Gleich drei Namen besitzt der schöne Aussichtsberg in den Nördlichen Sellrainer Bergen. Und er ist, mit einem Meter mehr als die schön geformte Peiderspitze, nach Osten hin der höchste Gipfel in der Kette. Seine Besteigung von Haggen eignet sich für späte Herbsttage an denen die Sonneneinstrahlung den Südanstieg erwärmt.
Der Ausgangspunkt auf das Seejoch vom Sellraintal kann von Haggen, oder von zwei Steigen, die etwas höher in Richtung Kühtai, an der Landesstraße beginnen. Am Rückweg kann somit ein geänderter Abstieg zu einer kleinen Runde ausgebaut, und die Forstfläche mit interessanten Informationen besichtigt werden.
Die vorliegende Tour beginnt am Parkplatz jenseits des Zirmbachs, in Haggen. Von dort ist das Ziel gut sichtbar. Vorbei an der kleinen Kapelle führt der Steig nordostwärts auf den grasigen Hang, der so eigentümlich kahl im hellbraunen, verdorrten Herbstkleid steil nach oben führt.
Deutlich sichtbar von unten erscheinen die Markierungen auf den Blöcken im Hang. Der Steig führt im unteren Teil durch ein paar sumpfige Stellen, bevor der Hang steiler wird und in zunächst weiten Serpentinen aufwärts führt.
Nach einer etwas weiteren Nordostpassage setzt der Steig auf dem Westrücken einer Wasserrinne fort und die Serpentinen werden enger. Auf diesem Rücken bleibt der Anstieg bis der Steilhang oben zum Haggener Sonnberg, der seinen Namen zurecht trägt, stetig abflacht.
Im Flachteil kreuzt der Steig mit dem Sellrainer Höhenweg, der östlich zur Sonnbergalm und weiter in Richtung Roßkogel führt. Vorbei an den Resten von Almwirtschaft, die aus Unwirtschaftlichkeit und Mühe aufgegeben wurde, leitet der Steig in mäßig steilem Gelände auf den Rücken hinter dem sich die Roßgrube mit dem kleinen See befindet. Am Hochpunkt des Rückens findet sich eine einsame Bank, die für eine Trinkpause genützt wurde.
Von dort kann die „Haggener Wand“ unterhalb des Gipfels des Seejochs und das davon rechts, nach Ost, sich erstreckende Peiderwandl aus der Nähe betrachtet werden, eine nach Ost ansteigende Wandstufe, die höchstwahrscheinlich durch das Abrutschen der Gneisglimmerschiefermassen gebildet wurde. Oberhalb zeichnet sich das Gipfelkreuz des Seejochs deutlich ab.
Das Peiderwandl ist es auch das nun, nach der Umwanderung der innersten Rossgrube mit leichtem Höhenverlust, angepeilt wird, um auf die Peiderscharte im Osten zu gelangen.
Am Weg dorthin durchquert der Steig eine Murenrinne, die viele Eindrücke der in den Felsen darüberliegenden geologischen Einheiten in die Roßgrube gefördert hat und nicht nur Gneisglimmerschiefer sowie Schiefergneis sondern auch den dunkelbläulich feinkörnigen Biotitgranitgneis und den ebenfalls dunklen aber eher schwarzen Amphibolit zeigt.
Der Steig entlang des Peiderwandls überquert einige Murenrinnen direkt am Felsfuß, sodaß die unterschiedlichen Farben, Muster und Bruchformen der Gesteine schön studiert werden können.
Kurz vor der Peiderscharte, auf dem letzten felslosen Anstieg zur Scharte, taucht der Steig für eine kurze Strecke in Granodioritgneis ein, der den Grat und die Südabhänge der Peiderspitze bildet. Die kurzen Felspassagen gleich westlich der Scharte bestehen dann bereist wieder aus dem dunklen Amphibolit, der sich bis zum Gipfel fortsetzt.
Auf der Peiderscharte fällt der Blick natürlich auf den schönen Grat zur Peiderspitze, ein eigenes Abenteuer, das man auch mit dem Seejoch verbinden kann, falls man ein zweites Fahrzeug in Gries platziert hat, oder den Anstieg am Rückweg über den Sellrainer Höhenweg nicht scheut.
Am Gratverlauf wird das Seejoch Gipfelkreuz zum Greifen nahe während im festen Amphibolit entweder am Steig, oder schöner, am direkten Grat zum Gipfelaufbau angestiegen wird. Unter mäßiger Steigung werden die harmlosen Gratspitzln hin zum Fuß überwunden.
Die letzten 100 Hm zum Gipfel erfolgen nahe der Kante zwischen Südabbrüchen und Nordosthang in kleinen Serpentinen, teilweise auf einem schuttigem Rutschhang.
Einen besseren Tag für die Aussicht vom Seejoch als einen Herbsttag gibt es wohl nicht. Zwar steht die Sonne generell tief, treibt sie aber doch ein Licht und Schattenspiel im Süden, das die Grate richtig zur Geltung kommen läßt. Die trockene Luft erlaubt weite Fernblicke in die restlichen Himmelsrichtungen.
Im Nordwesten erhebt sich die schön geformte Pyramide des Rietzer Grieskogels, die, um wenige Meter, nur knapp die 2.900 m Grenze verfehlt und somit den höchsten Berg bis Kufstein, der direkt im Inntal steht bildet.
Nach Westen hin wird seine Höhe nur von Wildgratspitze und Parseierspitze übertroffen, wobei man ernsthaft darüber diskutieren mag ob erstere in vorderster Reihe zum Inntal angesiedelt werden kann und letztere noch dem Inntal zuzurechnen ist, bevor der räterromanische Piz Alpetta, westlich von Hochfinstermünz, mit 2.980 m direkt am dort entspringenden Inntal den Rietzer überragt.

Blick vom Seejoch nach Nordwest mit dem Pirchkogel links, dem Rietzer Grieskogel und dem Hocheder in der rechten Bildhälfte
Weit reicht der Blick im Herbst in den Norden auf die Wettersteingipfel mit der schönen Leutascher Dreitorspitze, die den östlichen Teil der Wettersteinhauptkette dominiert, und ins Karwendel im Nordosten, das man an einem langen Sommertag von Absam bis nach Krün durchwandern, und die gesamte Strecke incl. aller Gipfel, bis hin zur Soiernspitze in Bayern, vom Seejoch aus nachvollziehen kann.

Flaurlinger Alm in der Tiefe, links hinten die Leutascher Dreitorspitze, die Ahrnspitzgruppe und die Karwendelvorberge in Bildmitte und rechts das Karwendel
Direkt im Osten, im Seetal gegenüber, reicht der lange und nach Norden hin milder werdende Grat, den die Peiderspitze entsendet, bis zum Rauhen Kopf, bevor er in das Inntal abfällt.

sanft steigender und zerklüftet endender Nordgrat von der Peiderspitze nach Norden mit Karwendel im Hintergrund
Dieser Grat trägt die Schlossköpfe, über die es sich in leichter Kletterei in festem Fels auf die Peiderspitze ansteigen läßt. Genau über der Palderscharte ragt der kühne Turm des Weißsteins auf und links davon der Roßkogel, die man in einer interessanten Runde über den Mitterkogel ab der Inzinger Alm begehen kann.
Im Südosten reicht der Blick bis in die Zillertaler Alpen, sowie nach Süd geschwenkt über die famosen Kalkkögel und dem Habicht zu den zentralen Stubaier Gipfeln. Gegenüber, im Tiefsten des Gleirschtals thront der rassige Gleirscher Fernerkogel und östlich davon, im hinteren Lüsenstal, seien die Dreitausender der Hohen Villerspitze, des Lüsener Fernerkogels und des mächtigen Schrankogels erwähnt.

Von links: Peiderspitze, Kalkkögel mit Zillertaler Alpen im Hintergrund, Habicht und Hoher Villerspitze rechts
Im gleißenden Licht der flach stehenden Sonne im Herbst finden sich gegenüber die Südlichen Kühtaier Berge, von denen die wohl bekanntesten Gaiskogel, Pockkogel und Neunerkogel eine schöne Überschreitung im Sommer bilden, sowie im Winter der Zwieselbacher Rosskogel und der Sulzkogel sehr beliebte Touren darstellen.

Hohe Villerspitze und Lüsenser Fernerkogel in der linken Hälfte, Schrankogel mittig weit hinten, Grubenwand, Gleirscher Fernerkogel, die spitze Vordere Sonnenwand, der Breite Grieskogel und der Zwieselbacher Roßkogel rechts
Als leichte Tour im Vordergrund kann die Runde über die Freihut empfohlen werden; mit Aufstieg ab und nach Narötz, in der Juifenau.
Den Abschluß des Panoramas im Westen bildet der Blick auf Kühtai mit dem grünen Stausee und dem dahinter aufragenden Stock des Maning- und Acherkogels, die mit einer atemberaubenden Nordostkante aufwarten.
Ebenfalls gen West fällt der Grat vom Seejoch zum Metzten und dahinter, zur Flaurlinger Scharte hin ab – eine nächste Tour als Überschreitung von West nach Ost, über die Peiderspitze, bis zum Roßkogel hin und unter Nutzung des Linienbusses möglich.
Der schöne Grat von der Peiderscharte auf die gleichnamige Spitze kann im Abstieg erforscht werden. Der Führer attestiert für diese mäßige Schwierigkeit, welche auch optisch stimmen sollte, bis auf eine schwierige Stelle, die Roman & Jürgen beschreiben.
Am Haggener Sonnberg kann ein alternativer Abstieg nach Westen erfolgen, der durch die Aufforstungsfläche, die ab dem Jahr 1963 als Reaktion von verheerenden Lawinenabgängen angelegt wurde. Es empfiehlt sich die Informationstafel am unteren Ende des Steigs durch den Wald zu lesen.
Der Abstieg dorthin ist bestens markiert und ein Bankl oberhalb der durch Lärchen bunt gefärbten Forstfläche lädt zum Baumeln der Seele ein, vor den herbstlich goldbraun gewordenen Bergwiesenflächen im Sellraintal.
Auf der sonnigen Herbstrunde werden 1.380 Hm über eine Strecke von 10,5 km gemeistert. Man rechne incl. Gipfel- und kurze Trinkpausen mit 5 1/2 bis 6 Stunden. Im Sommer empfiehlt sie sich aufgrund der Temperaturen nur bei sehr frühem Start.
Zur Einkehr eignet sich der legendäre Forellenhof, in dem man immer gut isst, wenn man denn am Nachmittag nach dem Mittagsansturm als Einzelner auf einem Tisch im Garten beachtet wird.
Mils, 30.10.2022
- Karte Seejoch Flaurlinger Roßkogel
- Seejoch vom Parkplatz bei der Schärmeralm aus gesehen
- geschichtliche Spuren auf alpinem Terrain, Erbhof in Haggen
- Marienkapelle und Forellenhof in Haggen
- Andreaskapelle Haggen
- Beginn Steig auf den Haggener Sonnberg
- Rückblick nach einigen Minuten Aufstiegs
- Blick auf St. Sigmund im morgendlichen Gegenlicht
- Haggen bereits tief im Tal, Schöllekogel, Kraspesspitze und Weitkarspitze von rechts nach links
- Auf den Sonnberg hin wird es stetig flacher, Blick nach Westen mit Pirchkogel im Hintergrund Mugkogel vorne
- Seejoch vom Haggener Sonnberg aus
- letzter Blick auf Haggen, mit Gais- (Vordergrund) und Pockkogel rechts bevor das Gelände abflacht
- am Sellrainer Höhenweg angelangt; zum Seejoch geradewegs nach Norden über eher flache Bergwiesen
- vorbei an Resten von Almwirtschaft
- an der Inneren Roßgrube angelangt
- deutlich sind die abgesackten Hänge am Saum der Felsen der Haggener Wand zu betrachten, genau an ihrem Fuße liegt der Steig
- schöner Blick auf den Gaiskogel, dessen Höhe gering mehr als jene des Seejochs beträgt
- perfekt gedüngt
- alte und junge Steinmuren werden überschritten
- über ein Blockfeld führt der Steig an die Felslinie heran
- typischer Aufstieg durch Murenrinnen mit jung herabgefördertem Gestein
- Rückblick auf die Innere Roßgrube
- Gleirschtal im Süden im Gegenlicht
- immer an der unteren Felslinie entlang
- Rückblick auf den Aufstieg
- Die Felsflächen werden kleiner je näher sich der steig zur Peiderscharte hinzieht
- Peiderscharte, Blickrichtung Ost zur Peiderspitze
- Peiderscharte, Blickrichtung West zum Seejoch
- Auf dem ersten Gratkopf (dunkler, blockiger Amphibolit)
- Rückblick auf die Peiderscharte
- entweder am Weg, südlich der Grathöhe
- oder direkt auf der leicht zu begehenden Gratschneide
- Tiefblick auf die Innere Roßgrube
- Aufstieg auf der Kante des Osthangs zum Seejoch
- Rückblick auf die Gratstrecke
- Seejoch, 2.808 m
- Blick vom Seejoch nach Nordwest mit dem Pirchkogel links, dem Rietzer Grieskogel und dem Hocheder in der rechten Bildhälfte
- Rietzer Grieskogel, Hocheder und Schafmarebenkogel vor der Mieminger Kette
- Flaurlinger Alm in der Tiefe, links hinten die Leutascher Dreitorspitze, die Ahrnspitzgruppe und die Karwendelvorberge in Bildmitte und rechts das Karwendel
- sanft steigender und zerklüftet endender Nordgrat von der Peiderspitze nach Norden mit Karwendel im Hintergrund
- Schlossköpfe und Peiderspitze – eine bärige Überschreitung
- Von links: Peiderspitze, Kalkkögel mit Zillertaler Alpen im Hintergrund, Habicht und Hoher Villerspitze rechts
- Hohe Villerspitze und Lüsenser Fernerkogel in der linken Hälfte, Schrankogel mittig weit hinten, Grubenwand, Gleirscher Fernerkogel, die spitze Vordere Sonnenwand, der Breite Grieskogel und der Zwieselbacher Roßkogel rechts
- phänomenaler Blick vom Seejoch auf Gleirsch- und Kraspestal
- links der Sulzkogel, der Maning- und der Acherkogel, dann Kühtai und rechts der Pirchkogel
- Grat von Peiderscharte auf die -spitze
- Blick von der Peiderscharte auf den Abstieg
- links Gneis, rechts Granit
- bläulich dunkler Biotitgranitgneis
- Rückblick auf den Abstieg
- südwestlich den Sonnberg querend hinab auf den Sellrainer Höhenweg
- malerische Herbstszene
- am Höhenweg gen Westen
- Abzweig vom Höhenweg Richtung Haggen
- im Wald der Forstfläche
- Informationstafel über die Forstfläche
- am Steig neben der Kühtaistraße bis zurück zur Andreaskapelle, hoch oben das Seejoch