Schlagwort-Archive: Lämpermahdspitze

Schitour Kamplspitz (Ober der Mauer), 2.518 m – von Trins

Die wenig und hinsichtlich der Herausforderung der Hangneigung meist unzureichend beschriebene Schitour auf das Gipfelziel Ober der Mauer erregte unser Interesse schon bei der Besteigung der Lämpermahdspitze. Von Trins aus stellt sie eine schöne mittellange Schitour dar und ist ein sonniges Ziel. Wir konnten sie aufgrund der Verhältnisse leider nicht ganz absolvieren und werden die Tour bei sicheren Verhältnissen vollenden.

keine Spur von Enttäuschung

Die Ablösung der alten Gipfelbezeichnung Kamplspitze in die sonderbare neue Namensgebung „Ober der Mauer“ konnten wir nicht klären. Klar ist, daß die wenig ausgeprägte Spitze aufgrund der Definition keinen eigenständigen Gipfel darstellt, denn die Schartenhöhe beträgt nicht einmal 30 m.

in der schönen Valschwernalm

Die Nachforschungen ergaben, daß bis nach der Jahrhundertwende 19./20. Jhd. die Bezeichnung „Kamplspitze“ die offizielle gewesen sein mußte, welche in historischen  geolog. Berichten1 nachlesbar ist. Zumindest bis etwa 1918.

Aufstieg rechts (östlich) im Almgelände

Ursache und Zeitpunkt der Umbenennung konnte nicht recherchiert werden. Jedenfalls gibt es das im Kartenwerk nicht markierte „Mauernjoch“, direkt südwestlich unterhalb des bezeichneten Hochpunktes Ober der Mauer und von diesem dürfte die neue Namensgebung stammen.

im flacheren Teil der sich zur Mulde hin zum Kalbenjoch ausbildet

Wir starteten in Trins am Parkplatz P4 (Waldfest) und nehmen die Wiesen zwischen den Häusern in Angriff. Der Aufstieg führt nach den freien Flächen, vorbei an der Sankt Barbara Kapelle auf der Anhöhe, im Hohlweg auf den Almweg zu einer Kehre am Weg zum Padasterjochhaus.

genau nach dem Geschmack von Doris

Dort führt die Route kurz flach weiter, bevor ein Aufschwung in den unteren Burgwald leitet.
Im Burgwald, der immer wieder von großen freien Flächen durchzogen wird, führt der Aufstieg auf mäßig steilem Gelände in phantastischer Kulisse in die Valschwernalm bergwärts, bis die Bäume von Strauchwerk und Latschen abgelöst werden. Kurz vor der Baumgrenze kann das Tourenziel bereits eingesehen werden.

Aufstieg in die Mulde vor dem Kalbenjoch

Die schönen Abfahrtshänge stiegen wir – im Steigsinn rechts im Tal – auf, unterhalb der Peilspitze vorbei, bis unter die Schrofen, die von der Peilspitze nördlich auf das Kalbenjoch verbinden.
Nach der etwas steileren Passage unterhalb der Schrofen des Blaser Dolomits wird das Gelände etwas flacher und taucht in eine Mulde ein.

phantastisches Gelände zum Kalbenjoch; links oberhalb die Erhebung Ober der Mauer

Am Ende der Mulde weitet sich das Gelände hin in den großen Kessel unterhalb des Gratbogens Kugelwand bis Kalbenjoch hin auf und gibt den Blick auf den Aufstieg von der Matreier Ochsenalm auf die Kesselspitze frei. Schließlich wird das meist windgeprägte Kalbenjoch erreicht.

am Kalbenjoch

Um Höheneinbuße im Aufstieg jenseits des Joches zu vermeiden, schnitten wir mit leicht steigendem Gradient die östliche Gratflanke an, die von Ober der Mauer gegen das Kalbenjoch herunterzieht. Die Hangneigung oberhalb der Querung war für die angesagte LWS an der Grenze dessen was man optisch erkennen konnte.

nach der Querung vom Kalbenjoch in das gewaltige Kar unterhalb der Lämpermahdspitze

Anschließend erfreuten wir uns an dem schönen sonnigen Aufstieg im Kessel unterhalb dem Kessel der Lämpermahdspitze. Dieses Kar steigt allmählich von 17° bis auf 38° und wir unter mehreren Serpentinen aufgestiegen – ein phantastisches Abfahrtsgelände, das uns auch später Freude machen sollte.

Abzweigung vom Anstieg auf die Lämpermahdspitze in Richtung Ober der Mauer

So wie wir unten in die bestehende Spur zur Lämpermahdspitze einbogen, so zweigten wir oben wieder nach links (westlich) ab, um die Richtung unterhalb der Schrofen zur Erhebung Ober der Mauer anzusteuern.

Anstieg unterhalb der Felsen vor der Querung

Unter Dolomitfels aufzusteigen ist optisch immer eine spektakuläre Angelegenheit. Der standfeste bankige Fels ist sehr horizontal geschichtet und bildet gewaltige Abbruchwände unter denen man in nächster Nähe ohne Steinwurf befürchten zu müssen vorbeisteigen kann. So auch in der Querung unterhalb der Grattürme zwischen Ober der Mauer und Lämpermahdspitze. Diese gewaltigen Grattürme entsprechen der Kössen Formation und sind dem darunterliegenden Hauptdolomit aufgesetzt. Allein der Anblick dieser Felsen rechtfertigt den Aufstieg auf die Erhebung Ober der Mauer.

diese Scharte in den Grattürmen wird unterhalb gequert

Unterhalb der Schrofen auf 2.407 m führt die Route in sehr steiles Gelände. Die Hangneigung steigt dort auf dauerhaft über 35° Hangneigung, meist zwischen 36 und 38°. Drei Tage vor unserer Begehung war die Gegend in der entsprechenden Höhe mit erheblicher Lawinengefahr ausgewiesen gewesen. Bei unserem Aufstieg zwar nur auf mäßige Gefahr reduziert, aber mit Zusatzbedingungen versehen, die alle zutrafen.

ein Versuch im sehr steilen Gelände soll es sein

Weiters verstärkten die Vorsicht zwei Kollegen, die ihre Tour just unterhalb der Schrofen abbrachen und denen wir im Aufstieg in die Arme liefen, als sie zur Abfahrt rüsteten. Die Konversation entsprach dem o. e. Thema.

Rückblick auf die Warteposition

Wir probierten den weiteren Aufstieg über den Beginn der noch leicht steileren Passage in der seichten Mulde, die auf diesem Aufstieg wahrscheinlich die Schlüsselstelle darstellt, brachen die Querung aber knapp oberhalb ab. Das Gelände war dort für die Bedingungen zu steil und auch keine alten Anspurmarken zu erkennen.

Abbruch des Aufstiegs – ein anderer Tag wird das Ziel ermöglichen

Das Risiko unter 37 bis gut 38° Hangneigung war zu groß und die Entscheidung fiel mit der Summe aus Lawinenbericht, Erfahrung und Vorstellungskraft nicht schwer. So mußten die letzten 65 Hm zum Zielpunkt auf eine andere Gelegenheit warten und wir verbrachten auf etwa 2.450 m genau unterhalb der Schrofen eine Gipfelrast unter feinster Sonnenbestrahlung.

das unvermeidbare Selbstbildnis

Als Entschädigung für den verpassten Gipfel konnten wir uns auf eine phantastische Abfahrt über den langen Hang zum Kalbenjoch freuen. Die Schwünge mußten aufgezeichnet werden:

Vom Kalbenjoch bis zur Baumgrenze erfreuten wir uns weiterhin fast jungfräulichem Abfahrtsgelände, das wir weidlich nutzten. Der Rest der Abfahrt war hinsichtlich der Schneequalität ebenfalls einwandfrei, wenn auch recht verspurt.

einzigartige Kulisse oberhalb des Kalbenjochs

Die unvollendete Schitour erforderte 1.235 Hm Aufstieg, für die wir mit allen Pausen 4:15 Stunden unterwegs waren. Die Streckenlänge betrug 5,4 km über phantastisches Aufstiegsgelände.

Mils, 08.01.2021

1 KÜBLER und MÜLLER 1962: Die Geologie des Brenner-Mesozoikums zwischen Stubai- und Pflerschtal (Tirol), S. 213: >> Auch F. KERNER (1918, S. 153) hält den Karbonrest westlich vom Kamplspitz (d. i. Ober der Mauer) für ein „untrügliches Zeichen einer großen Überschiebung“.<<

2 LLB, 08. Jänner 2021: Teils heimtückische Lawinensituation. Dies vor allem im Süden. Schwachschichten im oberen Teil der Schneedecke können vor allem an steilen Sonnenhängen stellenweise noch von Wintersportlern ausgelöst werden. Dies vor allem zwischen etwa 2300 und 2600 m. Die Lawinen sind meist mittelgroß.