Nicht nur gemeinsame Bemühungen ihrer Erstbesteigung, sondern auch zahlreiche junge Berichte zeugen von einer bis heute ungebrochenen Beliebtheit des schwarzen Kolosses – die Hohe Villerspitze und die Überschreitung zur Lüsener Villerspitze stellen einen erlebenswerten Klassiker auf einer Inselrippe der Amphibolitzone des Stubais dar.
Ihr Bau hebt sich deutlich von den Gestalten ihrer näheren Umgebung ab und das tut auch der teilweise scharfe Grat zur kleineren Nachbarin, der Lüsener Villerspitze. Warum das so ist liegt wie so oft in der Morphologie des Gesteins. Die Hohe Villerspitze, wie auch die Lüsener Villerspitze werden von Amphibolit1 gebildet, einem sehr komplexen Silikatgestein aus mittleren Tiefen bei mittleren Temperaturen, dem einer höherer Eisengehalt im Hornblendeanteil eine dunkle bis schwarze Farbe verleiht (so auch Namen aus dem Volksempfinden wie z. B. für die höchste Erhebung im Dunkelsteinerwald südlich der Wachau, dem Dunkelstein, oder dem Finsteraarhorn in den Berner Alpen).
Zwei schön animierte 3d Darstellungen der Kristallform finden sich hier. Klettern in diesem Gestein ist immer durch absolut feste Oberflächen und recht glatte Bruchflächen gekennzeichnet.
Die Erstbesteigung der beiden schönen Gipfel fand vor über 140 Jahren statt und die Namen der Erstbesteiger2, wie auch von anderen Pionieren dieser Zeit, findet man mit der typisch schwarzen Farbe heute noch am Fuße der Hohen Villerspitze und im Gipfelbereich beider Gipfel auf ebene Felsflächen aufgemalt – geschichtsträchtige alpine Ziele die bis heute nichts von ihrem Charme eingebüßt haben.
Die Standard-Talbasis bildet Lüsens, neben dem gleichwertig verwendbaren Ausgangspunkt, der Oberrisshütte vom Oberbergtal. Für die Überschreitung kommt sinnvollerweise nur erstere zur Auswahl und somit zu unserem Ausgangspunkt. Für den Parkplatz in Lüsens halte man ein paar Münzen bereit (2020: 4.-).
Ein paar Minuten auf dem Schotterweg taleinwärts zweigt links der Steig zum Großen Horntal ab, auch der Verbindungsweg zur Franz-Senn-Hütte und ins Obergergtal.
Der Steig führt durch ein kurzes Waldstück, hauptsächlich geprägt von Zirben und Lärchen, auf die saftigen Almflächen der Spielgruben, auf denen Galtvieh und einige kleine Wasserläufe nicht nur abseits des Weges, sondern auch den Weg selbst zu einer kleinen Herausforderung umgestalten und frühmorgens Schrittweite sowie Balance des Begehers testen.
Oberhalb dieser lettigen Zone führt Steig an der steiler werdenden Westflanke der Lüsener Villerspitze weiter Richtung Süden. Einige trockene Gräben von Regenwasserläufen müssen durchquert werden und bei einem der ersten wurde der Steig neu angelegt und führt, ungewohnt aber nicht unangenehm, über kopfpolsterweiche alpine Zwergstrauchheiden etwa 100Hm hinauf, bis er wieder auf den alten Steig trifft.
Bis das Große Horntal erreicht wird vergehen etwa eineinhalb Stunden, ohne daß man dem alles im Lüsenstal beherrschenden Berg, dem Lüsener Fernerkogel (3.299 m) bei der Betrachtung der gewaltig beeindruckenden Umgebung ausweichen könnte.
Sein Nordgrat entwickelt sich zu einem immer beliebteren Ziel für ambitionierte Bergsteiger, die sich dem Gratklettern verschrieben haben, oder ihre Vorlieben in noch seilfrei begehbaren Touren suchen. Der Grat ist generell leicht, der Einstieg mitunter nicht ohne etwas Orientierungsgabe zu finden.
Das Große Horntal ändert die Marschrichtung gen Südosten. Der Steig hindurch ist gekennzeichnet durch Geschiebewälle als Begrenzung des Sturmwasserlaufes der bei großen Wassermengen beachtliche Gesteinsmengen mitbringt, wie man anhand der jüngsten Ablagerungen erkennen kann. Während beide talbegrenzenden Bergflanken aus Amphibolit gebaut werden wandert man am Steig über den die Sellrainer Berge beherrschenden Glimmerschiefer taleinwärts, der Steilstufe des Großen Horntaler Joches zu.
Das Große Horntal soll in seiner Gesamtsteigung nicht unterschätzt werden. Auch wenn es anfänglich – nach der langgezogenen Biegung aus dem Lüsenstal – eher flach aussieht, so überwindet es doch an die 500 Hm auf das Joch mit 2.812 m. Man bleibt stets auf der orografisch rechten Seite im Tal und die kurze Strecke am Bach sollte man nutzen und seinen Trinkvorrat ergänzen, da dies die letzte Möglichkeit auf der Rundtour darstellt.
Am Großen Horntaler Joch gibt es zuerst die Möglichkeit zur bildlichen Dokumentation der Tour den Schafgrübler (2.922 m) zu besteigen, um von dort nicht nur die Hohe Villerspitze, sondern auch den schönen Grat zur Lüsener Villerspitze abzulichten.
Innert einer Viertelstunde ist diese kurze Strecke auch schon erledigt und in unserem Fall erwischten wir einige – nicht völlig nebelfreie -, jedoch sehr akzeptable Fotos unseres Überschreitungsziels. Wer die Hohe Villerspitze nicht besteigen will findet im Schafgrübler auch ein leichtes Tourenziel mit schönem Ausblick auf den Fernerkogel und auch das winterliche Tourenziel der Horntalspitze und auf den Blechnerkamp.
Nach dem grandiosen Ausblick auf die Hohe Villerspitze und dem Studium des Aufstiegs waren wir kaum zu halten und freuten uns während der ersten Kletterzüge auf dem Aufschwunge am Grat nach dem Jochübergang. Eindrucksvoll zu erkennen ist am Bild die unterschiedliche Ausbildung des Schiefergneisfels in Vordergrund und den Amphibolitwänden dahinter.
Für den Zustiegsgrat zum Fuß der Hohen Villerspitze benötigten wir unter ein paar wenigen und leichten Kletterstellen eine Viertelstunde bis zu einem kleinen begrünten Sattelchen, von dem aus die Route bis zur Verschneidung, die die weitere Sicht auf das Kernstück des Aufstiegs verdeckt, großteils einsehbar ist.
Man erkennt von dort auch die nächsten Schritte und glaubt zunächst, das steil nach links oben führende grüne Band sei das berühmte „schiefe Gangl“. Daß man sich dabei täuscht stellt man spätestens dann fest, wenn man es zu betreten im Begriff ist und feststellt, daß es nicht dasselbe sein kann, weil keinerlei Begehungsspuren festzustellen sind.

im Tiefsten der Ausbuchtung der Nordwestwand, etwas Höhe fehlt Simon noch bevor es rechts hinauf weitergeht – das schiefe Gangl ist hier nicht sichtbar, es liegt über dem oberen Bildrand
An dieser Stelle wendet man sich etwa 120° nach rechts und folgt einer, etwa in gleicher Steilheit hinaufziehenden, felsigen Verschneidungsplatte, die am oben wiedererlangten Grat endet. Am Grat leiten die Begehungspuren zunächst in die Südseite des Grates, jedoch nur, um ein Köpfl zu unterschreiten und gegenüber wieder in die Nordwestwand einzusteigen. In der Umgehung befindet sich auch ein Marterl.
Sodann beginnt in der Nordwestwand das schiefe Gangl, das einen schrecklicheren Ruf hat, als es ihn verdient. Zwar empfiehlt sich konsequent die Dreipunkthaltung und die bewachsenen Stellen seien vor dem Verlass darauf gut auf Rutschgefahr geprüft, jedoch stellt der steile Aufstieg auf diesem Band klettertechnisch keine Schwierigkeit dar.
Beim schiefen Gangl dürfte die Ausgesetztheit, die zweifellos vorhanden ist, den Maßstab für so manche Beschreibung bilden.

inmitten des schiefen Gangls, zwar ausgesetzt aber außer Rutschgefahr klettertechnisch wenig bedenklich
Nach wenigen Minuten am schiefen Gangl wird Gehgelände erreicht und man strebt der Verschneidung zu, die rechts – südlich – auf den Gipfel der Hohen Villerspitze hinaufzieht. Bei dieser Verschneidung wird der schwarze Amphibolit so richtig deutlich sichtbar und Steilheit sowie die überhängenden Felsnasen über uns zeigten seine überwältigende gebirgsbildende Ausprägung.
Die Verschneidung verjüngt sich nach oben und wird auch rasch empfindlich steiler, sie ist jedoch bis auf eine etwas kniffligere Stelle (evtl. III-) etwa in der Höhe der roten Flechten (siehe Bild) leicht kletterbar.
Nach schätzungsweise 50 Hm öffnet sich linkerhand eine zweite Verschneidung, die etwas flacher auf den Nordgrat führt. Simon stieg in diese Verschneidung ein, sah von dort eine Möglichkeit über die erste Verschneidung und dem Westgrat weiterzukommen, änderte den Aufstieg wieder zurück zur ersten Verschneidung.
Was er da sah war wirklich eine schöne Variante durch die völlig glatte Wand – ein komfortables Band raus aus der Wand in Richtung Westgrat und über etwa 30 Hm hinauf auf denselben.

Simons Blick vom bereits erreichten Westgratbereich (das Band im Vordergrund sichtbar) hinab zum Autor
An seiner Kante führt der Westgrat kurz über ein paar Schuttflächen und trifft nach kaum ein paar Minuten wieder auf den leichteren Normalaufstieg, den wir im Abstieg dann genauer erkunden konnten.
Von dort kann man das Gipfelkreuz sehen und über eine kleine Einsattelung im Gehgelände erreichen.
Das Gipfelkreuz der Hohen Villerspitze haben wir nach vier Stunden erreicht (incl. dem Umweg zum Schafgrübler, auf dem wir ein gutes Viertelstündchen pausierten. Leider hat dieses schön gearbeitete Holzkreuz am linken Querbalken bereits einen schweren Schaden in den zehn Jahren seines Daseins davongetragen.
Die schöne geschmiedete Gipfelbuchschachtel ist nicht gefüllt, der Eintrag erfolgt in ein Gipfelbuch, das in einer Patronenkiste am Fuß des Kreuzes verwahrt wird.
Aufgrund des hartnäckigen Nebels, der die Sicht auf alle Himmelrichtungen ausgenommen in den Norden verhinderte verließen wir den schönen Ort nach einem halben Stündchen Gipfelrast. Leider waren uns die atemberaubenden Bilder in den Westen, vom Alpeiner Ferner und der ihn säumenden Dreitausender an diesem Tag nicht vergönnt.
Vorher inspizierten wir den interessanten Grat zum Überschreitungsziel, der Lüsener Villerspitze mit dem Glas, was nachträglich betrachtet nicht von großem Erfolg gekrönt ist, denn die schweren Stellen sieht wie so oft man nicht. Das Gewissen aber ist beruhigt und das ist der Zweck der Übung, wie der Gratenthusiast unter den Lesern weiß.
Der Abstieg auf dem Normalweg ähnelt ab der kleinen Einsattelung fast einem Steig – so tünchten uns nach unserem Aufstiegserlebnis die wenigen Meter bis zur Scharte aus der der Normalaufstieg heraufkommt.
Ein paar Blicke gönnten wir uns in unsere alternative Wand, bei der Simon einen unbewussten Glücksgriff machte und bei der zweiten Verschneidung, die links zu begehen wäre, zuerst noch etwa 30 Hm geradeaus und über das beschriebene Band auf den schönen Westgrat hinaus gequert ist.
Der erste Aufschwung der Überschreitung nach der Einschartung wartet auf seiner Hinterseite mit einem heiklen Abstieg auf. Dies weiß man erst im Abstieg, der leicht beginnt und mit einer griffarmen Plattenstelle endet, die durch Abrutschen eines Lego-Steins aus der Platte entstanden ist und unter der zu beiden Seiten wenig Terrain für Experimente und einer eventuellen Rutschung vorhanden ist.
Die Stelle konnte wegen der glatten wenig strukturierten und sehr abschüssigen Platten nicht unmittelbar in der Flanke darunter umgangen werden und so mußten wir bis nahe zur Scharte zurück, um einen geeigneten Einstieg in die steile plattige Flanke zu erreichen.

Rückblick nach dem ersten Aufschwung – die beschriebene abschüssige Platte, die uns den Umweg in der Flanke bescherte liegt bereits hinter uns
Alle Stellen vorher waren durch Griffarmut, leichter Schneeauflage und vor allem Trittstellen in Moos, das dem Karwendelgeher eher fremd ist und es scheut, nicht sicher begehbar.
Die Umgehung erfolgte dann fast ohne Höhenunterschied auf die erste Gratscharte der Überschreitung zu und nachträglich gesehen war es besser sie zu unternehmen.
Von der zweiten Scharte mit dem umgangenen heiklen Abstieg entwickeltes sich der Grat zunächst recht abwechselnd und gemütlich, aber auch mit luftigen Passagen ausgestattet.
Kleine Gratköpfe mit Abstiegen zu den Scharten dazwischen und nahe jäher Abbrüche zu beiden Seiten würzen die Überschreitung deren Kletterstellen nie richtig den oberen zweiten Grad überschreiten.
Eine Stelle, etwa nach einem Viertel der Gesamtüberschreitung zur Lüsener Villerspitze, ist in jüngerer Zeit durch Abbruch geprägt worden und nachträglich die kleine der zwei Bergzerreißungen am Übergang.
Der Abstieg erfolgt auf aufgelockertem Bruch, der mit Feinteilen durchzogen ist und dem nicht getraut werden kann. Also muß ein sicherer Halt für beide Hände gewährleistet sein, um einem Abrutschen der Brocken unter den Füßen entgegenwirken zu können.
Das anregende Auf und Ab pflanzt sich am Grat weiter fort, obwohl im Gesamten zwei Tiefpunkte am Übergang zu überschreiten sind, etwa im Drittelspunkt der Gesamtstrecke. Im Verhältnis mehr Zeit brauchten wir für das erste Drittel, obwohl die Strecke gesamt gesehen abwärts gerichtet ist.

Rückblick auf etwa das erste Drittel der Überschreitung von der Hohen Villerspitze zur Lüsener Villerspitze
Der Aufstieg zum Mittelteil erscheint von der Gesamtbetrachtung von der Hohen Villerspitze aus gesehen als einfach, weil der mittlere Teil des Grates eher als ein runder Höcker erscheint. Der Beginn nach der Bergzerreissung, die ihre Spuren bis ins Große Horntal hinab hinterläßt (siehe Bild), wartet jedoch jenseitig mit einem interessanten Aufschwung auf, der mit einer glatten Schichtentrennstelle nur die Alternative des scharfen Grates, oder die Kante der verbliebenen Platte bietet.
Wir entschieden uns für die ostseitige Platte, die mehr Struktur aufweist als die Kante am scharfen Grat und eine anregende leichte Kletterei bot. So rund, wie die Fernsicht es also vermitteln mag ist das Mittelstück der Überschreitung zumindest zu Beginn keineswegs.
Am Aufschwung oben wird das Gelände wieder zahmer, jedoch sind noch einige schöne Kletterpassagen bis zum Höchstpunkt zu bewältigen – immer in festem und leicht kletterbaren Fels, mit wettergepeitschten Oberflächen voll Flechten und Moosen, wo immer es sich halten kann. Selbst in knapp 3.000m Höhe wiegen sich violette Glockenblumen frech im Jochwind.
Daß die Grate dennoch einem gewissen Verfall durch Erosion unterliegen sieht man an den frischen Bruchflächen, die ocker bis hellbraun-orange Oberflächen zeigen und nicht mit Flechten bewachsen sein. Wie alt mögen solche Flächen sein? Wenn man bedenkt, daß Flechten im Durchschnitt 0,5mm im Durchmesser wachsen und man Bewuchs in der Größe einer Zwei-Euro Münze feststellt, dann könnte die Bruchfläche etwa 50 Jahre alt sein.
Bei stärkerem Bewuchs erreichen die dunklen der jungen Bruchflächen vielleicht 200 bis 300 Jahre und die die schwarz verwitterten mehr als das Doppelte?
Kurz nach 13 Uhr erreichten wir den Hochpunkt des Mittelteils der Überschreitung von der Hohen Villerspitze zur Lüsener Villerspitze und legten zwecks Nachtanken und Studium des jenseitigen Aufstiegs eine Minipause ein.
Bei der Betrachtung der Flanke des Gipfelaufbaues fiel uns keine ernst aussehende Passage auf, der Aufstieg aus der zweiten tiefen Scharte, also im zweiten Drittels- oder – streckenlängenbezogen – vielleicht besser Dreiviertelpunkt (siehe Grafik Geländeschnitt in der Galerie), schien aber noch eine Überraschung bereitzuhalten.
Einerseits erscheint dieser Aufschwung an seiner Ostflanke als sehr grün bewachsener Steilhang, in der Frontalansicht vom Grat gegen Norden andererseits als steile Felswand mit einer eher glatten Verschneidung in Gratrichtung.

Aufstieg auf die erste Steilstufe der Lüsener Villerspitze, im Hintergrund eine schöne, schwierigere Kletterstelle
Am Weg dorthin passierten wir ein westseitig talauswärts ziehendes flaches Kar mit einer kleinen Schmelzlacke am Kargrund. Die Felsfazies am Grat erschienen sonderbar rund geschliffen und im Orthofoto auf Tiris sieht die Passage so aus, als hätte der Fotscher Ferner einmal die Mächtigkeit besessen einen Seitenarm nach Nordwesten zu entsenden, der über den Tiefpunkt am Grat reichte und das Kar hinab geschoben haben könnte. Die Geländesteigung dort reicht nicht aus, um dieses Geschiebe zu bilden.

Aufstieg auf die erste Steilstufe der Lüsener Villerspitze, im Hintergrund eine schöne, schwierigere Kletterstelle
Jenseits des Tiefpunktes tritt die Herausforderung des bizarren Amphibolitfelses in aller Mächtigkeit hervor und eine Minute sinnierten wir über die beste Route auf dem eher glatten Fels, der allerdings auch einige Risse und Stufen bot.
Simon im Gipfelsturm nahm die Wand gegen die Verschneidung hin und fand oben leichtere Verhältnisse vor. Die schöne Passage erfreute ihn sehr, sie kann mit III bewertet werden. Der Weg des Autors war ein leichterer, denn unterhalb der runden Nase – die man mit einer Osterinselfigur vergleichen könnte (rechts von Simon) -, erspähte der alte Mann ein treffliches Band, das zwar etwas ausgesetzt, aber in aller Bequemlichkeit auf den begrünten Ostrücken des Aufschwungs leitet und über die steile Wiese den Rückweg zum Grat bildet. Das Band beraubt einer bärigen Kletterpassage, schont aber des Untrainierten Kräfte.

Rückblick auf den Mittelteil der Überschreitung (über die Wiese links im Bild erreicht man die Grathöhe wieder, wenn man die Verschneidung nicht klettert, sondern über das Band in die Ostflanke ausweicht)
Anschließend an diesen vorletzten Aufschwung auf den Gipfelaufbau der Lüsener Villerspitze leitet ein weiterer kleinerer Aufschwung auf den Gipfelbereich über. Auf Höhe dieses wir gleich sichtbar, daß die weitere Route westwärts erfolgen muß, da ostseitig tiefe, senkrechte und unbegehbare Abbrüche vom Gipfel herabziehen.
Um den Vorkopf des Gipfels herum entdeckten wir eine gar nicht so steile, gut gangbare Ausbuchtung, die auf den Grat zu führen schien. Diese Möglichkeit erachteten wir als geeignet und sollten nicht enttäuscht werden.

am Gipfelaufbau; aufgrund der ostseitigen Abbrüche empfiehlt sich der westseitige Einstieg in den Gipfelaufbau
Am Grat, das Gipfelkreuz vor Augen, fanden wir gut strukturierten, absolut festen Fels vor, der mit Klettergenuß bewältigt wurde und noch ein Weilchen hätte so weiterführen können, nach ein paar Minuten am Gipfelkreuz der Lüsener Villerspitze jedoch sein Ende fand und eine tolle Überschreitung abschloss.
Für die eineinhalb Kilometer und etwa 300 Hm relativem Aufstieg am Grat (trotz absolutem Abstieg von 60 m) benötigten wir zweieinviertel Stunden, ohne Eile.
Die mittlerweile bessere Nebel- und Wolkenausbildung am Gipfel der Lüsener Villerspitze erlaubte ein paar schöne Fotos von der bärigen Umgebung und nach einer 20-minütigen Pause rüsteten wir zum Abstieg.

die letzte schöne Wand von einer Flachstelle aus im Überblick – leicht links der Bildmitte geht es über eine kleine Verschneidung in direkter Linie auf den Gipfel
Von Nordwesten bis Nordosten breiten sich die Sellrainer Berge mit den Kalkkögeln als Abschluß aus.
Im Südwesten die Alpeiner Berge mit der beherrschenden Ruderhofspitze (3.473 m, siehe Seite 38ff) mit dem Gipfelspitz noch immer im Nebel.
Im Westen der mächtige Lüsener Ferner mit den markanten Gipfeltürmen von Hinterer- und Vorderer Brunnenkogel.

der Nordgrat des Lüsener Fernerkogels mit der weit enfernten Verpeilspitze im Pitztal und dem Hohen Seeblaskogel mit Nebelfetzen darüber
Abschließend der Lüsener Fernerkogel mit der Verpeilspitze zwischen seinem Nordgrat und dem Hohen Seeblaskogel, sowie dem Breiten Grieskogel ganz rechts.
Am Abstieg fallen die abschüssigen, herrlichen Amphibolitplatten geradezu ins Auge, ihre feinkörnige Struktur ist toll anzusehen, während wir den eingebohrten Stangen auf den Ostgrat hinaus folgten.

über die eindrucksvoll abschüssigen Platten geht es vorwiegend auf Reibung im Gratbereich über Gehgelände bergab
Dem eher schwach ausgebildeten Grat wird über Steigspuren in Richtung Hochgraffljoch gefolgt, bis auf dem bereits begrünten Hang ein deutlicher Steig folgt, der von Steinmännern begleitet wird. Am markierten Weg unten im Schönlüsenstal hielten wir uns talauswärts links am Zirbensteig nach Lüsens hinab und erreichten wieder die lettigen Spielgruben, womit die Runde sich schloss.
Die gesamte Runde wurde in 8:49 Stunden bewältigt, alle Pausen und die Besteigung des Schafgrüblers eingeschlossen. Die Höhendifferenz betrug auf der Bergsteigeruhr (barometrisch) 1.685 m und sie dürfte anhand der Höhenermittlung über Tiris damit knapp 100 m zu wenig angezeigt haben.
Die klettertechnische Schwierigkeit der gesamten Überschreitung kann mit II+ angegeben werden, Stellen mit III wurden festgestellt, jedoch nur über kurze Strecken von wenigen Metern. Der Fels ist fast ausschließlich fest.
Mils, 08.08.2020
1 Amphibolgruppe, [von griech. amphibolos = zweideutig], Amphibole, Hornblenden, der Name Hornblende erscheint in der Mineralogie in der zweiten Hälfte des 18. Jh. als Bezeichnung für eine Mineralgruppe, die vom Bergmann kaum beachtet wurde und deren Analyse und Abgrenzung damals große Schwierigkeiten bereitete. Da das Aussehen halbmetallisch sein kann und der Eisengehalt nicht verwertbar ist, trifft der Name Blende im Sinne der Bergmannssprache zu. Horn hat man auf die Farbe, nicht auf die Härte bezogen.
https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/amphibolgruppe/627
2 Erstbesteigungen:
20.7.1878 Hohe Villerspitze (3.092 m): Carl Gsaller (Innsbruck) alleine, nachdem der Versuch am 1.10.1877 mit seinem Führer Alois Tanzer (Stubai) scheiterte
13.7.1879 Lüsener Villerspitze (3.026 m): Leopold Seidler, Josef Tragseil, Bernhard Tützscher, Karl Wechner (Innsbruck)
Quellen: Alpingeschichte kurz und bündig / Region Sellraintal / Georg Jäger / Österreichischer Alpenverein Innsbruck, 2015
OEAV / Mitteilungen des Zweiges Innsbruck 1985 / 36. Jahrgang — April-Mai-Juni — Folge 2
- frühmorgens gegen den herrlichen Talabschluß in Lüsens geschaut
- schön anzusehende Teppiche von giftigem Alpen-Fuchs-Greiskraut
- an den Almweiden in der Spielgrube
- der mächtige Lüsener Fernerkogel mit seiner gewaltigen Nordkante
- Querung der Hänge in das Große Horntal, der Übergangsgrat zurück hoch über den grünen Wiesen
- im Großen Horntal angelangt
- Ausprägung des Großen Horntals im äußeren Bereich
- die Hohe Villerspitze unterhalb des Großen Horntaler Jochs
- restlicher Aufstieg auf Sellrainer Glimmerschiefer zum Joch
- Rückblick auf den Marsch durch das Große Horntal
- Aufstieg zum Gipfel des Schafleger
- rechts die Hohe Villerspitze, links davon der Grat zur Lüsener Villerspitze
- Hohe Villerspitze vom Gipfel des Schafleger gen Osten
- Talblick Großes Horntal
- Großes Horntaler Joch mit Grat zur Hohen Villerspitze
- im Vordergrund die Horntalerspitze, ein schönes winterliches Tourenziel, dahinter der massive Blechnerkamp
- Blick in die Villergrube und das Oberbergtal
- Grat zum Einstieg zur Hohen Villerspitze (Geologieunterschiede zur Hohen Villerspitze deutlich zu erkennen)
- erster und mächtigster Aufschwung am Grat zur Hohen Villerspitze
- typische Markierungen der Pioniere im ausgehenden 19. Jhdt.
- die Markierungen, die damals einzige Art den Ersteigungsbeweis zu führen und weil die Mander damals ehrenhaft, wurde der Beweis auch am Einstieg akzeptiert
- Simon stürmt voran und hat den halben Grat bereits hinter sich
- der alte Mann hinterher
- zuletzt über steile Wiesen zum Wandfuß
- der erste Blick in die nach Nordwest ausgerichtete Wand – eine Himmelsrichtung, die vor der Begehung bei Nässe oder Eis oder widrigem Wetter am Vortag abrät
- Rückblick auf den Grat zum Schafleger
- breites Band nach dem ersten Aufschwung
- im Tiefsten der Ausbuchtung der Nordwestwand, etwas Höhe fehlt Simon noch bevor es rechts hinauf weitergeht – das schiefe Gangl ist hier nicht sichtbar, es liegt über dem oberen Bildrand
- Rückblick vom Aufstieg nach Rechtswendung
- nach der kurzen Gratpassage am Beginn des schiefen Gangls
- inmitten des schiefen Gangls, zwar ausgesetzt aber außer Rutschgefahr klettertechnisch wenig bedenklich
- Ende der ersten Prüfung, es geht mittelsteil nach oben weiter
- mit am Ende wieder einer Rechtswendung in die Verschneidung
- knapp unterhalb der schwierigen Stelle (bei den roten Flechten oben) in herrlich festem Amphibolit
- Simon fast am Schärtchen erspäht ein bäriges Band in der rechten Wand der Verschneidung
- und kehrt zur Verschneidung zurück
- Rückblick in die erklommene Verschneidung
- Simons Blick vom bereits erreichten Westgratbereich (das Band im Vordergrund sichtbar) hinab zum Autor
- der Westgratbereich etwa auf gleicher Höhe wie das Schärtchen vom Normalaufstieg, dahinter, in schöner Perspektive, die Lüsener Villerspitze
- Rückblick vom Westgrat – man beachte die Felskante am linken Bildrand
- am nur mehr kurzen Westgrat in herrlichem Fels
- Übergang zum Gipfel nach Erreichen des Normalaufstiegs
- Hohe Villerspitze, 3.086 m
- Fernerboden und Fotschertal
- die ostseitigen Nebengipfel der Hohen Villerspitze
- Grat zur Lüsener Villerspitze
- leider nicht das üblich schöne Bild auf die Alpeiner Berge
- der Erstersteiger hat sich verewigt
- Fotscher Ferner, bzw. was geblieben ist
- Abstieg am Normalaufstieg
- schräge Platten vorherrschend bis zum Schärtchen
- die Verschneidung links ober Simon stellt den Normalaufstieg dar
- erster Aufschwung der Überschreitung
- Blick hinab über den Normalaufstieg
- in der Bildhälfte unser Band zum Westgrat (markanter Zacken)
- Abstieg am Normalweg im Rückblick
- am ersten Aufschwung der Überschreitung
- bei kurzer Nebelaufhellung die Alpeiner Berge gesichtet
- so nieder ist der erste Aufschwung gar nicht – aber Gehgelände
- Rückblick nach dem ersten Aufschwung – die beschriebene abschüssige Platte, die uns den Umweg in der Flanke bescherte liegt bereits hinter uns
- etwas leichterer Gratgenuß
- interessanter Abstieg knapp an der Westseite
- leichte Passagen dazwischen
- brüchige Stelle etwa 6 – 8 m hinab
- mit wenig Griffen und wenig vertrauensvollen Brocken unter den Bergschuhen, Dreipunktmethode
- noch ein etwas luftiger Abstieg in die Westseite
- gleich wieder auf den Grat zurück
- und ostseitig weiter
- Rückblick auf etwa das erste Drittel der Überschreitung von der Hohen Villerspitze zur Lüsener Villerspitze
- Aussicht auf die braune Mittelstrecke und auf das Überschreitungsziel im Hintergrund
- traumhafte Klettersequenzen mit famosem Hintergrund
- einer der wenigen kurzen westseitigen Abstiege
- wie man sieht alles in leichter Kletterei bewältigbar
- Rückblick auf den sich schlängelnden Grat mit Gipfelkreuz der Hohen Villerspitze im Hintergrund
- umfassende atemberaubende Bergzerreissungen am Beginn des Mittelrückens
- diese Stellen sorgen bei Unwettern für Nachschub von Geröllmassen in den beidseitigen Tälern
- Aufstieg auf den mittleren Teil mit einer wirklich schön gestuften Kante
- Rückblick auf die zerrissene Einschartung
- genau die Kante bildete die schönste Kletterei im Mittelteil
- auch wenn es nicht so aussieht, die Brocken liegen gut gebettet in der Wand
- Aufstieg auf den höchsten Turm im Mittelteil
- keine Stelle schwerer als II in diesem Bereich
- am höchsten Punkt im Mittelteil der Überschreitung, einiges an Gehgelände über den Rücken sichtbar
- das westseitige Kar, vermutlich als Geschiebe eines Gletschers
- kurz vor der zweiten Einsattelung (zweiter Drittelspunkt)
- Simon vor dem Abstieg zur zweiten Einsattelung vor dem letzten Drittel der Überschreitung
- Aufstieg auf die erste Steilstufe der Lüsener Villerspitze, im Hintergrund eine schöne, schwierigere Kletterstelle
- diese schöne Wand bzw. Verschneidung (Stellen III) kann rechts auf einem Band umgangen werden
- nächster kleiner Gratkopf der überstiegen, oder rechts umgangen werden kann
- Rückblick auf den Mittelteil der Überschreitung (über die Wiese links im Bild erreicht man die Grathöhe wieder, wenn man die Verschneidung nicht klettert, sondern über das Band in die Ostflanke ausweicht)
- am Gipfelaufbau; aufgrund der ostseitigen Abbrüche empfiehlt sich der westseitige Einstieg in den Gipfelaufbau
- eine wenig steil ausgebildete Ausbuchtung der Westflanke führt zum Nordgrat hinauf
- am Nordgrat gegen den Gipfel der Lüsener Villerspitze – anregende Kletterei in festem Fels
- allerlei verkeilte Blöcke am Grat bieten leichtes Gelände
- aber Simons Tempo macht dem Autor zu schaffen wie man sieht
- die letzte schöne Wand von einer Flachstelle aus im Überblick – leicht links der Bildmitte geht es über eine kleine Verschneidung in direkter Linie auf den Gipfel
- in der Verschneidung
- eine Reibungsplatte mit leichten Trittansätzen im oberen Drittel
- abschließend ein großer Schritt unter einem auffälligen Quarzbrocken
- führen auf das große Gipfelplateau der Lüsener Villerspitze
- Rückblick auf die tolle Überschreitung
- wieder die Namen der Erstersteiger
- Lüsener Villerspitze, 3.027m
- Grawawand gegenüber im Fotschertal
- Blick auf die Alpeiner Berge und den Lüsener Ferner
- Blick ins Längental und zum Westfalenhaus, direkt dahinter der Breite Grieskogel
- der Ausgangspunkt Lüsens in der Tiefe
- die südlichen Sellrainer Berge mit dem schnell verwitterungsfähigen Glimmerschiefer
- Simon am Gipfel der Lüsener Villerspitze, dahinter die Kalkkögel und das Fotschertal
- Lüsener Ferner im Detail
- der Nordgrat des Lüsener Fernerkogels mit der weit enfernten Verpeilspitze im Pitztal und dem Hohen Seeblaskogel mit Nebelfetzen darüber
- schöne Studie von Amphibolitplatten
- feinkörniger Amphibolit
- über die eindrucksvoll abschüssigen Platten geht es vorwiegend auf Reibung im Gratbereich über Gehgelände bergab
- unten endet der Amphibolit und Felder von Glimmerschiefer beginnen den Steig zu säumen
- Rückblick auf den Abstieg von der Lüsener Villerspitze
- Die Gipfel der Hohen Villerspitze gegenüber am Ende des Fotschertals
- auf Steigspuren und mit Mandln markiert hinab zum Steig Richtung Hochgraffljoch
- Rückblick auf das Plattengelände der Lüsener Villerspitze
- Steig hinaus durch das Schönlüsenstal
- Rückblick auf das Überschreitungsziel, die Lüsener Villerspitze
- bäriger Blick auf den Talabschluß des Lüsenstals mit dem mächtigen Fernerkogel
- über den Zirbensteig hinab zu den Spielgruben und zum Parkplatz Lüsens
- Route Villerspitzenüberschreitung
- Villerspitzenüberschreitung – Gratprofil (ungefähr)