, 03.05.2020

Schitour Zwieselbacher Roßkogel, 3.082m – vom Kraspestal ins Gleirschtal

Ein etwas versteckter, niedriger und der einzige Dreitausender der das Kraspestal säumt ist der Zwieselbacher Roßkogl.  Am hintersten Ende gelegen – mit der Steilstufe des Gletscherüberganges vom Kraspesferner aus eigentlich schon dem Gleirschtal zuzurechnen – erhebt er sich markant gute 100Hm über dem kleinen Rest an Gletscher südlich der Rippe zum Kraspesferner.

Gipfelaufbau Zwieselbacher Roßkogel

Die mittellange Schitour starteten wir um 5:50 Uhr am Parkplatz in Haggen nach einer klaren Nacht und der Aussicht auf einen perfekten Tag. Leider die Temperaturen gut unter null sowie die übliche einziehende Thermik gegen das Gesicht im Aufstieg durch das „Larchwaldl“.

Start in Haggen kurz vor 6 Uhr

Westseitig haben sich die steilen Hänge schon mit Gleit- und Nassschneelawinen abgeladen und deren Kegel reichen beachtlich weit ins Tal hinein.

vor der äußeren Zwing

Die Steilstufe der ersten Zwinge (Hinterzwing) konnte ohne Harscheisen kaum überwinden werden, jedoch entschieden wir Stufen zu nutzen/zu schlagen und die Schi die obere kurze Steilstrecke zu tragen (ca 25Hm). Dahinter folgt ja ein langer Anstieg ohne die Notwendigkeit von Harscheisen.

hinter der Zwing, die Steilstufe zum Kraspesferner vor uns

Vorbei am Jagdhüttl rechts neben dem Kraspesbach marschierten wir bei zunehmendem Tageslicht mit den Gipfeln von Schöllekogel und Kraspesspitze bereits in das leichte Rot der Morgensonne getaucht.

Rückblick auf das bereits besonnte Steintal

Die Temperaturen durchaus sehr frisch für Mitte April erreichten wir das links abzweigende Tal zum Rauhengrat, das über den Muggenbichl erstiegen wird. Vom Rauhengrat herab versperrte eine Nassschneelawine den Anstieg auf ca. 50m, die wie immer akrobatisch durchstiegen werden mußte.

Christian beim Überqueren der Lawine

Die nächste Talstufe durch eine wesentlich schmalere Rinne rechts hinauf  war ebenfalls mehr als zur Hälfte der Breite mit einer Lawine verlegt und die Frage drängte sich mir auf, wie in den letzten Tagen eine Nassschneelawine in einem Nordwesthang auf 2.550m entstehen konnte.

im Hintergrund Pock- und Gaiskogl

Sonnenbestrahlung kann in dieser Exposition ja nur sehr spät am Tag und sehr kurz stattfinden und Niederschlag bleib weitgehend aus.
Jedenfalls lehrt die Situation, daß man auch der bestrahlungsmäßig scheinbar günstigen Exposition nicht trauen kann.

Rinne mit Lawinenresten auf die „Straß“

Rechts, durch eine Rinne die in ihrer Breite ebenfalls durch einen Lawinenausläufer verengt wurde, stiegen wir auf die „Straß“ Abstufungen hinauf und bekamen dort einen beeindruckenden Rundblick über die ausgedehnte Hochfläche Karapsesferner bis Kraspessee und die Anstiege in das Wilde Kar unterhalb der Kraspesspitze. Ein toller Eindruck aus dem kalten Schatten auf die besonnten Hügel uns Kare.

Hochfläche des Krapsesferner

Unterhalb der „Wilden Needer“ erfolgte der Aufstieg, steiler werdend, auf die letzte Steilstufe oberhalb des Kraspesferners in den höheren und südlichen kleinen Gletscherableger am Fuße des Zwieselbacher Roßkogel zu.

letzte Steilstufe

Vom Blickwinkel oberhalb der letzten Steilstufe sehen Haiden- und Rotgrubenspitze recht imposant aus. Sie sind bereits mit Vormittagssonne gesegnet und wir immer noch in deren Schatten, der jedoch in der folgenden flachen Strecke endgültig weicht. Dort öffnet sich auch erstmals der Blick auf das Tagesziel, dem Zwieselbacher Roßkogel, der am Ende des kurzen Gletschers erhaben über der Hochfläche thront.

Haidenspitze hinten und rechts die Wand der Rotgrubenspitze

Der letzte knappe Kilometer am Gletscher führt über einen leichten Sattel mit einem kleinen Gletschersee unterhalb, natürlich der See nicht sichtbar, sodann wieder über einen Gletscherrest und den Gipfelaufbau schlußendlich begeht man mit zwei Spitzkehren von Westen, kurz vor einer Scharte die ins Zwieselbachtal abbricht.

Übergang zum Zwieselbacher Roßkogel

Wenig Platz und allseitig steile Abbrüche vom Gipfel kennzeichnen den Zwieselbacher Roßkogel. Wir rasteten daher etwas unterhalb des Gipfels auf einer breiteren Gratstelle und als der Strom an Neuankömmlingen nicht versiegen wollte beschlossen wir in der Scharte zum Gleirschtal zu übersiedeln, da wir die steile Abfahrt in Gleirschtal und zur Pforzheimerhütte sowieso am Programm hatten.

Anstieg zum Westgrat des Zwieselbacher Roßkogel

Die Rundumsicht am Zwieselbacher Roßkogel kann sich sehen lassen. Am eindrucksvollsten war für mich die Szenerie von Süd bis West.

Christian und der Autor am Zwieselbacher Roßkogel, 3.082m

Im Süden die Dreitausender des hinteren Gleirschatales mit Gleirschfernerkogl und Winnebacher Weißkogl.

Gleirschfernerkogl und Winnebacher Weißkogl, rechts das hinterste Larstigtal

Im Westen der Blick ins vordere Ötztal, in das Horlachtal und das Zwieselbachtal.

Blick nach Niederthai, rechts Hohe Wasserfalle und Hochreichkopf

Am Weg den Gipfelaufbau hinab und durch das Schärtchen nach dem Gletschersee hindurch erreichten wir die Scharte auf 2.980m, über die der schöne Südhang angefahren wird.

Rast am schmalen Westgrat des Zwieselbacher Roßkogels

Zur Erzielung der optimalen Fahrverhältnisse legte Christian die Länge der Pause fest und betrachtete kritisch und mit Bedacht die Schneekonsistenz. Es müsse feinster Firn unter den Brettern sein, um das beste Fahrerlebnis herauszuholen.

die Scharte auf 2.958m – Übergang ins Gleirschtal

Tatsächlich war es nach ungefähr 20min so weit, daß die Abfahrt angegangen werden konnte. Bei oberflächlich angetautem Schnee waren die Schwünge eine Freude, wie auf den Fotos ersichtlich ist.

Christian schwingt den Steilhang hinab

Der Hang war teilweise angefahren, jedoch boten sich genügend unzerfurchte Streifen denen wir den so wichtigen individuellen Stempel aufdrücken konnten.

nicht ganz ohne der Hang wie man sieht

Im flacheren Teil – Walfeskar genannt – war der Schnee etwas schwerer fahrbar, jedoch ebenfalls ein Vergnügen, das bis zur Pforzheimer Hütte anhielt.

in den flacheren Teil – Walfeskar – eingefahren

Für die Hütte, die gut besucht war, ist das letzte Wochenende angebrochen, wie wir erfuhren. Ein langer Winter geht zu Ende. Zum Abschluß mußte Christian die bereitgestellten Einrichtungen zum ausspannen ausprobieren, kombinierte das Relaxen mit einem kastrierten Getränk und fühlte sich wohl auf 2.308m.

der Geniesser

Die Abfahrt von der Pforzheimerhütte in das Gleirschtal bot noch einen letzten schönen steilen Hang, bevor die Materialseilbahn erreicht wurde und es ein Stück auf dem Weg durch das Gleirschtal weiterging.

phantastisches Panorama, die Pforzheimerhütte oben am Plateau

Nach der Engstelle, talauswärts hinter der Materialseilbahn, konnte den Schi nochmals freier Lauf gelassen werden, die Flächen links und rechts der Straße sind breit, boten außer vereinzelten Steinblöcken genügend Fläche zum hinunter Schwingen und die Schneequalität war auch akzeptabel für eine schnelle Abfahrt.

breite Schiflächen für die Abfahrt

Im flachen Teil des Gleirschtales mußten wir anschieben, die Trizepsmuskulatur glühte danach aber nicht. Nach der Gleirschalm – mit einer kurzen Tragestrecke – konnten wir noch bis nach der Brücke zum Spazierweg, der nach Haggen führt fahren.

ein letzter Rückblick auf das schöne Gleirschtal

Dort legten wir nochmals für ca. 100Hm Felle auf und erreichten in 40min den Parkplatz in Haggen wieder.

kurz vor der Gleirschalm

Leider war der Forellenhof in Haggen hoffnungslos überfüllt. Als Alternative besuchten wir Luggis Gasthaus in St. Sigmund, wo sich noch Platz fand.

Fundstück am Weg von St. Sigmund nach Haggen

Gesamt haben wir für die Tour 6:45h benötigt – mit gut eineinhalb Stunden Pause darin. Die Höhe im Aufstieg betrug 1.440Hm.

Mils, 14.04.2018