Großer Möseler, 3.478 m

Überraschend leicht und als kombinierte Eis- und Felstour läßt sich der Große Möseler, der zweithöchste aller Zillertaler Gipfel im Hauptkamm des Gebirges, bezwingen. Am Beginn des bereits weit zurückgezogenen Gletschers werden Steigeisen, Pickel und Seil nötig, dann folgt eine leichte Gratkletterei am blockigen Felsgrat und im dritten Teil wird ein aufsteilender Gletscherhang wieder mit Eisausrüstung bezwungen. Das Panorama ist grandios und reicht über 150 km bis zu Viertausender in der Schweiz.

Großer Möseler, 3.480 m

Den Ausgangspunkt auf den Großen Möseler bildet der Parkplatz am Zamsgatterl am Ende der Schlegeisstraße. Im August ist man dort, nach knapp eineinhalbstündiger Fahrt aus dem Raum Innsbruck, um viertelnachsechs Uhr früh bei weitem nicht allein.

Schlegeisspeicher mit (ab Bildmitte) Breitnock, Hoher Weißzint und Hochsteller

Wir hatten optimales Wetter erwischt und bereiteten die Radln (mit Muskelkraft betrieben) vor, um die ersten vier Kilometer, die mit wenig Auf und Ab und mit gleich viel Höhengewinn am Stausee entlang führen, rascher als die Stunde Gehzeit fort zu kommen. Genau waren es 20 min, die für die Fahrt notwendig waren, also sparten wir damit knapp 40 min ein (ohne Zeit für Zusammenbau und verstauen der Radln in der Koppel vor der Schlegeisbachbrücke).

ein schöner Tag kündigt sich an, der Schotterweg neben dem Stausee vollführt wenig Höhengewinn

Während der Fahrt öffnen sich eine Reihe von Fotomotiven, die man nicht versäumen sollte. Der Rückblick auf Olperer und Gefrorene Wand Spitzen. Wer sich über die ungewöhnlich großen Wassermassen im Spiegelwald auf der östlichen Talseite wundert, dem sein verraten, daß es sich um die Beileitung des Zemmbaches aus dem östlich gelagerten Zemmtales handelt, dessen Wassermassen am Austritt in den Schlegeisspeicher einen Höhenunterschied von knapp 100 Hm hinter sich haben und nach gut sechs Kilometer Transportstrecke im Stollen und unter Berücksichtigung der Reibung immer noch mit mehr als fünf bar aus dem Stollenportal schießen und weite Fontänen bilden. Bereits von weitem dringt das Getöse im stillen Tal an des Radlfahrers Ohr.

Rückblick auf Olperer und Gefrorene-Wand-Spitzen im Norden

Vor der Brücke über den Schlegeisbach befindet sich das Radldepot in Form einer eingezäunten Koppel und komfortablen Aufhängestangen. Der Zweck dürfte eher dem Schutz der Weidetiere aus dem Pfitschtal dienen, denn dem Schutz des Radls. Das Gatter der Koppel ist ungünstig gewählt, es empfiehlt sich den Drahtesel über die Einzäunung zu heben.

Brücke über den Schlegeisbach

So wie im hintersten Ötztal die Schnalser Bauern haben im Schlegeis die Pfitscher Bauern Weiderechte. Dies erklärt sich dadurch, daß die langen und schmalen Nord-/Südtäler durch ihre Steilstufen von Norden her sehr schwer zugänglich waren und daher die Besiedelung und Nutzung der Hochflächen vom Süden her erfolgte. Der Sonnenwinkel begünstigte ebenfalls die Zugänglichkeit vom Süden.

Brückenmauerstein mit Garbenschiefereinschaltung

Auf der Brücke über den Schlegeisbach entdeckt der an Gestein interessierte Bergsteiger Bausteine mit eingelagerten Hornblendenadeln. Generell gibt es reichlich Vorkommen davon und auf dem weiteren  Aufstieg bis zur Eisgrenze fallen viele solcher Proben ins Auge.

Weg zum Steig Richtung Furtschaglhaus

Zunächst recht flach geht es auf der östlichen Talseite weiter in Richtung des Furtschaglhauses, das einen Stützpunkt für Touren am Schlegeiskees und den südwestlichen Zillertaler Alpen bildet. Die historischen Bilder im Link zur Hütte geben einen Eindruck der Gletscherstände Schlegeiskees und Furtschaglkees zur Zeit der Errichtung der Hütte bzw. wenig später. Sie dürften die Situation vor gut 120 Jahren darstellen. Ein noch eindrucksvolleres Bild aus etwa 1890 des Schlegeis- und Furtschaglkees‘ und des Großen Möselers gibt es auf Wikipedia zu betrachten.

Beginn Steig zum Furtschaglhaus

Nach gut einem Kilometer zweigt der Steig zum Furtschaglhaus von dem Schotterweg ab, der nur noch knapp zweihundert Meter weiter zur Materialseilbahn führt und dort endet.

schöne Bruchstücke von Furtschaglschiefer

Gleich nachdem die Hangneigung steigt wandelt man auf einem Steig, der von der großen Zeit des Hüttenbaues zeugt, in der nicht nur Hütten errichtet wurden, sondern auch den Zuwegungen erhöhtes Augenmerk geschenkt wurde und die Steige aufwändig und komfortabel gebaut wurden. Möglichst große und ebene Platten sorgen teilweise für einen fast stufenartigen Aufstieg. Dort wo das Gelände Abrutschgefahr für die Platten darstellt half man sogar in modernen Zeiten mit Durchbohrungen derselben und gegenseitiger Vernagelung aus Torstahl nach, um die Stabilität herzustellen.

Blick auf die unterschiedlichen Gesteine am Hochfeiler, Schlegeis- und Rötkees in diesem Bereich weitestgehend verschwunden

Der Aufstieg erfolgt zum Teil durch sogenannten Furtschaglschiefer, wovon auch eine eindrucksvolle Passage durch eine nasse Rinne zeugt in der riesige Platten gequert werden. Der Blick auf die hellgrauen Felspartien unterhalb des Schlegeiskeeses unterhalb des höchsten Zillertaler Gipfels, dem Hochfeiler in Westen, läßt erahnen welche Tiefenausdehnung die Eismassen einmal gehabt haben müssen.

Nöfes-/Nevessattel, Breitnock, Hoher Weißzint

Etwa mit der Seilbahntrasse wechselt das Gestein und der Gletscherschliff des Untergrundes wird bald sichtbar. Der Schliff dieser Felsen dürfte einen eiszeitlichen darstellen, da an dieser Stelle erst 2.100 m Höhe erreicht wurde. Das Gelände wird auf die letzte Talstufe hin zusehends flacher. Rechts, südlich tost der Furtschaglbach mit seiner gewaltigen Entwässerungstätigkeit des Gletschers hinab und man fragt sich beim Aufstieg wann der Gletscher zur Gänze entwässert ist und der Bach versiegen wird, bzw. nur mehr den obersten Talkessel der Furtschaglalpe entwässern wird.

Blick zum Größen Möseler

Vorbei an der obersten Holzstütze der Materialseilbahn führt der Steig durch die saftigen Wiesen der Furtschaglalpe bis zur Hütte. Die Hütte selbst wurde am nördlichen unteren (orografisch rechts) trichterförmigen Rand der mittlerweile bewachsenen Seitenmoräne der letzten Vergletscherung errichtet. Strategisch richtig und auf halbwegs flachem Terrain. Der ehemalige Gletscherrand erreichte also eine Tiefe von knapp unter 2.300 m.

Einschnitt Furtschaglbach unterhalb des Furtschaglhauses mit rechts der Furtschaglspitze und links dem Schönbichler Horn

Über das Tragseil der Materialseilbahn hinweg führt der Anstieg auf den Großen Möseler. Man muß dazu mitten durch die Terrasse des Furtschaglhauses hindurch, das bereits an die Seitenmoräne grenzt, eine interessante Stelle. Jenseits des Walles werden 30 Hm eingebüßt, indem das Moränengelände bis zum Furtschaglbach abgestiegen werden muß, um jenseits der schmalen Holzbrücke auf die orografisch linke Seite der Moräne zu gelangen, auf der eine Strecke von fast 200 Hm aufgestiegen wird.

Großer Möseler vom Furtschaglhaus aus gesehen

Am Beginn des Aufstiegs staunt man über die großen Blöcke zur Linken, die stetig durch den Gletscherfluß aufgetürmt wurden. Während dem Aufstieg kann man gut die verschiedenen Gesteine erkennen, die durch das Geschiebe vielfältig durchmischt wurde.

Brücke über den Furtschaglbach

Mittlerweile, etwa gegen halb neun, erlebten wir den Sonnenaufgang durch die tiefste Einsattelung zwischen Furtschaglspitze und Großem Möseler, lange abgeschirmt durch die Dreitausender im Südosten.

Sonnenaufgang am Weg zum Großen Möseler

Am Ende der Seitenmoräne wechselt der Aufstieg auf die talseitige Flanke eines rundlichen Moränenkopfes, dessen Ausprägung erst hinter dem Hochpunkt sichtbar wird und der ebenfalls eine Moräne darstellt. Am Hochpunkt (nicht ganz am Kopf sondern seitlich rechts davon) bietet sich ein guter Blick auf den weiteren Aufstieg, der zur Foto- und Trinkpause im Gegenlicht genutzt wurde.

alte Gletscherbegrenzung

Während des Aufstiegs dorthin vermuteten wir zunächst neugierige junge Steinböcke zu sichten, wobei sich bei der Annäherung herausstellte, daß man in Wahrheit Geißen vor sich hat. Das Gelände wechselt von rundlichen, durch Transport geschliffenen Gesteinsbrocken hin zu kantigen Blöcken, also relativ frischem Bruch entweder lokal entstanden oder oberflächlich am Eis von oben transportiert und ohne Schliff abgelagert.

über schönen Gletscherschliff im Aufstieg dahin

Über eindrucksvolle Oberflächen von feinkörnigem Granit, Granodiorit und Tonalit(?) hinweg stiegen wir, auf stark geneigten Flächen über den prächtigen Gletscherschliff mit Freude und bis zur Grenzwertigkeit auf Reibung empor, den Feuchtstellen ausweichend. Ab und zu ein weißer Aplitgang (ein Ganggestein) im kompakten Gestein sichtbar, jedoch über weit sichtbare Entfernungen reinster Granit und/oder Granodiorit, der Biotit darin (noch) nicht rötlich verwittert, hellgrau und auf Bruchflächen glitzernd.

bäriger Rückblick auf den Gletschersee

Bei dem schönen Aufstieg über reine Felsflächen passierten wir die Höhenkote 2.700 m, an der, bzw. knapp darüber, tatsächlich mit Alpen-Küchenschellen wenige Dutzend Höhenmeter unterhalb der Eisgrenze zu bestaunen waren. Sie heben sich in ihrer Gestalt deutlich von allen Bildern von Küchenschellen ab, die man im Internet finden kann. Sie sind kleinwüchsig und besitzen anders geformte Blätter wie in halbwegs ernst zu nehmenden Zeichnungen dargestellt.

Küchenschellen auf etwa 2.800 m

Kurz darauf erreichten wir den Gletscherrand auf etwa 2.850 m. Beeindruckende Hohlräume gegenüber dem Fels kennzeichnet den Eisrand und der Übergang vom Fels auf das Eis ist aufgrund des Staub- und Schuttbelages der Eisoberfläche nicht überall sofort zuerkennen. Beeindruckend ruhten tonnenschwere Felsblöcke auf der Eisoberfläche oberhalb unseres Rüstplatzes für die Gletscherbegehung und erweckten eine gewisse Bedrohung.

Steigeisen werden angelegt

Zu Beginn des steilen Eishanges verzichteten wir noch auf die Seilsicherung, da kaum breite Spalten sichtbar waren, jedoch an der Zugzone hin zu flacherem Terrain tauchten sie dann auf und veranlaßten die Verwendung des Seils, das in überschwänglichem Abmessen mittels zu überschwänglichem Durchzug durch die Spannweite des Verfassers Hände gleich um etwa die Hälfte zu lang bemessen wurde und anstelle von etwa acht bis zehn Metern zwischen uns gleich etwa 15 Meter betrug.

anfänglich steil am Eis bergan

Wunderbare Formen der Gletscheroberfläche im Wechsel mit teilweise langen und tiefen Spalten begegnen beim Aufstieg und erfordern einige Umwege, sodaß für den ersten Gletscherabschnitt etwa ein Drittel mehr Zeit gerechnet werden muß, als für denselben Aufstieg im Fels. Das Gehen am Seil trägt das Seine dazu bei.

gleich werden Spalten erreicht, das Seil kam in Verwendung

Nach einer guten halben Stunde erreichten wir den flachen Teil des Schlegeiskeeses und die Spalten endeten dort. Nach ein paar Minuten auf flacher Strecke wird der Eisrand erreicht die Eisausrüstung bis auf den Sitzgurt verstaut, es folgt die Felskletterei zu der über Blockwerk und ein Schneefeld aufgestiegen wird.

in flacherem Terrain geht es weiter, die Spaltendichte nimmt ab

Gleich suchten wir die Grathöhe und stellten wunderbar großes Blockwerk fest, ineinander fest verkeilt und griffig, ein herrlicher Aufstieg zu Beginn erfreute uns. Ab und zu leicht in der östlichen Flanke, aber stets der Grathöhe nahe stiegen wir empor. Links und rechts die Gletscher mit ihren beeindruckenden Spaltenrissen und bei bestem Wetter erstiegen wir anstrengende 300 Hm kurzzeitig unter großen Steigungen, im Durchschnitt aber deutlich unter 50° Geländeneigung.

Blick auf die Felsstrecke; man kann hier schon erkennen, daß der Grat lohnenswert ist

Die Kletterei an der Gratkante endete in der Verbreitung der Flanke, etwa mittig des Aufstiegs zum zweiten Eisabschnitt. Dort flacht die Flanke bedeutend ab, bevor sie nach etwa 50 Hm wieder deutlich

nette Kletterei in großblockigem Gratgelände

und über den zweiten Abschnitt des Felsaufstiegs führt. Oben wird der immense und beeindruckende Steilabsturz des Gletschers auf das Furtschaglkees hinab sichtbar.

auf der Grathöhe in festem Fels dahin

Zwischendurch erfreuen Blicke nach links und rechts und gewaltig schön erscheint der Norden, die Ansicht der Gipfel im Tuxer Hauptkamm mit dem Schrammacher, Fußstein, Olperer und der Gefrorenen Wand Spitzen.

kaum mäßig schwierige Passagen sind kurz und würzen den Aufstieg

Am Ende des Felsgrates flacht derselbe ab und gleich darauf beginnt die zweite Gletscherbegehung. Die flach aussehende Eisfläche will jedoch nicht in schneller Manier kennengelernt sein, auch die Höhe von über 3.300 m laden auf ganz natürliche Weise zum Verweilen und Umschauen ein.

Gletscherzunge vom oberen Gletscher in das Furtschaglkees

Die Eisfläche präsentierte sich uns, die wir in einem weiteren als nötigen Linksbogen aufstiegen, um zur Einsattelung nördlich des Gipfels zu gelangen, zunächst spaltenfrei.

 

Aufstieg über das zwar flach anmutende obere Eisfeld, das jedoch mit seiner Höhe nicht als Spaziergang zu begehen ist

Der Blick über den Sattel hinab ins Waxeggkees empfanden wir als spektakulär, haben ihn jedoch nicht fotografisch festgehalten. Er ist den leichten Umweg wert.

auf den letzten Metern zur Felsrinne steilt das Gelände merklich auf

Bei unserer Begehung stellten wir keinen Bergschrund zu den moderat weit herausstehenden Gratzacken auf den Gipfel fest. Die Annäherung an die untere Felskante erfolgte frei von Randklüften mit direkter Anbindung des Eises an den Fels.

sandig brüchige Rinne auf den Grat zum Gipfel

Die letzten Aufstiegsmeter erfolgen in einer Felsrinne, wofür die Steigeisen am unteren Ende der Aufstiegsrinne zurückgelassen werden. Allerdings überraschte uns die Rinne, die in wenigen letzten Höhenmetern auf die Grathöhe führt. Sie besteht aus stark brüchigem Fels mit einer richtigen rutschanfälligen sandigen Verwitterungsschicht, die man unbedingt meiden möchte und instinktiv seitlich den griffigen festen Fels zum Aufstieg sucht, ein seltsames Erlebnis nach der bombigen Blockkletterei im unteren Teil des Aufstiegs. Nach der unangenehmen Rinne wendet man sich auf den Gipfelaufbau rechts und nimmt die wenigen letzten Höhenmeter zum Gipfelkreuz wieder auf festem Terrain.

Gruppe am Großen Möseler

Zu unserem Leidwesen trübte Nebel bereits während dem Anlegen der Steigeisen für die zweite Gletscheretappe zusehends den Weitblick und beim Erreichen des Gipfels des Großen Möselers  fanden wir uns in weitgehend von Nebel eingehüllt. Während der Gipfelrast spähten wir nach jeder Gelegenheit ein Foto der Umgebung durch ein Fenster des sich teilweise verziehenden Nebels zu erheischen. Leider blieb uns das Glück versagt richtig umfassende Bilder des Zillertaler Hauptkamms aufzunehmen.

Grat gen Westen, Richtung Breitnock; gleich gegenüber der Möselerkopf, etwa 100 m niedriger

Die Gipfel der Umgebung konnten wir in günstigen Momenten aufnehmen und hier wären zu nennen:

im Süden bzw. Südwesten der Möselerkopf, 3.388 m, Breitnock, 3.212 m, Hoher Weißzint, 3.370 m

ganz rechts Kleiner Möseler, links davon Turnerkamp mit vorgelagertem imposanten Roßrugg, links im Nebel der Schwarzenstein

im Osten und Südosten der Nachbargipfel, der Kleine Möseler, 3.403 m, der Turnerkamp, 3.418 m, die vier Hornspitzen und schließlich den Schwarzenstein, 3.369 m mit seinem auffällig großen und flachen Sattel. In dessen Nordausläufer finden sich der Große Mörchner, 3.285 m und die imposante Zsigmondyspitze, 3.062 m.

links die helle und schön spitze Erhebung Zsigmondyspitze, rechts Schwarzensteinkees und -sattel

In unmittelbarer Nähe des Großen Möselers, in seinem massiven Nordnordwestgrat, der aufgrund der beherrschenden Erhebung mittig im Kamm Greinerkamm genannt wird, finden sich sehr lohnende Gipfelziele, die teilweise leicht und teilweise mit mittleren Schwierigkeiten ersteiglich sind. Der erste im Reigen ist die Furtschaglspitze, 3.190m mit dem gegen Norden nachfolgenden Schönbichler Horn, 3.134 m, dann die massivste und formschönste Erhebung sowie die namensgebende Gestalt in diesem Grat, der Große Greiner, 3.200 m und schließlich der Kleine Greiner, 2.958 m, um die alpinistisch bedeutsamen Graterhebungen zu benennen.

Furtschaglspitze, Schönbichler Horn und Großer Greiner im Nordgrat (Greinerkamm) des Großen Möselers

Alle genannten mit unterschiedlicher Ausprägung des sie formenden Gesteins, wie der aufmerksame Beobachter im richtigen Licht erkennt. Darüber hinaus muß erwähnt werden, daß das Gestein des Großen Greiners auch durch schönste Ausprägungen von Garbenschiefer geziert wird. Die auffälligen Garbenschiefer bestehen aus Hornblende und Plagioklas (Amphibolit) und bilden besenartige bis nadelartige dunkelgrüne bis schwarze Nester oder Vereinzelungen.

Ausprägung von Garbenschiefer

Auf Schritt und Tritt am Anstieg über die Seitenmoräne nach dem Furtschaglhaus auf das Schlegeiskees können transportierte Rundstücke davon beobachtet werden.

Abstieg auf dem Eisfeld

Am Abstieg vom granitisch tonalitisch (Tonalit: ein dem Granit verwandtes Tiefengestein, jedoch mit wesentlich mehr Feldspatgehalt als Granit) geprägten Großen Möseler bewunderten wir abschließend die bizarre Ausprägung des spröden Grates, dem die Gletscherhochstände durch den Schliff deutlich anzusehen sind, vermutlich eiszeitlichen Ursprungs.

tückische Spalte im flachen Teil vor dem Felsgrat

Mitten im der ebenförmigen Eismasse bis zur Felstrecke zieht  sich dieser Tage eine keineswegs untückische Längsspalte dahin, die im Sommer rechtzeitig erkannt wird. Nach genügend Neuschnee im Spätsommer oder Herbst mag sie schneebedeckt trügerisch eine homogene Oberfläche vortäuschen.

den Abstieg bewältigen wir ohne Seil

Wie immer schwinden für jeden Bergsteiger die lästigen Nebel der nahen bis in die ferne Umgebung ärgerlicherweise stets während des Abstiegs und so widerfuhr es uns beim Marsch über den tollen oberen Gletscher des Großen Möselers zum wiederholten Mal bei unseren Abenteuern.  Möglicherweise,  so unwissenschaftlich denkt der Autor wider grundsätzlichem Wissen über thermische Atmosphärenvorgänge zuweilen, müssen diese ärgerlichen aber kleinen Strafen aus des Herrn Hand vom sich mühenden Bergsteiger hingenommen werden, um ihm seine Kleinheit vor Augen zu führen. Und möglicherweise ist dies auch der Grund warum er, der Bergsteiger, zu Tale das größtmögliche Glück genießt ein prosperierendes Leben führen zu dürfen, das ihm unter anderem auch den Aufstieg ermöglicht. Wer mag, kann diese Ansicht teilen, wer dagegen ist möge den Gegenbeweis antreten.

westlicher Teil des Furtschaglkees‘

Zur Linken im Abstieg tat sich für uns ein sagenhafter Blick auf den Kaiser unter den Erhebungen in den Zillertaler Alpen auf, den mächtigen Hochfeiler, 3.509 m, dessen Haupt ganz und gar nicht in die magmatische Gesteinswelt des Hauptkamms paßt. Der majestätische Hochfeiler und die nördliche Ausdehnung über den Hochferner bis zur Griesscharte (2.810 m) mit dem Hochsteller besteht aus zwei Deckensystemen, der Wolfendorndecke, die den Hochfeiler in einer komplizierten Abfolge von Arkosegneis, Marmor und Phyllit aufbaut, mit einer zwickelförmigen Einschaltung von sog. Hochstegenmarmor südlich des Gipfels, und der Glocknerdecke, die den Hochferner aufbaut und aus Bündner Schiefer besteht.

atemberaubender Blick auf Hochfeiler und Hochferner mit deren interessanter Geologie

Nördlich unterhalb des Gipfels des  Hochfeilers abzweigend ein sehr imposantes und weithin sichtbares breites Band in seiner Ostwand, das sich bis auf den Pfitscher Grat hinunterzieht und nördlich, an der Griesscharte wieder auftaucht, bestehend aus hellem Dolomitmarmor und schwarzen Karbonatschiefern der Seidlwinkel-Modereck-Decke des Venediger Deckensystems. All dies lagert auf der kristallinen Basis des Zillertaler Hauptkamms auf, die unterhalb des Schlegeiskees‘ verborgen liegt. Man bekommt nicht häufig eine solch eindrucksvolle Aufschiebung von völlig verschieden entstandenen Gesteinen zu sehen – hier die Basis (Kristallin) aus dem Erdinneren, sog. Plutoniten (durch Hitze und hohem Druck entstandenem Gestein) und aufgelagert (aufgeschoben) Gesteine die vorwiegend durch Sedimentation entstanden sind (die Schiefer unter ihnen mit einiger Umwandlung ebenfalls durch Hitze und Druck, jedoch mäßig).

Geologie Hochfeiler

Blicke auf den nördlich gelegenen Tuxer Hauptkamm wurden frei. Die Ansicht von links auf den Kraxentrager, den wenig ausgeprägten Kluppen, die Hohe Wand, den massiven Schrammacher, die Alpeiner Scharte, den Fußstein, den höchsten der Kette, den Olperer, den Großen Kaserer, die Gefrorenen-Wand-Spitzen und schließlich den Hohen Riffler wurden frei – ein bäriges Panorama.

deutlich weniger Bewölkung im Norden – Zeichen für Südföhn am Zillertaler Hauptkamm

Den Felsabstieg über den Grat wählten wir diesmal die Rinne, die als Normalaufstieg im Frühjahr gehandelt wird. Dieser Abstieg mag im oberen Teil gut zu begehen sein, im unteren Teil jedoch verengt sich die Rinne, das Gelände nimmt an Brüchigkeit und Steilheit zu, sodaß ein wenig wünschenswertes Szenario aus schlechtem Steigterrain und Gefährdung durch Steinschlag entsteht, das ein wenig an die Nordflanke des Acherkogels erinnert.

Abstieg über die unangenehme Rinne

Somit wäre für den Abstieg ebenfalls der unmittelbare Gratbereich zu empfehlen. Im unteren Bereich, an dessen Beginn sich der Grat drastisch verjüngt, wechselten wir nahe der Grathöhe, um der sandig, erdigen Rinne zu entgehen.

Rückblick auf die unangenehme Rinne, die wir dort verließen

Am schmalen Schneeband im Übergang von Fels zum Gletscher rutschte der Verfasser aus, blieb in des Stockes Schlaufe hängen und rodelte direkt in das grobe Geröll an Eisrand. Die massive Prellung im Steißbereich war nach knapp zwei Wochen verdaut und die Farbe der Pobacken nach anfänglich dunkelroter, mit violetten Striemen gestreifter Färbung, später wechselnd hin zu dunkelgrün änderte sich in der zweiten Woche langsam zurückgehend wieder zu normaler rosaroter Tönung.

am Furtschaglkees vor eindrucksvollen Spalten

Die schlimmere Verletzung jedoch war das Auskegeln des linken Arms in der Schulter, ein Aufbrechen einer gleichen, ein Jahr alten Verletzung im Drachenkar in den Miemingern. Die vergangen geglaubte Verletzung mußte in der Folgewoche untersucht werden und der alte Abbruch des Labrums wurde dabei festgestellt – die wahrscheinlich notwendige Behebung des Schadens wird ein zeitliches Loch in die Bergabenteuer und der Berichterstattung reißen. Also Vorsicht bei Übergängen von Fels zu Schnee und Eis!

Zottige-Gämswurz (Gemswurz), gedeiht auf kalkarmen Böden und Silikatschutt

Der Abstieg über den kurzen Eisabschnitt am Furtschaglkees war uns bekannt und erfolgte diesmal ohne Seil. Auf der anschließende Felsstrecke im Trümmerfeld, das der Rückzug des Gletschers hinterlassen hat, bis hin zum ausgeprägten Steig finden sich in der Nachmittagssonne lohnende Fotomotive.

prägnante Ausbildung der Seitenmoräne, auf die der Steig zum Furtschaglhaus führt

Nach einem Bier am Furtschaglhaus und dem Abstieg zum Radldepot fürchtete der Verfasser den Sattel und behielt recht dabei. Die Ausfahrt war der schmerzhafte Teil des Abstiegs und fand im Stehen sowie bei geneigtem Radl auf dem Oberschenkel sitzend statt.

letztmaliger Rückblick auf den Gletscherbruch am östlichen Furtschaglkees und den Felsgrat auf den Großen Möseler

Der Zeitbedarf für die Tour ab dem Schlegeisspeicher betrug incl. aller Pausen gesamt 11:30 Stunden. Der Gipfelaufenthalt und das Bier im Furtschaglhaus betrugen dabei gut 1 ¼ Stunden. Die Aufstiegshöhe betrug nach Messung der Bergsteigeruhr 1.720 Hm und die Strecke betrug 10,7 km, 4 km davon (oder etwa 1 Stunde Gehzeit) mit dem Radl in etwa 20 min.

letzter Rückblick auf zu Tode schwindenden Schlegeis- und Furtschaglkees

Die Anfahrt vom Inntal durch das Zillertal auf den Schlegeisspeicher mag jeder selbst bewerten, von Hall aus benötigten wir – um 5 Uhr abfahrend – eineinviertel Stunden. Man nimmt den letzten Parkplatz vor der Brücke über den Zamserbach. Das Ticket für die Gletscherstraße, eine Privatstraße des Verbunds, läßt sich bequem im Vorhinein im Internet erwerben: https://schlegeis-tickets.v4u.at/

Mils, 13.08.2023

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