Das höhenmäßige Highlight neben der Wildspitze auf der Venter Skirunde stellt die Weißkugel dar. Sie ist der dritthöchste Gipfel im Land und ihre Besteigung erfordert einige Ausdauer. Von der Schönen Aussicht Hütte aus ist die Besteigung bei Weitem nicht so anstrengend als die Tagestour von Vent aus, für die eine Marschzeit von acht Stunden veranschlagt wird. Wir haben für die Besteigung von der Schönen Aussicht Hütte aus etwa viereinhalb Stunden benötigt.
Die Weißkugel wurde ebenso wie die beiden zuvor bestiegenen Gipfel des Similaun und der Fineilspitze vom Schnalstal aus erschlossen und benannt. Dabei vermutet Finsterwalder 1, daß die Bezeichnung „Kugel“ (für Kogel) der Schnalstaler Hirten von der Ötztaler Bevölkerung übernommen wurde, weil es im Schnalstal keine Kogel gibt.
In der Tat erscheint die Form der Weißkugel von Südosten aus (Ankunftsgebiet der Schnalstaler Hirten am Niederjoch) betrachtet als ein fast perfekter Kogel.
Die originale Route über den Hochpunkt „Im Hinteren Eis“ mit der Abfahrt auf den Hintereisferner wird nach den Aussagen des Hüttenwirts kaum mehr begangen, weil die Nordseite hinab zum Ferner ausgeapert ist und die Abfahrt dadurch nicht mehr möglich ist.
Er empfahl uns den Sessellift zum Teufelsegg zu nehmen und die restliche Strecke auf den Grat aufzusteigen. Hierzu muß etwa 200 hm auf der Piste des Gletscherschigebietes zur Talstation des Sesselliftes Teufelsegg abgefahren und mit dem Lift auf Station 3.025 m hinaufgefahren werden. Wir folgten seinem Rat und investierten 7.- in die kurze Liftfahrt.
Auf den Grat legten wir die 200 Hm von der Liftstation mit Harscheisen zurück. Am Grat bietet sich ein eindrucksvolles Bild von der Weißkugel, die mit ihrem mächtigem Gipfelaufbau in 2,9 km Entfernung vorausliegt.
Auf der Nordseite des Grates kann nicht durchgehend abgefahren werden. Eine kurze Strecke von etwa 30 Hm müssen die Schi abgeschnallt und durch Blockwerk getragen werden.
Unterhalb des Blockwerks schnallten wir wieder an und querten so hoch wie möglich unter den folgenden Rippen vom Grat herunter, um am Ende etwa auf einer Höhe von 3.060 m am Hintereisferner einzutreffen und von dort den noch etwa 700 Hm Aufstieg zu unternehmen.
Die Strecke zum Hintereisjoch zieht sich im Aufstieg enorm, der Gletscher mit seinen runden langen Kuppen und Mulden nimmt schier kein Ende.
Beeindruckend im Aufstieg wirkt die allmähliche Vergrößerung des Gipfelmassivs. Die plattigen glimmerigen Schiefergneisflächen glänzten in Kontrast zu den rundum weißen Flächen des Gletschers der Vormittagssonne.
Knapp geht es an die steil abstürzende Südflanke der Weißkugel heran, bevor der Übertritt über das Hintereisjoch die Südansicht der Weißkugel freigibt.
Die weiße Rampe, die nach oben hin schmaler und steiler wird, ist vom Hintereisjoch aus gut zu sehen und bei einer Trinkpause zu erkunden.
Die Hangneigung auf der Rampe nimmt nach oben hin bis auf über 37 ° zu, mit kurzen Stellen leicht darüber. Mit Harscheisen stellten diese etwa 80 Hm kein Problem dar.
Anschließend an die Steilstelle flacht die Weißkugel wieder rasch ab und setzt auf breitem „Kogelrücken“ unter etwa 17° Steigung auf 120Hm bis zur Rippe vor dem Schidepot fort.
Das Schidepot wird über die Rippe erreicht und ist abschüssig.
Hier empfiehlt es sich die Schi in die Wächte einzurammen, oder den Pickel als Halteanker zu verwenden, bei so viel Andrang wie bei unserer Begehung könnte es sonst passieren, daß man über die steile Westflanke absteigen muß, um seine Schi wiederzufinden.
Den Gipfel der Weißkugel trennen lediglich 130 m Luftlinie vom Schidepot und ein Höhengewinn über den zackigen Grat von 23 m, allerdings auch 20 min Überschreitungszeit bei großem Andrang mit Gegenverkehr.
Am kleinen Gipfelbereich drängen sich die Gruppen, um möglichst plakativ vor dem kunstvoll gebauten Gipfelkreuz abgelichtet zu werden.
Die Erscheinung des Gipfelkreuzes selbst muß angesichts der Erhabenheit des Ortes leider als lausig beschrieben werden, die nordseitigen Halteseile abgerissen und die Konstruktion selbst in einer dem Mensch eigenen dekadenten Weise mit vom Tal herauf gebrachtem Müll verunstaltet.
Sogar Bergsteigerriegen und –internetplattformen schrecken nicht vor der Sensationsgier zurück, plakativ hinterlassen zu müssen, daß sie glauben den Berg bezwungen zu haben und ereifern sich im Überkleben den Ort zu entweihen.
Man ist somit auch auf der Weißkugel gezwungen seine persönliche Erinnerung mit diesem Müll abzulichten. Alternativ kann man versuchen sich schützend vor die Abfälle seiner Mitmenschen zu stellen.
Phänomenal der Rundblick von der Weißkugel!
Das Langtauferertal zieht tief unten hinaus zum Rechensee, ganz rechts im Bild findet sich ein schöner Blick zum Glockturm, einer klassischen Schitour im Kanuertal.
Die Ötztaler Riesen hat man zwischen Norden und Südosten alle vereint, allen voran den riesenhaften Gletscher des Gepatsch- und Kesselwandferners im Nordosten direkt voraus.
Die ungeheure Erstreckung von Weißseespitze bis zur Kesselwandspitze mit über 6 km Luftlinie stellt ein umwerfendes Panorama dar.
Rechts davon der Hintere Brochkogel, die Wildspitze, dann das Rofental. Rechts davon bereits die hohen Staubaier, dann wieder Ötztaler Gipfel mit dem Großen Ramolkogel, der Firmisanschneide, dem Schalfkogel, dem Hinteren Seelenkogel und schließlich, vor dem Similaun, der Hinteren Schwärze.
Als Rastplatz auf der Weißkugel diente uns die lange obere Rampe unterhalb der markanten Rippe mit dem Schidepot. Der Gletscher ist dort groß genug, um abseits der Aufstiegsroute eine leicht abgeschiedene Gipfelrast zu verbringen.
Die Abfahrt von der Weißkugel stellt aufgrund der Länge bis zum Hochjoch Hospiz ein besonderes Erlebnis dar.
Wir konnten sagenhafte 11 km bis nach der Einmündung des Bachs vom Hochjochferner in den Quellfluß der Ötztaler Ache, der am Hintereisferner entspringt.
Auf dieser Fahrt werden über eine Höhenstufe von mehr als 1.300 Hm verschiedenste Schneeverhältnisse durchfahren. Im Gipfelbereich hartgefrorene Oberflächen, im Steilhang leicht aufgefirnter Altschnee, nach dem Hintereisjoch eine dünne weiche Schicht über harter Oberfläche, auf machen steileren Gletscherflächen gesetzter weicher Lockerschnee, über eine lange Strecke bereits unterhalb von 3.000 m aufgefirnte ebene Flächen, die mit Tiefengewinn zusehends weicher werden und kraftvollere Schwünge mit tiefem Einsinken bestrafen, sowie zum Schluß Büßerschneeflächen, mit zunehmend braunen Oberflächen die Moränenmaterial der Lawinen des Winters enthalten, kräftig bremsen und nach dem Gletschertor ausstreifen. Sehenswerte Fotos davon in der Bildergalerie.
Abschließend krümmt sich das Tal gen Osten und wird schmaler, sodaß die Schneeverhältnisse aufgrund verminderter Sonneneinstrahlung unter 2.400 m bei südseitiger Befahrung bis zur Stahlbrücke unterhalb des Hochjoch Hospizes sogar wieder besser werden und man bis zur Holzbrücke unterhalb der Rofenbergalm hinausfahren konnten.
Leider konnten wir den Hüttenaufstieg und den vierten Tag nicht mehr unternehmen, da sich gesundheitliche Beeinträchtigungen einstellten und die schon von Weitem sichtbaren braunen Hänge oberhalb des Hochjoch Hospizes eine gewaltige Tragestrecke bis auf über 2.800 m erahnen ließen.
Unter der Annahme, daß die Probleme über die Nacht stärker würden erachteten wir es als klüger die Ausfahrt nach Vent anzutreten und sagten die Übernachtung im Hochjoch Hospiz ab.
Die Ausfahrt stellte noch einmal eine gewisse Belastung dar, denn die kurzen faulen Schneefelder bis zur Einmündung des Gletscherbachs unterhalb des Vernagteggs präsentierte sich zu Fuß großteils unpassierbar, sodaß die Schi selbst für kurze Passagen angeschnallt und gleich wieder aufgesattelt werden mußten. Ein leicht zermürbendes Wechselspiel.
Nach dem Aufstieg am Felsensteig beim Vernagtegg konnten wir im bereits schattigen Teil größere Strecken durchgehend fahren, sodaß wir nach zweieinhalb Stunden nach dem Hochjoch Hospiz bei den Rofenhöfen ankamen.
Über die Hängebrücke erreichten wir unter vollständiger Schiabfahrt um 17:45 Vent wieder.
Diese Etappe, leider die letzte, führte uns über 1.030 m Aufstieg, 8:57 Stunden Marschzeit und phantastische 28,6 km (vorwiegend in Abfahrt angefallen) Strecke zum Ausgangspunkt zurück womit die bärige Skirunde abgeschlossen wurde.
Mils, 26.03.2022
1 Finsterwalder: „Von den Namen des Weißkugel-Glockturm-Gebietes“, Tiroler Ortsnamenkunde Band 2, Seite 869
- Aufstieg nach der Liftfahrt auf das Teufelsegg auf den Grat
- Wildspitze im Nordosten
- Rückblick auf die Fineilspitze und den Similaun
- prächtiger Anblick der Weißkugel vom Teufelsegg
- Langtaufererspitze und Hintereisferner
- Herwig am Teufelsegg
- Christian im Abstieg auf die Nordseite am Teufelsegg
- letzter Teil Tragestrecke durch Blockwerk
- Blick hinab auf den Nordhang über dem Hintereisferner
- Blick zurück auf den Grat
- Weißkugel und Hintereisferner
- Rückblick auf die Originalroute
- Rückblick vom Hintereisferner
- kurz vor dem Auffellpunkt
- Aufstieg über die etwas steiler Passage am Hintereisferner
- Rückblick auf den Auffellpunkt
- flache Strecke Richtung Hintereisjoch
- Langtaufererspitze
- schöne Ausbildung des Hintereisjoches
- Blick vom Hintereisferner auf Fineilspitze und Similaun
- am Hintereisjoch
- am Hintereisjoch mit westlichem Gelände
- Trinkpause am Hintereisjoch
- Gletscher oberhalb des Hintereisjoches
- Beginn der Rampe auf die Steilflanke zur Weißkugel
- Rampe an der Weißkugel im Überblick
- Rückblick auf das Hintereisjoch
- nahe dem Steilhang
- im Steilhang zur Weißkugel
- abflachender Teil auf die Weißkugel, im Hintergrund die Wächte mit dem Schidepot
- langer flacher Anstieg zum Schidepot
- kurz vor dem Schidepot
- Rückblick auf dien oberen flachen Teil nach dem Steilhang
- am Weg zum Gipfel der Weißkugel
- erster Teil der Gratstrecke
- kurze Gratstrecke auf die Weißkugel; bei frequenter Begehung sollte man Zeit dafür reservieren
- Herwig auf der Weißkugel
- Grat zur Weißkugel im Rückblick
- Weißkugel, 3.737 m
- Blick von der Weißkugel Richtung Langtauferertal, ganz rechts im Bild der Glockturm
- Blick von der Weißkugel auf den gewaltigen Gepatschferner
- Herwig mit Ostflanke der Weißkugel
- Blick von der Weißkugel auf den Hintereisferner Richtung Vent
- Blick von der Weißkugel auf die Ötztaler Alpen
- Blick von der Weißkugel nach Westen auf die Bärenbartkögel und den Piz Bernina in weiter Ferne
- Vom Grat auf das Schidepot auf der Weißkugel
- steile Ostflanke der Weißkugel
- Abstieg zum Schidepot
- Rast auf der weiten flachen Gletscherfläche unterhalb des Schidepots
- Abfahrt vom Hintereisjoch unterhalb der Inneren Quellspitze
- am Hintereisferner nach vielen Kilometern Abfahrt
- auf der orographisch rechten Talseite existierten noch zusammenhängende Schneeflächen
- am endenden Hintereisferner
- Ausfahrt Richtung Hochjoch Hospiz
- letzte Anzeichen vom geröllüberdeckten Gletscher
- im Hintereis dem Gletschertor nahe
- Abfahrt über Schneeflächen übersät mit Moränenmaterial der Lawinen des Winters
- Gletschertor am Hintereisferner
- Panorama Gletschertor Hintereisferner
- Rückblick auf die Langtaufererspitze
- Langtaufererspitze im Zoom
- Abfahrt zur Stahlbrücke unterhalb des Hochjoch Hopsiz‘
- Stahlbrücke am Hochjoch Hopsiz
- Hochjoch Hopsiz
- Querung des Baches vom Hochjochferner
- Entlang dem Quellfluß der Ötztaler Ache
- Brücke auf die Rofenbergalm
- Rofenbergalm gegen Hochjoch Hospiz
- Ausfahrt auf der Rofenbergalm mit Wildspitze links oben
- Brücke über den Zufluß vom Vernagtferner herab
- durch das Brantl
- Rückblick Richtung Hintereis
- Steig im Brantl
- Rofental mit Rofenhöe in der Ferne
- nach der Hängebrücke
- Rofenhöfe
- Wildspitze ganz klein zu sehen
- Herwig am Wildspitzblick
- nahe Vent
- Tagesetappe Weißkugel von der schönen Aussicht Hütte