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Schitour Großer Solstein, 2.541m

Der lange und breite Rücken des Großen Solsteins entzückt den Schitourenfreund vom Inntal aus, beispielsweise auf dem Weg über die Autobahn nach Innsbruck. Nahezu 1.000Hm beträgt die Abfahrt vom Gipfel bis zum Bachgraben, von dem ein kurzes Stück wieder zur Solnalm aufgestiegen werden muß.

Großer Solstein, 2.541m

Unternimmt man diese Schitour der Extraklasse nicht mitten im Frühjahr sondern im ausklingenden Hochwinter, dann kann man im gemuldeten Graben, der genau westlich des Gipfels hinunterzieht, auf der Abfahrt Pulverschneebedingungen vorfinden, die ein erstklassiges Abfahrtserlebnis bieten.

am Parkplatz oberhalb des Krankenhauses

Gleichzeitig kann man – zumindest bei unserer Begehung – auf dem gerade einmal 50m nördlich vom Pulverhang gelegenen Rücken bereits eine leichte Firnbildung feststellen, diese allerdings auf noch nicht tragfähigem Schmelzharschdeckel – etwas mühsamer zu befahren, eine Freude für Spezialisten wie Hilli.

der erste Blick auf das Ziel

Die Schitour auf den Großen Solstein wird im Allgemeinen als Frühjahrsschitour gehandelt. Wir konnten im Februar vom Parkplatz oberhalb des Krankenhausgeländes Mitte Februar mittels Schi die gesamte Strecke bewältigen. Nach etwa 300m aperer Straße am Puelachboden startete unsere „Winter-Tour“ – zugegeben bei fast Frühjahrsbedingungen –  auf Schi.

Aufstieg am Weg im Wald zur Solnalm

Der erste Kilometer des Weges um den Bergrücken zum Solsteinhaus herum mutet leicht bergab verlaufend an; bei der Rückfahrt stellt man jedoch fest, daß dem nicht so ist und daß er mit leichtem Anschieben gut fahrbar ist.

mehrere Stellen mit Winterschäden müssen passiert werden

Hinter einer Kurve, in der Nähe des einmündenden Weges vom Bahnhof Zirl, wird das Ziel, der Große Solstein, erstmals sichtbar. Von dort erblickt – sowohl Abstand als auch Höhenunterschied des rundlich ausgebildeten Gipfels relativ respekteinflößend.

die letzte Straßensperre passiert

Nach der Einmündung des Weges vom Bahnhof Zirl wird der Anstieg auf der Forststraße steiler. Der Winter hatte bei unserer Begehung Spuren durch mehrere der Schneelast zum Opfer gefallenen Bäumen, die quer über dem Weg lagen, hinterlassen. Zum Teil waren die Äste schon soweit abgesägt, daß man darunter hindurch konnte, eine Gruppe muß hangseitig umgangen werden.

Am Ende des Aufstieges am Weg nach ein dreiviertel Stunden

Der Bach nach der Talstation der Materialseilbahn präsentierte sich tief verschneit und nicht sichtbar unter Massen von Schnee. Oberhalb dieser freien Stelle führt die Tour, dem Normalweg folgend – steil hinauf in den lichten Wald unterhalb der Solnalm, die bald erreicht wird.

vor dem Solnwald

Der Bach nach der Talstation der Materialseilbahn präsentierte sich tief verschneit und nicht sichtbar unter Massen von Schnee. Oberhalb dieser freien Stelle führt die Tour, dem Normalweg folgend – steil hinauf in den lichten Wald unterhalb der Solnalm, die bald erreicht wird.

perfekte Bedingungen und ab dort großteils in der Sonne

Über den flacher werdenden Rücken, vorbei an einer Jagdhütte, wird nach wenigen Minuten die Solnalm erreicht. Anhand des eingeschneiten Almgebäudes (etwa 1.650m) mit dem fast 70 Jahre alten Hüttenzubau des Skiclub Zirl kann die hervorragende Schneelage des heurigen Winters eingeschätzt werden. Hier besteht auch ein wunderbar freier Blick auf das Solsteinhaus, das hoch über dem Almgelände am Sattel zum Kristental thront und auf den grandiosen langen Rücken des Großen Solsteins, der nach Westen herunterzieht.

Aufstieg im Solnwald

Hinter der Alm taucht die Normalroute des Sommers in den Wald ein und dieser wird zunächst gefolgt. Gleich nach dem Beginn des Waldes zieht vom Bachgraben eine Aufstiegsspur herauf. Dies ist der spätere Aufstieg nachdem – am jenseitigen Hang – die lange Abfahrt vom Großen Solstein absolviert wurde.

Solnalm, Erlspitze und rechts das Solsteinhaus

Dem steilen Hang im Wald weiter gefolgt geht es ohne Höhengewinn bis um eine Kurve herum, die den Einschnitt eines Bachgabens einleitet.

honorige Tourengruppe

Nachdem der tiefe Graben durchquert wurde und die gegenseitige Kurve erreicht ist, erkennt man gleich die Notwendigkeit der Abfahrt in den breiten Bachgraben, um den jenseitigen Aufstieg anzugehen.

Blick auf Aufstiegsroute (linke Hangperipherie)

Das weitere Verfolgen der Sommerroute taleinwärts würde in zu steilen Anstiegen auf der Gegenseite enden (siehe mehr Fotos hierzu in der Bildergalerie).

der tiefe Einschnitt des Bachgrabens

Alternativ muß der tiefe Einschnitt nicht ausgegangen werden, allerdings muß dann auf Fellen steiler in den Bachgraben abgefahren werden, siehe hierzu Bildergalerie.

hier beginnt die kurze Abfahrt

Der Aufstieg durch den rasch lichter werdenden Wald ist recht steil und bedingt mehrere, auch kurze aufeinanderfolgende Spitzkehren, bevor diese weiter oben gegen die Baumgrenze zu länger angelegt werden können.

Gegenaufstieg zum Solsteinhaus

Oberhalb der Baumgrenze quert die Route den steilen Hang bis zum flachen Plateau nördlich, etwa 20Hm oberhalb des Solsteinhauses und zieht hinter diesem in Richtung Erlsattel weiter.

Schnee noch kompakt und angenehm aufzusteigen

Mit phantastischem Blick auf die Gipfel der beiden beginnenden nördlich gelegenen Karwendelketten vom Sattel der Erlalm aus, kann der weitere Aufstieg auf den Großen Solstein eingesehen werden. Über die unbesonnte Nordflanke des Berges führt der Aufstieg in tadellosem Pulverschnee über den steilen Latschenhang zuerst lange westlich haltend zur schwach ausgebildeten Nordwestkante hinauf.

wir gehen es an – anstrengende restliche 700Hm liegen vor uns

Oben folgt der Aufstieg dann lange der Nordwestkante, wobei jene Spitzkehrensequenzen, die in die Nordflanke gerichtet sind teilweise durch kurze hartgepresste Abschnitte führen, an denen Harscheisen fast wünschenswert gewesen wären. Jene Spitzkehrensequenzen die in die Südrichtung führen befanden sich im Gegensatz dazu auf hartgefrorenem Schmelzharsch, bzw. sogar hartgefrorenem Firn, der nach und nach während unseres Aufstieges aufweichte.

Solsteinhaus bei der Winterruhe

Dieser Teil der Tour birgt beeindruckende Ausblicke auf die nördlichen Karwendelgipfel sowie die südwestlichen Stubaier und zieht sich über lange 500m an der Nordwestkante bis auf 2.350m hinauf.

anhaltend steiler Aufstieg

Als Highlight kann er fast über seine gesamte Länge eingesehen werden und je höher man angestiegen ist, desto imposanter erscheint seine Ausprägung – anderswo werden solch freie, fast ebenflächige Hänge „Leintuch“ genannt.

Christoph vor herrlicher Kulisse des Rigelkars

Auf etwa 2.350m, bei Erreichen der felsigeren Gipfelregion des Großen Solsteins, wendet sich die Route gen Süden und quert sozusagen den dort trichterförmig beginnenden langen Graben am obersten Ansatzpunkt in die Südflanke des Berges hinein.

Rückblick über den Aufstieg: etwa hier wird der Hang unterhalb felsigeren Geländes gequert

In dieser wird das Gipfelkreuz sichtbar und der Restaufstieg über die restlichen gut 100Hm erfolgt in wenigen weiteren Spitzkehren.

unterhalb des Gipfelbereiches

Flacher werdend leitet der abgerundete Gipfelbereich ein paar Hundert Meter bis zum Gipfelkreuz hinüber.

das Gipfelkreuz in Sicht

Vom schönen Stahlgipfelkreuz aus fällt gleich der „kleine“ Bruder, der um 96m höhere Kleine Solstein mit seiner gewaltigen Südflanke auf. Die Kollegen rätselten herum, ob der Winteraufstieg mit Schi wohl machbar wäre und sie kamen zum Schluß, daß es so sein muß.

Blick nach Osten zum Kleinen Solstein

In der Tat ist der Aufstieg an der Westkante des Kleinen Solstein im Internet nicht beschrieben und für das nächste Mal könnte dieser ein neues Highlight auf der Tour darstellen.

Blick ins Gleirschtal

Wenig andere Tourengeher wurden von uns angetroffen, am Gipfel waren wir mit einem anderen Kollegen allein. Auf der Abfahrt begegneten uns noch einige weitere, manche um die Mittagszeit erstaunlich weit unten bei der Solnalm.

Zugspitze und Außerfern

Auch der Große Solstein hält wunderbare Ausblicke bereit. Besonders eindrucksvoll sind die westlichen Gipfel der Gleirsch-Halltal-Kette und deren nördlich parallel verlaufende Brüder der Nördlichen Karwendelkette.

die Gruppe am Gipfel versammelt

Die Gipfel der 15km entfernten „Karwendelreibn“ unter dem Fernglas betrachtet tragen Schnee wie nie, lediglich der Westrücken der Westlichen Ödkarspitze, die Abfahrt zum Marxenkar, erschien ein wenig viel abgeblasen. Dieser Klassiker muß heuer unbedingt durchgeführt werden.

Blick auf das Rigelkar und im Hintergrund Seekar-, Ödkar- und Birkkarspitze

Sehr beeindruckend auch die Ansicht längs dem Inntal nach Westen und nach Nordwesten, in die Gipfel im Außerfern. Südlich gegenüber des Großen Solsteins ein Blick auf die bizarren Kalkkögel mit den Stubaiern im Hintergrund.

den Südhang vorsichtig angefangen – tadellos abzufahren aber noch etwas hart

Für jenen, der im Halltal zuhause ist und die Nordkette gut kennt tut sich eine schlängelnde Linie von Gipfeln nach Osten, die über den Verbindungsausläufer der Gleirsch-Halltal-Kette mit der Nordkette, am Roßkopf, bis zu den Bettelwürfen hin verfolgbar ist. Unsichtbar dabei bleiben die Gipfel der schönen Gratüberschreitung von den Brandjochspitzen bis zur Hohen Warte, verdeckt durch den gewaltigen Kleine Solstein mit seiner immensen Nordwand.

die Truppe beim Abfahren im Pulver gefilmt

Selbst im Februar besitzt die Sonneneinstrahlung schon genügend Energie die Schneeoberfläche auf 2.500m dermaßen zu erwärmen, daß dies bei der Abfahrt spürbar wird. In Vermutung dessen hielten wir den Gipfelaufenthalt mit einer guten halben Stunde recht kurz, bevor wir nach der Querung nach Westen den ersten Hang südwärts abfuhren. Die Abfahrt im wenig verspurten Gelände war tadellos, die Verhältnisse im bereits lange umgewandelten Schnee an der Südflanke jedoch deutlich schlechter als am folgenden westseitigen langen Hang zum Bachbett des Ehnbaches hinunter.

einzigartiger Blick auf den steilen Hang – zwei weitere Aufsteiger

Diese Abfahrt bleibt uns lange in Erinnerung, da hier großteils perfekter Pulverschnee genossen werden konnte, vorausgesetzt man fuhr eher links (südseitig) im weniger sonnenbeschienenen Teil des breiten Grabens.

ab hier beste Pulverschneebedingungen

Am der nördlichen Begrenzung des Grabens – keine 50m weiter rechts – herrschten verblüffend andere Schneebedingungen und zwar frühjahrshaft aufgefirnt mit brüchigem Harschdecke darunter. Aber auch diese Schneeart kann erfreuen, wie man an der schönen Spur von Hilli erkennen konnte.

Stoffel macht gute Figur

Die Länge des gewaltigen und auch steilen Hanges bleibt in Erinnerung. Er verjüngt sich unten zu einer ausgeprägten Rinne mit steilen Flanken als Begrenzung und einem wesentlich flacheren Auslauf als sie selbst.

Hilli geht es im Geschmier an!

Unterhalb dieser „Zwinge“ verbreitert sich der Hang wieder (etwa knapp unterhalb von 1.800m) und dort herrschte dann schon wirklich die frühjahrshafte Schneeart, der man noch einmal für einen kurzen Teil der Abfahrt zu entkommen vermag.

an der Zwinge unten

Die Abfahrt über den restlichen Hang zum Bachbett kann durch Querung in nördliche Richtung, auf ein lichtes Waldstück zu haltend, mit besserer Schneequalität als am offenen Hang, fortgesetzt werden.

Querung nach Norden

Das Ende in dieser Richtung wird durch einen Graben vom Solsteinhaus herunter gebildet, er in einem Graben endet. Dieser Graben führt hinaus zum Bachbett des Ehnbachs und zum kurzen Gegenaufstieg über etwa 60Hm Richtung Solnalm.

im Graben, kurz vor dem Ehnbach

Im engen Graben dachte wahrscheinlich ein jeder von uns vertieft über den Fall eines Lawinenabganges nach. Man hätte nicht die geringste Chance einer Flucht in diesem Einschnitt.

im Graben des Ehnbaches an der Gegenaufstiegsstelle

Der Aufstieg auf der Gegenseite ist kurz und strengt nach dem bereits erlebten merklich an. Die Aufstiegsspur kann über ein kurzes flaches Waldstück hinausgequert werden oder, zugunsten einer netteren Abfahrt, gekreuzt werden, um etwa 20Hm weiter oben in den Hang oberhalb der Solnalm zu gelangen.

im unteren Teil der Gegenaufstieg recht steil

Von dort fährt es sich fein an der Alm vorbei über die steiler werdenden Lichtungen in den Wald vor dem Ende des Fahrweges. Die sonnenbeschienenen Lichtungen ergaben am frühen Nachmittag schwierige Aufgaben an die Schifahrkünste auf, so schwer wurde der Schi im weichen Schnee gedreht.

und für heute endgültig abgefellt

Vom Bachbett talauswärts konnte unter gelegentlichem Einsatz der Stöcke sehr bequem gefahren werden.

über den Solnwald hinab

Allerdings werden an den steilen Passagen am schmalen Hohlweg die Oberschenkel noch einmal so richtig warm.

anstrengende Talausfahrt am winterlichen Hohlweg

Die Aufstiegsstrecke beträgt gut 10km und der Gesamtaufstieg 1.685m incl. Gegenanstieg bei der Abfahrt. Wir haben für die gesamte Tour 6:30 Stunden benötigt; hierbei sind ca. 50min Gipfelaufenthalt und Pausen enthalten.

Mils, 16.02.2019

Erlspitze Ostgrat, 2.405m

Die wilden Zacken der Grate in der Seefelder Gruppe des Karwendels lassen immer auf ein interessantes Abenteuer hoffen und der eher in Vergessenheit geratene, selten begangene Ostgrat zur Erlspitze  versprach dem Verfasser eine schöne kurze Herbsttour zu werden.

Erlspitze, 2.405m mit Karwendelhauptkette

Der Anstieg erfolgt auf schmalem Steig vom Solsteinhaus wenige Hundert Meter nordöstlich und bereits auf der Höhe der Erlalm links abzweigend bis zu einem Steindenkmal.

Der Ostgrat der Erlspitze

Knapp nach dem Denkmal gabelt sich der Steig wobei laut AV-Führer der oberste abzweigende Steig eingeschlagen wird und diesem etwa 10min gefolgt wird.

bereits auf der Abzweigung – Rückblick zur Erlalm

Er führt in Auf und Ab über ein paar Rippen, die vom Grat herunterziehen und zwischen diesen durch ein paar kleine Schluchten die durch Geröllabgang im Sommer an mancher Stelle den Steig beeinträchtigt haben. Es gibt jedoch derzeit keine unpassierbare oder zweifelhaft gefährliche Stelle.

der obere Steig ist die Empfehlung

Anhand der Karte müßte der untere Steig ebenfalls wieder mit dem oberen zusammentreffen, um die Schluchten bzw. Rinnen zu vermeiden, das gilt es auszuprobieren.

am oberen Steig

Das „Klamml“ (gem. Kartenbezeichnung) bot dem Verfasser eine Miniquelle zum Wasser tanken, jedoch kann auf das Vorhandensein dieses Rinnsals keine Garantie gegeben werden, zu unergiebig scheint sie für eine dauerhafte Quelle zu sein.

die Gratrippe Richtung Jöchl

Sie liegt auch bereits höher als 1.800m und der Karwendelkenner weiß, daß in dieser Lage kaum mehr Quellwasser anzutreffen ist, wobei dies im Hauptdolomit, in dem man sich in der Seefelder Gruppe befindet, wieder anders ist. Der Hauptdolomit mit seinen zahlreichen feinen bis feinsten Klüften dürfte als Wasserleiter und -speicher ideal sein.

Wasser auf gut 1.800m

Nach dieser Stelle (siehe Foto) führt der Steig in kurzen Serpentinen in sehr brüchiger, teilweise nur kieskorngroßer Felsqualität steil zur Grathöhe hinauf. Eine Verwitterungsform des Hauptdolomits besteht in sehr kleinstückigem polygonalem Korn – Grus, wie der Geologe sie nennt. Diese Verwitterungserscheinung begleitet den Bergsteiger über den gesamten Grat.

auf der Gratrippe angelangt, letzter Rückblick Richtung Solsteinhaus

An der Grathöhe angelangt mache man nicht den Fehler des Verfassers und schreite entschlossen dem Steig entlang über die nächste Rippe weiter, sondern blicke sofort nach den ersten Metern in der Bergwiese links auf den sich ausbildenden Ostgrat hinauf.

Der Ostgrat schon ausgeprägter zu sehen

Eine deutliche, sich trichterförmig verengende Latschengasse bildet sich direkt am Gratbuckel aus, der weiter gefolgt wird und die zu einem Vorkopf des schärferen Grates führt.

die Latschengasser mit Rückblick auf die wiesenbewachsene Gratrippe

Der Vorkopf ohne Latschenbestand ist rasch erklommen. Am Weg dorthin öffnet sich ein Blick auf die Fleischbanktürme im Nordwesten der Erlspitze, die am Beginn eines Zweiggrates von der Erlspitze nach Norden zunächst ein wild gezacktes Gratabenteuer bieten. Juergen hat sie besucht und einen Bericht über diesen Anstieg zur Erlspitze verfasst.

Blick nordwestlich auf die Fleischbanktürme

Am obersten Punkt des Vorkopfes blickt man in ein bizarres Felsengewirr mit vielen vertikalen Schichtrippen mit Schuttreisen zwischen den Rippen und fragt sich zunächst, wo denn hier der Einstieg zu finden sein könnte.

Anstieg auf den Vorkopf

Die Rippen hinter dem noch wiesenbewachsenen Vorkopf sehen alles andere als leicht aus, die Bewertung II träfe für sie niemals zu.
Aber der Einstieg will erkundet werden und so schreitet man an einem riesigen Felsenfenster nach Norden zum Ende des Vorkopfes und erkenn, daß zwischen ihm und den jenseitigen Felsen ein unüberwindbarer Felsabbruch liegt.

Rückblick nach Abstieg

Also muß das Glück etwas tiefer liegen – waren die ersten Gedanken – und schätzungsweise 40Hm mußte der Verfasser verschenken, um zu einer schuttgefüllten, sehr steilen Rinne zwischen dem äußersten Flankenteil des Berges und dem Bergstock selber zu gelangen um dort den einzig machbar erscheinenden Aufstieg zu einer hoch liegenden Scharte zu gelangen.

durch diese hohle Gasse muß er kommen…ein mühsamer Aufstieg

Im Verschnaufen vom schweißtreibenden und unangenehmen Aufstieg über Schotter und Erdmatarial auf die bergseitige Flanke des Westgrates geblickt, kann so gut wie keine weitere Route ausgemacht werden. Das Abenteuer durch den komfortablen Riss steil aufzusteigen muß in Angriff genommen werden, um überhaupt zu wissen, ob der Anstieg durch die Rinne richtig war oder nicht.

oben an der Scharte angelangt; der Vorkopf und der Abstieg zum Beginn der Rinne deutlich zu sehen

Zum Glück ist der Hauptdolomit an diesem Einstieg fest und es bieten sich genügend – wenn auch kleine – Griffe und Tritte durch die geheimnisvolle Rinne hinauf (leider ist das Foto dazu unscharf geworden). Die Schwierigkeitsbewertung die im Führer mit II benannt wird ist hier vorhanden, alles andere am Grat ist leichter.

die bergseitige Gegenseite der Scharte

Erleichtert kann oben festgestellt werden, daß es in Gehgelände weitergeht. Die Frage stellt sich nur, ob der Anstieg zum Grat selber richtig ist, oder eine Rampe unterhalb eines auffallend orange gefärbten Felskopfes.

Aufstieg mit Eigenorientierung – orange gefärbter Fels mit Rampe darunter wird sich später als Aufstieg erweisen

Natürlich versucht der Karwendelgeher immer möglichst hoch zu bleiben und entdeckt dabei am Grat einen Durchschlupf unterhalb eines Felsturmes der die Züge eines Basilisken trägt. Ein imposantes Gebilde am Ostgrat.

ein Basilisk auf der Grathöhe, durch das Schärtchen wurde angestiegen

Nach dem Erklimmen des Schärtchens zwischen Basilisk und Felskopf mußte der Verfasser leider feststellen, daß die Hinterseite am Grat im Alleingang nicht gangbar ist, denn die Griff-. Und Trittflächen sind zu sehr abgewittert und von Hauptdolomitgrus bedeckt (Fotos leider unscharf)

die Gegenseite des Schärtchens – ungangbar, zu brüchig

Also bleibt nur der Abstieg durch die Rinne zwischen dem eben erklommenen Gratstück und dem folgenden.
Die Rinne endet just dort, wo die Rampe unter dem farbigen Fels beginnt – das Gefühl hat nicht getäuscht.

nach dem Abstieg zur Rampe erfolgt hier der weitere Aufstieg

Anschließend folgt ein weiterer kleiner Aufschwung, der erstmals kurz abgeklettert werden kann, um jenseits einer Rinne wieder aufzusteigen. Leider ist das kurzzeitige Klettergefühl nur von kleiner Höhe und all die folgenden weiteren Gratrippen sind gleichartig geschichtet.

weiterer Aufstieg zunächst über schroffiges Wiesengelände

Türme können erklommen werden, jedoch führt der Grat nicht auf gleicher Höhe weiter, jede Anhöhe muß an ihrer Hinterseite wenig oder auch tiefer abgeklettert werden und das in recht brüchigem Fels – ein eher mühsames Unterfangen.

Rückblick nach der nächsten Rippe

Gegen Ende des Grates erhebt sich eine letzte hohe Rippe mit einem tollen Blick auf die Erlspitze bei dem der Bau des Berges mit seinen ausgeprägten Rippen und verwitterten Zwischenräumen der Nordflanke deutlich sichtbar wird.

Blick nach Westen zur Erlspitze mit gewaltiger Nordflanke

Leider muß auch diese letzte Rippe südseitig abgeklettert werden – da deren Westflanke sogar einfallend geneigt ist und kein Weiterkommen bietet.

die Rippen bieten bizarre Aussichten

Anschließend befindet man sich im Gehgelände und erreicht über Bergwiesen in 20min den Normalweg vom Solsteinhaus und in weiteren 5min den Gipfel der Erlspitze.

der Ostgrat der Erlspitze im Rückblick

Am Weg dorthin fällt noch die schöne grazile Gipfelstürmernadel auf, die man gesehen haben sollte.

Gipfelstürmernadel, 50m misst sie von Süden gesehen

Die Erlspitze bietet wunderbare Ausblicke.
Gegen Osten auf die mächtigen Felsmassive der Solsteine und weiter auf die Nordkette.

Gipfelblick auf Nordkette

Gegen Westen auf die Kuhljochspitze, die Freiungen und bis zu Reither- und Seefelderspitze im gemeinsamen Kamm.

Blick nach Westen auf die restliche Seefelder Gruppe

Nach Norden von Mittenwald bis zu allen Gipfel der Karwendelhauptkette.

Nordgrat mit Fleichbanktürmen

Der Abstieg zum Solsteinhaus erfolgte auf dem Normalweg. Eine Variante wäre den Westgrat zu nehmen (Zirler Klettersteig) und über die Eppzirler Scharte zum Solsteinhaus zu gelangen.

Solsteinhaus in der Tiefe

Als Empfehlung kann der Anstieg über den Ostgrat nur jenem gegeben werden, der gerne alte Routen sucht bei denen die Orientierung ausschließlich durch Eigeneinschätzung erfolgt, Das Fehlen von Markierungen und Steinmännern macht dies notwendig.

Karwendelhauptkette im Norden

Der Gratkletterer wird in seinen Erwartungen weitgehend enttäuscht.
Eine Karte der Route befindet sich in der Galerie.

Ostgrat vom Abstieg aus betrachtet

Für die Anreise vom Bahnhof Hochzirl bis zum Solsteinhaus wurden zwei Stunden benötigt. Für den Zustieg zum Ostgrat und den Aufstieg bis zum Gipfel gut zweieinhalb Stunden. Für Abstieg, eine tolle Knödelsuppe und der Rückreise nach Hochzirl nochmals drei Stunden. In Summe wurden 1.660Hm Aufstieg zurückgelegt.

Mils, 30.09.2018

Kuhljochspitze, 2.297m – über Südgrat

Imposant vom Solsteinhaus aus anzusehen thront die Kuhljochspitze als westliche Begrenzung des Talkessels über der Solenalm hoch über Zirl.

Kuhljochspitze, 2.297m

Neben der Erlspitze stellt die Kuhljochspitze ein lohnendes Ziel in der Erlspitzgruppe, dem westlichen Teil der Nordkette, dar. Ihre Ersteigung am Normalweg ist leicht, erfolgt jedoch über weite Teile im brüchigem Fels des Hauptdolomites mit seinen ungeordneten, strukturlosen Felsköpfen mit bis zu mehreren Dutzend Meter Mächtigkeit, unterbrochen von Schluchten, mit kleinen Schartenübergängen und vielen Schutthängen. Zwischen diesen Felsformationen finden sich Schrofen und Türmchen, unterbrochen von Wiesenflächen und jähen Abbrüchen.

Südgrat zur Kuhljochspitze. oberste Graterhebungen

Ein Felsbau, den man im Karwendel nur im westlichen Teil der Nordkette, eben von der Furche beim Solsteinhaus bis nach Seefeld findet.

Rückblick auf die Solenalm

Die Ersteigung am Normalweg vom Solsteinhaus über die Kuhljochscharte ist von steilen Steigen mit teilweisen Seilversicherungen geprägt und es geht auf den nicht weithin einsehbaren Steigen munter auf und ab, sodaß eine Entfernungseinschätzung, oder Abschätzung der Gehzeit, dem Kundigen dieses Geländes vorbehalten ist.

Rücken auf den aufgestiegen wird, im Hintergrund die Kuhljochspitze

Besser einzuschätzen hinsichtlich der Gehzeit ist die Ersteigung von der Solenalm aus. Auf dieser Route ist der Weg von weithin sichtbar abzuschätzen, folgt er doch dem langen freien, zunternbewachsenen Gratausläufer, da sich bis zum Kreuzjöchl hinaufzieht und mit wenig weiterem Höhengewinn an die Hauptkette anschließt.

knapp unterhalb des Kreuzjöchls

Der Steig von der Solenalm herauf erreicht den Freiungen Höhenweg im Westen des Gratausläufers und zwar ca. 25m unterhalb der Scharte (manche bezeichnen die Scharte als Kreuzjöchl) und zum Einstieg in den Südgrat müssen ca. 15Hm zusätzlich angestiegen werden.

erster Felskopf am Südgrat, unter der Höhle geht es quer hinauf

Den Einstieg bildet ein zurückgesetzter Absatz der Hauptwand, die auf ca. 25 bis 30m Höhe eingesehen werden kann. Von unten betrachtet, steigt die Route unterhalb einer dunklen Höhle nordwestlich an.

Andi bereits über der Höhle in Richtung zum Wiesenfleck

Im Fels wird rasch klar, daß die logische Route leicht links auf eine Rippe führt und von dieser in leichter Kletterei in direkter Linie über eine griffige aber schuttbedeckte Fläche zum Ausstieg auf eine Wiesenfläche führt.

Aufstieg zum Wiesenfleck

Diese abwechselnden Partien von schroffem brüchigen Fels und oberhalb dieser Wiesenflächen, die in Schärtchen oder Kamine führen sind auch typisch für den Felsbau in der Erlspitzgruppe.

Rückblick unterhalb des wiesenfleckes

Nach der Wiesenfläche erreicht man über eine brüchige Flanke ein Schärtchen, zu dem herauf die im Führer beschriebene Variante zur Vermeidung des ersten Wandkopfes her führt. Man muß diese Rinne mit viel rutschendem Schutt nicht nehmen, der erste Felskopf ist leicht genug um ihn zu erklettern.

das Schärtchen voran und sogleich der nächste Felskopf

Jenseits des Schärtchens warten wieder splittrige, brüchige Felsen auf, die jedoch ebenfalls ohne große Schwierigkeiten überklettert werden und diesmal ist der Ausstieg ein Schuttband das auf eine kleine zunternbewachsene ebene Fläche führt.

Querung zum Schärtchen in sehr brüchiger Flanke

Nach dieser Fläche bricht der zweite Felskopf wieder jäh ab, wobei auf einem schmalen kurzen Felsband in eine weitere Scharte abgeklettert wird.

Beginn des zweiten Felskopfes

Nach diesem Felskopf zieht sich der Hang mit einer langen wiesenbewachsenen Passage bis unter die Gipfelgratfelsen hinauf. Diese könnten an ihrer Westseite in leichtem Gehgelände bis zum nahen Gipfel gemeistert werden, uns reizte jedoch deren direkte Überkletterung bis zum Gipfelkreuz der Kuhljochspitze.

mitten im zweiten Abschnitt

Eine nette kurze Kletterei im II. Grad mit ordentlicher Brüchigkeit, die in jedem Fall einiges an Konzentration erfordert. Er ist jedoch schöner als der brüchige, ausgetretene Normalweg.

eine lange Wiesenpartie erreicht, sie zieht sich bis knapp unter den Gipfel

Am kleinen Gipfelplateau der Kuhljochspitze hat man eine phantastische Aussicht und einstimmig beschlossen wir gleich, daß nächstens der Übergang auf die Erlspitze dazu gehängt werden muß.

letzte Meter zum Gipfel am Südgrat der Kuhljochspitze

Der Aufstieg am Südgrat wird in ca. 35 bis 40min bewältigt, der gesamte Aufstieg von Hochzirl beträgt gut 1.400m.

Kuhljochspitze mit Südgrat vom Solsteinhaus aus

Als Abstieg wählten wir den Normalweg zum Solsteinhaus, um dort in aussichtsreicher Kulisse reichlich und gut zu speisen.

Kreuzjöchl bis Kuhljochspitze

Den gesamten Aufstieg vom Bahnhof in Hochzirl bis zum Gipfel bewältigten wir in 2 3/4 Stunden, der Führer gibt am Normalweg (über die Kuhljochscharte) 4 Stunden an.

Mils, 30.07.2017