Schlagwort-Archive: Schlicker Seespitze

Schitour Schlicker Seespitze, 2.804m

Im Radius von gerade 16,5km um den Dom zu St. Jakob in der Innsbrucker Altstadt gibt es keine Schitour die auf ein höheres Ziel führt als jene auf die Schlicker Seespitze. Weder die mächtige Birkkarspitze im Karwendel, noch das Rosenjoch in den Tuxer Alpen vermögen die Schlicker Seespitze an Höhe zu schlagen. Der erste Dreitausender um diesen Mittelpunkt ist die Hohe Villerspitze am Ausläufer der Alpeiner Berge und sie liegt bereits gut 25km im Radius entfernt.

Schlicker Seespitze, 2.804m

Die verblüffende Nähe zur Landeshauptstadt und die gute verkehrsmäßige Anbindung – vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln – verbunden mit dem, im nahen Umkreis fehlenden, dolomitisch bizarren Bau der Kalkkögel erheben dieselben in ein, selbst im Winter, sehr frequentiert begangenes Gebiet, das optische Anziehungskraft versprüht, weitgehende Abgeschiedenheit bietet und signifikant  weniger infrastrukturelle Erschließung, verbunden mit jederzeitiger Kommunikationsmöglichkeit im Ernstfall, als man eine solche in der Nähe einer größeren Alpenstadt erwarten würde.

Direktroute zum Grat

Mit dieser Voraussetzung sind die Kalkkögel – allen dortigen Gipfeln voran die Schlicker Seespitze – ein ungeahnt abenteuerliches Ziel, sozusagen einen Steinwurf von geschäftigen Orten wie Flughafen, Seil- und Autobahnen aus und in alle Richtungen, Museen, Universitätsgeländen und sportgeschichtlichen, historischen und mondänen touristischen Zielen doch scheinbar Tagesreisen entfernt, befindet man sich erst einmal zu früher Morgenstund am Fuße derselben und leiht der Natur sein inneres Ohr und Auge.

Kemater Alm gegen Kalkkögel, Start auf 1.670m

Wer um dieses offene Geheimnis weiß und die Kalkkögel besucht, der schätzt dieses einzigartige Kleinod und öffnet dadurch seine Sinne und die Aufnahmebereitschaft für jedes kleine Detail der grandiosen Landschaft, in der unterschiedliche Geologien aufeinanderprallen.

Weg zur Adolf-Pichler-Hütte

So nimmt es nicht Wunder, daß sich im Refugium der Abgeschiedenheit zur Balzzeit ein stattlicher Birkhahn nur allzu deutlich präsentiert und uns an seinem wichtigen Ritual teilhaben läßt. Wie zur Salzsäule erstarrt  hielten wir inne, als das Knarren und Knattern der Balz an unser Ohr drang und er wurde uns auch vorher nicht gewahr, weil wir in ziemlicher Schweigsamkeit aufstiegen – eine meist segensreiche Haltung am Berg, will man ein wenig Fauna am Berg erleben, die heute selten mehr geübt wird.

Birkhahn bei der Balz

Den Ausgangspunkt unserer Tour bildet die Kemater Alm, die im Frühjahr noch nicht mit dem Auto befahren werden darf und zu der der Anmarsch früher nur zu Fuß mit geschulterten Schi möglich war. Ein Anmarsch von zwei Stunden für Ausdauernde über gut 5,5km und 670Hm, wobei vor allem der Rückweg nach einer Schitour mit Gepäck ergiebig wird. Moderne Leute jenseits der „sich-selbst-beweisen-Grenze“ setzen dafür zielsicher das jüngst geborene Stromradl ein, jene noch kurz davor das altbewährte Tretradl.

herrliches Aufstiegsgelände zur Hochfläche

Wie auch immer die Strategie der Anreise erfolgt – Netzberichten zufolge gibt es auch eine bemerkenswert grüne oder studentische Vormittagsvariante mit Postbus aus der Hauptstadt, Hoadlbahn und Aufstieg auf die Hochtennspitze mit querender Abfahrt so hoch wie möglich Richtung Adolf Pichler Hütte – die phantastische Reise auf die Schlicker Seespitze beginnt im Gelände der Kemater Alm.

Hochfläche mit Riepenwand im Hintergrund

Etwa 15min Tragestrecke mußte man im April  2020 in Kauf nehmen, um zu einer geschlossenen Schneedecke oberhalb der Alm aufzusteigen. Auf etwa 1.800m war es dann soweit unter dem typischen Geklapper auf den gefrorenen Firnflächen des Frühjahrmorgens aufzusteigen.

Riepenwand und Schlicker Seespitze

Die Überquerung des Griesbaches unterhalb der Adolf Pichler Hütte stellte die letzte Notwendigkeit dar die Schi zum Überqueren „trockenen Felles“ abzuschnallen. Der Aufstieg erfolgte im Graben westlich der Adolf Pichler Hütte und just diese winterliche Variante ermöglichte uns die Beobachtung der Birkhahnbalz, die uns einige Minuten in ihren Bann zog.

Zoom zur Schlicker Seespitze (Bildmitte)

Für die Nachwelt konnten wir mit den unzulänglichen Handykameras nur schlechte Fotos anfertigen, jedoch, zur Dokumentation der eindrucksvollen Zeremonie in etwa 100m Entfernung und wenn auch in schlechter Qualität, die Eindrücke hier wiedergegeben. Der akustische Eindruck überwiegt und ist hier ohnehin nicht wieder zu geben.

Aufstieg auf der Hochfläche

Schwer beeindruckt von dem seltenen Erlebnis durchschritten wir den steiler werdenden Graben und erreichten auf ca. 2.000m die flachere und per Mitte April bereits um kurz vor neun Uhr besonnte Hochfläche westlich unterhalb der südlichen Kalkkögel, das im Sommer spannend zu verfolgende Trenngebiet zwischen dem Kristallin der Stubaier Alpen und dem Dolomitkeil des Brenner Mesozoikums.

Schneehuhn (Bildmitte)

Wenig strukturiertes Gelände auf der Hochfläche bietet einen leicht zu durchschauenden Aufstieg Richtung Seejöchl und auf halben Weg dorthin taucht die Route vormittags im Schatten der mächtigen Erhebung der Riepenwand wieder in die Morgenkälte ein und ab dort verharrt die Tour ohne Sonnenbestrahlung darin.

weiterer Aufstieg im Schatten der Riepenwand

Kurz vor der weiteren abgeschatteten Route zur Schlicker Seespitze verengt sich die breite Hochfläche durch die Biegung der westlichen Talbegrenzung  hin zu den Westhängen der Riepenwand. Eine schmale Passage bildet sich aus.

Rückblick auf Wetterstein und Karwendel

An diesem Übergang hatten wir das Glück in etwa 30-40m Entfernung ein Schneehuhn zu beobachten, das aber recht rasch das Weite suchte und hinter dem Kamm in einer Mulde verschwand. Auf dieser recht häufig begangenen Schitourenstrecke ist dem Autor noch nie ein Schneehuhn untergekommen, möglicherweise breitete sich auch für Schneehühner das Revier aus, als aufgrund der Virenhysterie im März und April 2020 die mediale Hatz auf Tourengeher, bzw. allgemein Bergsteiger, abseits eines zwei Meter breiten Weges eröffnet und sogar von deren Interessensvertretungen, alpinen Vereinen, wie auch Rettungsorganisationen unterstützt wurde.

die engere Passage bei der Riepenwand

Zwischen dem heranrückenden Kamm der westlichen Talbegrenzung und den eindrucksvollen senkrecht aufragenden Wänden der Riepenwand hindurch tauchten wir in steileres Gelände der mächtigen Schuttreisen zwischen Riepenwand und Schlicker Seespitze ein und befanden uns somit auch schon im Kernstück der Schitour, die steil werdenden Hänge zur Scharte mit dem Schidepot auf den Schlickerwand-Zacken hinauf.

Aufstieg zur letzten Rippe (leicht rechts Bildmitte) zum Kar der Schlicker Seespitze

Am unteren Teil des Hangs im Übergangs tauchte nochmals kurz die Sonne über den Grattürmen auf und erschwerte die Sicht nach oben, um den richtigen Einstieg zu finden, dessen Unterkante der herabziehenden Rippe angesteuert wird. Die Rippe ist nicht schwer zu finden, sie ist die letzte aller und vor einem breiten Hang nach oben, der das Kar zur Schlicker Seespitze darstellt, aber von unten und noch weiter nördlich entfernt (etwa auf 2.400m) erscheinen die beiden anderen Rippen vorher zunächst auch schon als möglicher Einstieg.

die Verschneidung des Kammes westlich der Hochfläche und die Flachstelle im Vordergrund; im Hintergrund der Gamskogel

An dieser Stelle verschneidet sich auch der oberste Ausläufer der westlichen Talbegrenzung mit dem Hang der Schlicker Seespitze und bildet eine kleine Flachstelle.
Wir beschlossen mit Harscheisen weiter aufzusteigen, denn die harte Schmelzoberfläche ließ Quälerei ohne sie für die oberen steilen Hangpartien erahnen.

Rückblick zur Adolf-Pichler-Hütte

An dieser Stelle beträgt die Hangneigung noch etwas weniger als 35°, steilt jedoch zur Rippe hin deutlich auf, übersteigt ab dem mittleren Teil des Kars die Neigung von 35° deutlich (etwa auf 2.600m) und bildet einen bärigen Steilaufstieg im engen Teil oben, kurz vor der Scharte und dem Schidepot.

die bärige Steilflanke zur Schlicker Seespitze beginnt

Die letzten Spuren waren schätzungsweise mindestens eine Woche alt und verschwanden teilweise. Also eröffneten wir eine eigene Spur, die auf der harten Oberfläche kaum Prägung bewirkte und auch wohl  kaum den schönen Tag in der Nachmittagssonne im Kar überlebt haben dürfte.

rechts neben der markanten Felsrippe führt der Steilhang zum Schidepot

Kleine Rutschungsreste aus den Felsen unter dem Gipfel der Schlicker Seespitze lösten an den Nachmittagen der Tage zuvor schmale Nassschneerutschungen aus, die mit Harscheisen leicht zu überqueren waren.

Gamskogel mit Tourengeher unten in der Mulde

Ein „Sologeher“, der den Gamskogel zum Ziel hatte, mäanderte sich über die untere Mulde unseres späteren Abfahrtshangs vom Senderstal herauf und befand sich kurzzeitig etwa 300Hm unter uns hinauf zum Seejöchl.

der letzte steilere Teil zur Scharte beginnt

Die letzten sehr steilen Meter zur Scharte hinauf bedingen durch die schmale Passage zwischen den Felsen noch etwas mehr Spitzkehren als das Gelände zuvor und unter erhöhter Anstrengung erreicht man außer Atem die Flachstelle (~2.700m) mit einem ersten wunderschönen Blick auf die Schlickeralm Seite hinab. Weiters erfreute uns die wieder erreichte Sonnenbestrahlung.

etwa 50m unterhalb des Schidepots

Für die letzten 110Hm zum Gipfel der Schlicker Seespitze beschlossen wir Steigeisen zu verwenden, die Schmelzoberfläche büßte in den schattigen Bereichen westlich der flachen Scharte nichts an ihrer Härte ein, sodaß Steigeisen eine gute Wahl für die Bereiche an die 45° Neigung waren.

Tiefblick im Steilhang zur Schlicker Seespitze

Die alten Stapfen der Vorgänger waren auch schon sehr aufgelöst und hätten neu angelegt werden müssen, um einen sicheren Tritt zu gewährleisten. Diese Plagerei wollten wir uns ersparen.

Aufstieg nach dem Schidepot zum Gipfel

Den Aufstieg wählten wir längs des Sommerweges an deutlich sichtbaren Markierungen am Fels und die Rinne gleich nach der ersten Ecke am schmalen Band bestätigte die kluge Wahl der Eisen, denn die schneegefüllte Rinne erwies sich im querenden Aufstieg als sehr hart und die Tourenschuhe mit der dicken Schmelzdecke zu quälen muß ja auch nicht sein.

steilste Passage

Nach dieser steilsten Passage wurde die Schneedecke durch die Sonne bereits wesentlich angenehmer und es hätte der Eisen nicht mehr bedurft, die wir aber, zur Vermeidung eines weiteren Stopps, für die wenigen Minuten zum Gipfel nicht mehr abschnallten.

die sehr harte Schneedecke erforderte Steigeisen

Der letzte herrliche Grataufstieg zum Gipfelkreuz zweigt den typisch dolomitischen Bau der einzelnen Lagen an Sedimentgestein Schlicker Seespitze sehr deutlich und sie lassen sich auch mit den Eisen wunderbar überklettern.

am Grat zur Schlicker Seespitze

Auf 2.804m hat man von der Schlicker Seespitze einen grandiosen Blick über die östlichen, zentralen und bis zu den nördlichen Stubaier Alpen, über 180°, von Serles bis zum Rietzer Grieskogel.

Christian auf der Schlicker Seespitze

Besonders beeindruckend ist der über einen großen Teil der Länge des Oberbergtals reichende Blick von kurz von hinter Seduck bis über den Alpeiner Gletscher hinauf und zur Ruderhofspitze.

phantastischer Blick ins Oberbergtal

Zwischen Gamskogel, Schwarzhorn und Lüsener Villerspitze hindurch erhebt sich in 17km Entfernung der mächtige Schrankogel.

Riepenwand gegenüber

Im Norden schließt in der Kette der Kalkkögel die Riepenwand an, die eine beeindruckende Überschreitung zur Schlicker Seespitze bietet und von der aus man auf den Sommerbildern auch ein wenig den Aufstieg von der Scharte zum Gipfel der Schlicker Seespitze einsehen kann.

Gen Südosten ragt in wenigen Metern Entfernung das höchste Schlicker Manndl (mit Schiaufstiegspur) und dahinter  der Serleskamm mit Kesselspitze und Kirchdachspitze, sowie dem Tuxer Hauptkamm in den  Zillertaler Alpen.

ein gelöster Autor nach Wochen der Freiheitsberaubung durch die Maßnahmen der Regierung aufgrund der Vriushysterie

Eine knappe Stunde brachten wir auf dem stillen Gipfel der Schlicker Seespitze zu. Die mäßige Bewölkung raubte uns selten und nur kurz die wärmende Sonnenbestrahlung und ohne Jacke wäre die leichte aber kalte Brise am Gipfel nicht gern zu ertragen gewesen.

der Aufstiegshang zur Schlicker Seespitze

Bevor die Schneeverhältnisse im Abfahrtshang zu weich werden sollten stiegen wir in der Mittagsstunde wieder zum Schidepot ab. Im oberen steilen Teil hatte es gerade aufgefirnt und somit haben wir dem Abfahrtszeitpunkt gut erwischt.

am Abstieg – die Spuren vom Aufstieg im oberen flacheren Teil sichtbar

Allerdings erstreckt sich der Abfahrtshang von der Scharte bis zum Sendersbach über 800Hm und der flachere untere Teil in der Mulde lag ja schon seit unserem Aufstieg in der Sonne weshalb wir im untersten Teil dann teilweise in tiefen Sulz gerieten, der Schwünge zum Kraftakt verwandelte.

Querung zum Schidepot (Aufstiegsvariante rechts in Gratnähe hinauf)

Dennoch erlebten wir die Ausfahrt aus dem Senderstal als angenehm, mit wenig Trageaufwand auf den einzigen beiden aperen Strecken und mäßigem Schiebeaufwand zurück zur Kemater Alm.

Schidepot an der Scharte

Rund 10,4km misst die schöne Runde an Länge, 1.140Hm zeichnete der Höhenmesser auf und mit allen Pausen betrug unsere Runde 6,5 Stunden, die reine Aufstiegszeit knapp 4h.

Abfahrtsvergnügen über den Steilhang

Für den Aufstieg auf den Gipfelauf ab dem Schidepot sind je nach Schneeverhältnissen Steigeisen vonnöten. Eine andere Möglichkeit als den Markierungen zu folgen wäre ab dem Schidepot etwas direkter am Grat aufzusteigen. Damit kann der steilste Teil umgangen werden.

mittlerweile tolle Firnoberfläche

Diese Variante bedingt gleich nach der Scharte einen Durchstieg durch eine etwa drei Meter hohe Felsstufe, die mit Steigeisen nicht erstrebenswert ist. Ohne Steigeisen wäre sie aber eine Variante, etwas flacher aufzusteigen.

bäriges Gelände von der Schlicker Seespitze herab

Die Einkehr bei Michael und Kathrin in der Kemater Alm mußte leider entfallen, da die Alm wie alle Gastgewerbebetriebe wegen der völlig überzogenen Maßnahmen aufgrund des Viruses geschlossen sein mußte.

Mils, 12.04.2020

Riepenwand, 2.774m

Als seltenste begangene Spitze in den Kalkkögeln ist die Riepenwand auf der von mir gewählten Route ein interessantes Ziel für den Bergsteiger, der den alpinistischen Zugang sucht und weniger für den, der das reine Klettern im Sinne hat. Die wenigen Kletterer kennen ihre Routen ohnehin und begehen sie heute teilweise ohne Eintrag im Gipfelbuch.

WP_20150724_078

am Gipfel der Riepenwand, 2.774m

Als vorletzte hohe Felserhebung in den sich von Norden nach Süden krümmend ziehenden Kalkkögeln und mit einem nicht leichten Zugang von allen Seiten ist es tatsächlich so, daß die Riepenwand ein wenig besuchter Gipfel ist. Die Eintragungen von 2015 sind im endenden Juli lediglich auf zwei Seiten, ohne umzublättern abzulesen. Mehr dazu später und in der Fotogalerie.

Zugang zur Riepenwand, knapp oberhalb der Adolf Picher Hütte

Zugang zur Riepenwand, knapp oberhalb der Adolf Picher Hütte

Möglicherweise ist die Zuwegung zu den Ausgangspunkten schon alleine mit ein Grund warum der schöne Gipfel gar nicht in Erwägung gezogen wird, ist es doch so, daß auf beide Scharten, die die Riepenwand geografisch einschließen, die Riepenscharte im Norden und die Seespitzscharte im Süden, kein Steig hinauf führt. Beide Anstiege im Reisenschutt sind mühsam und steinschlaggefährdet. Allerdings sind sie, speziell für den Bergsteiger der die langen Reisen im Karwendel kennt, nur recht kurz mit ihren ca. 150 – 200Hm.

unterer Aufstiegsteil zur Riepenscharte, weglos

unterer Aufstiegsteil zur Riepenscharte, weglos

Weiters sind die Aufstiege ab den Scharten nicht einfach; im Norden ab der Riepenscharte bildet eine abschreckende schuttbefüllte Reise den Normalanstieg und im Süden ist der Abstieg von der Seespitzscharte und der Aufstieg über das schmale, zur Schlicker Alm hin teils sehr abschüssige Schuttband ein Abenteuer, das der Bergsteiger erst einmal mental verkraften muß, obwohl es klettertechnisch nicht einmal als schwierig (II) zu werten ist.

oberer Teil des Aufstieges zur Riepenscharte

oberer Teil des Aufstieges zur Riepenscharte

Mehr zu diesem Schuttband unten bzw. in der Fotogalerie. Nun, soweit die Hintergründe warum die Riepenwand ein wenig begangener Gipfel in den Kalkkögeln sein mag.
Empfehlenswert ist die Tour im Team, weniger im Alleingang.

Blick von der Riepenscharte auf den ersten Felsturm, der die schwierigen Passagen zum Nordgrat enthält

Blick von der Riepenscharte auf den ersten Felsturm, der die schwierigen Passagen zum Nordgrat enthält

Der Aufstieg zum Beginn der Kletterei, den ich genommen habe ist die nördliche Einschartung, die Riepenscharte. Das Ziel war die im Führer beschriebene Route (ich benutze den Alpenvereinsführer Rabensteiner/Klier 4. Auflage 1958, jedoch sagt die neueste Ausgabe beim googeln im Internet auch nichts anderes) des Nordgrates. Er führt direkt von der Riepenscharte etwas westlich in die ersten Felstürme empor, hat dort auch seine beiden einzigen III- Stellen und wird dann unendlich zahm über die restliche Route bis zum Gipfel. Ich würde die klettertechnische Schwierigkeit ab der Rechtskurve als I bezeichnen, der Führer ist der Meinung, es sei II.

Rückblick nach der ersten III- Stelle auf die Riepenscharte nach ca. 50Hm

Rückblick nach den ersten Aufschwüngen mit Klettereien nach ca. 40Hm

Orientierungshilfen sind sowohl verblichene rote Punkt(Strich)markierungen wie auch Steinmänner. Man hat öfters die Wahl, denn sie decken nicht dieselbe Route ab. Ich bin hauptsächlich den Punktmarkierungen gefolgt, war aber unten bei den III- Stellen froh um die Steinmänner.

so geht es weiter, klettertechnisch zumeist nicht schwierig, aber mental zu bestehen

so geht es weiter, klettertechnisch zumeist nicht schwierig, aber mental zu bestehen

Bei den beiden Rissen, oder auch – nach der Diktion des Führers – Kamin muß man wirklich überlegen, sich Zeit nehmen und, vor allem beim oberen den Rucksack richtig platzieren, da es sehr eng ist.

erste Stelle III- wie mir vorkam

erste Stelle III- wie mir vorkam

Bemerken möchte ich hier besonders auch, daß jemand, der eine Stelle III- im Freiklettern im steilen Gelände nicht beherrscht, gleich gar nicht daran denken soll, die Riepenwand zu begehen.

Rückblick auf den Kamin, nun ca. 80Hm über der Riepenscharte

Rückblick auf den Kamin, nun ca. 80Hm über der Riepenscharte

Rückblick auf die III- Stelle oberhalb des ersten Risses (oder lt. Führer Kamin)

Rückblick auf die III- Stelle oberhalb des ersten Risses (oder lt. Führer Kamin)

Es gibt beim unteren Kamin auch einen Steinmann, der auf ein schmales Band führt, das ich nicht genommen habe.

obererer Kamin und zweite II- Stelle nach meinem Empfinden

obererer Kamin und zweite II- Stelle nach meinem Empfinden

Der im Führer genannte „Nordgrat“ ist eigentlich auch kein ausgeprägter Grat mit gleichmäßig abfallenden Seiten, sondern eher eine Kante horizontal/vertikal im Geländeschnitt gesehen.

Hat man diese ersten ca. 100Hm überwunden liegen keinerlei schwierige Passagen mehr vor einem. Im Rückblick von der Scharte aus muß ich sagen, daß der Aufstieg über den im Führer genannten „Normalweg“ rein bergsteigerisch gesehen sicher wesentlich prekärer sein sollte und ich würde diese Rinne nie wählen (Foto siehe Galerie).

oberhalb des oberen Kamines

oberhalb des oberen Kamines

Natürlich ist die freie Kletterei über den Zustieg zum Nordgrat ob der fast senkrechten Felsstufe eine Nervensache, jedoch ist dort der sonst so brüchige Hauptdolomit bemerkenswert fest und die Kletterei ist m. E. wesentlich sicherer, als die Schuttrinne des Normalaufstieges.
Man findet im Zustieg zum Nordgrat der Riepenwand auch Opferschlingen oberhalb den beiden II- Passagen die eine wertvolle Hilfe beim Rückzug sein können; geprüft habe ich sie nicht, das bleibt jenem vorbehalten, der ihrer bedarf.

weiterer Verlauf, es wird leichter

weiterer Verlauf, es wird leichter

in dieser Art geht es nun in leichtem Geh/Klettergelände zum Gipfel weiter

in dieser Art geht es nun in leichtem Geh/Klettergelände zum Gipfel weiter

Nach dem leichten Aufstieg über den Nordgrat findet man – neben dem Gasflaschenhäuschen der Schlicker Bergbahnen ein leider umgefallenes Gipfelkreuz mit noch befestigtem Gipfelbuchhalter und – gottseidank – unversehrtem Gipfelbuch. Ein wenig feucht ist es wegen der Schräglage und den heftigen Wetterkapriolen der letzten Tage schon, aber doch wunderbar intakt und mit dem Inhalt von Generationen von Motivationen der Besteigung.

Gipfelaufbau nach Verlassen des Norgrates

Gipfelaufbau nach Verlassen des Nordgrates

Ein Eintrag beschreibt, daß man das Gipfelkreuz heuer aus den Schrofen heraufholen mußte, also kann man sich gut vorstellen welche Stürme es auf der Riepenwand geben muß, daß das stählerne Kreuz in die Flanken fällt.

Gipfel Riepenwand

Gipfel Riepenwand

Da es aus 1979 stammt – und dank der Bergwacht Götzens gespendet und bis heute gewartet wird – kann man die letzten 30 Jahre Revue passieren lassen aus welchen Gründen dieser Gipfel bestiegen wird. Das Foto zeigt die Anzahl der Blätter der 3 Dezennien zwischen meinen Fingern.

die Dekaden der Besteigungen getrennt

die Dekaden der Besteigungen getrennt

In der Periode 1980 bis 1990 waren die Kletterer hier, die noch alpinistisch orientiert waren. Eine Skizze von A. Orgler ziert das Büchlein und sie ist fast so perfekt wie die Zeichnungen des großen Erschließers der Kalkkögel, Carl Gsaller. Bergsteiger und Künstler, Homo Faber der Berge! Ich war damals selber in Wattens beim AV und weiß um diese Zeit; es war eine Sturm und Drang Zeit des Kletterns mit möglichst schwierigen Routen und eingeschworenen Seilschaften. Seilschaftskommandos konnte man fast über die Jöcher hören und es gab kaum Lager in den Hütten. Wöchentlichen Sektions-Abende hat es gegeben, eine Hochblüte des Allgemeinbergsteigens.
Die Periode 1990 bis 2000 ist schon wesentlich dünner und hier sind fast nur mehr gut ausgebildete Freaks mit neuen sportlichen Gedanken und Ausrüstungen unterwegs gewesen.
Die Periode 2000 bis 2010 ist, dem Trend folgend, eine Periode des Niederganges des Allgemeinalpinismus und stellt die dünnste Blätterfraktion dar.
Von 2010 bis zum heutigen Tag wollte ich keinen weiteren Finger mehr investieren, leider sind es nur mehr 7 gezählte Blätter, die mit Eintragungen versehen sind und davon 2x jährlich der Hubschrauber für die Gaskanonen der Bergbahnen …
Aufgrund meiner Touren habe aber auch ich die feste Überzeugung und Hoffnung, daß sich die Jugend hinkünftig wieder mehr auf diese Ziele orientieren wird, als an elektronischem Totschlag von Zeit.

die Gipfel rund um Alpeiner und Lüsener Ferner

die Gipfel rund um Alpeiner und Lüsener Ferner

Die Ausblicke von der Riepenwand sind natürlich sensationell. Hier ein paar Rundumblicke.

Schlicker Manndln und dahinter einer meiner Lieblinge, der Habicht

Schlicker Manndln und dahinter einer meiner Lieblinge, der Habicht

die Kalkkögel in ihrer Gesamtheit nach Norden geblickt, Marchreisenspitze im Nebel

die Kalkkögel in ihrer Gesamtheit nach Norden geblickt, Marchreisenspitze im Nebel

Tiefblick in die Schlick

Tiefblick in die Schlick

Kein Gipfel ohne Abstieg. Der Abstieg von der Riepenwand ist kein leichter, auch wenn man den Führer wieder in Anspruch nimmt und dieser den Abstieg über die Südostflanke und das sogenannte breite, gelbe Geröllband als leichtesten Aufstieg (also auch umgekehrt) beschreibt.

Absteigsroute von der Riepenwand zum Geröllband, links neben mir die Gaskanone der Bergbahnen

Absteigsroute von der Riepenwand zum Geröllband, links neben mir die Gaskanone der Bergbahnen

Zum einen gibt es – anders als beim Aufstieg – keine Punktmarkierungen oder Steinmänner, zum anderen keine Höhenangaben in Führer oder Karte (zumindest die AV-Karte die ich habe Nr. 31/5 aus 1996). Allerdings habe ich tags zuvor im Internet einen Bericht gefunden, der die Abstiegsroute zur Seespitzscharte auf einem kleinen Foto zumindest halbwegs nachvollziehbar markiert hat.

Abstieg ca. auf 2.600m beim Geröllband angelangt; Rückblick auf die Abstiegsroute

Abstieg ca. auf 2.600m beim Geröllband angelangt; Rückblick auf die Abstiegsroute

Nun, ein Foto von der Schlicker Seespitze aus mit rotem Strich ist eine Sache, den Einstieg zu dem besagten Band zu finden ist eine andere.

hier geht es nicht mehr weiter

hier geht es nicht mehr weiter

Also probierte ich vom Gipfel aus einen direkten Zugang nach Süden zu finden und wurde aber nicht fündig. Nun nahm ich die geografische Richtung „Ostflanke“ widerwillig zur Kenntnis und stieg direkt vom Gipfelkreuz in die grausige schuttbedeckte Ostflanke ein, ca. 40m rechts (talwärts gesehen) vom Gaskanonenrohr.
Man kennt das von einigen Touren; es gibt Routen die man – ob ihres Erscheinungsbildes – innerlich auf das äußerste bekämpft und als letzte Möglichkeit wählt. Ich finde das aber auch gut so.

das im Führer beschriebene Geröllband auf ca. 2.600m

das im Führer beschriebene Geröllband auf ca. 2.600m

Nachdem ich keinerlei Höhenangaben über den Einstieg zu besagtem breiten, gelben Geröllband hatte mußte ich jeden Felskopf im Abstieg auf dessen Spitze begehen, um Orientierung zu erlangen und, um nicht zu tief zu steigen. Allerdings konnte ich mir auch grob ausrechnen wo die Rinne, oder das Band zu finden sein mußte, denn die Aufstiegsbeschreibung lautete: von der Seespitzscharte 50m hinab und dann über das Geröllband aufwärts – so der Führer – konnte nicht viel tiefer als ca. 2.600m sein, Luftdruckschwankungen am heutigen gewitterträchtigen Tag +/- 50Hm.

Blick zur Seespitzscharte, Höhe kann ungefähr passen, also los!

Blick zur Seespitzscharte, Höhe kann ungefähr passen, also los!

Mit dieser Hilfe erreichte ich auch die Stelle, die es sein mußte. Zur Sicherheit stieg ich noch ca. 50Hm tiefer, um sicher zu sein und die dortigen Felstürme genügten mir, um die Rinne als die richtige zu identifizieren (man muß sich vorstellen, daß man dort unterwegs ist wie einst Carl Gsaller, keine Wegspuren, keine Markierungen, keine Steinmänner, dafür Geröll und Geröll und Geröll).

mitten im Geröllband

mitten im Geröllband

Nun sieht das Band von dieser Seite so ganz anders aus, als auf dem Foto, daß von ca. ½ km Entfernung aufgenommen wurde und ich wunderte mich, daß es eher flach war und im zu überblickenden Teil so gar nicht steil, sondern mit Ausläufern versehen, wo man im Abstieg sogar kurz aufwärts gehen muß.

letzte grausige Stelle im Geröllband

letzte grausige Stelle im Geröllband

Den schon beim Einstieg sichtbaren spitzen Felsturm mit der Zipfelmütze am Ende des Geröllbandes, in der Schlucht, die von der Seespitzscharte hinab Richtung Schlick zieht, habe ich gar nicht bemerkt. Sie beschreibt der Führer nicht, jedoch fand ich diesen Hinweis im Internet.

Rückblick auf den flachen Teil des Geröllbandes

Rückblick auf den flachen Teil des Geröllbandes

Entschlossen stieg ich ein und entdeckte nach dem dritten Ausläufer, daß der letzte Graben zwischen zwei Ausläufern grausig steil ist, mit kleinstückigem Schutt bedeckt und mit ungeheurer Steilheit abfällt. Dies ließ mich zuerst erschaudern, da es ungangbar aussah. Bei näherer Betrachtung stellte ich jedoch ein festes Felsband fest, das sich zum Übersetzen eignen sollte und es war auch so. Allerdings möchte ich keine Hand ins Feuer legen, daß diese Situation immer so erhalten bleibt, denn oberhalb dieses Geröllbandes türmen sich 100m hohe Felsen auf, die die Landschaft darunter prägen, vor allem der brüchige Hauptdolomit.

letzter Teil des Geröllbandes, steil abfallend in die Schlucht unterhalb der Seepitzscharte

letzter Teil des Geröllbandes, steil abfallend in die Schlucht unterhalb der Seepitzscharte (Zipfelmütze rechts neben dem Altschneefeld)

Im Notfall müßte man einige Meter absteigen und sein Glück in der Vertiefung darunter suchen. Diese scheint jedoch nichts anderes zu sein als eine Verklausung der Rinne und kaum fester Fels, das empfand ich zumindest so.

Ausblick nach Osten

Ausblick nach Osten

Nach dieser Passage ist dann der Abstieg in das Tiefste des Geröllbandes bzw. der Schlucht angesagt. Es ist aber auch die leichteste Passage, ca. 25Hm lang und sie endet unter dem markanten Felsturm mit der Zipfelmütze. Dort ist man dann in einer Umgebung die einen erschaudern läßt, Ihresgleichen sucht und die man so schnell nicht wieder zu Gesicht bekommt.

So weit ist man unterhalb der Seespitzscharte und es kommen noch 20Hm dazu

So weit ist man unterhalb der Seespitzscharte und es kommen noch 20Hm dazu

Zur Seespitzscharte hinauf zieht ein Graben, der zu Gänze mit Blockwerk, löchrigen Kalken mit gerundeten Formen, Lehm und Schutt gefüllt ist – Raiblerschichten –  eine extreme Steilheit besitzt und man spürt, daß man hier auf schnellstem Weg hinaus möchte. Bei Regen, oder einem Gewitter möchte ich diese Passage nie erleben und bin überzeugt, daß sie dann so steinschlagträchtig ist, daß man sie nicht begehen kann ohne getroffen zu werden. Die Schutzmöglichkeiten in den Flanken sind zu gering, als daß man es wagen könnte.

Rückblick auf den steilen Teil des Geröllbandes aus dem Tiefsten in der Schlucht angelangt

Rückblick auf den steilen Teil des Geröllbandes aus dem Tiefsten in der Schlucht angelangt

Blick vom Ankunftspunkt in der Schlucht zur Seespitzscharte

Blick vom Ankunftspunkt in der Schlucht zur Seespitzscharte

Nach dem schnellen Aufstieg findet man sich keuchend in der Seespitzscharte wieder. Es gibt nun die Möglichkeit diese westwärts über die Reise hinunterzulaufen, jedoch ist diese wenig einladend (keine schöne Reise mit kleinstückigem Schotter, viel verfestigte Sandpartien und großblockige Felsstücke), oder über einen Riß im der südlich gelegenen Trenngrat zu überschreiten und auf den Normalweg zur Schlicker Seespitze zu gelangen. Diesen Überstieg empfehle ich auch.

Riß mit Übergangsscharte zum Normalweg auf die Schlicker Seespitze

Riß mit Übergangsscharte zum Normalweg auf die Schlicker Seespitze

Er wird höhenmäßig vorgenommen ca. in der Hälfte der Gratkette bei einem tiefen Riß der wegen jungen Ausbrüchen recht hell gefärbt ist. Man ersteigt ihn über einen engen Kamin der sicher ist und nicht sonderlich schwierig. Am oberen Ende liegen drei Felsblöcke, die man einfach übersteigt und sich auf einem Schärtchen wiederfindet.
Auf der Südseite des Schärtchens sieht man schon einen bequemen Zustieg zum Steig auf die Seespitze, dort steigt man auch bequem ab und hat somit nun alle Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Riepenwand gemeistert.

die Seespitzseite vom Schärtchen aus

die Seespitzseite vom Schärtchen aus, Weg im rechten Teil des Bildes gut sichtbar

Zu Dokumentationszwecken bin ich weiter auf die Seespitze und habe das Geröllband nochmals festgehalten.

Geröllband von der Flanke des Aufstieges zur Seespitze aus gesehen; so extrem wie es von dort erscheint ist es aber doch nicht

Geröllband als geologische Trennschicht von der Flanke des Aufstieges zur Seespitze aus gesehen; so extrem wie es von dort erscheint ist es aber doch nicht

Eine Dokumentation über die Schlicker Seespitze findet man hier.
Am Gipfel traf ich einen netten Kollegen aus Telfes mit dem ich abgestiegen bin, da über dem Lüsener Ferner bereits dunkelgraue Wolkentürme sichtbar waren. Er ist dann in bemerkenswerter Geschwindigkeit über, wegen Unwetter an Vortagen, teils weggerissenen Steigpassagen zum Hoadlhaus und weiter zum Halsl gelaufen. Hoffe, trockenen Fußes.

Muren der eltzten Tage am Steig zum Hoadlhaus

Muren der eltzten Tage am Steig zum Hoadlhaus

In der Adolf Pichlerhütte habe ich dann noch kurz eine Jause eingenommen und das Log des Tages von der Uhr genommen.
Mit dem Aufstieg ab der Adolf Pichler Hütte waren es total 1.500Hm im Aufstieg (incl. Schlicker Seespitze) und knapp über 6 Stunden. Von der Adolf Pichler Hütte zur Kemater Alm braucht man 20min und dort habe ich, dem Gewitter gerade entkommen, noch einen romantischen Almaufenthalt bei Kerzenlicht gehabt.

 

das Gewitter nimmt gleich seinen Lauf

das Gewitter nimmt gleich seinen Lauf

Ein schöner Tag in den Kalkkögeln und vielfältige Eindrücke, die lange hängen bleiben.
Leider Fotos nur in Handyqualität wegen des Verlustes meiner Kamera auf dem Grat zur Brantlspitze. Werde mich bessern.

Mils, 24.07.2015

Schlicker Seespitze

Gewaltige Felsabstürze, annähernd um die 800m tief, kann man vom Kreuzjoch (Schlick) aus bestaunen, wenn man die Wände der Kalkkögel im Norden vor sich hat; der höchste Gipfel davon, auch der westlichste, ist die Schlicker Seespitze mit 2.808m Erhebung.

Img

Schlicker Seespitze 2.808m

Ein Gipfel der 1879 von Carl Gsaller, auf der noch heute als Normalweg bezeichneten Westflanke, erstbestiegen wurde und der jedem Besteiger – ob seiner ungemeinen Brüchigkeit – lang in Erinnerung bleibt.

Img

Der Abzweig am Seejöchl

Am Seejöchl nimmt man den, in der Hangneigung in Richtung der ersten nordwestlichen Türme am Fuße der Schlicker Seespitze zeigenden Steig, der sich nach wenigen Minuten sogleich weiter nach Osten wendet.
Anmerkung: die Längsachse der Kalkkögel ist südsüdwest/nordnordost ausgerichtet, also fast eine Nord/Südrichtung; als Einheimischer hat man von den Einblicken des Inntales aus allerdings eher den Eindruck, daß sie in Ost/West Richtung gerichtet wären

Nun geht es richtig zur Sache, es wird sehr brüchig und man schreitet einen  manchmal fast unkenntlichen Steig in konstant nordöstlicher Richtung empor:

Img

so beginnt der Aufstieg

Üppige Markierung erleichtert dem verdutzten Bergsteiger den Anstieg. Verdutzt ist man jedenfalls, denn man würde von diesen kühnen, senkrecht hoch emporragenden Felsgiganten niemals einen solch brüchigen und schuttdurchsetzten ersten Teil des Aufstieges, mit sehr wenig festem Fels unter den Füßen erwarten.

Img

der untere Steig in einer einzigen Richtung bis zur Scharte, das Steinschlagrisiko wird dadurch weitgehend abgemindert

Konstant geht es in nordöstlicher Richtung empor bis zur sichtbaren Scharte. Der Aufstieg ist mühsam und auch nicht ganz ungefährlich bei hochfrequenter Begehung, jedoch muß man einräumen, daß durch die Anlegung des Steiges viel Risiko weggenommen wird. Steine und Geröll, vom Absteigenden losgetreten sind – bis zur Scharte auf nahezu 2.700m – nicht in der Falllinie des Aufsteigenden.

Img

Ab der Scharte wird die Felsqualität auch deutlich besser, Blockwerk von lagetreuen, horizontal verbliebenen Sedimenten und tierischen Gebirgsbildnern weichen den teilweise kleinkörnigen bis gar sandigen Partien dieser verblüffend schlechten Westflanke.

Img

oben mittig auszumachen der Gipfel

Nun ändert sich auch die Steigrichtung, es geht weiter in eher südlicher bis südwestlicher Richtung. Das Blockwerk wird ab ca. 100Hm unterhalb des Gipfels deutlich besser und die sandigen, kiesigen Hänge enden.

Img

Weiterhin üppige Markierung führt auch den Touristen zum Ziel…

Img

der Gipfel nun unübersehbar in kaum 100Hm Entfernung

Blicke zur Riepenwandspitze tun sich auf und nun beginnt man erst die Dimensionen der massiven Felsriesen der Kalkkögel zu erkennen.
Der Gipfel erwartet uns in dem typischen Schönwetternebel den wir dieser Tage so oft rund um die Spitzen die wir erklimmen erdulden müssen. Dafür ist für den Bergsteiger bei diesem Phänomen gewiss, daß das Wetter stabil bleibt.

Img

2 Stunden ab dem Kreuzjöchl

Nach und nach innerhalb der knappen halben Stunde unseres Aufenthaltes lichten sich die Nebel und wir gewinnen einige Eindrücke (siehe auch die Bildergalerie am Ende dieses Artikels) von dem Paradies in dem wir nun den höchsten Punkt einnehmen:

Img

dem Schlicker See weit unten wegen verdankt die Schlicker Seespitze ihren Namen

Img

die gewaltigen Ostabstürze zur Schlicker Alm hin; wir sprechen von rund 1.000Hm zum mäandernden Weg zur Zirmachalm

Img

die Spitzen der Kalkkögel aufgereiht, ein Paradies in der Landschaft

Am Abstieg – er dauert übrigens, wenn man auf andere Bergsteiger Rücksicht nehmen will – mindestens solange wie der Aufstieg, fassten wir den Entschluß den nahegelegen und bereits in den Formationen der Zentralalpen gelegenen Gamskogel mitzumachen. Wenige Höhenmeter für uns, die wir die Riesen des Halltaler-Karwendels (seit der unterjochenden, unseligen Straßensperre 2012 ab dem Hackl) gewohnt sind und kaum unter 1.500Hm bis 2.000Hm Touren standardmäßig absolvieren.
Ein schöner Blick vom Gamskogel zurück auf die Kalkkögel und mittig der Schlicker Seespitze:

Img

und sofort ein Rückblick zum bizarren aus tierischem Ursprung; die Schlicker Seespitze vom Gamskogel aus (Richtung Osten)

sowie ein weiterer schöner Blick in das Oberbergtal mit der Franz Senn Hütte und den Gletschern rund um den Alpeiner Ferner:

Img

eine geologische Kehrtwendung zu den Kalkkögeln, die Morphologie der Zentralalpen vom Gamskogel aus gen westen zum Alpeiner Ferner

Der Rückweg führt uns zur Schlicker Alm zu einem deftigen Essen bei den Wirtsleuten die uns vom frühwinterlichen Trainingslager Anfang Dezember des Schiclub Mils wohlbekannt sind.
Zuvor aber noch zwei starke Eindrücke:

Img

die Stimmung am Abstieg mit dem Tagesziel hinter Almwiesen, der vorletzte Eindruck

Img

der letzte Eindruck am Abstieg, kurze Rast mit Rückblick auf die Kalkkögel-Giganten im hintersten der Schlicker Alm, ein traumhafter Bergtag geht zu Ende

Als Abschluß ein Highlight aus der Fauna dieser faszinierenden Landschaft:

Für den Aufstieg vom Kreuzjoch aus haben wir 2 Stunden gebraucht, für den Abstieg gleich lange (ohne den Umweg über den Gamskogel). Der Höhenunterschied beträgt knapp 700Hm, jedoch ohne das Auf und Ab über den Niederen Burgstall. Dafür schätzen wir nochmals gut 100Hm einzurechnen.

Mehr über die Kalkkögel ist in der Rubrik 2011 unseres Blogs als PDF zu finden: http://spitzentreffen.at/wp-content/uploads/2013/01/Touren-2011.pdf

Mils, 17.08.2013