Muttenjoch, 2.398 m – von Gschnitz

Eine leichte Trainingstour oder auch ein Familienausflug in toller Kulisse führt auf das Muttenjoch oder auch auf den Muttenkopf, 2.637 m. Die 240 m zusätzlicher Aufstieg vom Joch auf den Gipfel lohnen sich durch die dort großartige Aussicht sehr, allerdings beträgt dann der Gesamtaufstieg nicht 1.160 Hm sondern bereits 1.400 Hm und man muß auch noch zurück.
Bis zum Muttenjoch ist man 3:30 Stunden unterwegs und auf den Gipfel sind es knapp 4 Stunden.

Steig vom Krutschner direkt ins Martairtal

Der Ausgangspunkt im Gschnitztal stellt der „Krutschner“ dar, ein Gehöft, bei dem ein Gemeindeparkplatz eingerichtet wurde (ein paar Münzen zum Parken öffnen den sorglosen Eintritt in eine phantastische Landschaft). Von dort kann steil durch den Wald über einen Steig aufgestiegen werden, der in einen anderen Steig mündet, der im Dorfzentrum Gschnitz beginnt und den Familien eher bevorzugen werden, weil er weniger steil beginnt. Dieser Anstieg führt nach St. Magdalena, einer spektakulär gelegenen Wallfahrtskapelle mit Jausenstation.

Steig vom Dorfzentrum von Gschnitz ins Martairtal

Die wenig steilere Alternative wäre, am Parkplatz in Gschnitz (bei der Brücke) zu parken und den flacheren, dafür längeren Anstieg ins Martairtal zu nehmen. Dieser Anstieg bedeutet gute 10 min mehr Zeitbedarf.

Wald-Storchschnabel

Bei beiden Varianten werden die Wegweiser nach St. Magdalena, die zweimal nach links abzweigen, ignoriert und stets geradewegs ins Martairtal gewandert.

Türkenbund vor der Blüte

Das anfänglich schmale Tal mit üppigem frühjährlichem Bewuchs geizt nicht mit vielen Blumenarten, darunter auch der formschöne Türkenbund neben dem Weg, der im Juni erst aufblühen muß oder der Wald-Storchschnabel, der bereits üppige Farben zeigt.

Blick aus dem vorderen Martairtal nach Norden

Über eine kleine Holzbrücke gelangt man auf die linke Talseite im Aufstieg. Diese wird in ein paar Serpentinen gemeistert, bevor sich der Steig mit jenem aus Trins vereint. Der Hauptanstieg nach St. Magdalena zweigt dann wenige Meter wieder nach links ab und wird ignoriert, indem man sich geradeaus taleinwärts hält.

kleine Holzbrücke über den Martairbach

Nach der Jagdhütte führt der Steig durch den Wald, in den Muren von den Felsschluchten oberhalb der im Aufstieg linken Talseite eingedrungen sind, die durchwandert werden.

das schmale Martairtal mit dem Bach und den hohen Felsen auf der linken Talseite

Der Blick in den Talkessel entzückt, der breite Muttenkopf beherrscht die Umrahmung des Tals, das durch Felsbauten hoch umgrenzt wird.

beeindruckender Blick auf den Muttenkopf vor der Jagdhütte

Wenige Minuten später wird der Martairbach erreicht, der ein idyllisches Plätzchen am Übergang auf die rechte Talseite bietet.

idyllischer Platz vor der Querung das Martairbachs auf die rechte Talseite

Am Steig, kurz nach dem Steilstück auf die Seitenmoräne, besteht im Rückblick ein phänomenaler Blick auf das fast höhengleichs Magdalenakirchl im Nordosten.

bäriger Rückblick auf das Wallfahrtskirchlein St. Magdalena

Eine halbe Stunde später wird die „Labhitte“ erreicht. Dies ist eine Freifläche mit einem Schafunterstand nahe den Felsen auf ihrer Westseite und ein Tränkebrunnen. Tiere waren keine zu sehen.

im „Lab“

Durch ein kurzes Stück Latschengürtel erreicht man das „Lab“ eine größere Wiesenfläche, die bereits steil auf die nachfolgende Talstufe hinaufzieht und die mittig vom Steig zur Martairalm durchzogen wird.

Blick vom Lab auf die nächste Talstufe zur Martairalm

Der Steig über die steile Stufe zieht in Zahlreichen Serpentinen empor, seitlich davon blüht im Juni der Berg-Baldrian.

Alpen-Baldrian

Eine gute halbe Stunden nach dem Lab wird die Martairalm erreicht. Dort verflacht sich der Steig, das Almgelände und die Rossgrube treten nach und nach ins Blickfeld.

Alpen-Baldrian vor dem bereits zurückgelegtem Aufstieg zum Muttenjoch

Wer die Rösser sucht muß sich etwas gedulden, diese halten sich vornehmlich in der Südwestecke des weitläufigen Geländes auf und, um sie zu sehen, muß man etwas mehr Höhe gewinnen, die nach der Querung des Rossgrubenbachs durch den Aufstieg unter den senkrechten Felsen zur Wildgrube folgt.

Martairalm und Rossgrube

Die mächtige Nordwand des Muttenkopfs wird südöstlich umgangen, indem der Steig die niedrigste Höhe der Wand bei ihrem Abtauchen auf etwa 2.060 m überwindet und dahinter in die Wildgrube eintaucht.

Überquerung am Martairbach

Am Weg dorthin können die Rösser gesichtet werden, egal wo sie sich im Gelände der Martairalm befinden.

die Pferde in der Rossgrube bzw. Martairalm

Nach dem Erreichen des Schnittpunktes zwischen Wiesenhang und Abtauchen der Wand führt der Steig noch über etwa 60 Hm mit Neigung auf einen flacheren Abschnitt.

Aufstieg zur Wildgrube entlang abfallender Nordwand

Am Weg dorthin blüht die Rostrote Almrose oder Rostblättrige Alpenrose genannt.

Übersicht über das Martairtal; links neben dem Bach der Steig herauf

Mit großer Wahrscheinlichkeit können von dort aus auch Gemsen auf der östlichen Talseite gesichtet werden, da sie dort in der Wildgrube weitgehend abgeschieden und ungestört äsen können und die Umgebung im Blick haben.

faszinierender Bau der Rostroten Almrose

Im, durch sich lang haltende Schneereste aufgrund von Lawinen, eher feuchten Gelände oberhalb finden sich im Juni blühende Butterblumen – offiziell „Trollblume“.

die feuchtigkeitsliebende Butterblume (Trollblume)

An der linken Felsbegrenzung findet ein geologisches Schauspiel statt. Auffällige hellgelbe bis hellgraue Einschaltungen im senkrechten Fels stellen Bänderkalkmarmor dar, der als hohe Schicht mit verschiedenen Einlagerungen im unteren Bereich die mächtigen Felswände durchzieht. Diese Einschaltung lagert auf Kalkpyllit und wird oben wieder vom selben Gestein überlagert, eine Sandwichbauweise sozusagen.

hellgelbe bis hellgraue Einschaltungen von Bänderkalkmarmor im Fels

Der letzte Anstieg auf das Muttenjoch findet wieder über eine letzte Steilstufe statt, jedoch moderat steil. Über Serpentinen wird Höhe bis auf das Muttenjoch gewonnen, dem Ziel der Wanderung durch das Martairtal. Im Aufstieg kann man das schöne hölzerne Gipfelkreuz zur Linken erkennen, da sich auf dem Gipfelchen „Am Hohen Kreuz“ befindet und von einem Obernberger Patrioten errichtet wurde.

Blickfang ist das hoch oben prangende Gipfelkreuz am Gipfel „Am Hohen Kreuz“

Am Muttenjoch bietet sich ein bäriger Blick in den Süden und wer sich im Aufstieg nie richtig umgedreht hat, der wird auch durch den Blick auf den Norden belohnt. Die Tribulaune im Süden bilden einen mächtigen Gebirgsstock der in vielen Lagen von sedimentschichten aufgebaut zur Bewunderung im Obernberger Hintertrenns gegenübersteht.

mächtige Gebirgsstöcke der Tribulaune auf der Talgegenseite

Kleiner Tribulaun, Oberberger Tribulaun, Nördlicher Rosslauf, Schwarze Wand, der rundliche Gschnitzer Tribulaun und gerade noch der Doppelspitz des Pflerscher Tribulauns sind von Ost nach West zu sehen. Die Tribulaune im Tal gegenüber fußen auf Hauptdolomit mit einer Auflagerung aus Kalk- und Dolomitmarmoren sowie Kalkphylliten, der Pflerscher Tribulaun hingegen besteht vollständig aus Hauptdolomit, wie es seinem schroffen Bau angesehen werden kann.

Am hohen Kreuz, gesehen vom westlichen Gratansatz

Der Gipfel Am Hohen Kreuz ist vom Muttenjoch nicht ganz einfach zu erreichen. Der Gratanstieg, den der Verfasser erkunden wollte, bricht in senkrechte Wände ab, die südliche Umgehung knapp unter den Felsen endet an senkrechten Felsen, einzig die weitläufige Umgehung über den Weg zum Muttenkopf bietet die Möglichkeit, sich von Osten her dem dort harmlos zu erreichenden Gipfel zu nähern und ihn leicht zu erreichen. Einen offiziellen Weg gibt es nicht.

Muttenkopf gesehen vom östlichen Gratansatz am Muttenjoch; ein leichter Aufstieg

Auf der Südseite des Muttenjochs wird Almwirtschaft der Obernberger Bauern betrieben und wer Glück hat erwischt den Senner beim Zäunen und kann mit dem nicht wortkargen Mann mit sonnengegerbtem Oberkörper ein paar Worte über die Umgebung oder das Vieh wechseln.

links Habicht, am Saum des Muttenkopfs im Hintergrund die Kalkwand und rechts die Ilmspitze

Der Autor versuchte den Anstieg auf den Gipfel Am Hohen Kreuz zu erörtern, erhielt aber auch nur die Auskunft, daß die weitläufige Umgehung die einzige Möglichkeit darstellt, die anderen Varianten sind nicht durchführbar.

Obernbergersee in der Tiefe, dahinter die Brennerberge, weit in der Ferne die Dolomiten

Im Süden, tief im Tal breitet sich der schöne Obernberger See aus, darüber die sanften Brennerberge. Eine Kette dahinter finden sich schon die mächtigen Gipfel des Tuxer Hautkamms, der bereits in Sterzing beginnt und sich im langen Bogen bis nach Finkenberg und Mayrhofen nach Nordosten erstreckt.

v. li.: Olperer, Fußstein, Schrammacher, Hohe Wand, Kraxentrager und in der Ferne der Hochfeiler

Hier sind von Südwest nach Nordost zu nennen: Wolfendorn, Kraxentrager, Hohe Wand, Schrammacher, Fußstein und Olperer. Zwischen diesen stehen weiter in der Ferne Berge der Zillertaler Alpen, die in Südtirol stehen und hier fallen von Südwest nach Nordost vor allem auf: Wilde Kreuzspitze, Grabspitz, Niederer Weißzint und, der höchste Berg in den Zillertaler Alpen, der mächtige Hochfeiler (3.509 m).

v. li.: Hochfeiler weit entfernt, vorne: Wolfendorn, Grabspitze, Wilde Kreuzspitze weit entfernt, vorne Daxspitz

Weit hinten im Südosten prangen die Dolomiten in 50 bis 60 km Entfernung zu sehen. Das sichtbare Band an Gipfeln zieht sich von der Grohmannspitze über den Langkofel, die Marmolata und den Piz Boè (Boespitze), über die Sass Rigais bis zum Peitlerkogel.

 

Blick auf die Dolomiten, v. re.: Grohmannspitze, Langkofel, Marmolata, Piz Boè, Sass Rigais, Peitlerkogel

Gegen Nordwesten und Norden reicht der Blick auf die Bergkette, die vom Habicht zur Serles zieht. Vom mächtigen Habicht ist der Gipfelbereich und die Ostflanke zu sehen, die zur Kalkwand hin abfällt.

 

links Habicht, am Saum des Muttenkopfs im Hintergrund die Kalkwand und rechts die Ilmspitze

Wer am Muttenjoch weit genug Richtung Osten wandert wird die auffällige Trennung der Gesteine im Bereich der Innsbrucker Hütte erkennen. Dort ist zu sehen, daß der Sockel der Kalkwand (im Nordosten der Hütte) eine völlig andere Färbung besitzt, als der Aufbau des Habichts bis zum Gipfel im Südwesten.

Übergang Mesozoikum auf Kristallin; Habicht links Kristallin, Kalkwand rechts sowie folgende Gipfel im Metamorphen Kalkkomplex (Bild aufgenommen vom Hohen Tor (19.10.2025))

Am Sockel der Kalkwand nach Südwesten hin steigt eine deutliche sichtbare Linie mit dem Farbunterschied. Dort vollzieht sich der geologische Wechsel zwischen dem Ötztal-Stubai Kristallin, aus dem alle Berge westlich gebaut sind und dem Brenner Mesozoikum (= geolog. Erdmittelalter), dem Einschub von sedimentären Massen wie Hauptdolomit, Kalken und Marmoren sowie Phyllit im Osten. Bei genauer Betrachtung sind auch die unterschiedlichen Formen der Grate und Flanken erkennbar.

Ilmspitze, Kirchdachspitze und Hammerspitze

Im Brenner Mesozoikum wechselt der hellgraue Wettersteindolomit der Kalkwand nach Osten zur Ilmspitze hin zum dunklen Hauptdolomit, aus dem dann die Kirchdachspitze und alle im Osten folgenden Gipfel bis zur Serles aufgebaut sind.

Hammerspitze, Foppmandl, Wasenwand, Kesselspitze, Lämpermahdspitze  und Serles

Im Norden sind in 40 km Entfernung die grandiosen Spitzen und Grate des Karwendels zu sehen. Die meisten wichtigen Berge und Grate davon sind auf diesem Blog beschrieben.

der rundliche Muttenkopf, herrliches Schitourenziel von Obernberg

Am Abstieg bietet sich ein herrlicher Blick auf die Zeisspitze, die im Kamm vom Hohen Tor den Abschluß bildet und mit hohen Felswänden steil ins Gschnitztal abfällt. Sie ist hinter der im Bild sichtbaren schrägen Rampe (im oberen Drittel in Bildmitte) nicht ganz einfach zu besteigen und vielleicht folgt auf diesem Blog einmal eine Beschreibung davon.

Die Wanderung auf dem Steig vom Krutschner zum Muttenjoch möge zwischen 3 ½ und 4 Stunden, je nach Gehgeschwindigkeit, für den Aufstieg einplanen. Für die Strecke zurück kann mit 2 bis 2 ½ Stunden reiner Gehzeit gerechnet werden. Für viele mag diese phantastische Wanderung bereits eine Tagesleistung darstellen, Wanderprofis hängen entweder den Muttenkopf an, oder am Rückweg zur Labung nachher noch den kurzen Anstieg nach St. Magdalena, der über etwa 25 min für 130 Hm bewältigt wird. Hierzu benutzt man die erste Abzweigung kurz nach der Jagdhütte Kaserle.

Mils, 22.06.2025

 

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