Stromboli, 924 m – aus einem Segeltörn in den Äolischen Inseln

Aufgrund des erfreuenden Erlebnisses bei der Besteigung des Observationspunktes am Stromboli anlässlich eines Segeltörns im Mai 2024 sowie des allgemeinen Interesses an dem Naturschauspiel des aktiven Vulkans, entschloss sich der Autor die Erlebnisse auf Stromboli wiederzugeben. Inspiriert durch die Eindrücke in der Dämmerung auf dem Observationspunkt, hat er sich mit dem Vulkanismus des Stromboli und der Fossa auf Vulcano sowie der beeindruckenden Erscheinung von Bims auf Lipari tiefer befasst, um diese Naturdenkmäler in der Folge grob beschreibend zu streifen.

etwa alle 10 bis 15 min wirft der Stromboli Magma aus

Lage des Archipels, Erreichbarkeit für Touristen

Im tyrrhenischen Teil des Mittelmeers, etwa 20 sm nordwestlich der Nordspitze von Sizilien, liegt Lipari, die Hauptinsel des Archipels der Liparischen oder Äolischen Inseln. Insgesamt gibt es sieben bewohnte Inseln mit etwa 15.000 Bewohnern. Stromboli liegt etwas weiter von der Hauptgruppe des Archipels nordöstlich entfernt.
Von Palermo aus kann Lipari über die Autobahn in fünf Stunden erreicht werden, wobei in Milazzo die Fähre für die Strecke vom Festland genutzt wird. Die Inseln werden mit einem für unsere Beobachtungen auffallend häufig befahrenen Fährdienst versorgt, sowohl noch wesentlich häufiger mit Tragflächenschiffen, die sage und schreibe 467 Überfahrten am Tag anbieten. Uns Seglern fielen die extrem rasch sich annähernden, mit 4.000 kW Antriebsleistung ausgestatteten und mit 30 kn bis in den äußeren Hafenbereich preschenden Schnellboote der Liberty Line als allgegenwärtig auf.

geografische Lage der Äolischen Inseln mit Elevationsvisualisierung

Von Lipari aus kann man wochentags auf etwa 60 Fahrten auf die anderen Inseln sowie das Festland zurückgreifen und wenn wir die Reisetätigkeit beobachteten, stellten wir uns die Frage, ob es wirtschaftlich ist, werktags am späten Vormittag weniger als zehn Passagiere auf eine der anderen Inseln zu befördern, wenn das Schiff ein Mehrfaches der Fähreinnahmen im Turboantrieb verbrennt. Beeindruckend ist die schwarze Rauchwolke, die die Schiffe ausstoßen, wenn sie auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigen, die wir von der Jacht aus natürlich eindrucksvoller sehen konnten, als der Tourist zu Lande.
Die gute Seite des exzessiven Fährdienstes ist, daß ein Ticket von Milazzo nach Lipari und zurück je nach Tageszeit 35.- bis 45.- kostet und die Fahrt mit Zwischenstopp auf Vulcano lediglich knapp eineinhalb Stunden dauert. Immerhin beträgt die Strecke 24 sm.
Wer also von der Hauptinsel Sizilien aus spontan die Inseln des Archipels besuchen möchte, muß nicht zuhause bereits mit Reisebüros in Kontakt treten – zumindest nicht außerhalb der Tourismussaison.

Jachthafen Santa Marina auf Salina

Stromboli wird von Milazzo aus siebenmal am Tag angefahren (Fährrate etwa 60.- bis 70.- hin/retour), wobei eine Fahrt knapp drei Stunden dauert. Man könnte also von Sizilien aus eine Wanderung auf die im Frühjahr phantastisch blühenden Nordhänge des Vulkans unternehmen und abends wieder zurück sein. Wer allerdings die Eruptionen des Strombolis in ihrer vollen Pracht sehen möchte, muß bei Dämmerung oder nachts dort sein und entsprechend nächtigen.
Es gibt jedoch in den Häfen der Inseln, oder auch auf Sizilien, jede Menge privater Ausflugsgesellschaften, die ausschließlich den Zweck der Besteigung des Aussichtspunktes am Stromboli sowie die Rückreise noch am Spätabend haben. Dies stellten wir bei unserer Besichtigungstour in der geführten Gruppe fest, da unser Guide beim Abstieg zur Eile mahnte, um das Ausflugsschiff rechtzeitig zu erreichen, das um 22 Uhr von Stromboli aus ablegen würde.

Abendstimmung Bucht „scoglio delle sirene“

Die Inselwelt von unserem Schiff aus zu erleben, war natürlich ein wesentlich intensiveres Erlebnis, wobei wir, von Salina aus Stromboli auf der Westseite angesteuert, die „Sciara del Fuoco“ (Übersetzung: Feuerrutsche) einprägsam studieren konnten. Sie stellt die Lavabahn dar, über die bei heutigen Eruptionen ausgestoßene Lava und Asche ins Meer rutscht. Zwei Gefahrenzeichen mit einem Abstand von etwa 120 m vom Ufer warnen den Segler vor einer zu großen Annäherung.

Stromboli vom Segelschiff aus

Am 14. Mai legten wir zeitig in Marina Salina ab, um die 22 sm Überfahrt in Angriff zu nehmen. Leider war für diesen Tag kein Wind prognostiziert, sodaß wir bei Flaute unter Motor dahin tuckern mußten. Nach etwa drei Stunden monotonem Nordostkurs, vorbei an Panarea, einer der bewohnten Inseln, die sich schuppenartig von Ost nach West erhebt und mit imposanter, fast senkrechter Westwand ins Meer abfällt, erreichten wir gegen Mittag Stromboli.

Stromboli von Südwest – auf der Überfahrt von Salina

Unterwegs trafen wir wieder einmal das emsig zwischen den Inseln umher eilende Wasserschiff (Nickel, 1964: „navicisterna“), ein Tankschiff, das die Bewohner mit Trinkwasser versorgt. Keine der Inseln verfügt über Trinkwasser, sie müssen vom Festland aus per Tankschiff versorgt werden. Auf Salina konnten wir der mühsamen Prozedur der Auftankung der Wasserbunker der Stadt (Nickel 1964: „serbatoio communale“) beiwohnen, bei der das weit über 100 m lange Tankschiff seine fixe Position im weiteren Hafenbereich mit Anker und Landfeste einnimmt und über zwei Hochdruckschläuche mit jeweils 150 mm Durchmesser Trinkwasser vom Schiff auf das Land herüber gepumpt wird.

das kleine Dorf Ginostra an der Südspitze von Stromboli

Der Feuerwehrchef der jeweiligen Insel leitet die Aktion landseits, während ein Matrose die schweren Trosse der Landfeste sowie die Wasserschläuche per robuster Holzzille an die Mole befördert. Die Tankung dauerte in Salina etwa einen halben Tag, das Tankschiff ist 24/7 zur Versorgung aller Inseln unterwegs. Man würdige als Segelsportler die Mühsal mit dieser Ressource, wenn man nach dem leichten Regen unbedingt sein Schiff vom Saharastaub reinigen möchte.
Die Wasserarmut spiegelt sich übrigens auch in der ursprünglichen Bauweise der Häuser wieder, denn die Flachdächer wurden mit Absicht gebaut, um das spärlich gespendete Regenwasser, das vor allem im Frühjahr niedergeht, in Zisternen aufzufangen.

der Paläostromboli eindrucksvoll als höchste Kuppe zu bewundern

Bereits bei Annäherung auf Stromboli fällt das kleine Dorf Ginostra im Süden der Insel auf, das mit einer Handvoll Hotels oder Privatunterkünften mit Sicherheit einen Ruhepol darstellt und wahrscheinlich von etwa 40 ständigen Bewohnern am Leben erhalten wird. Außer über den Vulkan gibt es keine Verbindung mit den anderen Dörfern auf Stromboli. Jedoch ist das Dorf keinesfalls vergessen, die Tragflügelboote versorgen es genauso wie die Autofähre, der es beim bloßen Blick auf die wenigen Kilometer Straße kaum bedarf.

Annäherung an die Westseite Strombolis – Sciara del Fuoco

Der Grund, warum Ginostra (Nickel, 1964: „Ginestra = Ginster“) überhaupt besteht, kann nur vom Meer mit Blick auf den Südwesthang der Insel erkannt werden, auf dem, zwischen alten Lavabahnen und Aschenbahnen und der Sciara del Fuoco, ein saftig grüner breiter Hang den Berg hinaufzieht, der ursprünglich höchstwahrscheinlich mit Weinreben bestellt wurde. Lediglich eine schmale Rippe aus altem Gestein trennt das Feuer von Fruchtbarkeit und Prosperität, eine einzigartige Situation, die einen lebendigen Eindruck der Nähe von Leben und Zerstörung widerspiegelt. Der Blick vom Meer aus zeigt auch sehr deutlich den alten Stromboli, den Teil der Vulkaninsel, der zuerst entstand (siehe weiter unten) und dessen härteres Gestein im ehemaligen Kraterschlund die Jahrtausende überdauert hat und nun als Felsgipfel in den Himmel ragt.

mit Abstand am Gefahrenzeichen vor der Sciara del Fuoco vorbei in Richtung Dorf Stromboli

Gleich nach dem Erreichen der Südwestspitze Strombolis wird das südliche Gefahrenzeichen erreicht und die Sciara del Fuoco breitete sich imposant an unserer Steuerbordseite über eine ganze Seemeile aus – ein gewaltiger Feuerschutthang, schwarz, mit kleinen Fumarolen in der Kraterregion unterhalb des ständig rauchenden Schlots, der verborgen hinter der Hangkante liegt. Die Sciara del Fuoco gliedert sich in zwei Abschnitte. Der südliche Abschnitt dürfte anhand seiner Gestalt eher nur bei signifikant starken Ausbrüchen Lavaströme transportieren.

eindrucksvolle Gaswolke am Stromboli nach einer Eruption

Er liegt auch sichtlich weiter vom Rauch entfernt und an seinem Ufer hat sich bereits ein schmaler Streifen Strand geformt. Außerdem scheint sein Hang mit der Ausbildung von Lavafelsen länger nicht mehr mit Auswurf beaufschlagt worden zu sein. Ihr nördlicher Teil hingegen zeigt eine gleichförmige Hangneigung mit direktem Schnitt der Wasseroberfläche, was auf ständigen Transport von Material hinweist, das sich durch neuen Nachschub nicht verfestigen kann – die aktive Feuerrutsche.

Sciara del Fuoco in voller Breite; die Eruptionen sind vom Schiff aus unüberhörbar; im linken Bilddrittel befindet sich der Observationspunkt

Eine knappe halbe Stunde dümpelten wir die schwarze Küste entlang, um die Landschaft zu studieren, wobei sehr beeindruckend die Trennungslinie der Nordbegrenzung der Sciara del Fuoco zwischen Eruptivablagerungen und fruchtbarem grünem Terrain ins Auge fällt. Den Observationspunkt auf 400 m Meereshöhe, den wir am Nachmittag besteigen sollten, fiel uns als kleine Abflachung auf der Rippe auf. Die Entfernung von diesem Punkt zum Krater beträgt etwa 1.200 m.

Kurs auf die Nordwestspitze Strombolis; Strombolicchio bereits sichtbar

Um die abgerundete Steilküste herum erreichten wir den lieblicheren Nordteil von Stromboli, dem sozusagen gesellschaftlichen Zentrum – das Dorf Stromboli und San Vincenzo, wo sich die Agentur befindet, mit der wir den geführten Aufstieg unternommen haben. Das beschaulich ruhige Dorf ist Heimat von etwas mehr als 500 Einwohnern und – wie könnte es in katholischen Regionen wie Sizilien oder Tirol anders sein – verfügt über eine überdimensionale Kirche. Hinter dieser liegt auch der Treffpunkt der Agentur Magmatrek, bei der wir uns zwei Tage zuvor angemeldet haben, telefonisch bei Beatrice (nach 10 Uhr früh erreichbar). Auf der Homepage von Magmatrek gibt es auch einen Link zu einem Video (siehe Literaturverweise unten), das neben viel Erklärung der Guides auch den Treffpunkt hinter der Kirche sowie schöne Luftaufnahmen vom Kraterbereich zeigt.

 

Nordwesthänge des Strombolis; sie werden bei der Tour auf das Observatorium abgewandert

Nordwesthänge des Strombolis; sie werden bei der Tour zum Observatorium abgewandert. Bevor wir uns um eine Boje umschauten, spürten wir bereits die aufziehende Dünung aus Norden, ein Vorbote einer unruhigen Nacht an Bord. Anlegeplätze für Segler gibt es auf Stromboli nicht, entweder ankert man im schwarzen Sand, aufgrund der schnellen Tiefenzunahme recht nahe dem Strand, oder man findet eine Boje. Letztere wollten wir ansteuern, wurden jedoch von einem Einheimischen fortgeschickt, der uns erklärte, daß die Boje für den zu erwartenden nächtlichen Wellengang nicht geeignet sei und Ankern die bessere Wahl wäre. Also legten wir vor Ficogrande den Anker auf etwa 12m Tiefe in den Sand und ließen die gesamte zu kurze Kette von 45 m Länge hinab.

Fahrt zum Ankerplatz vor Ficogrande

Auffallend an der Nordspitze Strombolis ist der beeindruckende kleine Felsstumpf
Strombolicchio, der kaum eine Seemeile vom Nordpunkt der Insel 50 m senkrecht in die Höhe schießt. Nach der Erklärung von Giuseppe Iacolino, unserem Guide auf den Aussichtspunkt, handelt es sich bei dem sonderbar senkrechten Felsgebilde um die Schlotfüllung eines früheren Vulkans, der vor dem Entstehen des Stromboli bestand (siehe Entstehung des Stromboli weiter unten). Der Grund, warum er noch dort steht, liegt in der Tatsache, daß Schlotfüllungen aus härteren, verwitterungsbeständigeren Gesteinen bestehen als die vulkanischen Auswürfe, die die Inseln rundherum bilden.

Ficogrande mit dem Stromboli

Man kann solche Schlotfüllungen in mehr oder weniger noch starken Ausprägungen auf vielen Inseln der Liparen sehen. Heute steht die Insel aufgrund der spärlichen Flora und schützenswerten Fauna unter Naturschutz, obwohl man, so Giuseppe, zu Beginn des letzten Jahrhunderts zur Schaffung eines Bauplatzes kurzerhand die Marine bat, die Spitze der Insel herunterzubomben, um eine ebene Fläche für einen Leuchtturm zu schaffen.

nach dem Übersetzen mit dem Dinghi, Abmarsch zum Treffpunkt der Observationstour mit Magmatrek

Wir ankerten also und ließen unsere 15 m Jacht auspendeln, bevor wir dem Ankergrund Vertrauen schenkten und das Dinghi zu Wasser ließen, um es fertig für den Landgang zu rüsten. Eine Handvoll anderer Boote ankerten ebenfalls in der von Norden ausgesetzten Bucht, einige verließen sie am Nachmittag wieder, sodaß wir genügend Bewegungsraum für den Schwell hatten.

San Vincenzo einst und jetzt

Während wir nach dem Übersetzen mit dem Dinghi den Aufstieg zur Ortsmitte durch das Gassengewirr unternahmen, trafen wir auf viele alte und viele neue Wohngebäude. Ein vergleichender Blick auf die Infrastruktur des Ostteils von San Vincenzo von einst und von jetzt eröffnet sich durch ein Bild aus den frühen 60er Jahren aus dem unten im Literaturverzeichnis erwähnten und unbedingt zu lesenden Reiseführer von Erwin Nickel aus 1964.

Blick auf den Ostteil von San Vincenzo der frühen 1960er Jahre; aus dem Reiseführer von E. Nickel, 1964

Nickel schreibt 1964 (Seite 92) von einer Einwohnerzahl von 400, nachdem es 1955 noch 600 gewesen sind. Damals, 1964, ist von rund 30 – 40.000 Nächtigungen pro Jahr die Rede. Rückgerechnet gibt Nickel dafür eine Besucheranzahl von etwa 7.000 pro Jahr an, bei angenommenen 5 Tagen pro Gast. Er schreibt von einer großen Kapazität von mehr als 200 hotelmäßig registrierten Betten, und daß eine Voranmeldung im Frühjahr nicht nötig sei.

Blick auf den Ostteil von San Vincenzo 2024; Eigenaufnahme d. Verf.

Bei den beiden Bildern ist zu beachten, daß der Blickwinkel leicht unterschiedlich ist. Das alte Bild wurde vom Strand aus aufgenommen, das neuzeitliche Bild vom Segelschiff etwa 150 m vom Ufer entfernt. Daher fehlt im alten Bild die Kirche Chiesa di San Vincenzo Ferreri. Anhand des Geländes oberhalb des Strandes ergibt sich gut die Orientierung auf beiden Bildern.

Aufstieg zum Observationspunkt 400 m

Touren auf den Observationspunkt 400 m am Stromboli beginnen in der Regel um 16:45 und sind so getimt, daß erstens auch Leute, die es nicht gewohnt sind größere Höhenunterschiede zurückzulegen, und andererseits das Ausflugsschiff um 22 Uhr nicht zu verpassen. Das bedeutet, daß man mit gut fünf Stunden für die Tour rechnen muß, zweieinviertel Stunden für den Aufstieg mit dem Höhenunterschied vom Büro Magmatrek bis zum Observationspunkt von etwa 390 m (das Büro liegt auf einer Seehöhe von 40 m und auf dem Quersteig verliert man etwa 30 Hm), einer Stunde Aufenthalt und etwa eindreiviertel Stunden Abstieg über eine längere Wegstrecke, ohne Gegenanstieg auf den Westteil des Dorfes hinab und durch die Gassen zurück zum Büro.

Frühling in San Vincenzo auf Stromboli

Nachdem wir mit dem Dinghi übergesetzt hatten, erfreuten wir uns, durch die Gassen schlängelnd hinauf zur unübersehbar großen Kirche zu gelangen. Am Weg einige Blickfänge von kleinen Häuseln und Blütenpracht des Frühjahrs.
Die Kirche San Vincenzo Ferreri dürfte nach ihren schweren Beschädigungen durch die Erdbeben von 1942 und 1960 für das allgemeine Verständnis einer Barockkirche weniger kunstvoll wieder aufgebaut worden sein, denn vom barocken Schnörkelspiel ist nicht mehr allzu viel zu sehen. Schöner erscheint dagegen der Kirchplatz davor.

erste Rohrpflanzen (Pfahlrohr oder Spanisches Rohr) sowie Ginster beim Aufstieg auf den Nordhang des Stromboli

Gleich rechts hinter der Kirche hinab fanden wir das Büro von Magmatrek vor und unsere germanische Überpünktlichkeit um 16:30 erwies sich im mediterranen Raum wieder einmal als nutzlos, wir wurden von Beatrice nicht eingelassen, um den Zahlungs- und Papierkram rechtzeitig vorher zu erledigen – das Büro öffne um 16:50, um 17 Uhr sei Abmarsch.

Erklärung der Besiedelung der Insel und der Geschichte durch Giuseppe von Magmatrek

Jeder Teilnehmer des Abenteuers fasst einen seiner Gruppe zugeordneten gefärbten Helm aus, der, gelinde gesagt, jedoch in diesem Klima verständlich, etwas versiffte Stirn- und Kinbänder aufweist, da bereits tausend Mal verwendet. Die gute Seite ist, daß er nicht verwendet wird – „im Notfall nur, aber es ist Vorschrift, daß wir ihn dabei haben“ – so Giuseppe. Damit wandert er in den Rucksack, oder auch außen auf ihn und pendelt bei manchem Nichtbergsteiger, der der Kunst von äußerlichen Befestigungen nicht mächtig ist, während der gesamten Strecke unangenehm am Rucksack hin und her. Kaum anzusehen für einen gewohnten Bergsteiger.

herrliche Aussicht, je höher wir steigen

Zur Ausrüstung für die Tour gibt es genügend Hinweise auf der Webseite von Magmatrek und es wird jedem klar sein, daß man des Abends am Meer durch den Wind leicht auskühlt. Weiters betritt man leicht alpine Steige und sollte zumindest feste Turnschuhe oder besser Zustiegsschuhe mit in den Urlaub nehmen. Ein oder eineinhalb Liter Wasser tun Not, sowie eine Lampe.

im Frühjahr gedeiht und blüht der fruchtbare Vulkanhang am Stromboli sehr beeindruckend

Mit etwa 20 Personen bunter Provenienz startete Giuseppe mit uns um die Kirche herum, durch die schmalen Gassen auf das obere Dorfende hinzu, dem Nordhang des Vulkans entgegen, wo immer dichter werdende Vegetation den Straßenrand säumt, bis wir endlich über ein letztes steiles Wegstück den Steig erreichen. Rings herum glaubten wir staunend, trotz der unübersehbaren Wasserknappheit Schilf vor unseren Augen zu haben, bis Giuseppe uns aufklärte und enthüllte, daß es sich bei den langen schmalen Gewächsen um Zuckerrohr handlen würde.

Ankerplatz vor Ficogrande mit dem Leuchtturm am Strombolicchio im Hintergrund

Am ersten Rastpunkt, geschätzt auf 180 m Seehöhe, erhielten wir mit schönem Blick auf das mittlerweile völlig zusammengewachsene Dorf die erste Lektion in Wissen über die Insel und ihre Bewohner. Wein – und zwar der typische dort, der Malvasier, der seinen Namen von der Stadt Malfa auf Salina bekommen hat – wurde über Jahrhunderte angebaut, als erstem Zweck der Besiedelung Strombolis. Die fruchtbare Erde machte den erfolgreichen Weinanbau möglich und sichtbar ist er bis fast auf 500 m Meereshöhe durch die vielen Kaskadenbauten aus Vulkansteinen, die im steilen Gelände ebene Rebenzeilen ermöglichten.

üppige Vegetation so weit das Auge reicht

Hierzu konnte eine sehr interessante und umfangreich bebilderte Webseite des Schweizer Vereins SwissEduc im Internet gefunden werden, auf der alte Bilder eine einprägsame Sprache über die Geschichte der Bewohner der Insel sprechen und die der Autor wärmstens empfiehlt zu studieren. Weiters wird die Entstehung der Insel auf dieser Webseite schön aufbereitet, siehe weiter unten.

vorbei am gelben Ginster und durch hohes Pfahlrohr

Im obersten Teil des Dorfes wurde in den neunziger Jahren ein Film2 gedreht, bei dem ein Feuer ausbrach und außer Kontrolle geriet, informierte Giuseppe. Durch den Wind wurde ein Großteil der Vegetation des gesamten Nordhangs ein Raub der Flammen, wodurch erklärbar ist, warum es kaum Bäume auf dem ohnehin windgeplagten Eiland zu finden ist. Tatsächlich begegneten wir auf der gesamten Tour einigen durch Brand abgebrannten, dürren, verkohlten Stämmen und lediglich einer Handvoll lebender Bäume, einige davon noch mit den Spuren des Feuers markiert.

ein weiterer anregender Rückblick auf den Ort Stromboli

Erlebnisreich hinsichtlich der Flora erscheint allein schon der Aufstieg auf den Stromboli im Frühjahr. Es gibt im unteren Vegetationsgürtel bis weit über 500 m hinauf keinen Flecken Erde, der nicht irgendwelchen Grünbewuchs aufweisen würde. Kaum den Boden sieht man im Mittelteil des Aufstiegs auf etwa 200 bis 300 m Meereshöhe, wo Dutzende Arten von mediterranen Gewächsen in allen Farben blühen und bunte Pflanzenteppiche in die Landschaft zaubern. Über alle Pflanzen hinweg wuchert die stets vorhandene Macchie (von ital. macchia = Buschwald), die der Grund für die Ziegenplage darstellt, siehe weiter unten.

Riesenfenchel

Allen voran der gelbe Gasparrini-Ginster, die violette Äolische Kornblume, violetter Cosentini Ysop, die gelbe Asternblume mit dem klingenden Namen „radicchio virgato di Gussone“ und als baumartiger Strauch der Äolische Citiso mit seinen am Steig anzutreffenden Hülsenfrüchten.

Wicke

Nebst vielen mediterranen, krautigen, bodenorientierten Pflanzenarten finden sich sogar Orchideen gemäß wissenschaftlichen Berichten auf Stromboli, trotz ungünstiger Bedingungen aufgrund der Vulkanaktivität, darunter das Langspornige Knabenkraut. Auch Kapernsträucher, eine der hauptsächlichen Würz- und Verfeinerungszutaten der liparischen Küche, wachsen auf Stromboli.

Äolischer Citiso

Der Steig auf dem staubigen, ariden Vulkanboden führt oberhalb des Dorfes vorbei an einem alten Friedhof gegen Westen über die gesamte Nordflanke des Strombolis. Gegen Ende der Querung müssen auf etwa 320 m Seehöhe zwei Wasserläufe durchschritten werden, wobei beim zweiten ein signifikanter Abstieg notwendig wird.

Eibischblättrige Winde

Jenseits dieses Hindernisses führt der Steig steil hinauf zum Aussichtspunkt auf 400 m. Insgesamt drei Plattformen stehen zur Verfügung, wobei der Drang, die oberste zu besetzen, kaum mehr Sichtqualität bringt, ist sie doch nur unbedeutend höher.

Vulkanbeobachtung am Stromboli

Mit dem Gefühlsmaß eines Alpinisten nach Ewigkeiten am Ziel angelangt, sahen wir zuerst eine kleine Gruppe von Geißen (Ziegen) auf der Felsrippe unterhalb des Aussichtspunktes grasen. Wie wir bereits weiter unten von Giuseppe erfahren haben, wilderten sich die Kletterkünstler vor vielen Jahrzehnten selbst aus und verursachen auf manchen Inseln mit einer Population von über 1.500 Stück erheblichen Schaden an Wegen und Steigen. Das Szenario der bärtigen Geißen auf der Vulkanrippe gegen die untergehende Sonne schuf jedoch ein besonderes Flair, das uns zum Schmunzeln anregte.

in Bildmitte befindet sich der Observationspunkt, zu dem über Serpentinen aufgestiegen wird

Während wir anhand eines Fotos eines Piloten der Alitalia vom Guide Giuseppe erfuhren, daß bei der gewaltigen Eruption am 3. Juli 2019 eine Aschewolke  fünf Kilometer in den Himmel stieg, blies uns der Wind ordentliche Böen um den feuchten Rücken, wodurch nach wenigen Minuten eine Windjacke notwendig wurde.

fast am Observationspunkt angelangt, bevölkern Geißen die Rippe mit dem Observationsstützpunkt

Die Frequenz der Eruptionen am Stromboli, so ließ er uns wissen, fänden in etwa regelmäßig in einem Abstand von etwa zwischen 15 und 20 Minuten statt. Da es neben dem Hauptkrater mehrere Seitenöffnungen gibt, wird die Kamera gerne auf die falsche Stelle gehalten.

erster abendlicher Blick auf den Kraterrand

Es empfiehlt sich daher nicht, zu nahe heranzuzoomen, was die Qualität der Handyaufnahmen ohnehin verschlechtert und ab Einbruch der Dämmerung auch die Focussierung herabsetzt. Zu stark gezoomte Aufnahmen werden so unscharf und verwackelt. Weniger bedeutet in diesem Fall eindeutig mehr.

den Krater im Zoom

Wir waren nicht die Einzigen, die mit der Uhr spekulierten, wann es Zeit ist, eine statische Haltung mit beiden Händen am Handy einzunehmen und das Video zu starten, von dem dann zuhause 99% weggeschnitten werden müssen. Jene, die ein Video zum Posten per Handy anfertigen wollten, hatten entweder Glück oder hatten endlos lange Szenen mit dem qualmenden Rauch festgehalten, bevor sich eine Eruption ereignete.

die Segler am Stromboli

Das Spiel mit dem richtigen Zeitpunkt, die Jagd darauf erfaßt jeden, der sich auf dieser Expedition befindet. Man ist nicht in der Lage, die Situation stoisch zu ertragen und zu nehmen, was man eben bekommt.

Eruption am Stromboli

Rückblickend können wir hinsichtlich der Eruptionen in der Stunde, die uns beschieden war, behaupten, daß sich unser Besuch am Stromboli in jedem Fall gelohnt hat. Die von Giuseppe bekanntgegebene Periodizität hat sich bewahrheitet, wir hatten mindestens vier schöne und hohe feuerrote Fontänen von Magma auf das Handy bannen können. Wenn man bedenkt, daß der Abstand zu den Eruptionen etwa einen guten Kilometer beträgt und die Fontänen zwischen 100 und 250 m hoch sein können, dann erahnt man die Größe des Schauspiels, das am Observationspunkt zu sehen ist.

etwa alle 10 bis 15 Minuten erlebten wir einen Magmaauswurf

Über das Haupterlebnis hinaus darf bei der persönlichen Verarbeitung der Tour nach einer Phase der Verinnerlichung im Ganzen festgestellt werden, daß sie aus mehrfachen Erlebnissen bestand, und der fehlerhafte Erdenbürger muß zum Schluß kommen, daß die Großartigkeit der Natur den Betrachter nicht nur auf ein Feuerspektakel entführt hat, sondern daß man sich vom erblühenden Leben der Fauna unmittelbar in die Nähe der völligen Zerstörung begeben hat, deren unbändige Gewalt mit Respektabstand erlebt hat und daraufhin wieder in faunisches Leben zurückgekehrt ist. Die wahre Größe der natürlichen Prozesse auf Stromboli, mit dem „auf Du und Du sein“ von Leben und Tod, wird erst in dieser Nachschau erkannt und die Gottesgabe dabei ist, daß der Zauber der Erinnerung anhält.

Hier ein Video unserer Ausbeute an aufgenommenen Eruptionen (wer die Segelszenen nicht sehen will startet das Video bei Minute 0:35 und stoppt bei 2:08):

Der Abstieg, vollgepumpt mit des Vukanerlebnisses Energie, bringt die erste Läuterung mit sich. Im Dunkel der Nacht und im Schein der grellen Hochleistungslampen wird Kehre um Kehre des Abstiegspfades zurückgelegt, der Alpinist im Trott der Gruppe. Der Wind hatte sich bereits während der letzten Viertelstunde am Observationsplateau gelegt und wiegte die mehr als mannshohen Pfahlrohrgewächse nur mehr leicht, die Jacke konnte gleich nach dem Abmarsch wieder abgelegt werden.

ein zweiter Seitenaustritt aus dem Krater ist ebenfalls aktiv

Von weitem nahmen wir die Brandung wahr, während die Lichter des Dorfes und der wenigen verbliebenen Schiffe vor Ficogrande im Abstieg langsam näher rückten. Eine schöne Weile aber dauerte der Abstieg mit mehrmaligem Halt zum Aufschließen der Gruppe sowie Überholmanövern schnellerer Gruppen, welche die Ungeduld des Alpinisten weckten.

Recht genau um 22 Uhr erreichten wir das Büro wieder, gaben unsere Helme ab und steckten Guide Giuseppe als Anerkennung für die informative Führung noch ein kleines Trinkgeld zu, bevor wir uns zum unruhigen Wasser begaben, um die Überfahrt auf unser Schiff anzutreten. Kaum eine Viertelstunde nach der Ankunft am Schiff setzte die vorausgesagte Dünung richtig ein und selbst eine Flasche Wein während der lebhaft vorgetragenen Schilderungen über die Erlebnisse am Observationspunkt an die zurückgelassene Mannschaft an Bord sowie die fünf Stunden Bewegung am Berg wollten partout nicht für eine einzige Stunde Tiefschlaf in dieser Nacht sorgen. Der seitlich eintreffende Wellengang, das Aufklatschen der Wellenkrone und das damit verbundene Verrollen des Schiffs raubten allen Seeleuten den tiefen Schlaf. Mehrfach erzwang das Unterbewußtsein mit einem jähen Aufschrecken die unfreiwillige Ankerwache, der zum Glück hielt, was er halten sollte.

Sonnenuntergang am Abstieg vom Stromboli

Surren in den Wanten weckte uns aus unzureichendem Dösen bereits vor sieben Uhr, der Nordostwind hatte in der Nacht mächtig zugenommen und sollte uns nach furchtbarer Nacht einen guten Segeltag gen Süden bescheren, ein versöhnendes Stelldichein mit der Natur. Mit 30 kn Wind verließen wir den Ankerplatz längs der Sciara del Fuoco, um im Windschatten von Stromboli vor dem Punta dei Corvi Segel zu setzen und mit Kurs Südsüdwest Lipari anzusteuern, vorbei an den trügerischen Felsen vor Panarea, die von antiken Seefahrern den Namen „die Verwünschte“ erhielt, aufgrund der aus dem Wasser auftauchenden, für die Schifffahrt gefährlichen Klippen und Untiefen ihrer Ostseite.

Der Bau der Insel Stromboli

Nähert man sich der Insel zu Wasser, dann fällt dem Betrachter – speziell aus dem Süden betrachtet – die schöne, gleichseitige Kegelform Strombolis auf. Aus genau diesem Grund trägt die Insel den heutigen Namen, der sich vom altgriechischen Wort „strongyle“ ableitet und Kreisel bedeutet. Sozusagen ein umgekehrter Kreisel, mit der Spitze nach oben.

der gleichseitige Kegel Stromboli vom 22 sm entfernten Salina aus gesehen, rechts Panarea

In mehrfacher Hinsicht erscheint der Vulkan Stromboli interessant. Unter den aktivsten Vulkanen der Erde vergeben ihm manche wissenschaftlichen Artikel den zweiten Rang nach dem Kilauea-Vulkan auf der Insel Hawaii. Er ist wesentlich jünger als der Laie annehmen würde, seine Höhe beträgt insgesamt etwa 3.000 m. Seine rhythmische Dauertätigkeit ist namensgebend für eine der Vulkaneigenschaften. Seine Rauchtätigkeit ist ein heute wissenschaftlich nachgewiesener Wettervorbote wozu bereits vom 18. bis ins 20. Jhdt. einige wissenschaftliche Berichte über solcherart Beobachtungen zu finden sind.

Ursprung und Antriebsfeder der wissenschaftlichen Untersuchungen, die im späten 18. Jhdt. aufgenommen wurden, bilden die griechischen Sagen, in denen erzählt wird, daß der Wettergott Äolus in der Lage war, durch die Rauch- und Eruptionstätigkeit des Strombolis die Winde vorauszusagen. Die allgemeinen Aussagen der Wahrnehmungen der Einheimischen auf Stromboli taten ein weiteres an Antrieb zur Erforschung der Zusammenhänge, von denen es für die damalige Zeit hochtechnologische Untersuchungen gab, die heute zwar Schmunzeln hervorrufen mögen, jedoch physikalisch einwandfrei aufgestellt wurden.
Heute gilt: Bei aufsteigendem Rauch und wenigen Wolken herrscht gutes Wetter, bei starker Pilzwolke schlechtes Wetter.
Der Stromboli reagiert ebenfalls auf den Luftdruck: Bei Tiefdruckwetter erfolgen häufigere, weniger starke Eruptionen, bei Hochdruckwetter umgekehrt.

Der Stromboli ist ein sogenannter Stratovulkan, d. h. ein Schichtvulkan, der durch übereinander abgelagerte verschiedener Schichten von Lava und Lockermassen aufgebaut wurde, wodurch seine relativ steile, spitzkegelige Form entstand. Stark bestimmend für die Form und den Bau des entstehenden Vulkans ist auch die Form des Förderkanals, der ein röhrenförmiger Schlot, aber auch eine klaffende Spalte sein kann. Der Stromboli weist einen Schlot als Förderkanal auf, der von seinem Herd etwa 3.000 m aufsteigt, womit er ähnliche Dimensionen wie der Ätna aufweist. Der Großteil der Masse liegt beim Stromboli jedoch unter der Meeresoberfläche verborgen.

Die Form der Vulkanbauten hängt weitgehend von der Viskosität des Magmas ab. Bestimmend für die Viskosität ist vor allem der Silicium-Gehalt des Magmas, der bei solchen Vulkanen meist zwischen etwa 55 und 60 % liegt. Dadurch ist das Magma relativ zähflüssig, fließt nicht weit und bildet dicke Lavaströme. Mit steigender Viskosität nimmt auch die Neigung zu explosiver Gasentladung zu, was beim Stromboli der Fall ist.

Die Bildung des Vulkans Stromboli, die letztlich in einer Insel endet, findet sich sehr schön aufbereitet auf der Webseite von SwissEduc. Hier in kürzerer Form:

Bevor der Stromboli entstand, ist der Strombolicchio (übersetzt: kleiner Stromboli) vor etwa 200.000 Jahren entstanden, der heute vor der Küste Strombolis nahezu vollständig der Erosion zum Opfer gefallen ist. Reste der ehemaligen Schlotfüllung reichen heute noch über den Meeresspiegel hinaus und er dient als Leuchtturminsel.

am Anfang war der Strombolicchio

Etwa vor 160.000 Jahren erhob sich dann der Stromboli über den Meeresspiegel. Durch die oben angesprochene abwechselnde Lagerung von Lavaflüssen und pyroklastischem Material wuchs der alte Vulkan Stromboli über den Meeresspiegel hinaus.

der Paläostromboli I entsteht, der Strombolicchio erlischt (etwa vor 160.000 Jahren)

Am Ende dieser Aktivität brach die Oberfläche in der Region wieder ein und es bildete sich eine ovale Caldera von bis zu 3 km Durchmesser.

der Paläostromboli I wächst zum Paläostromboli II – Zeitspanne etwa 156.000 bis 54.800 Jahre zurück

Anschließend entstand der Paläostromboli III.

Paläostromboli III, etwa 35.000 Jahre zurück

Zwischen 13.000 und 5.000 Jahren vor heute entstand in dieser Caldera nun der Neostromboli, der sie nahezu vollständig ausfüllte.


Neo-Stromboli, ab etwa 13.800 Jahren zurück; Sekundäre Eruptionszentren bilden den kleinen Schild «Timpone del Fuoco» in Ginostra und Lavaströme in San Bartolo. Auch dieser stellte seine Aktivität wieder ein und es kam vor rund 5000 Jahren zu einem weiteren Einbruch. Dabei bildete sich die Sciara del Fuoco am Nordwesthang und wird wieder mit Lavaströmen und Pyroklastika aufgefüllt.

Gegenwärtiger Sciara-Vulkan; gebildet etwa vor 5.000 bis 10.000 Jahren

Der Schnitt (West-Ost) durch den Stromboli verdeutlicht ebenfalls den Aufbau gut:

West-Ost-Schnitt durch den Stromboli

Ein typischer Ausbruch, der zwischen drei und 15 Sekunden dauert, läuft etwa folgendermaßen ab: Zunächst ist ein leichtes Zischen zu hören, das „Ventil“ öffnet sich. Dabei wird die aufliegende Asche in die Höhe gewirbelt und bildet so die typische, bis zu 600 m hohe Wolke. Erst wenn der austretende Gasstrom, er kann bis zu 600 km/h erreichen, stärker wird, werden auch glühende Schlacke- und Lavafetzen mitgenommen. Sie bilden die bis zu 300 m hohen Fontänen.

Seit mehr als 2 000 Jahren ist der Stromboli bereits wieder aktiv. Er eruptiert in der Regel in Intervallen von 15 bis 20 Minuten. Die Pyroklastika werden bei diesen strombolianischen Eruptionen in Höhen bis zu 300 m geschleudert. Trotzdem passieren in nicht voraussehbaren Abständen Großereignisse. Am 3. Juli 2019 ist ein sogenanntes paroxysmales (anfallsartiges) Explosionsereignis in die Eruptionsgeschichte des Strombolis eingegangen. Es verlief kurz hintereinander so ab:

  • 14:45 Uhr: Intensivere Explosion mit Lavastrom
  • 14:46:10′ Uhr: Erste paroxysmale Explosion
  • 14:46:20′ Uhr: Zweite paroxysmale Explosion
  • 14:46:40′ Uhr: Paroxysmale Hauptexplosion, zusätzlich fließt Lava und rollen glühende Lavabrocken die Sciara del Fuoco hinunter
    Die Eruptionssäule erreicht eine Höhe von etwa vier Kilometern
    Durch ihren Zusammenbruch kommt es zu pyroklastischen Strömen, die über die Sciara del Fuoco abrutschen, sich auf dem Meer ausbreiten und dabei Menschen, die sich in Booten befinden, gefährden
  • 14:59:40′ Uhr: Wiederaufnahme der strombolianischen Aktivität, allerdings heftiger als vor der Eruptionsphase

Ein Tourist starb auf dem Punta del Corvo-Pfad in Ginostra, ein Begleiter wurde verletzt. Glühende Lavabomben verursachten Brände

Eine – vor allem für den Laien – noch wesentlich eindrücklichere Schilderung gibt es bei Nickel zu lesen. Er zitiert dort den Geologen Rittmann, der den Ausbruch von 1930 beschreibt und die schier unglaubliche Aussage trifft: „Kurz vor der Explosion hob sich die ganze Insel etwa einen Meter in die Höhe, um nachher zurückzusacken,…“.

Beschreibung des Ausbruchs des Strombolis 1930 durch Rittmann, E. Nickel , 1964 S. 98

Beschreibung des Ausbruchs des Strombolis 1930 durch Rittmann, E. Nickel, 1964 S. 99 mit Ergänzung durch E. Nickel

 

Geologie Stromboli und Vulcano

Die Draufsicht auf den Vulkan zeigt verschiedene geologische Epochen der Entstehung:

Geologische Karte Stromboli mit zeitlicher Abfolge der Bildung in der Legende

An aus der Lava entstandenen Gesteinen können genannt werden:

Vor allem Trachybasalte, Basalte und Trachyandesite (shoshonistische Gesteine) mit wechselndem Olivingehalt sind die geförderten Gesteine. Im Einzelnen sind Hypersthen-Biotit-Trachyandesite, Alkalifeldspat, Biotit und Hypersthen vertreten. Olivin ist dagegen selten. Die Grundmasse besteht vorwiegend aus hell- bis dunkelbraunem Glas. Weitere Typen sind Hypersthen-Augit-Trachyandesite sowie fein- und grobkörnige Leucitbasanite.
Der häufigste Gesteinstyp der rezenten Laven sind Trachybasalte. Exogene Einschlüsse sind lediglich Quarzsandsteine.

Etwas tiefer in die Zusammensetzung der oben genannten Gesteine geblickt, werden sie im TAS-Diagramm eingeordnet. Das TAS-Diagramm dient zur Klassifizierung der vulkanischen Gesteine, indem die Summe der Alkalien Na2O + K2O (Natrium- und Kaliumoxid) gegen den SiO2– Gehalt (Quarz) in Massen-% aufgetragen wird:

TAS Diagramm Alkalische Anteile gegen Quarzanteile

TAS-Diagramm für Vulkanite; gelbe Felder: SiO2-untersättigte, blaue Felder: SiO2-gesättigte, rote Farben: SiO2-übersättigte [= mit Quarz] Gesteine

Man kann daraus die o. g. Behauptung der Fließfähigkeit der Lava erkennen. Basalte mit wenig Quarzanteil fließen besser, weil dünnflüssiger, gegen die Trachyandesite hin nimmt die Fließfähigkeit ab, da sie mehr Quarz enthalten.

Eine schöne Grafik von Keller vermittelt die verschiedenen Epochen der Inselbildung farblich:

geologische Karte Stromboli nach Keller (hellrote Bereiche rühren von rezenter Aktivität – Sciara del Fuoco)

Zum Fundament von Stromboli:

Nickel schreibt 1964: Stromboli i s t der Vulkan. Mit einem Sockel von 2.000 m Höhe steht er im Meere, das Wasser spült also um seinen Gipfel, der nochmals 924 m das Meeresniveau überragt.

Mit dieser Aussage ist klargelegt, daß es sich bei Stromboli nicht um eine Insel mit einem Vulkan handelt, sondern um ausschließlich dem Vulkan. Daß man an seinen Flanken (Ginostra) und dem schmalgegürteten Flachbereich (San Vincenzo und San Bartolo) leben kann, stellt somit die Ausnahme dar.

Damit erhebt sich auch die Frage nach dem durch das Meer verborgenen Untergrund, dem Bergsockel, vielmehr seiner Beschaffenheit. Medwenitsch, 1966 schreibt dazu:

Wenn man in Stromboli landet, ist der erste Eindruck ein eigenartiger: Soweit man blicken kann, nur schwarzer Basaltstrand. Und doch fanden hier K. TURNOVSKI und H. HOLZER 1953 eine Anzahl von gutgerundeten, hellen Kalkgeröllen (mesozoischen Alters) und einige kleinere, weiße Quarzgerölle, die vom Festland abgeleitet werden müssen und nicht von Gebäuden stammen können; sie müssen aus dem Sockel, aus dem Untergrund der Insel stammen, der in nicht zu großer Tiefe liegen dürfte. Damit könnte auch erklärt werden, was F. v. WOLFF vertritt: Aus älteren Ergüssen sind leuzitführende Laven bekanntgeworden; F. v. WOLFF begründete dies mit einer Herdverlagerung nach oben, wobei auch karbonatische Gesteine durchörtert wurden.

Wir selbst konnten am Strande von San Vincenzo auch Gerölle von hellen Serizitquarziten und auch von kristallinen Kalken beobachten; alle dort zu findenden Gerölle geben unserer Meinung nach den repräsentativen Querschnitt einer z. T. schwach metamorphen Serie; wenn der Stromboli einem tektonischen Horst aufsitzt, wurde sie leicht von der marinen Aufarbeitung erfaßt. Die durch diese Gerölle angedeutete Schichtserie, die sicher im Kalabrianischen Kristallin „unterzubringen“ ist, scheint uns einer Schiffsfballastdeutung zu widersprechen, wie auch die Kleinheit und die weitgehende Rundung der Gerölle.

Er führt weiter aus, daß etwa 70% des Sandes aus Mineralien basischer Ergußsteine besteht, der Rest besteht aus vermutlich mesozoischen Kalken. Es könnte also sein, daß der Aufbau des Fundamentes des Stromboli mit dem Aufsteigen von Magma durch Sedimentgesteine hindurch begonnen hat.

Vulcano

Konsequent wie auf Stromboli wird die Insel Vulcano auch ihrer Entstehung nach benannt, ist das Eiland doch, welche Geschichte bei den lieblichen landschaftlichen Eindrücken der Bereisung zu Wasser in den Hintergrund tritt, der Vulkan selber und  – wie der Stromboli – einzig er.

Vulcano – Blick von Nordwesten bei der Einfahrt in die Bucht

Vulcano, der zweite noch aktive Vulkan der Liparischen Inseln, bei weitem nicht so spektakulär und bekannt wie Stromboli, wartet nicht (mehr) mit Laveneruptionen und Lavenergüssen auf, er ergeht sich derzeit in stoisch stetem Rauchen von Fumarolen, unter dem Einfluss der Winde einmal mehr, einmal weniger sichtbar. Aufgrund der nur flach unter der Oberfläche liegenden Magmakammer der Fossa (der rezente Vulkankegel auf Vulcano) ist anzunehmen, dass Grund- oder Meerwasser durch Spalten und Klüften in die Tiefe gelangen kann, in Dampf umgewandelt wird und dann als Wasserdampf-Explosion wieder ausgespien wird (PICHLER 1981, S.142f).
Als klassischer Blickfang eines Vulkans ist seine Außenwirkung mit lediglich behäbig vom Wind niedergedrückten Rauchschwaden auf dem abgerundeten Kratergipfel einigermaßen enttäuschend, es gibt von der Ferne betrachtet auch keine akustisch wahrnehmbare Aktivität.
Letzte magmatische Tätigkeiten fanden zwischen 1888 und 1890 statt.

Vulcano am Morgen beim Ablegen

Wer jedoch die Möglichkeiten der Ressourcengewinnung kennt, für den gewinnt Vulcano am Ankerplatz (Porto di Ponente) vor der klingenden Bucht des „scoglio delle sirene“, des Meerjungfraufelsens einiges an Leben und der Vorstellung, warum man sie in der Menschheitsgeschichte früh, ohne Kaufkraft von Tourismus, besiedelt hat. Bereits in der Jungsteinzeit gewann man das begehrte Material für Waffenklingen, den harten und scharfkantig brechenden Obsidian. Später, unter den Römern, hatte man mit der Schwefel- und Alaungewinnung begonnen.

Volcanello und dahinter Vulcano von der Südostspitze Liparis aus gesehen

Die oben genannten Ausbrüche Ende des 19. Jhdts. zerstörten die im Ortsteil „La Fabbrica“ von Porto di Levante gelegenen industriell genutzten Anlagen führten zur dauerhaften Aufgabe und dem Ende der wirtschaftlichen Nutzung. Medwenitsch führt an gewonnenen Elementen und Verbindungen an: Schwefel (+Selen), Realgar, Borsäure, Salmiak, Gips, Alaun, Hieratit, Glauberit, u. v. m. Es wurden früher jährlich 100 t Alaun, 20 t Schwefel und 10 t Borsäure gewonnen; zeitweise waren etwa 500 Arbeiter (großteils Sträflinge) beschäftigt.

In der Hauptbucht vor Volcano Porto gibt es einen mit Schwefeldämpfen durchzogenen thermalen Schlammteich, der als Heilbad gehandelt wird.

letzter Blick auf Vulcano aus Nordwest

Zur Namensgebung der Insel und ihrer geologischen Geschichte eines dort lokaltypischen Minerals läßt uns Medwenitsch wissen:

Aus E. Nickel, 1964 (S. 43): „Ein Wort noch zur Mythologie: Zunächst zu Vulcanos Namen „Hierà“, die Heilige. Gemeint ist die Weihe der Insel an den Schmiedegott Hephaistos, der seine Werkstatt unter allen Vulkanen hatte; die Schlote waren also seine Feueressen, aus den Blasebälgen „Strabo“ traten die Winde, die in der Tiefe in Verwahrung gehalten wurden. Viele tätige Vulkaninseln des Altertums hießen Hierà.“

Auch gibt es ein Mineral, das auf der Insel Vulcano seinen Locus typicus hat. Für diesen Hinweis haben wir H. MEIXNER (Bezugnahme auf die 7. Auflage des „Neuen Dana“, Bd. 2, p. 103/104) besonders herzlich zu danken:
Hieratit, Ka2SiFe6, kubisch, farblose bis weiße oktaedrische und kubooktraedrische Kristalle, besonders in heißem Wasser löslich: Hieratite from Hiera*), an ancient name for Volcano; found originally as a fumarolic deposit on Vulcano, one of the Lipari Islands, associated with sassolite (Sassolin, BOH3) mirabilite (Glaubersalz), glauberite, selenhaltigem Schwefel und verschiedenen Alaunen

Im flachen Wasser vor dem Strand des Dorfes existiert eine Thermalquelle, vor der wir auf der Rückkehr in einiger Entfernung auf flachem Grund ankerten. Die Quelle war, vielmehr das entweichende Schwefeldioxid, unter etwa 200 m Entfernung von unserem Schiff aus geruchlich deutlich wahrnehmbar. Überhaupt stellen die Schwefelablagerungen in Form von langstieligen Kristallen – Schwefelblüten – an den Fumarolen die Attraktion Vulcanos dar.

Blick vom Ankerplatz auf Porto di Levante mit der Thermalquelle in Strandnähe

Der Faraglione, der markante Felsen am Hafen mit seinen Gelb- und Rottönen, ist höchstwahrscheinlich ein Adventiv-Vulkan1 zur Fossa oder dem Volcanello und zeigt hohe Fumarolen-Tätigkeit, die seine Felsen größtenteils zersetzt haben. Neben Gipsablagerungen findet sich hier vor allem Kalium-Aluminium-Sulfat, aus dem Alaun gewonnen wurde.

Die Besteigung der Fossa ist einfach und war zum Zeitpunkt unseres Besuchs nicht mit Restriktionen behaftet. Leider konnten wir uns aufgrund des Törnverlaufs nicht aufraffen, den Aufstieg zu unternehmen.

aus der Bucht rechts der Volcanello

Völlig untergegangen ist bei unserer Annäherung an die Insel der vorgelagerte und mittlerweile mit Volcano zusammengewachsene kleine Vulkan Volcanello („Vulkanchen“), der, ähnlich dem Strombolicchio, jedoch mit anderer Geschichte und geologischem Zusammenhang im Schatten des Interesses der Besucher der Insel steht.

geologische Karte Vulcanos und Volcanellos

Volcanello ist durch seine sehr alkalireichen Magmen petrographisch mit Stromboli verwandt, da beide gegenüber den anderen magmatischen Gesteinen aller Inseln einen höheren Alkali-Wert bei gleichzeitig niedrigerem Quarz-Wert aufweisen als es bei den Gesteinen der anderen Inseln der Fall ist (Keller 1967, Seite 41). Geologisch interessant ist aufgrund der dort ebenso wie am Stromboli auftretenden Leuzitgesteine. Bei den letzten Eruptionen um 1550 wurde durch das ausgeworfene Material auch der Isthmus zur Hauptinsel geschaffen (PICHLER 1981 S.150).

 

Bimssteinvorkommen auf Lipari

Bimse sind sehr blasenreiches vulkanisches Glas bzw. Lockerprodukt (natürliches Schaumglas oder schaumiges Gesteinsglas, Vulkanglas). Die Größe der Blasen schwankt zwischen Bruchteilen von einem mm bis wenigen cm. Die Blasen sind rund oder parallel gestreckt. Bims entsteht aus gasreicher und zähflüssiger Lava, die bei explosiven Eruptionen ausgeschleudert wird und, bedingt durch plötzliche Druckentlastung durch die entweichenden Gase, zu glasigen, aufgeblähten, porösen Aggregaten in Form von Hohlräumen oder Poren zu erstarrt.

Bimsstein auf Lipari, Bims-Tagbergbau Campo Bianco

Die Poren im Bims können ein Volumen von bis zu 85 % erreichen und deshalb ist er mit seinem geringen spez. Gewicht von etwa 750 – 800 kg/m³ gut als Leichtbaustoff geeignet. Die zweite Eigenschaft für die hervorragende Eignung als Baustoff besteht in seiner leichten Verarbeitbarkeit. Durch sein niedriges spez. Gewicht sind Bimse sogar schwimmfähig und in der Geschichte haben sie es geschafft, vom vulkanischen Santorin die offene Meeresstrecke von 115 km nach Kreta zu überwinden.

Chemisch gesehen ist Bims Obsidian, also Vulkanglas (dunkelgrün schwärzliche feste Masse mit glasscharfen Bruchkanten), der auf Lipari gleich neben den Bimshängen zu finden ist und bereits in der Jungsteinzeit, etwa 4.000 v. Chr., als Waffenklinge verwendet wurde und auf Lipari gewonnen sowie von dort exportiert wurde.

Bimsfelsen Campo Bianco (Bild von SwissEduc)

Aufgrund ihrer hohen Quarzgehalte von über 73 % eignen sich Bimse hervorragend als Schleifstoff, im Steingut, in der metallurgischen Industrie, zur Herstellung von Filtern, für Säuren und Laugen, Isoliermischungen, zum Glätten von Kathodenstrahlröhren in Fernsehern der ersten Generation und für die Beschichtung von Kernreaktoren sowie nicht zuletzt in Zahnpasta.

Ausschnitt aus der geologischen Karte von Hans Pichler – Bimsstein und Obsidianströme, das Bergbaugebiet markiert

Der auf Lipari abgebaute, als ausgesprochen hochwertig geltende Bimsstein, stammt aus mehreren Eruptionen des Monte Pilato, deren vorletzte um 3000 v. Chr. stattfand. Er ist besonders schön weiß, was auch vom Schiff aus, bei der Überfahrt nach Salina, betrachtet werden kann. Zwischen Porticello und Canneto zieht sich der Bimsstein über den Nordostteil der Insel und erscheint auch in größerer Entfernung vom Ufer in unübersehbar heller Farbe.

Rückblick auf die Bimssteinhänge bei Aquacalda; links die Felsspitze bei Porticello zeigt den weithin sichtbaren weißen Bimsstein

In der Gewinnung und industriellen Aufbereitung gab es seit jeher massive gesundheitliche Probleme durch den hohen Quarzgehalt, und es wurde auch festgestellt, dass es sich bei der als Typlokalität einzustufenden sogenannten Liparose um eine weniger bösartige Erkrankung handelt als bei der Silikose (Staublunge), die vom Berg- und Tunnelbau her sehr bekannt ist.

Bims-Vorkommen vom Monte Pelato aus gesehen, hinten links Panarea, rechts Stromboli (Bild von SwissEduc)

Der Bims-Tagbergbau Campo Bianco wurde nach konstantem Rückgang der Produktion seit den 70er-Jahren im Jahr 2007 mangels Wirtschaftlichkeit eingestellt. Der größte Konkurrent, Griechenland, hatte niedrigere Produktionskosten (1976 um -30%) und die Preise der Produktionen in Entwicklungsländern taten ihr Übriges. Die weit in tiefere Gewässer der Bucht ragende Verladeanlage zur Beladung von Schiffen wird, so wie die gespensterhaft erscheinenden Klassierungs-, Trocknungs- und Aufbereitungsanlagen, seither dem Verfall preisgegeben.

Abschließend sei noch zu sagen, daß der mehrfach zitierte – für heutige Verhältnisse antiquiert erscheinende – Reiseführer von Erwin Nickel aus 1964 eine hervorragende Lektüre darstellt, wenn man die Inseln bereisen und auch ein wenig an Geschichte, Topografie, Pflanzen und vor allem Geologie interessiert ist. Er ist auch dann zu empfehlen, wenn man kein gelernter Geologe ist. Viele seiner Exkursionen mögen heute reguliert sein und können vielleicht nicht mehr (Gipfelregion Stromboli) oder nur mit Führern von Agenturen begangen werden (letzteres vermutet der Autor, da er diese tolle Lektüre erst bei der Aufarbeitung zu diesem Bericht erworben hat. Man kann den Reiseführer im Internetbuchhandel zurzeit -noch- für wenig Geld als gebrauchte Bibliotheksausgabe bestellen).
Die Schilderungen und die für Nicht-Experten einfache Sprache gereichen zum Genuß, die Naturschönheiten der Inseln erkunden zu wollen.

Mils, 14.05.2024

1 Flankenvulkan
2 Es handelt sich dabei nicht um den berühmten Film „Stromboli – Terra di dio“ – Stromboli, Land Gottes, von Regisseur Roberto Rossellini und mit der Schauspielerin Ingrid Bergmann, der Ende der 40er Jahre mit dem Vulkan als Kulisse gedreht wurde
3 vgl. https://www.agrarraum.info/lexikon/macchie

Literatur und Quellenangaben

Internet Links, Aufstiegsinformationen zum Observationspunkt und Tonaufnahme:

Fähren: