Schlagwort-Archive: Montana Blanca

Teide, 3.718m – Überschreitung des Vulkanes auf Teneriffa

Geschaffen aus Feuer bildete sich die Insel Teneriffa vor zwölf Mio. Jahren, und vor zwei Mio. Jahren entstand der imposante Teide, ein Vulkanberg, aus der Urlandschaft heraus. Die Besteigung des Sitzes der Götter der Guanchen, der Ureinwohner der Kanaren, stellt für einen Alpinisten ein außergewöhnliches Erlebnis dar.

Pico Teide, 3.718m,

Pico Teide, 3.718m,

Die letzten Ausbrüche aus dem Zentralmassiv des Teide fanden im Mittelalter am Pico Viejo statt, 1909 gab es den letzten Ausbruch eines Ausläufers des Teide, ca. 10km vom Gipfelkrater entfernt. Seither ruhen die Aktivitäten weitgehend, jedoch lassen Fumarolen durchaus auf Aktivität im Innern des Teide schließen.

per aspera ad astra

per aspera ad astra

Bergsteigerisch stellt der Teide keine Herausforderung dar, aber er ist ein wahrer Leckerbissen hinsichtlich geologischer Aufschlüsse, und wer diesen nicht recht zugetan, erlebt doch eine einzigartige Natur in allen Höhenlagen. Der Alpinist freut sich über ein exotisches Erlebnis der Spitzenklasse und einen satten Dreitausender inmitten des Urlaubsparadieses. Teneriffa hat weit mehr zu bieten als Bettenburgen, Sonnenbrand und der so typischen südländischen Spezialität des Heineken Biers.

fertig zum Abmarsch, das Ziel bereits beleuchtet

fertig zum Abmarsch, das Ziel bereits beleuchtet

Allerdings wird einem der Gipfelsieg alles andere als leicht gemacht, braucht man doch eine Genehmigung der Behörde (das Gebiet rund um die Caldera des Teide ist ein Nationalpark) zur Besteigung des Gipfels. Bis auf gut 3.500m kommt man noch ohne diese aus, aber der Steig zum Gipfel ist überwacht wie einst Checkpoint Charly.

Mirador in der Caldera des Teide

Mirador in der Caldera des Teide

Wenn man nicht an den geführten Trekkingtouren mit Guides und einer – wie kann es anders sein – im Preis eingeschlossenen Genehmigung teilnehmen will, dann bleiben einem zwei legale Möglichkeiten der Gipfelbesteigung. Erstere besteht im Ansuchen per Internet vorher, letztere besteht im Aufstieg zur Schutzhütte auf 3.250m und der dortigen Nächtigung; auch dann ist die Genehmigung im Nächtigungspreis eingeschlossen.
Die erstere Möglichkeit probierte ich – in Ermangelung des Wissens über die Notwendigkeit einer Genehmigung – zwei Tage vor Reisebeginn mit dem Erfolg, daß die erste freie Genehmigung für mich ein Monat später verfügbar wäre. Letztere Möglichkeit kam für mich nicht in Frage, da von der spärlichen Familienurlaubswoche nicht auch noch eine Nächtigung am Berg abgezwackt werden sollte. Also mußte ich eine Lösung finden und vertraute auf den Zufall.

der bekannte Roque Cinchado - der versteinerte Baum oder Finger Gottes

der bekannte Roque Cinchado – der versteinerte Baum oder Finger Gottes

Angesichts dieser Aussichten könnte beim interessierten Bergsteiger, den das erhabene Ziel schon am Ankunftstag außerhalb der Flugzeugfenster in seinen Bann zieht, der Verdacht Nahrung finden, daß die geschäftstüchtigen Tinerfeños den armen Teide ausschließlich pekuniären Zwecken unterwerfen, finanziell fürchterlich bewirtschaften, und jeden Versuch unternehmen vom Gipfelstürmer auf die eine oder andere Weise Tribut zu fordern, wenn er nicht Monate im Voraus daran denkt, eine kostenlose  Genehmigung zu erheischen.
Allerdings muß man auch bedenken, daß die schiere Masse an Touristen, und hier sind es wirkliche Touristen im alpinistischen Sinn, Landschaft und Natur in kürzester Zeit in eine Müllhalde, verziert mit Steinmalereien verwandeln würde, ließe man sie unkontrolliert auf den Gipfel. Weiters hätte die örtliche Bergrettung jeden Tag Höchstbetrieb Leute mit Schlapfen und Badehosen aus Höhen von über 3.500m herunter zu holen, die, dank Seilbahn, das Gros des Aufstieges eingespart haben und am Gipfel eine Verewigung in den Tuff zu kratzen gedenken.
In jeder Form betrachtet ist der Teide also ein Berg der Begierde; für den Alpinisten mag der Antriebsmotor für seine Besteigung in der geodätischen Höhe, in den gewaltigen Erscheinungen der Lavaströme oder einfach in der so gänzlich andersartigen Natur als zuhause zu suchen sein.

Vegetation und bizarre Erstarrungsformen

Vegetation und bizarre Erstarrungsformen

Der Handywecker läutete mich um halb sieben aus dem Leintuch und – obwohl auf Teneriffa aufgrund der atlantischen Position ein wesentlich angenehmeres Temperaturmittel als beispielsweise auf den Balearen herrscht – dieses in verschwitztem Zustande zurückgelassen, freute mich auf den jungen Tag, der viel Abenteuer bringen würde.

schlafendes Teneriffa

schlafendes Teneriffa

Wer nun glaubt, daß es zu dieser Tageszeit im beginnenden September schon hell sein müsse, der irrt gewaltig. Die Kanaren sind trotz westeuropäischer Zeit hinsichtlich der Erdumlaufzeit um gut eineinhalb Stunden hinter Österreich und Deutschland zurück und aufgrund der zusätzlich vorgestellten Sommerzeit erscheint die Dämmerung nicht vor halb acht Uhr (siehe Foto der Berganfahrt auf die Caldera).

auf den letzten Höhenmetern der TF-21 in die Caldera

auf den letzten Höhenmetern der TF-21 in die Caldera

Im Dunkel der schweren Plastikvorhänge im Hotelzimmer – sie dienen der erweiterten Nachtruhe untertags für jene (Engländer) die sich nachts zuvor in Branigan`s Bar auf der Saufmeile in zweiter Straßenreihe hinter dem spärlich vorhandenen Sandstrand an zu reichlich Heineken gütlich getan haben – schickte ich mich an, möglichst ohne meiner Familie die Nachtruhe so zu rauben, wie sie Horden von Jugendlichen vom sonst so sicherheits- und gesundheitsbewußten Eiland weit weg im Norden Europas noch wenige Stunden zuvor mir geraubt hatten – ein kleines südeuropäisches Frühstück einzunehmen. Tee und zwei kleine Sandwiches mußten genügen.

unglaubliche Farben

unglaubliche Farben

Mit einer 250er Piaggio, die ich tags zuvor beim Verleiher besorgt habe ging es nun los auf den Ausgangspunkt auf knapp 2.100m mitten hinein in die wunderschöne Caldera des Teide.

und gewaltige Eindrück am Morgen am Teide

und gewaltige Eindrück am Morgen am Teide

Es stellte sich in der Anfahrt sofort heraus, daß es schlau war das Gefährt einen Tag vorher zu mieten und mit dem fahrwütigen, für solche Hubräume noch minderjährigen Sohnemann einen Motorradnachmittag zu veranstalten. So hatte er den Spaß mit einem Gefährt fahren zu dürfen bei dem ihm zuhause – gestellt von strengen Behördenorganen – fast die Hände abgehackt würden, zumindest aber jede Menge rechtliche Schwierigkeiten entstanden wären und ich hatte den gewaltigen Vorteil die Strecke auch bei (noch) Nacht zu finden.
Im Dunkel des jungen Tages hätte ich ohne diese Vorerkundung die verschiedenen „TF’s“ (Straßennummern auf Teneriffa) niemals gefunden und wäre sehr wahrscheinlich nicht in der gewünschten Zeit zum Ausgangspunkt gekommen. Als Tipp für all jene, die keine professionellen Biker sind, aber gleiches vorhaben, muß an dieser Stelle wirklich die Empfehlung ausgesprochen werden in eine gute Straßenkarte zu investieren, anstelle mit der gratis verteilten „Map of Tenerife“ mit Werbung für Perlen auf der Hinterseite ein solches Unternehmen zu beginnen. Es sind rund 45km bis zum Ausgangspunkt Cañada Blanca und man muß aus dem Dschungel von Kreisverkehren hinausfinden und  wechselt mehrfach die Straßennummern.

Erstarrungsformen niederviskoser Lava II

Erstarrungsformen niederviskoser Lava II

Zu meiner Routenwahl der Besteigung des Teide an dieser Stelle eine grundsätzliche Erklärung: da wir in Adeje einquartiert waren beschreibt dieser Bericht eine Tour vom südwestlichen Zipfel der Insel mit einer Runde am Teide von Südwesten nach Nordosten vom Parkplatz beim Hotel Parador zuerst auf  den Pico de Sur, dann auf den Pico Viejo und als Höhepunkt auf den Teide mit Abstieg über die Schutzhütte zum Parkplatz Montaña Blanca (zum häufigen Ausgangspunkt der Tour in die meistbegangene Gegenrichtung zu meiner).
Da ich ob der fehlenden Genehmigung nicht wußte, ob mir die Besteigung des Gipfels des Teide beschieden sein würde plante ich die Tour in die Gegenrichtung, um, zum einen, mit dem Pico Viejo, zumindest einen Gipfel gemacht zu haben und, zum anderen, eventuell auf diesem Anstieg auf den Teide einer Kontrolle zu entgehen.

das wird ein Tag!

das wird ein Tag!

Die Fahrt über die engen Serpentinen der zuerst flachen weinbewachsenen Hänge über der schlafenden Urlaubsstadt machten rechten Spaß, auch wenn das Training der Kurvenlage am Vortag nicht ausgereicht hat um meinen Ritt unbetrunken aussehen zu lassen. Es war aber egal, um diese Zeit konnten mich nur Schulkinder an der Haltestelle auslachen.

niedlich angelegter Sendero No. 23

niedlich angelegter Sendero No. 23

Eine Minipause von fünf Minuten in der Anreise, die kaum eine Stunde in Anspruch nahm, lange nach dem Bergdorf Vilaflor, wurde zur Dokumentation des späten Dämmerungsbeginnes auf den Kanaren genutzt. Ein einziger Mountainbiker teilte sich mit mir die lichten und sattgrünen, im Morgenlicht erwachenden Kiefernwälder auf der fruchtbaren Außenseite der Caldera; eine phantastische Landschaft auf Vulkangestein mit hohen Kiefern, fast ohne Humus emporgewachsen.

Beginn der Dämmerung um 8:15 Uhr

Beginn der Dämmerung um 8:15 Uhr

Beim Eintritt in die Hochebene der Caldera auf bereits 2.000m änderte sich die zwar frische, aber aushaltbare Temperatur schlagartig nach unten, gefühlt muß es vielleicht noch +5 bis 7 °C gehabt haben und ich wünschte zumindest die Kletterhandschuhe eingepackt zu haben. Die Situation wäre vergleichbar mit den Kaltluftseen hoch oben im Velebitgebige in Kroatien, aus denen die berüchtigte Bora entsteht. Dort sammelt sich auch die kalte Luft in vertieften Hochebenen, die, einem Suppenteller gleich, keinen Abfluss haben. Erst bei verdrängenden Strömungen aus dem Hinterland stürzt die verdrängte kalte Luft  die Hänge hinab auf das offene Meer und richtet teilweise großen Schaden an.
Soweit würde es aber bei der gewaltigen, 17km im Durchmesser messenden Caldera des Teide nicht kommen, zu klein sind in diesem subtropischen Gebiet die Druckluftunterschiede zwischen Tag und Nacht.

Ende der Roques Garcia

Ende der Roques Garcia

Am Parkplatz der Cañada Blanca (das Besucherzentrum in der Caldera), auf ca. 2.100m angekommen, war ich knapp nach 8:30 Uhr der erste Besucher an diesem Tag. Ich zog es vor rechts der Hauptstraße neben der kleinen Kapelle zu parken, anstelle den links von der Hauptstraße abzweigenden großen Parkplatz zu nutzen. Das schwere Schloß, mitgegeben vom Motorradverleiher, brachte mich auf den Gedanken, das Gefährt gut sichtbar in möglichster Nähe vom Hotel aufzustellen.
Rechtzeitig zu den ersten Sonnenstrahlen auf den Nordosthang des Teide schulterte ich meinen kleinen Rucksack mit den zwei eineinhalb Liter Wasserflaschen und den beiden Äpfeln und brach auf, den Sendero (= Wanderweg) No. 23 in Richtung Pico Viejo, 3.135m zu finden.
Dieser beginnt am Ende des Weges durch die Felsenlandschaft der eindrucksvollen Roques de García, derentwegen der große Besucherparkplatz angelegt wurde. Die Roques de García sind der erste detaillierte Blickfang auf der Rundtour, sie bestehen aus  pyroklastischen Sedimenten und Laven sowie BrekzienSandstein und Konglomeraten (Quelle Wikipedia); siehe Fotogalerie.

Blick zum Eintritt der Straße in die Caldera; hinten rechts am tiefsten Punkt führt die Straße TF-21 herein

Blick zum Eintritt der Straße in die Caldera; hinten rechts am tiefsten Punkt führt die Straße TF-21 herein

Deutlich weniger ausgetreten als der Touristenpfad rund um die Roques ist der rechts abzweigende Sendero No. 23 im leicht ansteigenden unteren Teil. Links und rechts von akribisch angeordneten Steinabgrenzungen gesäumt und mit meist eineinhalb Meter Breite bildet der Steig einen unverfehlbaren Pfad. Die Abgrenzungen sollen das Bestreben der Nationalparkverwaltung verdeutlichen, daß man die Pfade nicht verlassen möge, um so die Landschaft zu schützen. Allerdings werden die Pfade wenige hundert Meter abseits der großen Parkplätze schon nur mehr von einem kleinen Bruchteil der Besucher des Nationalparkes begangen; am gesamten Verlauf der Strecke bis zur Seilbahn-Bergstation auf 3.550m sind mir keine zehn Personen begegnet (möglicherweise aber auch nur deshalb weil die Seilbahn an diesem Tag unerklärlicherweise geschlossen war).

Aufstiegsroute über ein erstes Lavafeld geführt

Aufstiegsroute über ein erstes Lavafeld geführt

Der Weg führt, sehr eindrucksvoll angelegt – hier ein großes Lob an die Nationalparkverwaltung – durch viele verschiedene Stationen von wissenswürdigen Vorkommnissen eines Vulkanes. Am imposantesten erschienen mir die riesigen kugelförmigen Lavabrocken, die, Kanonenkugeln gleich, fern ab von den Hauptlavaströmen mitten in der sanften Landschaft liegen, als wären sie ausgeworfen und nach dem Aufprall einfach weitergerollt, bis sie schlußendlich ihre Ruhe an ungewöhnlichem Orte, abseits des Geschehens, gefunden haben und dort erkaltet sind.

das Phänomen der kugeligen Lava

das Phänomen der kugeligen Lava

An Farben mangelt es der Landschaft keineswegs, es finden sich alle Tönungen von gelb, ocker, braun, rot bis schwarz, die jüngsten Ausbrüche im Mittelalter schufen vorwiegend dunkelbraune bis manchmal fast schwarze Lavaströme, die älteren Ausbrüche, so lernt man auf machen Hinweistafeln auf der Tour, erzeugten eher hellbraune Lavaströmen. Das ständig wechselnde Farbenspiel entlang des Pfades überwältigt hinter jeder überstiegenen Lavarippe aufs Neue und so entstanden in Begeisterung fast 300 Fotos.

kleines Tal mit den Kugelsteinen im Rückblick

kleines Tal mit den Kugelsteinen im Rückblick

Fauna und Flora halten sich auf den Hängen des Teide in Form und Vielfalt weitgehend zurück. An Fauna mangelt es ein wenig, im unteren Teil des Anstieges können spatzenähnliche Singvögel als Einzelgänger gehört und kaum gesehen werden, den oberen Teil mieden sie zumindest bei meinem Besuch. Neben diesen spärlichen Bewohnern konnte ich zahlreiche Eidechsen beobachten, deren Körperlänge weit kleiner ist als die heimischen Genossen in den Alpen. Diese machen wahrscheinlich einzige Beute in mittelgroßen schwarzen Käfern, die die ich aber ebenfalls gering an der Zahl einstufen muß. Weitere Reptilien, beispielsweise Schlangen kommen, weniger noch wie auf den Balearen, gar nicht vor.  Ebenfalls konnte ich kaum bis keine fliegende Insekten und auch keine größeren Tiere entdecken, obwohl in der Hütte ein Aushang mit der Beschreibung des Schutzgebietes der Mufflons auf den umgrenzenden Erhebungen der Caldera zu lesen war.

einzigartige Formationen und Fauna

einzigartige Formationen und Fauna

Die Flora, im September in mediterranen Gebieten immer weitestgehend verdorrt, besteht zum Großteil aus einer Art hohen Steppengrasbündeln, locker verteilt und unzusammenhängend, sowie eine Ginsterart, der Teideginster und der Hierba Pajonera, von der ich einige wenige blühende Exemplare um die Schutzhütte gelegen sichten konnte. Weiters konnte ich im Bereich unterhalb der Hütte auch die Katzenminze entdecken. Den form- und farbenschönen Wildprets Natternkopf konnte ich leider nur mehr in Skelettform betrachten, zur Blüte müßte man im April/Mai anreisen.

letzte Aufstiegsmeter zum Sattel

letzte Aufstiegsmeter zum Sattel

Immer wieder finden sich Markierungen am Sendero No. 23, somit kann man auch auf den weniger deutlich abgegrenzten Passagen in steileren Lavafeldern kaum verloren gehen.
Auf dem Sattel vor dem Krater des Pico Viejo trifft man auf den Sendero No. 9, der von Westen, von der TF-38 heraufzieht und in der Meinung, daß ich zum Pico Viejo unterwegs wäre, beschritt ich diesen, um auf den Gipfel zu gelangen. Er führt vom Sattel relativ horizontal nach Westen, wobei man in ca. 1km Entfernung den Hochpunkt (ihn Gipfel zu benennen wäre ob der Flachheit ab dem Sattel etwas vermessen) vermutet.

Wegkreuzung Sendero No. 23 und No. 9

Wegkreuzung Sendero No. 23 und No. 9

Dem war auch so, der Hockpunkt kann über diesen Sendero erreicht werden, allerdings muß man sich die Abzweigung für die letzten ca. 50Hm selber erahnen oder gut im Lesen von kleinen abzweigenden Pfaden sein, denn sonst kommt man am Weg No. 9 immer tiefer hinab. Kurz vor einer auffälligen Stelle, bei der der Steig um eine Rippe herumführt, bog ich bergwärts rechts ab und erreichte in wenigen Minuten das Hochplateau vor dem Kraterabsturz. Zweihundert Meter entfernt von der Stelle  an der ich es betrat sah ich auf einer leicht erhobenen Felsrippe einen Steinmann, den ich für den Pico Viejo hielt und betrat ihn kurz, um den Rundblick zu erhalten und Fotos zu machen.

Autor am Pico Sur, 3.085m

Autor am Pico Sur, 3.085m

Selbst als ich in Richtung Teide blickte kam mir noch nicht der Gedanke, daß dieser Gipfel nicht der Pico Viejo war und ich am diagonal gegenüberliegenden Pico Sur auf rd. 3.080m stand.
Nach dem Bestaunen des imposanten Kraters, der eine Haupttätigkeit im Herbst 1798 nach einigen Monaten Aktivität beendete verließ ich den Steinmann gerne, da der Wind dort, im Gegensatz zu den Steigen zuvor auf ein unangenehmes Maß anstieg.
Man kann sich kaum vorstellen welche Massen an Material aus einem Krater mit 800m Durchmesser gespuckt werden können, wenn man aber im erkalteten Zustand hineinblickt, dann bekommt man ein Gefühl für die Dimensionen, die ein Ausbruch annehmen kann.

Kraterrand des Pico Viejo IV

Kraterrand des Pico Viejo IV

Auf die Uhr geblickt stellte ich fest, daß ich mit Fotos und Studium der Landschaft viel Zeit sinnvoll verbummelt habe und um 11:15 Uhr den Aufstieg auf den Teide angehen sollte.

Kraterrand des Pico Viejo V

Kraterrand des Pico Viejo V

Vom Trinkvorrat lediglich ein Viertel benötigt, es war im Gegensatz zu meiner Vorstellung der Verhältnisse, überraschend kühl und deshalb schwand er nicht so schnell wie vermutet.

fast wie ein Kuhfladen...

fast wie ein Kuhfladen…

Am Weg zurück zum Sattel bestaunte ich die Tufffelder links und rechts des Pfades. Deutlich kann man anhand ihrer Gestalt erkennen, daß die kleinstückigen Brocken durch die Luft geschleudert worden sein mußten, so flach, porös bis löchrig und platt ist deren Erscheinung; ähnlich den Figuren, die man beim Bleigießen zu Sylvester erhält, oder treffender, ähnlich einem alpin gealterten Kuhfladen.
Der Klang ist noch viel gläserner, viel heller als es beim dichtesten Kalk im Karwendel der Fall ist, möglicherweise durch hohe Siliziumanteile in der Schmelze.

Nach dem Sattel geht es zuerst relativ flach weiter. Beim Erkunden der Landschaft rings um den weiterhin gut gepflegten Pfad erblickte ich hinter der linken Schulter eine höhere, gipfelartige Erhebung und fühlte sofort, daß ich bei der Vorbereitung der Tour einen GPS Plot eines Artikels im Internet nicht richtig interpretiert habe und den Pico Viejo noch nicht erreicht habe, denn dieser muß diese etwas höher liegende Spitze (und hier kann man wirklich von einer leichten Spitze sprechen) sein. Also machte ich mich verbotenerweise querfeldein schräg rückwärts auf den Weg den Gipfel zu besteigen. Am Weg dorthin dachte ich über die Zeichen nach und kam zum Schluß, daß die kleinen Gipfelchen nicht auf der Absichtsliste der Naturparkverwaltung stehen und man deshalb auch keine Wegweiser oder zumindest mit Steinmännern gekennzeichneten Abzweigpunkte angelegt hat. Gepaart mit meiner Unaufmerksamkeit wegen den vielen Eindrücken, die es mitzunehmen galt, habe ich die kleinen seitlich abzweigenden Pfade nicht bemerkt.

Pico Viejo, 3.135m im Starkwind

Pico Viejo, 3.135m im Starkwind

Keine 15min nach Feststellung des Pico Viejos, stand ich auch schon auf selbigem auf 3.135m und kämpfte erneut gegen einen böigen starken Südwind beim Ablichten vom dahinterliegenden Krater und vom Autor dieses Artikels.

Blick vom Pico Viejo in Richtung des weiteren Aufstieges

Blick vom Pico Viejo in Richtung des weiteren Aufstieges

Mittlerweile war es Mittagszeit geworden und der hohe Sonnenstand ermöglichte einige farblich wenig verfälschte Aufnahmen der Lavaström am Gegenhang des Pico Teide. Gigantisch die Straßen aus plastischem Gestein, geschätzt 100 bis 200m breit und über mehrere Kilometer talwärts ziehend ähnlich wie Gletscher in längeren Zeitspannen fließen.

Rückblick auf den Pico Viejo

Rückblick auf den Pico Viejo

Der folgende Aufstieg über gut 400Hm bis auf die ursprüngliche Höhe des Teide führte unweigerlich in die Tiefen der Lavaströme hinein. In diesen ist das Fortkommen ohne einen Weg wie jener den die Parkverwaltung mühsam angelegt hat ein langwieriges Unterfangen und schwieriger als im großen Blockwerk des Ötztal-Kristalins. Probeweise habe ich eine Distanz von ca. 200m durchschritten und muß sagen, daß dieses tolle Erlebnis unbedingt dazugehört, auch wenn es nach den Regeln im Park Teide nicht ganz lauter ist. Ein Bergsteiger muß es eben versuchen.

der Sendero No. 23 nähert sich den jungen Lavaströme

der Sendero No. 23 nähert sich den jungen Lavaströme

Die Einzelblöcke sind sehr in einander verschachtelt und bieten ein ständiges Auf und Ab mit geringer Gesamtgeschwindigkeit die durch die gebotene Vorsicht beim Steigen erreicht werden kann. Die Oberflächen der Tufffelsen sind von ungeheurer Schärfe, ein Fehltritt mit Hautkontakt eines Körperteiles hat dort immer blutige Folgen, wobei Dutzende messerscharfe Spitzen in jedem Quadratdezimeter der rauen Oberfläche darauf warten Schienbeine und Unterarme aufzuschneiden.
Der angelegte Weg ist also auch für den Vulkanbergsteiger ein wichtiges Hilfsmittel planungsgerecht zum Ziel zu kommen. Querfeldein, wie in heimatlichen Berghängen geht hier nicht viel weiter.

der Weg taucht ein in den zuletzt entstandenen Lavastrom

der Weg taucht ein in den zuletzt entstandenen Lavastrom

Sogar in den wildesten Passagen der Lavaströme wurde der Pfad unerschütterlich hindurchgeführt, ja sogar mit quer in die Tuffblöcke genagelten Holzschwellen so befestigt, daß die zur Gehebene geschlichteten Brocken darüber nicht hinab rutschen können. An manchen Stellen fühlt man sich wie auf der Miniausgabe der Chinesischen Mauer, links und rechts die Abgrenzungen zum freien Lavafeld.

Wegstabilisierungen aus genagelten Rundhölzer, tolle Arbeit der Naturparkverwaltung

Wegstabilisierungen aus genagelten Rundhölzer, tolle Arbeit der Naturparkverwaltung

Der tolle Aufstieg zum Fuße des „Zuckerhut“ des Teide (so nannten die Guanchen die oberste Kappe des Teide, die von ca. 3.550m bis zum Gipfel 170m hinauf auffällig glatt und hellfarbig erscheint und vor allem von weit weg, von der Küste her, auch als Schneefeld interpretiert werden kann) nahm, incl. einer ersten Jausenpause knapp unterhalb desselben, eine Stunde in Anspruch. Die Pause diente auch dem Zwecke der Findung einer am listigsten angelegten Route ohne entdeckt zu werden und es ließ sich ein kleiner Steig ausfindig machen, der den Gipfel versprach.

aufregend angelegter Sendero No. 23

aufregend angelegter Sendero No. 23

Oben gab es einen „Mirador“, einen sog. Aussichtspunkt auf den Pico Viejo mit einer großen Tafel mit der Erklärung der Entstehung desselben. Der Aussichtspunkt war in beide Richtungen mit langen Strecken von Ketten abgegrenzt und versperrte mir – zumindest symbolisch – den ausgewählten Steig zum Gipfel.

Blick auf den Krater des Pico Viejo

Blick auf den Krater des Pico Viejo

Das Gelände ist einfach zu begehen, also wäre es ein Leichtes gewesen unter der Kette hindurch zu schlüpfen und den Steig zu nehmen. Es war zwar kein Mensch zu sehen aber ganz geheuer war mir nicht diese deutliche Warnung zu missachten, da auch Tafeln das Verlassen des Pfades verboten.
Also machte ich mich doch auf, das Gebiet näher zu erkunden, wer weiß was mich sonst am Gipfel oder am Rückweg erwartet hätte.

Mirador No. 12

Mirador No. 12

Nach ca. 10min erreicht man von dem Mirador aus die Bergstation der Seilbahn; bei meiner Besteigung unter sehr starkem Südwind.
Ich staunte nicht schlecht als auch dort kein Mensch zu sehen war. Das Gebäude der Parkverwaltung liegt gleich östlich der Bergstation der Seilbahn und ich steuerte auf diese zu. Alle Türen waren mit Gittern gesichert und niemand war zu sehen. Am Abzweig zum Weg auf den Gipfel befindet sich eine kleine Türe, die mich zum Schmunzeln anregte und mit einem Almgatter bei uns verglichen werden könnte. Diese war versperrt, jedoch konnte man links und rechts davon ohne Probleme auf den Steinabgrenzungen hinter sie treten und den Weg zum Gipfel nehmen.

Kontrolltüre zum Gipfel

Kontrolltüre zum Gipfel

Das war nun meine Stunde. Ich überzeugte mich, daß ich wirklich alleine war und konnte keine Menschenseele finden. Also erteilte ich mir für diesen Tag selbst die Genehmigung den Gipfel zu besteigen weil an diesem Tag kein für den Teide unverträglicher Besucherstrom zu regulieren war. Daher konnte der Gipfel meine Anwesenheit heute ertragen.

tolle Formationen am Weg zum Gipfel

tolle Formationen am Weg zum Gipfel

Knapp 170Hm führt der ungebrochen breite und teilweise wie eine Römerstraße in den Alpen angelegte Weg zum Kraterrand empor. Der Wind war auf Sturmstärke angestiegen, die teilweise Abstützung mit den Händen am Fels erforderte. Solche Windstärken kennt nur der Tourengeher am  Glungezer bei unerbittlichem Föhnsturm durch das Wipptal gen Norden. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß an einem sonnigen Tag in 3.700m Höhe Windgeschwindigkeiten von an die 100km/h möglich sind, ohne irgendwelche Anzeichen dafür zu sehen. Die nicht vorhandene Bewölkung und das Fehlen von Zuggeschwindigkeit von Wolken verleitet den Alpinisten am Fuße des Teide zur trügerischen Annahme, daß es windstill sei. Sogar beim Abwärtsgehen am Weg nach dem Gipfelaufenthalt mußte ich sogar aktiv gegen den Winddruck ankämpfen um hinunter zu kommen.

Rückblick zu Kontrollstation und Teleferico

Rückblick zu Kontrollstation und Teleferico

Der Gipfel des Teide war trotz des Windes innerhalb von 20 Minuten erreicht. Es bot sich eine phantastische Aussicht in alle Himmelsrichtungen. Die Sicht war klar und so konnte man Westsüdwest El Hierro undeutlich aber doch in 71sm Abstand, im Westen La Gomera in 26sm Abstand deutlich,  Westnordwest La Palma in 62sm Abstand vom Pico Teide deutlich erkennen. Die typische Bewölkung auf ca. 1.500m im Norden, verursacht durch Kondensation von Fallwinden, fiel an diesem Tag schwach aus, das Gebiet jedoch ebenfalls deutlich erkennbar.

Blick auf den fernen Nordosten der Insel

Blick auf den fernen Nordosten der Insel

Die rund 50sm entfernte Insel Gran Canaria glaube ich durch das diffuse Gegenlicht undeutlich im Südosten erkannt zu haben und auf Kurs zu den Felsen „Los Gigantes“ an der Nordwestküste konnte ich den kleinen Kraterkegel des Pico Chinyero (1.500m) erkennen, auf der vor gut hundert Jahren die letzte große vulkanische Aktion auf der Insel stattfand.

oberster Punkt am Teidegipfel

oberster Punkt am Teidegipfel

Alleine am Gipfel des Teide zu stehen hätte ich mir tags zuvor nicht träumen lassen, also mußte mit Selbstauslöser (diese gefallen mir besser als jene, die ich „selfish“-Fotos nenne) an windgeschützter Stelle, die es zu finden galt, ein Erinnerungsfoto her. Der Platz wurde gefunden und eine Ablichtung  gegen Nordosten aufgenommen. Humboldt ist schon dort oben gestanden und Columbus notierte in seinen Aufzeichnungen noch sichtbare vulkanische Aktivitäten.

Blick auf die Felsen Los Gigantes; in etwa in Bildmitte der zuletzt 1909 tätige Vulkan Pico Chinyero (1.500m)

Blick auf die Felsen Los Gigantes; in etwa in Bildmitte der zuletzt 1909 tätige Vulkan Pico Chinyero (1.500m)

Trotz des enormen Windes stieg mir stechender Schwefelgeruch in die Nase. Der Gipfel, oder besser der höchste Punkt des Kraters des Teide, befindet sich an der Nordseite, daher bekommt man bei Südwind einen guten Geruchseindruck daraus.
Die nur muldenförmige leichte Vertiefung – unter einem Krater stellt man sich ein Loch größerer Tiefe vor – dürfte ca. 50 bis 75m im Durchmesser betragen und enthält ein paar solargestützte Messeinrichtungen, deren Messgröße nicht erkennbar und nirgends beschrieben war.

der Krater am Teidegipfel mittig

der Krater am Teidegipfel mittig

Das Gestein zeigt vorwiegend weiße Oberfläche und für mich ist nicht definierbar, ob dieses durch Dampf versintertes Tuffgestein, oder ein Überzug von Verwitterungsprodukten der austretenden Schwefelverbindungen darstellt.

Blick nach Südosten, schwach zu erkennen Gran Canaria

Blick nach Südosten, schwach zu erkennen Gran Canaria

Der unangenehme Sturm veranlasste mich den Gipfel nach einer Viertelstunde Aufenthalt gegen 13 Uhr zu verlassen. Am Weg hinab zum Kontrollpunkt traf ich dann die ersten Bergsteiger, die den Weg über die Schutzhütte herauf als Aufstiegsroute genommen haben. Zuerst zwei einzelne, dann eine Gruppe aus sechs Personen und im weiteren Abstieg bis zur Schutzhütte in Summe noch in etwa zehn bis fünfzehn Personen. Das bedeutet, daß an diesem Tag etwa kaum 35 Personen den Gipfel betreten haben (incl. derjenigen, die ich beim Aufstieg auf den Pico Viejo getroffen habe und wobei ich nicht weiß, ob alle davon die letzten 150Hm ab der Kontrollstation im dort extremeren Sturm bewältigt haben). Alle davon konnten die Besteigung aber auch nicht sorgfältig vorbereitet haben, denn, wie ich später auf der Hütte lernte, diese muß um 8 Uhr früh verlassen werden und 5 Stunden (von 8 bis 13 Uhr) kann man nicht für den Aufstieg benötigen.

die Städte des Nordwestens auf Teneriffa, Puerto de la Cruz

die Städte des Nordwestens auf Teneriffa, Puerto de la Cruz

Der Abstieg folgt dem Sendero No. 7. Gleich bei der Kontrollstelle zweigt zuerst der Sendero No. 11 ab, der jedoch, wie sein Gegenpart nach Westen, die No. 12 auch, an einem Mirador endet. Knapp vor diesem führt die No 7. Nach unten zur Schutzhütte „Refugio Altavista“ auf 3.260m.

Blick vom Gipfelabstieg, Sendero No. 10

Blick vom Gipfelabstieg, Sendero No. 10

Der Weg No. 11 und der Abstieg auf No. 7. führen wiederum toll angelegt mitten durch eine Lavabahn hinab, mit einigen zu bestaunenden Highlights durch extreme Stellen der aufgetürmten Brocken der ehemaligen zähviskosen talwärts wandernden Masse.

Beginn des Sendero No. 11

Beginn des Sendero No. 11

Der Abstieg ist deutlich steiler als der Aufstieg auf der Westseite. Er muß auch recht heiß sein, falls einmal kein kräftiger Wind weht, denn man befindet sich vor allem auf der Ostseite des Berges am Morgen vollkommen der Sonne ausgesetzt. Im Winter mag das vorteilhaft sein.
Daß dieser Aufstieg der Normalaufstieg ist wurde mir bewußt als ich plötzlich die kleinen weißen Flecken inmitten der dunklen Lava entdeckte. Es wurden davon immer mehr, je weiter ich abstieg. Wer nun gespannt auf die Erklärung wartet, der bekommt sie als ein Wort definiert: Papiertaschentücher.

mitten durch die häusergroßen Lavablöcke

mitten durch die häusergroßen Lavablöcke

Als Alpinist in Mitteleuropa weiß man sehr genau über das Vorkommen dieser Spezies Bescheid: es gibt sie vorwiegend dort wo der gemeine Tourist sich bewegt und die Häufungswahrscheinlichkeit des Auftretens jener läßt sich mathematisch exakt als direkt proportional mit der Anzahl an Touristen anstelle von Bergsteigern beschreiben. Sie werden mit wenig ausgeprägtem Schamgefühl vorwiegend vom gemeinen Touristen in alle auffindbaren Ritzen, Spalten und Löcher gesteckt, in der Hoffnung kein anderer Tourist könne den Vorgang beobachten. Wurde dies erfolgreich erledigt, beginnt die fünfsekündige Vergessensphase, die dadurch verkürzt werden kann, in dem man sich einredet, daß es jeder tue und daß man es nicht tun würde, wenn man ein geeignetes Behältnis zur Mitnahme ins Tal dabei hätte.

Mirador No. 11. und Abzweigung Sendero No. 7

Mirador No. 11. und Abzweigung Sendero No. 7

Betrachtet man die Umgebung am Abstieg genau bemerkt man mehrmals eine Art von Drainagerohre und zwischen den Lavatrümmern eingebettet quadratische weiße Kästen. Nachdem mich am Berg bei allem Ungewöhnlichen immer die Neugier befällt mußte ich einen dieser Kästen untersuchen und konnte unter dem mit Lavasteinen beschwerten Deckel eine Art Messleitungen entdecken. Es erschloss sich für mich aber nicht, was man inmitten des Lavafeldes messen kann.

toll gewählte Route des Weges No. 7 durch die Lavatäler

toll gewählte Route des Weges No. 7 durch die Lavatäler

Am Ende des langen Lavastromes den man von der Abzweigung von Sendero No. 11 hinabsteigt, liegt die Schutzhütte Altavista.

Schutzhütte Altavista I

Schutzhütte Altavista I

Sie hat mit einer alpinen Schutzhütte lediglich die Bauform gemein, sonst nichts. Im Inneren erinnert der dunkle Aufenthaltsraum an eine Provinzbahnhofshalle und um 14 Uhr gibt es weder einen Hüttenwirt noch Bier, dafür aber einen Automat mit süßen Getränken und einen anderen mit süßen Schleckereien. Dafür aber gibt es eine ziemlich fremdartige Hüttenordnung, die den Anschein macht, als steige der Hüttenwirt jeden Tag gegen 11 Uhr nach Versperren der Schlafräume und der Küche ab und gegen 17 Uhr zur Öffnung wieder auf. Ein Nebenhäuschen zur Hütte mag eventuell den Hüttenwirt auch tagsüber beherbergen, er ließ sich jedoch nicht blicken. Da die Hütte keinen Fahrweg als Zugang hat und Materialtransporte über die Seilbahn aufgrund der Entfernung und Zuwegung ausscheiden könnte es sein, daß täglich benötigte Waren vom Hüttenwirt selbst hinaufgetragen werden müssen. Dies würde seine Abwesenheit untertags erklären.

Schutzhütte Altavista II

Schutzhütte Altavista II

Ohne Bier und Knödelsuppe auf einer Berghütte habe ich noch nie eine rechte Freude zum Verweilen entwickeln können, somit setzte ich meinen Abstieg zur Schotterstraße, der vom Parkplatz Montaña Blanca aus bis auf 2.730m befahrbar ist, fort.

Katzenminze unterhalb der Hütte

Katzenminze unterhalb der Hütte

Der Steig führt ab der Hütte nach unten nicht mehr inmitten des Lavastromes, sondern über einen alten, verwitterten Tuffgesteinshang mit teilweise beträchtlicher Hangneigung.

das steilste Stück im Abstieg von der Hütte, der Steig führt in Sepentinen empor

das steilste Stück im Abstieg von der Hütte, der Steig führt in Serpentinen empor

Weiter unten, unterhalb von 3.000Hm taucht der Steig wieder in die spärliche Vegetation ein und einige kugelförmige Brocken bereichern die Gegend, die nicht mehr nur total von Stein geprägt ist.

kleine Geländeabflachung mit den typischen Lavakugeln

kleine Geländeabflachung mit den typischen Lavakugeln

Am Hochplateau des Montaña Blanca führt der Sendero No. 7. bis zum Parkplatz zur TF-21, wo die Rundtour am Berg endet und man auf der Straße knappe 5km zum Ausgangspunkt Cañada Blanca zurückkehren kann. Ich habe aber die Möglichkeit in Erwägung gezogen, daß es zwischen dem beginnenden Schotterweg und dem Sattel zum Hochpunkt des Montaña Blanca eine Abstiegsmöglichkeit gibt. Tatsächlich ist es so, daß auf halbem Weg zum Mirador Montaña Blanca eine wenig sichtbare Abzweigung gibt die ein echter Sendero in die Caldera hinab ist. Allerdings nennt sich dieser Sendero El Ilegal und deutete schon auf ein wiederum nicht gesetzeskonformes Abenteuer meinerseits hin. Den Namen habe ich aber erst später dem Internet entnommen.

Montana Blanca Hochebene mit Straßenführung hinab zur TF-21

Montana Blanca Hochebene mit Straßenführung hinab zur TF-21

Vorweg muß ich sagen, daß dieser ungekennzeichnete Steig wirklich nichts für einen Nichtbergsteiger ist. Er ist teilweise sehr steil und teilweise verschwimmt er in Geröll zwischen den Tuffbrocken. Allerdings ist er auch sehr schön, denn er führt an der Flanke eines gewaltigen Lavastromes hinab zur TF-21, etwas westlich vom zuvor angesprochenen Endpunkt des Sendero No. 7, dem Parkplatz Montaña Blanca. Abgebrochene Wanderstockteile und zwischendrin leider auch wieder leere Wasserflaschen säumen sogar diesen versteckten „illegalen“ Steig. Ich könnte mir vorstellen, daß es einer jener Steige ist, die von den Trekkinggruppen begangen werden, denn die Trittmarken weisen auf eine häufigere Begehung hin, als nur durch versprengte Touristen, die nach einer Abkürzung suchen. Eine Attraktion sozusagen, die der Normalsterbliche außerhalb der Führung nicht mitbekommt.

die mittelalterlichen Lavaströme vom Teide und "rolling stones" darunter am Montana Blanca

die mittelalterlichen Lavaströme vom Teide und „rolling stones“ darunter am Montana Blanca

Wie auch immer, ich habe den Abstieg genossen, wahrscheinlich weil auf der gesamten Tour an ein paar wenigen Stellen erstmalig ein Hauch von bergsteigerischer Gewandtheit gefragt wurde. Landschaftlich eine Wucht, neben diesen Brocken abzusteigen. Eine gute halbe Stunde war für diese Passage erforderlich und ich sparte damit in etwa einen Kilometer auf meiner Runde ein.

anregender Absteig

anregender Absteig

Auf der FT-21 angekommen begann der Rückweg zur Cañada Blanca zuerst auf der Straße und dann entlang des Sendero No. 19, jedoch nicht vollständig. Ich entschloss mich die letzten drei Kilometer entlang der TF-21 zu gehen, um die Frontausläufer der Lavaströme der mittelalterlichen Ausbrüche zu sehen.

knapp rechts neben dem dunkelbraunen Lavastrom führt der Sendero El Ilegal herab

knapp rechts neben dem dunkelbraunen Lavastrom führt der Sendero El Ilegal herab

Um 16:15 Uhr traf ich am Ausgangspunkt ein, hastete zur Piaggio, fand diese in unversehrtem Zustand und leistete mir im Restaurant des Hotel Parador ein cerveza jarra (ein großes), das nach all der zurückgelegten Strecke recht klein anmutete.
Diese unbeschreiblich interessante, lehrreiche und atemberaubende Tour werde ich immer im Gedächtnis behalten.

die letzten mittelalterlichen Lavaströme

die letzten mittelalterlichen Lavaströme

An Zeit habe ich für die gesamte Tour 8 ½ Stunden gebraucht, man rechne aber mindestens mit 10 Stunden. Wenn der Gipfel des Teide mangels fehlender Genehmigung unzugänglich bleibt, dann verkürzt sich die Tour um eine knappe Stunde. Der Höhenunterschied mit allen Hochpunkten beträgt rechnerisch 1.700m und die Wegstrecke incl. Bundesstraße zurück um die 25km.

Abschied vom Teide

Abschied vom Teide

Die Anreise vom Playa de las Americas in  Costa Adeje erfolgt über die TF-28 nach La Camella, dann biegt man links, bergwärts auf die TF-51 nach Arona ab und kommt bei Vilaflor wieder links auf die TF-21, die man dann bis zum Parkplatz beibehält und wo es auch keine Irritationen mehr gibt, weil sie die einzige Straße ist, die in die Caldera hinein führt. Alleine diese gut 40km Bundesstraße sind es wert einen Tag dem Strandfaulenzen zu entziehen, um die Dörfchen, Weinhaine und Bodegas im unteren Teil und den Pinien-, Kiefernwald mit gewaltigen Exemplaren im unteren, vom Wind geschützten Teil anzusehen. Das Erlebnis von Meereshöhe sozusagen Null bis auf 2.100m verschiedene Vegetations- und Klimastufen in einem Stück zu befahren ist kein alltägliches, vom Kaktus über die höchstgelegene Kiefer auf knapp unter 2.000m bis zum winterharten Teideginster auf 2.100m innerhalb von gut 40km.

Costa Adeje, 06.09.2016

plano-general-parque-nacional-teide

Nützliche Links:
Permit für die Besteigung
Wanderrouten