Schitour Lochkogel, 3.044 m

Auf der Fahrt ins Ötztal tritt bald nach Tumpen als erste massive Erhebung auf der linken Seite im Blick in das Tal die bestechende Schneide des Sulztalkamms mit der Gamskarspitze im Vordergrund und dem krönenden Lochkogel im Hintergrund ins Blickfeld.

atemberaubender Blick auf Huben, 1.730 m tiefer im Tal

Die Schitour auf den Lochkogel ist nicht minder bestechend, im Aufstieg über die Steilflanke auf den Grat unter den Felsen an 43° Hangneigung heranreichend und das Kletterfinale auf den Gipfelaufbau mit den Tourenschuhen kein Spaziergang.

Start in das Sulztal an einem grandiosen Frühlingsmorgen

In jeder Beziehung stellt die Schitour auf den Lochkogel ein hehres Unternehmen dar. Der Anstieg in das Äußere Reichenkar wartet gleich nach dem Verlassen des Almwegs zur Nisslalm mit rassigem Gelände auf. Von den steilen Hängen oberhalb der Umgehung des Hochguteggs zeugen Lawinenreste auf den Blockhalden von keinem einfachen Gelände im Hochwinter.

wunderbarer Blick aus dem noch schattigen Sulztal nach Westen

Im Frühjahr bedarf es einer bewußten Vorausschau, um nicht in Sackgassen der aperen Blöcke zu geraten. Unsere Begehung war zeitlich gerade noch so gewählt worden, daß wir ohne große Umfahrungen und Abschnallaktionen durch diese Passagen durchkommen konnten.

bei der ersten Kehre zur Nisslalm, dem vermeintlichen Ende der Tragestrecke

Wie in der Vorwoche bei der bärigen Schitour auf den Tonigenkogel mußte die Tragestrecke bis zur „Veglasbrugga“ auf der Straße in Kauf genommen werden und die Hoffnung war, daß gleich danach der Weg auf die Nisslalm den Aufstieg unter Schi zuließ. Dabei täuschten wir uns kräftig. Durch die befahrbar gehaltene Zuwegung der Nisslalm wird die Straße ständig geräumt und war bis zur ersten Kehre größtenteils aper.

phantastischer Blick ins Winnebachtal mit dem Breiten Grieskogel links, Gänsekragen, kaum sichtbar dem Gleirscher Fernerkogel und dem Westlichen Seeblaskogel

So verlängerte sich der Fußweg auf etwa 40 Minuten, wobei an der ersten Kehre umgerüstet werden konnte. In der Meinung, daß die Tour nun vollständig unter Schi zu begehen war, stieg die Stimmung positiv an. Aber bereits nach der ersten Kuppe erfolgte eine weitere apere Strecke und im Verlauf bis zur Nisslalm konnte kein lohnenswerter Abschnitt unter Schi begangen werden.

Abzweig zum Äußeren Reichenkar

Entsprechend froh waren wir, als wir den auf 2.020 m im Schnee verborgenen Abzweig des Sommerwegs in das Äußere Reichenkar aufsteigen konnten und von dort bis zum Grat keinen aperen Abschnitt mehr vorfanden. Dem Abzweig über die Jagdhütte bei der zweiten Kehre trauten wir nicht mehr, da von dort aus schon sichtbar wurde, daß wir im Wald auf apere Abschnitte treffen würden und dies noch weniger erwünscht war, als brav dem aperen Weg zu folgen.

Hochgutegg über dem Wald, der nach links durchquert wird

In Sichtweite der Nisslalm schlugen wir die Richtung Südwest zum Äußeren Reichenkar ein und befanden uns alsbald im Blockgelände der enormen Felsstürze vom Hochgutegg herab. Über einige alte Lawinenreste erreichten wir die etwas lieblichere Flachstrecke des Kars.

in der Querung zum Äußeren Reichenkar

Mit einem epischen Blick auf das hintere Sulztal mit Schrankogel und den Gipfeln um das Stubaier Gletscherschigebiet herum verabschiedeten wir uns vom Sulztal und betraten das Äußere Reichenkar, das uns gleich mit einer unüberblickbaren Talstufe, über die nur die Gipfel sichtbar sind, empfing.

Blick ins Äußere Reichenkar

Auf der linken Talseite der mächtige Koloss des Hohen Kogels, dahinter mittig in der Umrahmung des Reichenkars die Reichenkarspitze und ganz rechts, im schleifenden Winkel über dem Ostgrat thronend, der Gipfelbereich des Lochkogels.

phantastischer Blick auf das hintere Sulztal mit Schrankogel und den Gipfeln um das Stubaier Gletscherschigebiet

Wir näherten uns dem mittleren, flachsten Anstieg über die Talstufe, die Jagdhütte links liegen lassend. Dieser Anstieg erschien uns angesichts der warmen Temperaturen eher angebracht, als die steilere Flanke über die Nordseite im Kar.

die Talstufe im Äußeren Reichenkar

Nachdem ein ortskundiger Schneehase den gleichen Aufstieg genommen hatte, konnten wir nicht falschliegen.

herrliche Landschaften haben die Eiszeitgletscher geformt; Schneehasen leben hier einige

An der Kuppe oben stellten wir fest, daß wir mit unserer Wahl zwar einen Aufstiegserfolg durch die Vermeidung von weichen Hangpartien zu verbuchen hatten, diesen jedoch mit einem kleinen Höhenverlust bezahlten.

mit moderater Steigung auf die Rippe

Die geschätzten zehn Höhenmeter waren jedenfalls ohne Ärgernis zu verkraften und der Hochpunkt bot ein phantastisches Fotomotiv des inneren Äußeren Reichenkars, bei dem der Steilhang und die nachfolgende Rampe sichtbar wurden.

innerer Teil des Äußeren Reichenkars von der Kuppe der Talstufe gesehen, links der Bildmitte die Reichkarspitze

Von dieser Perspektive aus konnten wir schon erkennen, daß dieser Teil des Aufstiegs eine Herausforderung sein würde.

Rückblick auf den Anstieg über den Kopf

Der Zustieg zum Karkessel ist im Äußeren Reichenkar bedeutend kürzer als im Sulzkar auf den Tonigenkogel.

im mittleren Teil im Äußeren Reichenkar

Vom Hochpunkt auf der Kuppe der Talstufe beträgt der Abstand zum Karkessel einen Kilometer. Die Strecke wird so wie im Sulzkar auf der Nordseite abgeschritten, die Steigarbeit erfolgt über 200 Hm.

gegen den Karschluß hin wird die Aufstiegsroute sichtbar; die abschüssige Rampe zum Grat deutlich sichtbar

 

Im Karkessel musterten wir die steile Schuttreise, die es nun galt, bis unter die Felsen aufzusteigen.

im Tiefsten im Kar angelangt, geradeaus führt die Schuttreise hinauf; kleine Rutschungen von Neuschnee der letzten Tage teilen den Hang

Oberflächliche Lockerschneelawinen des Niederschlags der vergangenen Tage lösten sich bereits am Vortag und schoben schmale Schneisen in den angenehm weichen Untergrund. Die Übergänge zeigten sich leicht angehäuft und erforderten einen hohen Schritt, um sie zu überwinden.

unterer Teil des Steilhangs

Mit der Höhe nahm auch die Steigung zu. Von einer kleinen Mulde unterhalb des tiefsten Felsansatzes aus musterten wir die weitere Strecke, die nun schon in ernst zu nehmender Hangneigung lag.

die Rutschungen und Spuren im Schnee verraten die Steilheit; oben die Biegung im Hang als steilste Stelle

Vor allem fiel die Biegung des Kars nach Norden ins Auge und die Frage stellte sich, ob die wohl oberhalb oder unterhalb des Felsens zu nehmen sei. Rein optisch von der Mulde aus befanden wir, daß sie eher oberhalb überstiegen werden soll.

Überblick über den oberen Teil des Steilhangs

Der weiche Schnee kam uns sehr zugute. In den Lawinenstrichen mußten wir nur den Schi mit einem leichten Schlag setzen, um Halt zu bekommen, Harscheisen waren auch im schattigen Abschnitt unterhalb der Felsansätze nicht vonnöten und hätten in der Steigung nicht mehr montiert werden können, ohne ein Risiko einzugehen.

der Hang wird steiler

Auf der Passage nach der Mulde bis über die Biegung nach Norden, dem steilsten und unfallträchtigsten Abschnitt, waren wir derart angespannt, daß an ein Foto nicht zu denken war. Ein Sturz in den Schlund der Rinne in der Biegung hätte wohl fatale Folgen gehabt. Die Strecke duldet keine Konzentrationsschwäche und den Halt der Schi prüften wir bei jedem Schritt doppelt.

am Felsansatz betreten wir die größte Steigung mit mehr als 40 °

Entsprechend sackte die Anspannung nach der Biegung ab. Wir hatten ohne viel zu diskutieren die zarten Felsriegel unterhalb gequert, als dort optisch beste Variante. Oberhalb der Felsen nimmt die Steigung nicht ab, sodaß ein zu hohes Steigen mit Spitzkehren eher ein unnötiges Risiko bedeutet hätte.

nach der Biegung und dem dunklen Schlund der tiefen Rinne links unten

Nach dieser Passage erreichten wir einen noch wesentlich weicheren Hang, die Rampe zum Grat. Sie unterliegt mit ihrer Südostausrichtung schon recht früh am Tag der Bestrahlung und erwies sich als sehr nass und weich.

mit weniger Steigung führt die Route am aufgeweichten Hang zum Grat

Teilweise sanken wir knietief ein. Auf diesem Teil bestand wieder eine gewisse Anspannung vor der Gefahr von Nassschneelawinen. Wir suchten deshalb den Aufstieg möglichst nahe unterhalb der Felsen. Schließlich erreichten wir den Grat unterhalb des Gipfelaufbaus des Lochkogels, und richteten ein Schidepot ein.

Rückblick auf den Aufstieg

Unter häufigem Versinken bis zu den Oberschenkeln arbeiteten wir uns auf die aperen Gratstücke hinauf. Glücklicherweise war dann der Großteil des Aufstiegs auch bereits aper, was uns ein rasches Fortkommen ermöglichte.

im Hintergrund der Gipfelaufbau des Lochkogels

Den Aufstieg möge man vom Zeitbedarf her nicht unterschätzen, wir haben dafür 35 Minuten benötigt.

fußläufig weiter auf den Lochkogel

Den letzten Teil zum Hochpunkt am Gipfel ließen wir zugunsten der fortgeschrittenen Stunde und des Föhns wegen bleiben. Vielleicht haben daher 10 Hm Aufstieg gefehlt.

scharfe Stelle am Grat

An sehr aussichtsreicher Stelle lichteten wir die Gipfel rings herum ab.

am Gipfelbereich angekommen, zum Gipfelkreuz muß man mit Tourenschuhen nicht aufsteigen

Im Osten vom Lochkogel aus ragen der Lüsener Fernerkogel, der Hintere Brunnenkogel, das Wilde Hinterbergl, das Schrandele und der mächtigste nahe gelegene Gipfel, der Schrankogel auf sowie dahinter die Ruderhofspitze.

Blick nach Nordosten, rechts Hinterer Brunnenkogel

Die Östliche Schwarzenbergspitze, gefolgt von der Mutterberger Seespitze, dem Wilden Freiger, Hinteren Daunkopf, Wilden Pfaff, Zuckerhütl und Stubaier Wildspitze setzen den Reigen nach Osten fort.

Blick nach Osten mit Schrandele, Schrankogel, Ruderhofspitze, Östliche Schwarzenbergspitze und Mutterberger Seespitze in der rechten Bildhälfte

Besonders eindrucksvoll stehen die Murkarspitze und die Wilde Leck in einer Linie nach Südosten.

rechte Bildhälfte: Wilder Freiger, Hinterer Daunkopf, Wilder Pfaff, Zuckerhütl, Stubaier Wildspitze, Kuhscheibe, Wilde Leck und Atterkarspitze

Der Tonigenkogel, das Tourenziel der Vorwoche, ist aufgrund des Riegels, den der Gamezwart bildet, leider nicht auszumachen. Dafür beeindruckt die kühne Form der Atterkarspitze, die ihrem Namen alle Ehre bereitet.

die Föhnmauer im Süden; links Hoher Nebelkogel und gegenüber im Tal Hochfirst, Granatenkogel, Liebener Spitze und Hinterer Seelenkogel über dem Nebel

Von den Dreitausendern im Ötztaler Hauptkamm waren an diesem föhnigen Tag aufgrund der Föhnmauer im Süden leider nur Hochfirst, Granatenkogel, Liebener Spitze und der Hintere Seelenkogel sichtbar.

Großer Ramolkogel, Similaun, Wildspitze und Hinterer Brochkogel sowie im Vordergrund der Puitkogel

Durch die Südrichtung hindurch war der Große Ramolkogel der nächste sichtbare Gipfel und weiter hinten der Similaun.

links der Bildmitte die Rofelewand, rechts Gsallkopf, Luibiskogel, in der Ferne der Hohe Riffler, rechts Blockkogel und ganz rechts Hairlacher Seekopf

Die Wildspitze und der Hintere Brochkogel im nahen Südosten zeigten sich vom Nebel frei. Anschließend die Gipfel gegen Westen hin mit Hochvernagtspitze, Puitkogel im Vordergrund in die Höhe. Im Westen anschließend die Hohe Geige und die unverkennbare Rofelewand sowie rechts davon der Gsallkopf.

Ende erstes Bilddrittel der Fundusfeiler, dann gleich der Wildgrat und der Brechkogel, in der Ferne der Imster Muttekopf und die Hintere Platteinspitze

Eine sehr eindrucksvolle Aussicht genießt man am Lochkogel auf Hillis Pollestal, das zum Wassertalkogel führt. Imposant ist auch der Tiefblick nach Huben, 1.730 m unterhalb dem Gipfelkreuz am Lochkogel.

grandioser Einblick ins Pollestal

im Nordwesten folgen Blockkogel, Hairlacher Seekopf, Fundusfeiler, Wildgrat, Brechkogel, Imster Muttekopf und die Hintere Platteinspitze im Nordwesten. Der Wannig mit seinem bärigen Nordanstieg durch die Steilrinne ist vom Hochpunkt am Lochkogel aus sichtbar.

Gipfelbereich Lochkogel, 3.044 m

Ohne nennenswerten Aufenthalt traten wir den Abstieg an, da die Mittagsstunde bereits zur Hälfte verstrichen war und sich die Tageserwärmung dem Höhepunkt näherte.

Abstieg vom Lochkogel

Wie für den Aufstieg benötigten wir mit den klotzigen Tourenschuhen ebenfalls eine halbe Stunde, die einzuplanen ist. Vom Grat aus beträgt somit die Gipfelbesteigung eine gute Stunde.

abschüssige Rampe am Grat zum Lochkogel

Während des Umrüstens auf die Abfahrt legte der Föhn an Intensität zu, was uns dazu veranlasste, die Rast kurz zu halten und rasch die Abfahrt anzutreten. Auf der Rampe ließ sich der Schnee trotz des Aufweichens halbwegs vernünftig befahren.

unterer Teil am Abstieg vom Lochkogel

Je weiter wir uns der Biegung näherten, desto besser wurde die Schneekonsistenz, denn diesmal querten wir weit oberhalb des Felsriegels, der beim Aufstieg unterquert wurde.

am Grat beim Abstieg vom Lochkogel

Im steilsten Bereich vermieden wir Schwünge, denn knapp unterhalb des Felssaumes war der Hang noch steiler als im Aufstieg etwa 50 m darunter. Wir ließen uns bis zu den Aufstiegsspuren abrutschen, bevor wir weitere Schwünge setzten.

Abfahrt über die aufgeweichte Rampe am Lochkogel

Auf der durch die kleinen Rutschungen ruppigen Oberfläche war es ohnehin keine große Freude abzufahren. Als die Steigung wieder unter 40 ° sank konnten wir in noch unberührtem Schnee erfreuende Schwünge zum Karkessel hinabziehen.

Vom Karkessel aus befuhren wir dann die aufgeweichte Nordseite, in der sich schlechter, jedoch ohne tief einzusinken passabel zu befahrender Firn gebildet hat.

Ausfahrt aus dem Karkessel

Auf der restlichen Ausfahrt aus dem Äußeren Reichenkar versuchten wir erfolgreich die höchst mögliche Linie zu behalten, um dem Gegenanstieg zu entkommen, was uns im schweren Schnee gerade gelang.

Rückblick auf die Abfahrt; rechts die steile Biegung mit der Steilrinne

Die Abfahrt über die Talstufe reichte dann, um selbst auf 2.200 m vollends im Sulz zu versinken und bereits nach zwei Schwüngen verschnaufen zu müssen.

hohe Ausfahrt aus dem Äußeren Reichenkar

Diese Tour wird die letzte der heurigen Wintersaison gewesen sein, keimte der Eindruck bei den Strapazen im letzten steilen Stück auf.

Abfahrt von der Talstufe mit Hindernissen

Mit gefühlten Betonklötzen im Sulz beendeten wir die Abfahrt wieder an der gleichen Stelle am Almweg, die wir beim Aufstieg genommen haben.

herrliche Ansicht des hinteren Sulztals mit Mutterberger Seespitze

Am Abstieg zum Versteck der Zustiegsschuhe wartete das schöne Sulztal abschließend mit einem eindrucksvollen Blick auf die Mutterberger Seespitze auf.

herrliche Ansicht des hinteren Sulztals mit Mutterberger Seespitze

Für die rassige Schitour auf den Lochkogel benötigten wir 8 Stunden incl. aller Pausen und die Tragestrecken. Die Steigarbeit findet über 1455 Hm statt, die Streckenlänge beträgt 8,7 km von Gries.

kurz vor dem Parkplatz in Gries

Steigeisen hatten wir dabei, sie waren aber nicht vonnöten. Im Winter wird es ohne diese kaum möglich sein, ohne großes Risiko zum Gipfel zu gelangen.

Mils, 19.04.2025

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